Marcus Rudolf
Alter: 35
Arbeitsschwerpunkt: Schutzgebietsbetreuer
Heimat: Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern)
Beruf: Naturklärer
Alter: 35
Arbeitsschwerpunkt: Schutzgebietsbetreuer
Heimat: Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern)
Beruf: Naturklärer
Raureif ziert die kahlen Äste von Bäumen und Sträuchern, auch der Boden glitzert weiß. Der Schnee hat das Naturschutzgebiet Griever Holz in eine malerische Winterlandschaft verwandelt. Geräuschvoll knirscht der Schnee unter unseren Stiefeln, als wir durch das über 200 Hektar große Gebiet in der Nähe der norddeutschen Stadt Güstrow hindurch wandern. Es ist für Spaziergänger frei zugänglich, doch bei dieser Kälte ist außer uns niemand unterwegs.
„Das ist genau mein Wetter!“ erklärt Marcus Rudolf und atmet tief die kalte Luft ein. „Bei Schnee im Wald, da bin ich in meinem Element.“ Seit über einem Jahr kümmert sich der 35-Jährige ehrenamtlich um die NABU-Flächen. Mindestens einmal im Monat sieht er nach dem Rechten. So kennt Marcus Rudolf auch die beste Route, um uns das Puzzle verschiedenster Lebensräume zu zeigen, die sich hier dicht aneinander reihen. Neben dem Buchenwald, der dem Gebiet seinen Namen gab, finden sich hier kleine Moorflächen, Teiche, Wiesen, Felder und ein Fluss .
Die Natur scheint Winterschlaf zu machen. Weit und breit ist kein Tier zu sehen. Doch die Spuren vor uns im Schnee verraten, dass hier einiges los ist. Mehrere Hasen sind offenbar den Weg entlang gehoppelt und dann im Gestrüpp verschwunden. Eine Rotte Wildschweine hat den Weg gekreuzt und die ganze Lichtung aufgewühlt. Marcus Rudolf erkennt die verschiedenen Fußabdrücke ohne zu zögern. Das Spurenlesen hat sich der gelernte Bürokaufmann selbst beigebracht. „Ich habe sämtliche Bücher dazu verschlungen und es mir eingeprägt. Gottseidank habe ich hier viel Gelegenheit zu üben. So vergesse ich es nicht.“
Auf dieser Wiese jagt im Sommer der Schreiadler - Foto: NABU/Eric Neuling
Dieses Flüsschen ist Heimat des Fischotters - Foto: NABU/Eric Neuling
Hier ist eine Rotte Wildschweine vorbeigelaufen - Foto: NABU/Eric Neuling
Nur einmal muss Naturschutzmacher Marcus Rudolf nachschlagen, um Tierspuren zu identifizieren - Foto: NABU/Eric Neuling
Das Griever Holz ist ein Mosaik aus unterschiedlichsten Lebensräumen - Foto: NABU/Eric Neuling
Marcus Rudolf achtet darauf, dass die Bäume im Gebiet gesund sind - Foto: NABU/Eric Neuling
Wer in diesen Teichgebieten lebt, wird im nächsten Jahr erforscht - Foto: NABU/Eric Neuling
Marcus Rudolf dreht einmal im Monat eine Runde durch das Gebiet - Foto: NABU/Eric Neuling
Wir kommen an einer Brücke vorbei, die über einen kleinen Fluss, die Polchow führt. Die Brücke wird offensichtlich von vielen Tieren genutzt. Ein buntes Gewirr von Fußstapfen ist zu sehen. Marcus Rudolf wirft einen prüfenden Blick auf die unterschiedlichen Abdrücke und erkennt mittendrin einen ganz besonderen Bewohner des Schutzgebietes. Wie ein Detektiv folgt er der Spur ans Ufer hinunter, bis sie im Fluss verschwindet. „Der Fischotter scheint diesen Ausstieg immer noch zu nutzen.“ Marcus Rudolf lächelt glücklich. „Die Spuren auf der Brücke sind eindeutig.“ Fischotter wurden in den 80er Jahren im Griever Holz nachgewiesen. Danach nicht mehr. Marcus Rudolf hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihn wiederzufinden. Im Februar 2010 hat er den Otter dann entdeckt. Nun ist er froh, dass der schwimmende Säuger auch in diesem Winter seinem Zuhause treu geblieben ist.
Marcus Rudolf ist einer von insgesamt neun Schutzgebietsbetreuern im Griever Holz. „ Als wir 2009 hier angefangen haben, wussten wir gar nicht, was für Tiere und Pflanzen es hier genau gibt. Wir wussten nur, dass hier ein Schreiadlerpaar brütet. Und allein das ist schon eine Sensation. Es gibt in ganz Deutschland schließlich nur noch ungefähr 100 Brutpaare.“
Doch der Schreiadler ist nicht das einzige seltene Tier, das dieses kleine Paradies bewohnt. „Wir haben Begehungen mit verschiedenen Experten gemacht. Ein Fledermaus-Kenner hat sieben Arten gefunden und ein Pilzexperte schätzte nach einer kurzen Begutachtung, dass es hier bestimmt 4000 verschiedene Arten gibt. Ich schreibe auf, was wir alles sehen und mache Fotos. Zuhause habe ich Karteikarten angelegt, auf denen die Artennamen stehen, Erkennungsmerkmale und Bilder dazu. Schließlich wollen wir ja wissen, was hier alles lebt. Manche Bereiche, wie die Teiche und Baumkronen zum Beispiel, haben wir noch gar nicht untersucht.“ Marcus Rudolf freut sich auf die Zeit, die vor ihm liegt. „Das macht unglaublich viel Spaß so ein abwechslungsreiches Gebiet zu haben, in dem es noch so viel zu entdecken gibt. Nach einem Jahr habe ich das Gefühl, erst einen Bruchteil zu kennen. Und es wird noch so viel gefunden werden.“
Als Schutzgebietsbetreuer ist seine Aufgabe nicht nur die Artenbestimmung, er schaut auch nach dem Rechten. „Im Frühjahr, wenn der Schreiadler brütet, muss man besonders aufpassen. Einmal waren Camper mit dem Wohnwagen hier. Das geht natürlich nicht. Schreiadler sind sehr sensible Tiere, wenn die in der Brutzeit gestört werden, kann es sein, dass sie ihren Horst aufgeben. Daher habe ich die Camper der NABU Landesgeschäftsstelle in Schwerin gemeldet. Aber das ist natürlich der unangenehme Teil des Jobs.“
Seit Februar 2010 ist Marcus Rudolf auch Wolfsbotschafter für Mecklenburg-Vorpommern. „Ich arbeite im Natur- und Umweltpark in Güstrow. Gelernt habe ich Bürokaufmann, aber drinnen zu arbeiten ist nichts für mich. Ich war schon als Kind immer draußen. Mein Opa hat mich mit in den Wald genommen und wir haben uns die Natur angeschaut. Über das Arbeitsamt bin ich an die Stelle im Umweltpark gekommen. Ich mache dort zum Beispiel Führungen. Das Wissen dazu habe ich mir angelesen. Der Wolf speziell hat mich dann nicht mehr losgelassen.
Man muss sich mal bewusst machen, was für ein Glück wir haben. 150 Jahre lang gab es keine Wölfe in Deutschland. Und jetzt dürfen wir miterleben, wie sich der Wolf seine alte Heimat zurückerobert. Das ist doch toll. Ich verstehe es als meine Aufgabe, die Menschen aufzuklären, dass das nichts ist vor dem man Angst haben muss. Das ist natürlich viel Arbeit. Man muss in Schulen und Kindergärten gehen, auf Veranstaltungen und auch Seminare anbieten. Aber das ist mir wichtig und es gibt hier in Mecklenburg-Vorpommern noch niemanden der das macht. Deswegen mache ich mich im nächsten Jahr selbständig und werde Naturklärer. Vielleicht kann ich dann auch Führungen durch das Griever Holz anbieten und den Menschen zeigen, was für tolle Dinge direkt vor ihrer Haustür zu finden sind.“
Auch wir kommen aus dem Staunen nicht heraus, so viel gibt es zu sehen. Wintergoldhähnchen, Mittelspecht, Kolkrabe, Fischotter, Rothirsch – das sind Tiere, die es nicht mehr überall zu sehen gibt und nur einige derer, die wir bei unserem kleinen Rundgang entdecken konnten. Doch eines ist sicher: Bei einem Schutzgebietsbetreuer wie Marcus Rudolf sind sie in den besten Händen. (juko)
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