Klaus Uhl
Alter: 72
Arbeitsschwerpunkt: Kranichschutz in Südbrandenburg
Beruf: Rentner (ehemals Arzt)
Alter: 72
Arbeitsschwerpunkt: Kranichschutz in Südbrandenburg
Beruf: Rentner (ehemals Arzt)
Wir sitzen im Jeep und fahren durch die Nacht. Die Sterne funkeln über der fast gespenstisch wirkenden Landschaft des ehemaligen Tagebergbaus Grünhaus im südlichen Brandenburg. Eben noch blicke ich auf Nebelschwaden über einem Wasserloch, als wir plötzlich abbiegen und unsere Fahrt auf einem holperigen Waldweg fortsetzen. Am Steuer sitzt Klaus Uhl, Naturschutzmacher aus dem nahe gelegenen Ort Grünewalde. Er lenkt uns sicher durch das älteste Naturschutzgebiet der Region, in dem schon Könige Auerhühner jagten.
Als Klaus Uhl plötzlich während der Fahrt die Scheinwerfer ausschaltet, wissen wir, dass wir unserem Ziel schon sehr nahe sind. „Schließen Sie nicht die Türen, wenn Sie ausgestiegen sind! Das mache ich“, ermahnt uns Uhl. Es ist wichtig, sehr leise zu sein. Wir greifen zu den schweren gefütterten Mänteln der ehemaligen Tagebau-Arbeiter, die uns seine Frau eingepackt hat, und verlassen den Wagen. Vorsichtig schließt Klaus Uhl die Türen und wir machen uns auf den Weg zum Schlafplatz eines Kranichtrupps.
Durch das Wasser am Schlafplatz sind die Kraniche vor Feinden geshcützt - Foto: NABU/Eric Neuling
Es ist knapp über null Grad und Nebelschwaden hängen über dem Wasser - Foto: NABU/Eric Neuling
Die drei Restlöcher sind nur durch schmale Landbrücken getrennt - Foto: NABU/Eric Neuling
Nachdem sie sich ausgiebig gestreckt haben, fiegen sie plötzlich los. - Foto: NABU/Eric Neuling
Genau in die Richtung unseres Hochsitzes. - Foto: NABU/Eric Neuling
Ein paar Tage noch, und auch dieser Trupp fliegt weiter gen Süden. - Foto: NABU/Eric Neuling
Die Braunkohletagebaue sollen vielerorts von der Natur zurückerobert werden - Foto: NABU/Eric Neuling
Die gefluteten Restlöcher bleiben für viele Jahre extrem übersäuert - Foto: NABU/Eric Neuling
Kurz nach Sonnenaufgang starten auch tausende Gänse in den kalten Morgen - Foto: NABU/Eric Neuling
Ein Grund für Klaus Uhl, zum Spektiv zu greifen. - Foto: NABU/Eric Neuling
Die Förderbrücke F60 ist 500 m lang und Kulisse für den Gänseschlafplatz - Foto: NABU/Eric Neuling
Hier wird auf 200 Hektar Freifläche ein Solarpark gebaut - Foto: NABU/Eric Neuling
Klaus Uhl ist zum Betreten der Flächen berechtigt. Die Leute kennen ihn hier. - Foto: NABU/Eric Neuling
Wie eine surreale Mondlandschaft wirken die sandigen Abraumhalden - Foto: NABU/Eric Neuling
Bei Uhls's zuhause stapelt sich sämtliche Literatur zum Kranich - Foto: NABU/Eric Neuling
Klaus Uhl wünscht sich mehr junge Menschen, die seine Arbeit unterstützen - Foto: NABU/Eric Neuling
Nach einem kleinen Fußmarsch ist der Hochsitz erreicht. „Bitte nicht betreten. Hochsitz für wissenschaftliche Zwecke“ steht auf einem kleinen Schild. Vogelbeobachtung zählt dazu. So klettern wir die Holzleiter hoch und sind begeistert von der Aussicht auf drei flache Teiche inmitten derer die Kraniche stehen. Links von uns färbt die aufgehende Sonne den Himmel rosa. Vor uns sind ein paar Birken in Nebel getaucht.
Fast täglich ist Klaus Uhl an diesem Ort. Der ehemalige Arzt zählt ehrenamtlich Kraniche, stellt ihre Nachwuchsrate fest und notiert alle gekennzeichneten Vögel. Beringte Kraniche gibt es nur wenige, denn das Beringen selbst ist äußert schwer. „In Deutschland können das nur zwei Personen“ erläutert Uhl. Er kennt die Kranich-Szene gut. Schon zu DDR-Zeiten begann seine Arbeit mit den Vögeln als Regionalkoordinator für Kranichschutz in Südbrandenburg. Nicht nur, dass er begeisterter Hobby-Ornithologe war, sondern auch seine Fähigkeit ein Netz von Helfer aufzubauen, machten ihn zum erfolgreichen Kranichschützer in der Region. Seine Affinität zu den eleganten Vögeln brachte ihn auch über die Grenzen Brandenburgs und der DDR hinaus. In Talinn besuchte er 1989 seine erste Kranich-Tagung. Heute freut er sich gemeinsam mit seiner Frau auf den regelmäßigen Austausch mit Spaniern, Franzosen, Tschechen, Esten oder Schweden.
Unser Blick schweift wieder aufs Wasser zu den sich säubernden Kranichen. Dann beginnt das Schauspiel! Die Kraniche plustern sich auf. Klaus Uhl erklärt: „Sie ziehen ab. Das tun sie immer um diese Zeit.“ Wir beobachten und lauschen gespannt ihren Rufen und dann geht es los. Der ganze Trupp fliegt in die Höhe direkt auf uns zu. Dann biegen sie nach Westen ab und verschwinden langsam am Horizont. Ein beeindruckender Moment.
Weiter geht es mit dem Jeep durch kahle Landschaften. Die hügelige Bergbaufolgelandschaft wird in der Ferne überragt von der Abraumförderbrücke F60, der größten beweglichen Maschine der Welt. Hier hat Klaus Uhl kürzlich erstmals Kraniche entdeckt. Das flach stehende Wasser wird gern als Schlafplatz angenommen. Auch die Einsamkeit ist Kriterium für die Schlafplatzsuche der Kraniche. Doch so geeignet die karge und feuchte Gegend auch scheint, Uhl ist besorgt. Denn die Landschaft beginnt sich bereits heute zu verändern.
Riesige Naturflächen müssen einem gigantischen Solarpark weichen. Ein Teich, an dem Kraniche brüten, wird bald verschwinden, wenn die Bergbaugesellschaft den Boden dort bearbeitet und dadurch wasserstauende Schichten zerstört werden. An anderer Stelle wirkt sich neues Wachstum von Kiefern aus. „Man muss wissen, was man will“ erklärt uns Klaus Uhl, „wer Raubwürgern, Schwarzkehlchen oder dem Wiedehopf etwas Gutes tun will, der muss dafür sorgen, dass ihr Lebensraum erhalten bleibt. In einem Kiefernwald wird man diese Vogelarten nicht mehr antreffen“.
Wer Kranichschutz betreibt, wird zum Allround-Naturschützer. Veränderungen in der jungen Bergbaufolgelandschaft zeigen sofort ihre Wirkung. Es ist eine spannende Zeit. Dank Klaus Uhl und anderen ehrenamtlichen Helfern weiß man über die Bestände der vorkommenden Arten Bescheid. Die Ergebnisse des Monitorings sind auch bei den Behörden gefragt. Und nicht selten schafft es Herr Uhl auch bei seinen Führungen durch die beeindruckende Landschaft, dem ein oder anderen ehemaligen Skeptiker die Begeisterung für Kraniche mit auf den Weg zu geben. Uns hat er schon lange überzeugt. (aro)
Melden Sie dem NABU Ihre Kranich-Beobachtungen. Je mehr Daten über das Zugverhalten zusammenkommen, desto bessere Aussagen können getroffen werden. Nur wenn wir wissen, wo die Kraniche sich aufhalten, können wir vor Ort aktiv Schutzmaßnahmen ergreifen. Mehr →
Alljährlich im Oktober und November können Naturfreunde an vielen Orten Deutschlands das großartige Schauspiel ziehender Kraniche am Himmel beobachten. Einer der größten Kranich-Rastplätze Europas befindet sich bei Linum in Brandenburg. Mehr →
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