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Ein Besuch beim Eisvogel-Projekt an der Seebek
Auf der glitzernden Wasseroberfläche tanzen Mücken, aus der Entfernung dringt der regelmäßige Flügelschlag eines Graureihers herüber. Die schwüle Morgenwitterung rund um den Bramfelder See kündigt einen heißen Sommertag an. Andreas Lampe lässt seinen Blick suchend über das Ufer einer Insel in Sichtweite gleiten. „Wenn im Sommer ein Eisvogel auf einem Ast vor dem grünen Ufer sitzt, ist er mit bloßem Augen nur schwer zu erkennen. Sein Gefieder tarnt ihn. Aber manchmal kann man ihn hören. Im Winter ist er einfacher zu finden“, sagt der Leiter des Projektes Eisvogel beim NABU Hamburg. Auch mit seinem geschulten Blick kann Lampe an diesem Morgen partout kein Exemplar der faszinierenden, spatzengroßen Vogelart erspähen.
Hier am südlichen Seeufer fließt das Wasser über ein schmales Stauwerk in die Seebek, einen etwa vier Kilometer langen Stadtbach. NABU-Aktive haben in den vergangenen Jahren in Tausenden Stunden ehrenamtlicher Arbeit dafür gesorgt, dass der einst begradigte und teilweise zubetonierte Bach wieder in einem natürlichen Verlauf fließen kann.
Entlang der Schrebergärten
Mit Kies, Steinen, Geröll und Baumresten haben sie die Fließgeschwindigkeit dynamisiert. Am Bachufer wachsen heute gewässertypische Pflanzen und Stauden wie etwa die gelb blühende Sumpfdotterblume. Aus ausgegrabenen Rinnen haben sich üppig mit Gräsern ausgestattete Sekundärauen entwickelt. Sie stellen vor allem Überflutungszonen dar, außerdem sind sie als Heimstätte für Insekten und Amphibien unverzichtbar.
Den Seebek-Grünzug mit seinen angrenzenden Schrebergärten säumen Baumweiden, Erlen und Eschen. Einige hundert Meter weiter ragen aus dem Grün die Hochhäuser einer Plattenbausiedlung hervor, die Stadtplaner in den frühen 70er Jahren in die Landschaft gesetzt haben. Der entstandene Grünzug bildet zusammen mit dem Bramfelder See einen viel genutzten Naherholungsbereich für die Bewohner der umliegenden Wohngebiete. Reste von kreativen, bodentiefen Baumhäusern im bachnahen Gehölz zeugen davon, dass auch Kinder die Seebek als Entdeckerraum in Beschlag genommen haben. Ein Stück weiter liegen an diesem Morgen Fahrräder am Bachufer. Zwei Jungen testen mit nackten Füßen die Wassertemperatur und tapsen vorsichtig über das Gestein im Bach.
Köcherfliegen und Asseln
„Mit der Renaturierung der Seebek sind Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten entstanden. Strukturreiche Fließgewässer sind für das Überleben des Eisvogels notwendig“, erklärt Andreas Lampe. Er steht mit Gummistiefeln in der Seebek und begutachtet einen Stein, den er aus einer kleinen Geröllansammlung aufgehoben hat. An der Unterseite des Steinbrockens kleben die aus kleinen Steinen zusammengeklebten Röhren von Köcherfliegenlarven, Wasserasseln bringen sich in Sicherheit.
Beide Arten dienen den hier lebenden Fischen als Futter, und von ihnen hängt das Überleben des Eisvogels ab. Hat der prächtige Vogel einen Beutefisch erspäht, stürzt er sich – Schnabel voran – ins Gewässer. Die größte Bedrohung für ihn sind daher strenge Winter, wenn Bäche und Seen zugefroren sind und er seine gewohnte Jagdtechnik nicht ausführen kann. „Wie viele Eisvogelpaare sich inzwischen hier angesiedelt haben, wissen wir nicht genau“, sagt Andreas Lampe. Drei Eisvogelbruthilfen stehen bereits an dem Stadtbach, in diesem Jahr soll eine weitere hinzukommen. Darunter sind zwei nachgebaute Steilwände aus Kalk, Sand und Lehm.
Mit Hacke und Radlader
Das Engagement für das Eisvogelprojekt stammt vor allem aus der NABU-Gruppe BOB (Bramfeld, Ohlsdorf und Barmbek) mit rund zwei Dutzend aktiven Mitgliedern. Schaufel und Hacke reichen bei einigen Einsätzen nicht aus. „Es sind ein paar Aktive darunter, die können mit Bagger und Radlader umgehen, so dass einiges an Kompetenz zusammenkommt“, stellt der NABU-Projektleiter zufrieden fest. Mit dem zuständigen Bezirksamt diskutiert er alle Maßnahmen, um den Pflegeauftrag für das Gewässer gemeinsam wahrzunehmen. In die Aktivitäten einbezogen sind auch die Schüler und Schülerinnen umliegender Schulen, die sich in ihren Projektwochen um den Gewässerschutz kümmern.
Weiter südlich mündet die Seebek in die Osterbek. Beide Stadtbäche bilden ein Gewässersystem. Nach der erfolgreichen Arbeit an der Seebek hat die Gruppe BOB eine weitere Bachrenaturierung in Angriff genommen. Unweit der Stelle, wo der Lauf der Osterbek beginnt, ist im April das neue Eisvogel-Projekt gestartet. Die NABU-Aktiven haben einen Betonabsturz zurückgebaut, bereits 60 Tonnen Gestein in den Bach eingebracht und das Ufer bepflanzt. Die nächsten Aktionen sind bereits geplant. „Bis der größtenteils begradigte Oberlauf der Osterbek in einen naturnahen Zustand zurückversetzt werden kann, gibt es noch viel zu tun“, sagt Andreas Lampe.
Sabine Schreder