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Geflüchtete im NABU
Etwa 280.000 Menschen flüchteten 2016 nach Deutschland. Auch wenn das gut 600.000 weniger waren als noch 2015, werden auch weiterhin viele bei uns Schutz suchen vor Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung oder den Folgen des Klimawandels. Diese Menschen zu integrieren, miteinander zu kommunizieren, voneinander zu lernen und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, ist eine zentrale Herausforderung für Politik und Zivilgesellschaft. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, ist überzeugt, dass „Umweltengagement einen wichtigen Beitrag sowohl zur nachhaltigen Bekämpfung von Fluchtursachen als auch zur Integration geflüchteter Menschen in Deutschland leisten kann“.
Im Rahmen eines Projekts zur 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung veranstaltete der NABU Ende Januar 2017 in Kassel einen Workshop zum Thema „Ehrenamtliche Arbeit mit geflüchteten Menschen im Natur- und Umweltschutz“. Dort wurde deutlich, dass Integration im NABU bereits vielerorts aktiv umgesetzt wird. Zum Beispiel in Bremen, wo sich Geflüchtete bei der praktischen Naturschutzarbeit und bei der Umgestaltung eines ehemaligen Gärtnereigeländes zum künftigen Vogelparadies Vahrer Feldweg engagieren. Oder in Bremervörde, wo die NABU-Umweltpyramide gemeinsam mit der Diakonie das Projekt „Voll im Saft“ realisierte – mit Gewinn für alle Beteiligten: Die Geflüchteten lernten etwas über den Apfel und konnten ihr Deutsch verbessern, der NABU erhielt tatkräftige Unterstützung bei der Ernte und Verarbeitung des leckeren Streuobstes.
Private Freundschaften
In Frankenberg entstand der Kontakt bereits Anfang 2015 über ein NABU-Vorstandsmitglied, das auch in der Frankenberger Flüchtlingshilfe tätig ist, und durch eine Nistkastenbauaktion in einem Frankenberger Flüchtlingsheim. „Uns liefen die Geflüchteten danach fast hinterher und suchten Kontakt, halfen beim Aufhängen der Kästen und kamen auch zu unserem Gruppenraum, dem Naturschutzhaus“, erzählt Frank Seumer vom NABU Frankenberg. Viele der zumeist jungen Menschen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren seien schnell in die Arbeit von NABU und NAJU integriert worden, so Seumer. „Vor allem die Afrikaner bringen sich bei unserem Rinder-Beweidungsprojekt in einem Waldwiesental intensiv ein.“
Der NABU Frankenberg profitiere enorm von den neuen Mitstreitern, da das Engagement deutscher Jugendlicher für den praktischen Naturschutz seit Jahren stark zurückgehe. „Viele Arbeitseinsätze, wie etwa Obstbaumschnitt oder Kopfweidenpflege, können nur mithilfe der Geflüchteten, ihrem Fleiß und ihrem großen Engagement umgesetzt werden“, betont Seumer. Die langjährigen NABU-Aktiven wiederum unterstützten die Geflüchteten bei der Bewältigung alltäglicher Herausforderungen, bei Behördengängen oder bei der Jobsuche. „Es haben sich viele private Freundschaften entwickelt, die weit über die gemeinsame NABU-Arbeit hinausgehen.“
Nachhaltige Integration
Die NAJU NRW hatte im Mai 2016 ebenfalls ein Projekt zur Integration geflüchteter junger Menschen im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren initiiert. Für Kinder aus Krisenregionen sei es wichtig, Erlebtes zu verarbeiten und durch den Kontakt mit beheimateten Kindern in der neuen Kultur Fuß zu fassen, sagt Projektleiterin Sevil Yildirim, „in einer Kultur, in der Naturschutz und Umweltbildung großgeschrieben werden“. Junge Geflüchtete wurden dabei in die Arbeit mehrerer lokaler NAJU-Gruppen einbezogen, unterstützt von der Umweltpädagogin Carola de Marco und dem JugendUmweltMobil (JUM), einem für die Umweltbildungsarbeit ausgebauten Transporter der NAJU NRW.
In einem kürzlich gestarteten Folgeprojekt, das ebenfalls durch das Landesministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport gefördert wird, sollen weitere NAJU-Gruppen hinzukommen. Zudem sind Angebote für die Eltern der Geflüchteten sowie für die Betreuerinnen und Betreuer der teilnehmenden Gruppen geplant. Sevil Yildirim, die für die NAJU NRW auch das interkulturelle Bildungsprojekt „Waldwelten“ betreut, ist überzeugt davon, dass die kontinuierlichen gemeinsamen Aktivitäten von einheimischen und geflüchteten Jugendlichen „eine wirklich nachhaltige Integration gewährleisten“.
Teilhabe an der Zivilgesellschaft
Mit einem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekt unterstützt der NABU-Bundesverband die Integrationsaktivitäten der NABU- und NAJU-Gruppen vor Ort. „Damit wollen wir den Geflüchteten einen Zugang zur Zivilgesellschaft ohne größere Hürden ermöglichen“, so Projektleiter Benjamin Vrucak. Die Ausrichtung der Mikroprojekte vor Ort bleibe den NABU- und NAJU-Gruppen überlassen: „Im Mittelpunkt kann die gemeinsame praktische Arbeit stehen, aber auch Schulungsprogramme sind möglich.“ Ebenso wichtig seien Möglichkeiten des Spracherwerbs, ein gesicherter Zugang zur ehrenamtlichen Verbandsarbeit und damit langfristig eine aktive Beteiligung an der Gestaltung unserer Zivilgesellschaft. Deshalb werden vor allem solche Projekte gefördert, die in Zusammenarbeit mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) oder einem anderen Sozialverband durchgeführt werden.
Ein besonders interessantes Projekt hat jetzt der NABU Lippe gestartet. Unter dem Titel „Deine Heimat. Meine Heimat. Unsere Welt“ betreiben lokale NABU-Aktive und Geflüchtete ein Umweltblog, das interessante Projekte, aber auch Umweltprobleme in der Region dokumentieren und als Diskussionsplattform dienen soll. Der NABU Lippe wird dabei von Andrew Scanlon beraten, Country Programme Manager des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP). Edda Affeldt, Leiterin des von der DBU und der AWO geförderten Vorhabens, sieht in dem Projekt „die einmalige Chance, einen ganz neuen Blickwinkel auf unsere Kultur beziehungsweise unsere Natur und ihre Schätze zu erlangen“.
Bernd Pieper
Weitere Informationen zum Integrationsprojekt des NABU-Bundesverbandes gibt es bei Benjamin Vrucak, Stabsstelle Verbandsentwicklung, Benjamin.Vrucak@NABU.de