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Jetzt NABU-Mitglied werden!Karpatenbüffel und Ameisenbläulinge
Ein Beweidungsprojekt im Altenburger Land
Gibt es demnächst echte „Mozzarella di Bufala“ aus dem Altenburger Land? Bäuerin Petra Rauschenbach ist noch skeptisch: „Wenn sich unsere Büffelmütter melken ließen, wäre das natürlich eine schöne Möglichkeit. Aber das ist schwierig bei Tieren, die das ganze Jahr auf der Weide verbringen.“ Zwar sind die Büffel in der Regel friedlich, im Vergleich zu den üblichen Hausrindern sind sie sogar scheu und schreckhaft. Petra Rauschenbach hat die Tiere auf Anhieb lieb gewonnen, ein gewisser Respekt ist aber geblieben. „Die Hörner sind schon gewaltig und die Büffel wissen genau, sie einzusetzen.“
In ihrer Heimat werden die Karpatenbüffel als „Dreinutzungstiere“ gehalten, wegen des Fleischs, wegen der Milch und als Zugtiere. Im Altenburger Land haben sie vor allem eine Funktion: Als Landschaftspfleger sollen sie die Artenvielfalt in der Pleißeaue sichern helfen. „Mit den bisher eingesetzten Rindern, Schafen und Ziegen war die Beweidung nicht im erforderlichen Maße möglich“, erläutert Mike Jessat vom NABU Altenburger Land. „Die Tiere haben teils den feuchten und sumpfigen Boden nicht vertragen oder sie scheuten sich, die zurückzudrängenden Büsche zu fressen.“
Bedrohte Nutztierrasse
Die Haltung von Wasserbüffeln wird in Deutschland immer beliebter. Bei den sogenannten Karpatenbüffeln handelt es um einen eigenen Schlag, der in Rumänien und der Ukraine entstand. Die Tiere sind etwas kleiner als die üblichen Wasserbüffel, bringen aber dennoch bis zu 800 Kilogramm auf die Waage.
Nicht erst seit dem EU-Beitritt hat auch in Rumäniens Landwirtschaft eine neue Zeit begonnen. Die Karpatenbüffel sind von einst mehreren hunderttausend Tieren auf kleine Reste zusammengeschrumpft. Büffel werden nur noch von wenigen, meist älteren Menschen gehalten. Die Haltung in Deutschland kann also einen Beitrag zum Bewahren dieser alten Nutztierrasse leisten.
Import aus Rumänien
m Oktober 2009 fuhren NABU-Aktive samt einem Tierarzt nach Rumänien. In zwei Dörfern wurden Bauern besucht, der Veterinär nahm Blutproben der Büffel und es wurden die Preise ausgehandelt. Zurück in Thüringen folgte allerdings Ernüchterung: Die Blutproben ergaben, dass sämtliche Büffel mit einem Herpesvirus infiziert waren.
So wurde 2010 ein neuer Anlauf unternommen. In einer anderen Region führte das gemeinsame Engagement der NABU-Aktiven und der rumänischen Kontaktleute zum Erfolg. Endlich wurden herpesfreie Tiere gefunden, von denen zwölf gekauft und Ende 2010 importiert werden konnten. Die vier Kühe, sechs Färsen und zwei Jungbullen brachte NABU-Vorstandsmitglied Lutz Köhler zur Eingewöhnung und Quarantäne in seinem Stall unter. Im Frühjahr 2011 schließlich bezogen die Büffel ihr neues Weide-Revier, zwei Tiere auf einer Wiese bei Nöbdenitz, die übrigen in den Pleißewiesen zwischen Remsa und Windischleuba.
Falter mit Ameisen-Trick
Im Trinkwasserschutzgebiet der Pleißewiesen konnten sich in den vergangenen 50 Jahren artenreiche Lebensgemeinschaften erhalten. Eine Besonderheit sind der Helle und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, zwei stark gefährdete Schmetterlingsarten. Die Falter sind auf den Großen Wiesenknopf als Wirtspflanze angewiesen: Die Weibchen legen ihre Eier an die noch geschlossenen Blütenköpfe, die Raupen fressen diese später von innen auf. Nach einiger Zeit lassen sie sich fallen und von angelockten Ameisen in deren Bau tragen, wo sie überwintern und sich bis zur Verpuppung im Frühjahr von Eiern und Larven der Ameisen ernähren.
Aufgrund der Abhängigkeit vom Wiesenknopf und den Ameisen reagieren die Wiesenknopf-Ameisenbläulinge besonders empfindlich auf Veränderungen in ihrem Lebensraum. Mit der Aufgabe der Trinkwassergewinnung und der Intensivierung der Wiesennutzung verschwanden die einst großflächigen Bestände des Großen Wiesenknopfes fast völlig. Der Trinkwasserverband kündigte zudem an, die nicht mehr für seine Zwecke benötigten Wiesen zu verkaufen.
Flächen in NABU-Hand
Gemeinsam mit dem Naturkundemuseum Mauritianum Altenburg startete die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe ein Projekt, um die Flächen zu sichern. 2008 konnten Dank Fördermitteln der EU und des Freistaates Thüringen 70 Hektar der Auewiesen gekauft werden. NABU-Mitglieder und andere Naturfreunde trugen mit Spenden von 51.000 Euro ebenfalls zum Flächenkauf bei.
Auch für Amphibien wie den Laubfrosch und die thüringenweit fast nur noch im Altenburger Land vorkommende Wechselkröte sind die Pleißewiesen wertvoller Lebensraum. Zur weiteren Verbesserung wurden inzwischen fünf neue Laichtümpel angelegt. Diese führen nur zum Teil Wasser, manche trocknen im Sommer aus. Sie imitieren sogenannte Flutmulden, die in natürlichen Flussauen zu finden sind. Ein Zuwachsen der Tümpel verhindern die Karpatenbüffel, die sich darin gerne suhlen. „Über den raschen Erfolg waren wir selbst verblüfft. Kaum waren durch die Büffel die Ufer frei, haben wir die ersten Wechselkröten rufen hören“, freut sich Mike Jessat.
Reichlich Büffelnachwuchs
Auch den Ameisenbläulingen tun die vierbeinigen Landschaftspfleger gut. Die Wiesenknopf-Bestände wuchsen wieder an und damit haben sich auch die Bläulinge auf ein Vielfaches vermehrt. Die Pleißewiesen beherbergen heute das größte mitteldeutsche Vorkommen dieser Art.
Die Büffel selbst gedeihen in der Obhut Petra Rauschenbachs ebenfalls prächtig. Der provisorische Schlechtwetter- und Winterstall am Rand der Wiesen wurde inzwischen durch zwei neue Offenställe ersetzt. „Abends bewegen sich die Büffel im Gänsemarsch in den Stall, die Kälber zuerst, gefolgt von den sie mit ihren Leibern abschirmenden Müttern.“ Die Herde wächst kräftig. Schon im ersten Jahr gab es Nachwuchs und 2012 kamen gleich sechs Kälber zur Welt. Selbst wenn es mit dem Büffelmilchkäse nichts werden sollte, die Chancen für NABU-Büffelsteaks aus dem Altenburger Land stehen gut.
Helge May
Naturnahe Auen gelten aufgrund des Artenreichtums als Schatzkästchen der Natur. Seit Anfang 2019 darf sich die Gerstenbachaue bei Altenburg wieder zu einem wertvollen Auenland entwickeln, dank des Engagement von NABU Altenburger Land und NABU-Stiftung. Mehr →