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Der Vogelschutzbund im Nationalsozialismus
„Heimatliebe und Naturliebe sind eine der stärksten Wurzeln, aus denen Deutschland Kraft schöpfen kann, deshalb dürfen wir – so klein unser Arbeitsgebiet scheinen mag – uns zu Mitkämpfern rechnen. Freudig stellen wir uns hinter den Führer, geloben, unsere ganze Kraft einzusetzen für sein hohes Ziel.“
Begrüßung der Machtübernahme Hitlers
Mit diesen Worten begrüßt der Bund für Vogelschutz 1933 die Machtübernahme der Nationalsozialisten. Das mag zum Teil nur die unter der Bedingung der Diktatur verbreitete Ergebenheitsrhetorik sein, aber sicher verspricht sich der BfV von den braunen Machthabern tatsächlich einen größeren Stellenwert des Naturschutzes.
Mit der Umbenennung in "Reichsbund für Vogelschutz (RfV)" 1934 wird auch die Satzung des nach den Leitlinien des Regimes umgestaltet, so dürfen nur noch "deutsche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes" Mitglied werden.
In der von Machtkämpfen innerhalb von Partei und Staatsapparat gekennzeichneten Frühphase des Dritten Reichs wird auch der Vogelschutz zum Spielball. Nach einigem hin und her wird der staatliche Vogelschutz samt den Vogelschutzwarten Mitte 1935 dem Reichsforstamt Hermann Görings als oberster Naturschutzbehörde eingegliedert. Es wird festgelegt, dass der RfV "die vereinsmäßige Tätigkeit und insbesondere die Aufklärung weitester Kreise zu besorgen hat" und die Vogelschutzwarten "besonders dem wissenschaftlichen Vogelschutz" dienen sollen.
Zusammenarbeit mit NS-Organisationen
1936 schließt der RfV ein Arbeitsabkommen mit der NS-Kulturgemeinde, man wirbt gegenseitig Mitglieder und der RfV kann im Kulturgemeindeorgan "Volkstum und Heimat" Aufsätze und Mitteilungen veröffentlichen. "In angenehmster Weise" funktioniert auch Zusammenarbeit mit dem Reichsheimstättenamt der NSDAP, für das Vogelschutz-Schulungswochen durchgeführt und vogelschutzgerechte Gärten in den Neusiedlungen entworfen werden.
Nistkästen für den Obersalzberg
Sowohl Hermann Göring wie auch Adolf Hitler geben sich als große Vogelschützer. Göring bezieht für sein Jagdgebiet in der Schorfheide vom RfV "viele tausend Nistkästen", Hitler stellt den Leiter der RfV-Gruppe Niederelbe als Vogelwart für sein Gut auf dem Obersalzberg an und ordert gleich 5000 Nistkästen. Wo aber im Ernstfall die Prioritäten liegen, zeigt - von Zweitem Weltkrieg und Völkermord gar nicht zu reden - das dem RfV gehörende Golmer Luch, das 1934 trotz NSG-Status mit Müll verfüllt und dann in Siedlungs- und Gartenland umgewandelt wird. Überhaupt bringt die Intensivierung der Landwirtschaft für die "Ernährungsschlacht" an vielen Stellen eine Ausdehnung auf bisher unbewirtschaftete Flächen.
1938 gibt Lina Hähnle den Vorsitz an Reinhard Wendehorst ab. Per Erlass werden endgültig alle Vogelschutzvereine vor die Wahl gestellt, sich aufzulösen, oder sich dem Bund anzugliedern. In der Praxis setzt der RfV darauf, den zwangsangeschlossenen Vereinen "ihre Selbständigkeit so weit wie irgend möglich zu belassen, weil damit die Einsatzfreudigkeit ihrer leitenden Persönlichkeiten der Sache erhalten bleibt". Bereits 1934 stößt der Vogelschutzverein für das Großherzogtum Hessen als Landesverband zum RfV, in Bayern entsteht in Zusammenführung der alten RfV-Gruppen mit dem Landesverband für Vogelschutz der "Landesbund für Vogelschutz in Bayern".
"Kriegswichtige" Spatzenbekämpfung
Mit Kriegsbeginn wird selbst der Vogelschutz unter Kriegsbewirtschaftung gestellt. Spatzen werden nun aktiv bekämpft und Spatzenfallen "exklusiv" über den Reichsbund vertrieben. Für die Winterfütterung müssen die Ortsgruppen im Frühjahr den voraussichtlichen Bedarf an Hanfsamen und Sonnenblumenkernen melden, die RfV-Zentrale meldet die Gesamtmenge an staatliche Stellen weiter und wird dann im Herbst beliefert. Von Giengen oder Stuttgart aus werden dann die Gruppen versorgt.
Dieses Verfahren wird bis in den letzten Kriegswinter hinein durchgehalten. Noch im Jahr 1944 werden je 5000 Futterhäuschen und Nistkasten durch die Geschäftsstelle Giengen abgegeben. Selbst im Februar 1945, als die Infrastruktur des Reiches weitgehend zerstört ist und die Bahnkapazitäten eigentlich für Truppentransporte in Beschlag genommen sind, verschickt der Bund für Vogelschutz Hanfsamen per Bahnfracht an seine Gruppen im noch unbesetzten Restreich.
Vogelfütterung an der Front
Auch an der Front und in der Etappe ist der Vogelschutz als willkommene Ablenkung von den Gräueln des Krieges präsent. Für die deutschen Soldaten in Norwegen werden im Auftrag der Kriegsmarine eine Anleitung zum Bau von Nistkästen und ein Blatt über Futtergeräte produziert. Zahlreiche Wehrmachtsangehörige schicken Fotos von Nistkästen am Westwall oder von der Winterfütterung vor dem Bunker nach Giengen.
Das Ende mit Schrecken ist bekannt. (elg)
Vor 125 Jahren, am 1. Februar 1899, gründete Lina Hähnle den Bund für Vogelschutz. Sie führte den heutigen NABU fast 40 Jahre über durch das autoritäre Kaiserreich, die Weimarer Demokratie und bis 1938 die NS-Diktatur. Mehr →