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Jetzt NABU-Mitglied werden!Studie: Rechtspopulistische und rechtsextreme Einflussnahme im Naturschutz
Ergebnisse einer internen Untersuchung
Für den NABU bilden die Werte einer offenen, pluralen und demokratischen Gesellschaft das Fundament unserer Arbeit als aktiver Teil der Zivilgesellschaft. Das haben wir auch in der NABU-Bundessatzung im § 2 (3) deutlich formuliert. Im NABU engagieren sich immer mehr Menschen ehrenamtlich, diskutieren intensiv und wertschätzend über Lösungen für die Herausforderungen von Natur-, Umwelt- und Klimaschutz. Wir nehmen seit einigen Jahren wahr, dass es Versuche rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Akteur*innen gibt, den Naturschutz zu nutzen, um ganz andere, undemokratische, ausschließende oder gar menschenfeindliche Gesellschaftsbilder zu transportieren.
Um ein belastbares Bild zu erhalten, haben wir im Jahr 2021 in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel und der Stiftung Naturschutzgeschichte eine Untersuchung zu Versuchen der Einflussnahme rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Akteur*innen auf NABU-Gliederungen durchgeführt. Mehr als 250 Gruppen und alle Landesverbände im NABU beteiligten sich an der Untersuchung. Uns interessierte, wie und in welchen Themenfeldern es Versuche der Einflussnahme gibt, um NABU-Engagierte besser zu unterstützen, ihre Gruppen und deren Arbeit vor rechtspopulistischer und rechtsextremer Einflussnahme zu schützen.
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Zusammenfassung der Studie
Der NABU ist sowohl Teil der Natur- und Umweltbewegung als auch Teil der organisierten demokratischen Zivilgesellschaft. Damit ist er von rechtspopulistischer und rechtsextremer Einflussnahme gleich doppelt betroffen. Als Teil der demokratischen Zivilgesellschaft wehrt er die rechtspopulistischen Interventionen aus demokratiepolitischen Überzeugungen grundsätzlich ab. Gleiches trifft auch auf die rechtspopulistische und rechtsextreme Einflussnahmen zu, wenn sich diese Aktivitäten auf den Naturschutz im Besonderen beziehen.
Interventionen sind real
Die quantitativ-empirische Erhebung zeigt uns, dass wir hinsichtlich der Einflussnahmen nicht über ein Phantom reden. Es gibt sie, und sie sind im konkreten Einzelfall mit vielen grundlegenden Unsicherheiten und Konflikten für die NABU-Landesverbände und die lokalen NABU-Gliederungen verbunden. Diese Konflikte zeigen aber auch, dass in Reihen des NABU die Sensibilität für die Gefahren der rechtspopulistischen und rechtsextremen Einflussnahmen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Demokratie, aber auch für den NABU selbst vorhanden ist.
Die Untersuchung belegt: Rechtspopulisten und Rechtextreme intervenieren. Und sie intervenieren, wie bei anderen gesellschaftlichen Gruppen, dort, wo ohnehin Konflikte bestehen. Unverkennbar bestehen Zielkonflikte im Natur-, Umwelt- und Klimaschutz: Die für die Dekarbonisierung der Wirtschaft notwendige Energiewende lässt sich nur durch einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien erreichen. Vor Ort ergeben sich daraus sehr konkrete Konflikte zwischen Maßnahmen zum Arten- und zum Klimaschutz. In diesen Konflikten positionieren sich Neurechte zugunsten des Artenschutzes. Ihre kommunikative Strategie besteht aber darin, dass es ihnen gelingt, ihre antidemokratischen Vorstellungen über den Weg des Artenschutzes im engeren Sinne auch auf andere Debatten, zum Beispiel über den Schutz der Kulturlandschaft oder des Waldes, auszuweiten. Überall drängen sie sich als Unterstützer*innen und wohlmeinende Kooperationspartner*innen auf, und versuchen so, ihre wahren Motive zu verdecken.
Das Gefährliche ist, dass ihre Argumentationen stets „ein Körnchen Wahrheit“ enthalten; nicht selten beziehen sie sich auf Artenschutzpositionen beziehungsweise -studien des NABU. Diese Argumentationen betten sie dann im Sinne der „Metapolitik“ in ihre Erzählungen von Gesellschaft insgesamt ein und setzen sie so in einen Kanon von Menschenfeindlichkeit, Nationalismus und Ausgrenzung.
Die rechtspopulistischen und rechtsextremen Einflussnahmen beziehen sich nicht nur auf gesamtgesellschaftliche, sondern auch auf NABU-spezifische Debatten. Daher ist es für den NABU doppelt notwendig zu reagieren: im Sinne der demokratischen Zivilgesellschaft und im Sinne eines glaubwürdigen und aufgeklärten Naturschutzes.
Das Problem rechtspopulistischer und rechtsextremer Einflussnahmen im Naturschutz wird vermutlich leider bleiben. Zum einen, weil die Neurechte explizit den Kampf um die Deutungshoheit im Naturschutz ausgerufen hat. Es war also kein Zufall, dass sich die neurechten Interventionen in den letzten Jahren – nicht nur gefühlt – häuften. Und zum anderen wird die neue Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv vorantreiben, sodass sich immer mehr konkrete Anlässe für Zielkonflikte zwischen dem Artenschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien ergeben werden – und damit immer wieder Anlässe für neurechte Interventionen.
Sensibel und wachsam bleiben
Die Studie zeigt mögliche Reaktionsweisen auf die Versuche der rechtspopulistischen und rechtsextremen Einflussnahmen auf. Einer der nächsten Schritte, der jedoch den Charakter und die Aufgabe der Studie überschreitet, wären weitere konkretere Hinweise über situative Reaktionsformen. Für eine solche Analyse bedarf es zusätzlicher systematischer Beobachtungen und Schlussfolgerungen. Insofern ist die Lage hinsichtlich einer noch konkreteren Herangehensweise zu komplex, als dass bereits jetzt eine Checkliste präsentiert werden könnte.
Offensichtlich ist, dass wir strategisch klug auf Interventionen reagieren müssen. Um erst gar keine Märtyrerlegenden aufkommen zu lassen, kann es im Einzelfall auch ratsam sein, aus Klugheit Einzelaktionen zu ignorieren. Immer gilt es, die Reaktionen abzuwägen. Ausgangspunkt ist der klare Blick. Es gilt, nicht wegzuschauen. Es ist deshalb wichtig, erkannte Einflussnahmen nicht zu verschweigen, sondern sich darüber auszutauschen und Rat einzuholen.
Kurzum: Der NABU ist sensibel, wachsam und weiß um seine demokratiepolitische Rolle. Es ist die Aufgabe des NABU, sich den rechtspopulistischen und rechtsextremen Strömungen entgegenzustellen, weil wir unser großes Engagement für den Naturschutz nicht durch demokratiefeindliche Aktivitäten diskreditieren lassen.
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