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Prävention: Kinder vor Übergriffen schützen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass in Deutschland jedes fünfte Mädchen und jeder zwölfte Junge von Übergriffen betroffen ist. Das sind etwa eine Million Kinder und Jugendliche zwischen null und 18 Jahren – quer durch alle Schichten der Gesellschaft.
Warum das auch für uns ein Thema ist, macht die „NABU-Ordnung zur guten Verbandsführung“ klar. Dort heißt es: „Im Rahmen der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit engagieren sich zahlreiche Kinder und Jugendliche. Es ist daher erforderlich, Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, mit denen die dem NABU anvertrauten jungen Menschen gezielt vor Gewalt, Misshandlungen und sexuellem Missbrauch geschützt werden.“
Übergriffe und Missbrauch
Regelmäßig medial sehr weitreichend begleitete Fälle führen uns vor Augen, wie gravierend das Problem ist. Sexualisierte Gewalt bezeichnet eine Vielzahl verschiedener Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit. Das reicht von sexuellen Übergriffen über Kinderpornografie bis zu dem, was medial als „Missbrauch“ bezeichnet wird. Hier handelt es sich um eindeutige Straftatbestände – bei der Durchsicht der entsprechenden Paragrafen im Kinder- und Jugendhilfegesetz schüttelt es einen ordentlich durch.
Der Umgang mit dem Thema ist oft von Beklemmung geprägt, dazu kommt eine große Unsicherheit, resultierend auch aus fehlendem Wissen. Dagegen wollen NABU und NAJU angehen. So wurden in der NAJU Ansprechpartner*innen benannt, Fortbildungen angeboten und es sind Schutzkonzepte, Ehrenerklärungen und vieles mehr entstanden. Ein Grundstock ist gelegt, NABU und NAJU haben sich klar positioniert und Instrumente zur Prävention sexualisierter Gewalt sind entstanden.
Die Grenzen des Zulässigen
Doch die Fragen vor Ort bleiben: Darf ich Waschräume auf der Freizeit kontrollieren? Wie viel Körperkontakt ist zulässig, wenn Anleitung für die praktische Naturschutzarbeit gegeben wird? Was mache ich, wenn ein Kind sich merkwürdig verhält? Wie läuft das eigentlich mit dem erweiterten Führungszeugnis? Und was mache ich in dem Fall, den sich niemand vorstellen möchte: Ich beobachte etwas oder ein Kind offenbart sich mir?
Besonders schwierig sind die vielen Graubereiche. Denn hier geht es nicht in erster Linie darum, ob eine strafbare Handlung vorliegt. Vielmehr fragen sich Verantwortliche, wie ein Schutzraum aussehen muss, der die grundsätzliche Haltung von Respekt und Wertschätzung in der Gruppenarbeit widerspiegelt. Jeder Mensch hat individuelle Grenzen, die es zu achten gilt. Grenzverletzungen sind nicht sofort strafrechtlich relevant, aber sie sorgen für Unbehagen bei den Betroffenen. Verantwortliche in den NABU-Gruppen suchen daher nach Antworten auf komplexe und zugleich vielfach auch unangenehme Fragen.
NABU-Kurs
"Kinder und Jugendliche besser schützen – Schutzkonzepte in NAJU und NABU"
Gelebte Schutzkonzepte machen unseren Verband zu einem möglichst sicheren Ort für Kinder und Jugendliche. Was genau ein Schutzkonzept ist, wie man es aufstellt und welche Haltungen dahinter stehen, erfährst du hier.
Zum NABU-KursKindern einen Schutzraum bieten
Klar ist: NABU und NAJU müssen dafür Sorge tragen, dass potenzielle Täter*innen in den eigenen Strukturen keine Möglichkeiten finden, Kindern Gewalt anzutun. Daher müssen Ehrenamtliche, die Tätigkeiten durchführen, die eine besondere Gefährdungslage kennzeichnet, ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Das gilt zum Beispiel bei Veranstaltungen mit Übernachtung, bei besonders körpernahen Tätigkeiten oder in Situationen, wo Erwachsene mit einzelnen oder wenigen Kindern allein sind.
Zusätzlich gilt es einen Schutzraum zu sichern, „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“ heißt das im Kinder- und Jugendhilfegesetz. Es bedeutet, dass Verantwortliche bei NABU und NAJU auch tätig werden müssen, wenn sie vermuten, dass Kindern Gewalt durch Dritte außerhalb von NABU oder NAJU angetan wird. Dann müssen Fachstrukturen wie das Jugendamt eingeschaltet werden, denn Ehrenamtliche sind natürlich keine Expert*innen für sexualisierte Gewalt.
Inzwischen wurde eine bundesweite Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Ansätze bei NABU und NAJU zusammenführen und Hilfestellungen entwickeln soll. Viele Einzelteile für die Prävention sexualisierter Gewalt sind vorhanden, aber fast nirgends ein komplettes System. Die Arbeitsgruppe entwickelt nun Checklisten, Übersichten, Infoblätter für Gruppenleitungen und Verantwortungsträger*innen, erarbeitet Schulungskonzepte und fertigt eine Gesamtpublikation mit detaillierten Informationen und Hilfestellungen an.
Nur wer hinschaut, kann auch helfen
Entscheidend ist, das Thema so zu verankern, dass eine Kultur des Hinschauens entsteht. Dazu braucht es Wissen, beispielsweise um das eigene Bauchgefühl fassbarer zu machen und um präventive Strukturen schaffen zu können. Es wurde daher eine mehrteilige Fortbildungsreihe entwickelt. Informationen dazu finden sich im NABU-Bildungswerk im NABU-Netz.
Prävention sexualisierter Gewalt muss ein selbstverständlicher Teil der Kinder- und Jugendarbeit von NABU und NAJU sein. Dabei braucht es den Mut von Verantwortlichen, zu reagieren, wenn sich Risiken zeigen oder das Bauchgefühl sich meldet. Ein Unterstützungsnetzwerk besteht bereits und wird weiter gestärkt.
Matthias Laurisch
Der Autor leitet in der NABU-Bundesgeschäftsstelle die Stabsstelle Verbandsentwicklung, er ist Mitglied der AG Kinderschutz. Weitere Informationen: www.NABU-Netz.de/praevention.
Informationen und Unterstützung
- Für Erwachsene: Hilfetelefon des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: 0800-2255530 (kostenfrei und anonym). Sprechzeiten: Mo. und Mi. 9 bis 14 Uhr, Di. und Fr. 16 bis 21 Uhr, So. 15 bis 20 Uhr (an Feiertagen, am 24. und 31. Dezember nicht besetzt.)
- Für Kinder und Jugendliche: „Nummer gegen Kummer“ unter 116111 (kostenfrei und anonym). Sprechzeiten: Mo. bis Sa. 14 bis 20 Uhr. www.nummergegenkummer.de.