Monika Runkel wurde die Waldmedaille 2024 verliehen - Foto: Kurt Sauer
Bundesvertreterversammlung 2024 in Mainz
In schweren Zeiten mutig zusammenhalten
10. November 2024 – An diesem Wochenende haben sich die NABU-Bundesvertretenden in Mainz für ihre Jahresversammlung getroffen. Rund 220 Delegierte aus dem gesamten Bundesgebiet sind nach Rheinland-Pfalz gereist, um über die Herausforderungen und Lösungsansätze des Naturschutzes in krisengeschüttelten Zeiten zu sprechen und die Arbeit des nächsten Jahres zu planen.
Bereits zum zweiten Mal fand die Bundesvertreterversammlung des NABU in Mainz statt. In diesem Jahr gab es zudem mindestens zwei Gründe zu feiern – trotz der schwierigen politischen Lage: Neben dem 125-jährigen Bestehen des NABU-Bundesverbands feiert auch der einladende Landesverband Rheinland-Pfalz in diesem Jahr sein 70. Jubiläum gemeinsam mit seinen 70.000 Mitgliedern.
Was an diesem Samstag kaum mehr gesagt werden musste: Es lag eine aufregende Woche hinter uns. Mit der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten und dem Bruch der Ampelregierung hatte bei einigen eine Art Schockstarre eingesetzt, bei anderen zumindest auf die Gemütslage gedrückt. Was bedeuten diese Entwicklungen für den Naturschutz?
Naturschutz und ehrenamtliches Engagement lohnen sich
„Es fühlt sich an, als ob wir Dominosteinen beim Kippen zusehen würden“, beschrieb Jörg-Andreas Krüger die Entwicklungen der letzten Wochen in seiner Eröffnungsrede. Viele wichtige Gesetzesvorhaben, wie etwa die Nationale Biodiversitätsstrategie und die Kreislaufwirtschaftsstrategie, stünden nun auf der Kippe. Trotz des verständlichen Verdrusses verwies der NABU-Präsident darauf, nicht den Blick auf die Gesamtentwicklung zu verlieren.
In diesem Jahr ist der NABU 125 Jahre alt geworden. Eine lange Zeit, in der sich immer wieder gezeigt habe: Naturschutz und ehrenamtliches Engagement lohnen sich.
Es gebe bereits sichtbare Erfolge, wie die Rückkehr des Wanderfalken, des Uhus und des Storches. Auch die Gewässerqualität hat sich verbessert, Gifte wurden aus der Umwelt entfernt und NABU-Projekte wie die Havelrenaturierung zeigen, dass es möglich ist, positive Veränderungen zu bewirken. Naturschutz ist mittlerweile eine breite Bewegung, die aus der Mitte der Gesellschaft kommt.
Naturschutz muss Teil der Lösung für gesellschaftliche Herausforderungen sein, betonte Krüger. Die enttäuschende Weltnaturschutzkonferenz zeige, wie dringend wir internationale Fortschritte brauchen. Doch auch hier gilt: „Naturschutz lohnt sich, Naturschutz wirkt“ – unsere Bemühungen sind entscheidend für die Zukunft unseres Planeten.
Bundeskanzler Olaf Scholz gratuliert dem NABU
Bundeskanzler Olaf Scholz sendete zum Jubiläum eine Grußbotschaft per Video. Er attestierte dem NABU „seiner Zeit schon immer voraus“ gewesen zu sein. Lange bevor Worte wie Artensterben oder Umweltzerstörung überhaupt Einzug in unsere Sprache fanden, hätten sich der NABU und seine Mitglieder um diese Probleme gekümmert.
Er bedankte sich für den Einsatz und die Arbeit der Ehrenamtlichen, die „ein Ausrufezeichen setzt, wo manche nur mit der Schulter zucken“. Die Natur brauche Verbündete wie den NABU – heute noch dringender als im Jahr 1899. Scholz verabschiedete sich mit den Worten: „Ich kann Sie alle nur ermutigen. Machen Sie weiter so, bleiben Sie beharrlich. Davon profitiert die Natur und davon profitieren wir alle.“
Gegen den Frust: „einfach machen“
Die Bedeutung eines starken Naturschutzes und deren Akteure stellte auch die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Bündnis 90/Die Grünen) heraus. Als derzeitige Vorsitzende der Umweltminister*innenkonferenz betonte sie, wie wichtig ein konstruktiver Dialog in diesen Zeiten sei. Deutlich werde das beispielsweise an den Schutzgebieten: Ihr Zustand ist schlecht, daran sind sich alle einig. Trotzdem stellen die Schutzgebietsvorgaben, die im neuen EU-Wiederherstellungsgesetz verankert sind, die Verwaltungen vor große Herausforderungen.
Auch die Planungsbeschleunigung beschäftigt die Umweltministerin. In Fällen wie der Hochwasservorsorge seien beschleunigte Prozesse unerlässlich, allerdings könnten diese „nicht auf Kosten von Beteiligung und Umweltstandards“ durchgesetzt werden. Klimaschutz müsse weiterhin mit Arten- und Naturschutz zusammen gebracht werden. Auf die Frage, wie wir es schaffen könnten, nicht „komplett frustriert“ zu sein, antwortete Katrin Eder: „Einfach machen!“
„Wir müssen um diese Lebensräume kämpfen“
Bloß nicht den Mut verlieren, lautete die klare Botschaft von Cosima Lindemann, Landesvorsitzende des NABU Rheinland-Pfalz. Denn Naturschutzmaßnahmen, die wirklich ernsthaft betrieben werden, können wirken.
Im waldreichsten Bundesland sei der schlechte Zustand des Waldes ein Thema von höchster Bedeutung. Lebensräume würden massiv beschnitten – vor allem durch den Ausbau von Straßenkilometern. So seien es auch Siedlungs- und Verkehrsflächen, die den Ausbau der notwendigen Energiewende verlangsamten, nicht die Naturschutzflächen. Daher appellierte Lindemann: „Wir müssen um diese Lebensräume kämpfen.“
Mut, in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten
Ebenso sei es wichtig, den „Mut zu haben, in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten“, so Lindemann. Die Polarisierung und Polemisierung in der Gesellschaft erschwere konstruktive Gespräche. „Eine Demokratie, in der nicht mehr sachlich und auf Fakten basiert, respektvoll miteinander diskutiert werden kann, ist eine verlorene Demokratie.“
Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder machte klar: „Die Brandmauer muss stehen“. Naturschützer*innen trügen hier eine besondere Verantwortung, aktiv für eine demokratische und freie Gesellschaft einzutreten.
Auch der NABU-Präsident wies in seiner Rede darauf hin, dass die Natur in der politischen Debatte zunehmend weniger beachtet würde. Doch Naturschutz könne nicht unpolitisch sein: „Nur in freien Gesellschaften ist Naturschutz möglich.“ Deshalb sei es wichtig, Brücken zu bauen und Lösungen in der Kooperation zu suchen, auch in schwierigen politischen Zeiten.
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Die Preisträger*innen der Waldmedaille, Monika Runkel und Andreas Schäfer, mit Katrin Eder, Cosima Lindemann und Jörg-Andreas Krüger - Foto: Kurt Sauer
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Feierlicher Empfang im Naturhistorischen Museum in Mainz - Foto: Kurt Sauer
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Feierlicher Empfang im Naturhistorischen Museum in Mainz - Foto: Kurt Sauer
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Feierlicher Empfang im Naturhistorischen Museum in Mainz - Foto: Kurt Sauer
Waldmedaille wird Forstamt Hachenburg verliehen
Bereits am Freitagabend waren die Delegierten zum feierlichen Empfang in das Naturhistorische Museum in Mainz eingeladen. Dort empfing die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder die NABU-Vertreter*innen in einer beeindruckenden Kulisse.
Auch die diesjährige NABU-Waldmedaille wurde im Rahmen des feierlichen Empfangs durch den NABU-Präsidenten an Monika Runkel und Andreas Schäfer vom Forstamt Hachenburg in Rheinland-Pfalz verliehen. Sie wurden damit für ihr vorbildliches Engagement in der ökologischen Waldbewirtschaftung sowie der beruflichen Bildung ausgezeichnet.
Mit der Lina-Hähnle-Medaille wurde dieses Jahr bereits auf der rheinland-pfälzischen Landesvertreterversammlung am 20. April 2024 Dr. Klaus Cölln ausgezeichnet. Cölln ist ehemaliger Landesvorsitzender des NABU Rheinland-Pfalz und seit 35 Jahren aktives Mitglied im NABU.
Für wirksamen Klimaschutz und eine starke Zivilgesellschaft
Die Auswirkungen der menschengemachten Klimakrise sind längst Begleiter unseres Alltags. Extremwettereignisse wie Starkregen und Dürren keine Ausnahmen mehr, sondern immer mehr die Regel. Der NABU zeigt mit seinem Grundsatzprogramm Klima, wie sich der mitgliederstärkste deutsche Umwelt- und Naturschutzverband den Weg in eine Zukunft vorstellt, in der die Natur- und Klimakrise weitestgehend gestoppt und reversible Schäden behoben werden. Eine engagierte Zivilgesellschaft, eine breite Beteiligung in demokratischen Parteien, ein moderner Wirtschaftsstandort und ein starker Rechtsstaat sind das Fundament für erfolgreichen Klima- und Naturschutz.
Mit dem Bruch der Regierungskoalition am vergangenen Mittwoch wird nun auch die Bundestagswahl 2025 auf den Anfang des kommenden Jahres vorgezogen. Sie wird – wie auch schon die Europawahl in diesem Jahr – eine enorme Bedeutung für Natur, Umwelt und Klima, aber auch für die Zukunft unserer Demokratie und Gesellschaft haben. Der NABU fordert daher eine informierte Zivilgesellschaft durch konkrete Maßnahmen zu stärken.
Die NABU-Aktiven werden aufgerufen, in persönliche Gespräche mit den Kandidat*innen der demokratischen Parteien zu gehen. An die Parteien und Kandidat*innen appelliert der NABU, für eine verantwortungsvolle und konstruktive Politik einzutreten.
Im NABU-Präsidium gab es folgende Veränderungen: Nach dem Ausscheiden von Nicole Spundflasch wird Christine Sauer neue Vizepräsidentin. Als neuer Beisitzer wurde Jan Göldner benannt.
Zudem wurde den Verstorbenen Dr. Harald Kloetsch, Klaus Dürkop und Jürgen Dien gedacht.
Die Bundesvertreterversammlung ist das wichtigste beschlussfassende Gremium des NABU. Ehrenamtliche Aktive in den Landesverbänden wählen dazu Delegierte, die hier einmal im Jahr zusammenkommen. Die Delegierten wählen das Präsidium, beschließen den Haushalt und entscheiden darüber, welchen Themen und Projekten sich der Verband schwerpunktmäßig widmen soll.
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2024 ist ein besonderes Jubiläumsjahr – denn der NABU wird 125 Jahre alt. Wir sagen Danke: unseren Mitgliedern, Ehrenamtlichen und Unterstützer*innen und allen Interessierten an der Naturschutzarbeit des NABU. Mehr →
Konsequentes Arbeiten mit der Natur in der Waldbewirtschaftung und lebenslanges Lernen, das sind Schwerpunkte des Forstamts Hachenburg in Rheinland-Pfalz. Dafür wurden Amtsleiterin Monika Runkel und Bildungsrevierleiter Andreas Schäfer ausgezeichnet. Mehr →
Die Bundesvertreterversammlung ist das wichtigste beschlussfassende Gremium des NABU. Für die Zahl der entsandten Delegierten ist die Mitgliederstärke der NABU-Untergliederung maßgeblich. So hat jedes Mitglied Einfluss auf die Besetzung der NABU-Vorstände. Mehr →