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Jetzt NABU-Mitglied werden!NABU-Studie: Klöckners Agrarpläne widersprechen Green Deal
Bundesregierung riskiert Konflikt mit EU-Kommission
16. März 2021 - Eine wissenschaftliche Studie bestätigt, was kritische Beobachter*innen schon lange vermuten: Die Pläne der Bundesregierung zur nationalen Umsetzung der zukünftigen EU-Agrarpolitik sind nicht mit den Zielen des Europäischen Green Deals vereinbar.
Das Institut für Agrarökologie und Biodiversität (IFAB) belegt dies mit einer neuen Untersuchung im Auftrag des NABU. Gleichzeitig zeigt die Studie, wie eine zielführende Ausgestaltung der EU-Agrarpolitik in Deutschland möglich wäre. Ein entschiedenes Umsteuern bei den milliardenschweren Subventionen könnte dazu beitragen, die zerstörte Artenvielfalt wiederherzustellen und den Landwirt*innen Planbarkeit und Perspektive zu bieten.
„Der aktuelle Vorschlag des Landwirtschaftsministeriums zur EU-Agrarpolitik verhindert zukunftsfähige Lösungen und widerspricht den Zielen des Europäischen Green Deal für die Zukunft der Landwirtschaft.“
NABU-Präsident Jörg-Andreas-Krüger
Das größte Problem: Weiterhin soll vorrangig die intensive Bewirtschaftung belohnt werden – fast ohne Vorgaben. Damit werden die Konflikte in der Landwirtschaft weiter verschärft. Sowohl die Agrarminister*innen der Länder als auch der Koalitionspartner SPD müssen die Pläne des Bundeslandwirtschaftsministeriums nun schleunigst korrigieren. Die Sondersitzung der Agrarminister*innenkonferenz am Mittwoch, 17. März, ist genau die Gelegenheit, grundlegende Verbesserungen einzufordern. Denn wenn sich jetzt nichts ändert, wird das Artensterben in Deutschland ungehindert weitergehen. Damit droht Deutschland die nächste Klage vor den Europäischen Gerichtshof, weil es seine Naturschutzpflichten nicht erfüllt.
Bundesregierung riskiert Konflikt mit der EU-Kommission
Hinzu kommt, dass die EU-Rechtsgrundlagen für die nationale Umsetzung der zukünftigen EU-Agrarpolitik bislang überhaupt nicht zu Ende verhandelt sind in Brüssel. Auch mit der überhetzen Umsetzung riskiert Ministerin Klöckner schwerwiegende Konsequenzen. Spätestens dann, wenn die EU-Kommission die Genehmigung des „Nationalen Strategieplans“ verweigert, weil er dem Green Deal widerspricht, ist ein Umsteuern unumgänglich. Damit setzt die Bundesregierung die Planungssicherheit der Landwirt*innen weiterhin aufs Spiel.
Die wichtigsten Ergebnisse der NABU-Studie im Überblick:
Green Deal Ziel: Zehn Prozent nicht-produktive Flächen in der Agrarlandschaft
Wer EU-Subventionen erhalten will, muss sogenannte nicht-produktive Flächen zur Verfügung stellen. Laut Green Deal müsste ein Zehntel aller Agrarfläche als Rückzugsort für Insekten und Vögel reserviert sein – etwa Hecken, Brachen, Pufferstreifen und Blühflächen. Bundeslandwirtschaftministerin Julia Klöckner plant bislang lediglich drei Prozent. Das Zehn-Prozent-Ziel überwiegend auf freiwilliger Basis zu erreichen, erscheint wegen des unverhältnismäßig großen Finanzierungsbedarfs unmöglich.
Budget für Öko-Regelungen („Eco-Schemes“)
Damit sich freiwillige Maßnahmen für landwirtschaftliche Betriebe lohnen, muss genügend Geld zur Verfügung stehen. Dafür soll ein bestimmter Anteil der Direktzahlungen in der Ersten Säule für sogenannte „Eco-Schemes“ reserviert werden. Laut NABU-Studie sind für die Biodiversität alleine hierfür mindestens 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Das Landwirtschaftsministerium plant bislang nur 900 Millionen Euro pro Jahr (20 Prozent der Direktzahlungen). Diese Summe beinhaltet sogar noch Maßnahmen, die der Biodiversität nur indirekt oder gar nicht helfen und von der Studie nicht berücksichtigt werden. Die Eco-Schemes müssten also laut Studie mindestens 30 Prozent der Ersten Säule erhalten, wie es auch das Europäische Parlament fordert. Der NABU schlägt danach eine Erhöhung auf 50 Prozent zum Ende der Förderperiode 2027 vor.
Budget in der Zweiten Säule (Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen)
Freiwillige Agrarumweltmaßnahmen in der sogenannten Zweiten Säule wirken besonders gezielt für den Naturschutz. Mitgliedstaaten können hierfür einen Teil der Gelder aus der Ersten Säule umschichten. Das Bundeslandwirtschaftsministerium plant jedoch lediglich einen Anteil von acht Prozent (derzeit sechs Prozent) umzuschichten. Die Finanzierungslücke gerade für das EU-rechtlich verpflichtende Natura-2000-Schutzgebietsnetz kann dadurch nicht geschlossen werden. Alleine hierfür wäre eine Umschichtung von rund 800 Millionen Euro (rund 18,5 Prozent) jährlich notwendig. Der NABU fordert zu Beginn der Förderperiode eine Umschichtung von 20 Prozent, was bis 2027 auf 25 Prozent steigen muss. Auch hier ist die Lücke zu Klöckners Plänen gewaltig. Deutschlands Verpflichtungen werden sich so nicht erfüllen lassen.