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Jetzt NABU-Mitglied werden!Eine Botschaft in der Baumkrone
Baumschutz ist bei Hildesheimer Jugendlichen angesagt
In luftiger Höhe, 20 Meter über einem knisternden Teppich aus hellbraunem Laub, thront sie zwischen starken Ästen: die Botschaft. Nicht die diplomatische Vertretung eines Landes, die hier ganz naturbelassen in einem Baumhaus residiert. Ebenso wenig ein provokant-mahnender Greenpeace-Banner, den Naturschützer an einem bedrohten Baum befestigt haben. Nein, es geht um die Botschaft – oder neudeutsch: die Message – einiger junger Menschen aus Hildesheim.
Ihre Botschaft lautet: Buchen, Eichen oder Birken sind weit mehr als nur ein grüner Platzhalter im urbanen Umfeld. Sie bereichern das kulturelle Leben jeder Stadt, haben sehr wichtige Funktionen – und aus diesem Grund sowohl Achtung als auch Beachtung verdient. Mit diesem Credo vertreten die Jugendlichen die Interessen der Bäume ihrer Heimat. „Baumbotschafter“ nennen sie sich deshalb.
Entstanden ist die Gruppe als ein Projekt der Naturschutzjugend (NAJU) des NABU-Kreisverbands Hildesheim, der mit sieben NAJU-Gruppen die meisten in Norddeutschland zählt. Rund 15 Jugendliche werden seit Ende 2014 als Baumbotschafter ausgebildet: Sie lernen, wie sie mit verschiedenen Klettertechniken Bäume sicher erklimmen – und dabei den Baum samt all seiner Besonderheiten kennen. Sie lernen, sich gegenseitig beim Aufstieg zu helfen und zu sichern – Teambuilding für Heranwachsende. Vor allem lernen sie, sich und andere für den Naturschutz zu begeistern. Zum Ende ihrer Ausbildung erhalten sie ihren persönlichen Baumbotschafterausweis und damit einen weiteren Motivationsschub, ihr Wissen an andere Jugendliche weiterzugeben.
Baumbotschafter wecken Aufmerksamkeit
Aber wie weckt man möglichst effektiv Interesse am seinem Tun, an seiner Botschaft? Wenn es nach den Baumbotschaftern geht: indem man nicht in der grauen Theorie bleibt, sondern Ungewöhnliches tut und so auf sich aufmerksam macht.
„Ich habe mir mal eine Liste gemacht: In diesem Jahr war ich auf fast 40 Veranstaltungen. Das ist manchmal fast wie ein zweiter Job. Aber es macht ja auch eine Menge Spaß, die Zeit draußen in der Natur mit meinem Sohn zu verbringen und dabei noch etwas Gutes für die Umwelt zu tun.“ Ein paar Meter weiter ehrt Kaethers Namensvetter Andreas Humbert das 1.500. Hildesheimer NABU-Mitglied. Humbert (59), Vorsitzender des Kreisverbandes Hildesheim und als hauptberuflicher Förster echter Baumexperte, verdeutlicht, warum Bäume so schützenswert sind.
Das Hildesheimer Jubiläumsjahr war dabei ein willkommener Anlass. Während die 100.000-Einwohner-Stadt unweit von Hannover im vergangenen Jahr ihr 1.200-jähriges Bestehen feierte, starteten die Baumbotschafter verschiedene Aktionen. Sie trugen Namen wie „philosophischer Teebaum“, „Baumsichten“ oder „Baumgeschichten“: Beim Kräutertee diskutierten die Jugendlichen mit Passanten über die Rolle der Bäume, sie kreierten einen Jahreskalender mit Stadtbildern aus der Baumwipfelperspektive oder inszenierten Bäume als lebendige Museen.
Auf dem Gelände eines alten Wasserwerks haben die Baumbotschafter zudem interessierte Bürger und Naturschützer in spe eingeladen, selbst in die Baumwipfel zu klettern und die gewohnte Umgebung einmal aus Sicht der Bäume wahrzunehmen. Lehrerin Barbara, mit ihrer ganzen Familie vor Ort, versucht sich in der Wipfelbesteigung und wird dabei vom 14-jährigen Baumbotschafter Moritz gesichert. Beim Abstieg schnauft sie kräftig durch: „Puh! Das ist erst einmal eine Überwindung, man bekommt ganz schön Respekt vor der Höhe. Und ganz oben habe ich mich gefragt: Ob mich so ein Ast überhaupt halten kann?“ Andreas Kaether (44), Moritz Vater, beruhigt sie mit Faktenwissen – und einem Schmunzeln: „Allein die ganzen Blätter wiegen mehrere Tonnen. Gerade, wenn sie nass sind. Da jucken den Baum 60 Kilo mehr oder weniger auch nicht mehr…“ Kaether steht exemplarisch für viele Eltern, die sich im NABU engagieren: Als fürsorglicher Vater unterstützt er seinen Sohn in seiner Leidenschaft für den Naturschutz, chauffiert und begleitet ihn zu den Treffen – und ist plötzlich selbst mittendrin statt nur dabei. Da helfende Hände immer gebraucht werden, wird aus einer sporadischen Hilfe eine kontinuierliche ehrenamtliche Arbeit.
Warum Bäume nützlich sind
„Unsere Bäume haben vor allem drei wichtige Funktionen: Nutzung, Schutz und Erholung. Kein Wunder, dass in Deutschland mehr Menschen in der Holzwirtschaft arbeiten als in der Automobil- und Chemieindustrie zusammen. Bäume filtern Regen- und erzeugen Trinkwasser, sie reinigen die Luft und wirken damit dem Klimawandel entgegen. Der deutsche Wald holt jährlich über 100 Millionen Tonnen CO2 aus der Luft. Das ist bei einem Ausstoß von rund 850 Millionen Tonnen pro Jahr in Deutschland schon eine beachtliche Leistung. Und was gibt es Schöneres, als an einem Sonntag mit Familie und Freunden spazieren zu gehen und frische Waldluft einzuatmen?!“
Die Baumbotschafter sehen sich in ihrer Mission bestätigt. Sie sind stolz, Teil der guten Sache zu sein. Dann zieht es sie wieder in die Baumwipfel. Sicher, weil sich von hier oben die Botschaft am besten verbreiten lässt. Aber wohl auch, weil den jungen Wipfelstürmern das gemeinsame Klettern einfach eine Riesenfreude bereitet.
Marvin Wanders
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