Britta Wesche
Alter: 49
Arbeitsschwerpunkt: Fledermäuse
Heimat: Bad Segeberg (Schleswig-Holstein)
Beruf: Industriekauffrau
Der Umgang mit Pflanzen und Tieren und die Schönheit und Vielfältigkeit der Natur haben Britta Wesche fasziniert. Die Initialzündung zum Fledermausschutz erhielt Britta 2005 durch den Großen Abendsegler „Luna“. Das junge Tier wurde mit einem gebrochenen Flügel nach Segeberg gebracht. Es wurde wieder kräftig und fit, konnte aber nie wieder fliegen. Britta übernahm „Luna“ in Dauerpflege. Das war die Geburtsstunde der „Fledermausambulanz“. Britta eignete sich ein enzyklopädisches Wissen an, knüpfte bundesweit Kontakte zu Gleichgesinnten und wurde zu einer der führenden Pflegekräfte Norddeutschlands.
Britta war umtriebig, kümmerte sich nicht nur um den Aufbau einer landes- weiten Versorgungsstätte für Fledermäuse, sondern baute ein Netzwerk auf, das ebenfalls bereit war, Fledermäuse aufzunehmen. Sie organisierte Workshops, leitete Exkursionen, hielt Vorträge und kreierte neue Ideen. Nur wenige Fledermäuse blieben Dauergäste und wurden bei Veranstaltungen zu Botschaftern ihrer Art.
Legendär war Brittas Geduld bei der telefonischen Beratung von Menschen. Immer erhielten die Fragesteller*innen geduldig eine Antwort. Sie leitete schon viele Jahre das Fledermaus-Infotelefon des NABU Schleswig-Holstein, bevor 2015 die bundesweite „Fledermaus-Hotline“ aus der Taufe gehoben wurde.
Sie führte zudem Buch über den Besatz und die Entwicklung von Fledermauskunsthöhlenrevieren, kümmerte sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Landestelle Fledermausschutz, half bei Quartierkontrollen. Trotz dieser Tätigkeiten für den NABU und ihrer gesundheitlichen Einschränkungen war Britta dabei für viele Menschen in ihrem Umfeld immer aktiv und hilfsbereit.
In den letzten Jahren trafen Britta dann große persönliche Verluste und gesundheitliche Schicksalsschläge, die sie mit großer Kraft, positiver Einstellung und ihrer inneren Stärke durchlebte. Nie verlor sie dabei „ihre“ Fledermausarbeit aus dem Blick. Den NABU-Kolleg*innen und vielen Ehrenamtler*innen der Arbeits- gruppe Fledermausschutz und Fledermausforschung beim NABU war sie ein großartiges Vorbild mit ihrer Einstellung, dem Leben stets die besten Seiten abzugewinnen – auch in den dunkelsten Stunden.
Für 2021 war Britta voller Pläne, wurde aber plötzlich und unerwartet aus unserer Mitte genommen. Unsere Anteilnahme gilt ihrer Familie. Wir werden sie als liebe Freundin und geschätzte Kollegin sehr vermissen.
NABU Schleswig-Holstein – Vorstand und Geschäftsführung, NABU Landesstelle Fledermausschutz und -forschung
Alter: 49
Arbeitsschwerpunkt: Fledermäuse
Heimat: Bad Segeberg (Schleswig-Holstein)
Beruf: Industriekauffrau
Britta Wesche steht in Bad Segeberg am Ufer des Ihlsees. Der Mond scheint auf das Wasser. In der Hand der Naturschutzmacherin aus Schleswig-Holstein kauert eine kleine Fledermaus. Sie hat das Maul weit geöffnet und bewegt den Kopf in alle Richtungen. Wir können ihre Laute nicht hören, doch der Fledermaus helfen die Rufe, sich in ihrer Umwelt zurechtzufinden. Es dauert einen Moment bis Hans, die Wasserfledermaus, sein altes Jagdrevier wiedererkennt. Schließlich war er seit Wochen nicht dort, sondern in der Fledermausambulanz von Britta Wesche. Mit einem Loch im Flügel ist er zu ihr gebracht worden und sie hat ihn gesund gepflegt. Nun ist er wieder fit und scheint sich auch wieder auszukennen. Aus der hoch gehaltenen Hand lässt er sich fallen, breitet die Flügel aus und flattert davon. In wenigen Sekunden ist er in der Nacht verschwunden. Doch er fliegt nur eine große Runde, um ganz sicher zu gehen, dass er wieder zu Hause ist. Dann kommt er zurückgeflogen. Als wollte er seiner Retterin Lebewohl sagen, dreht er eine kleine Runde über ihrem Kopf. Dann ist er weg.
„Ich bringe die Tiere immer dorthin zurück, wo sie verletzt aufgefunden wurden“, erklärt die Fledermauskrankenschwester. „Wenn dem Tier dort nichts bekannt vorkommt, gehen wir ein Stück. Irgendwann merken die kleinen Patienten meistens, dass sie wieder zu Hause sind. Dann werden sie unruhig auf der Hand, horchen genauer nach. Wenn sie sich sicher sind, wieder am richtigen Ort zu sein, machen sie sich startklar und fliegen los.“ So wie Hans.
Britta Wesche betreut in ihrer Wohnung Fledermausschützlinge - Foto: NABU/Eric Neuling
Luna ist ein Großer Abendsegler und am längsten in Britta Wesches Obhut - Foto: NABU/Eric Neuling
Luna kann nicht fliegen, klettert dafür aber sehr viel - Foto: NABU/Eric Neuling
Zu Trinken bekommt sie aus einer Pipette - Foto: NABU/Eric Neuling
Als Insektenfresser brauchen Fledermäuse spitze Zähne - Foto: NABU/Eric Neuling
Mit denen hält Luna die dicken Mehlwürmer fest, von denen sie einige verspeist - Foto: NABU/Eric Neuling
Ihr Schlafzimmer ist ein eingehängtes Tuch im Sperrholzkasten - Foto: NABU/Eric Neuling
Britta Wesche macht die viele Arbeit mit ihren Fledermäusen sichtlich Spaß - Foto: NABU/Eric Neuling
Ein anderer Patient ist die Breitflügelfledermaus Moritz - Foto: NABU/Eric Neuling
Unweit befindet sich Britta Wesches offizielle Fledermausambulanz - Foto: NABU/Eric Neuling
Die Ambulanz ist mit allerlei Zubehör voll ausgestattet - Foto: NABU/Eric Neuling
In den Rillen der Übergangskäfige können sich die Fledermäuse einhängen - Foto: NABU/Eric Neuling
Manchmal kommt auch ein herkömmliches Stetoskop zum Einsatz - Foto: NABU/Eric Neuling
Für Flugversuche der Fledermäuse ist die Ambulanz mit Netzen verkleidet - Foto: NABU/Eric Neuling
Im Keller lagern Fledermauskästen und Schilder - Foto: NABU/Eric Neuling
Zur Umweltbildung kommen statt der sensiblen Tiere Präparate zum Einsatz - Foto: NABU/Eric Neuling
Mit einem Batdetektor werden die Ultraschalllaute für uns hörbar gemacht - Foto: NABU/Eric Neuling
Britta Wesche führt uns zum Kalkberg, wo 22.000 Fledermäuse überwintern - Foto: NABU/Eric Neuling
Auch sie sieht Fledermäuse trotz Ambulanz lieber am Himmel über Segeberg - Foto: NABU/Eric Neuling
Doch nicht mit allen ihren Patienten geht es so gut aus. Einige erliegen ihren Verletzungen, andere bleiben flugunfähig. So auch Britta Wesches Dauerpatientin Luna. Der große Abendsegler trat 2005 in das Leben der Fledermausschützerin und änderte es schlagartig. Luna wurde mit einem verletzten Flügel in der NABU-AG Fledermausschutz abgegeben und die Heilungschancen standen schlecht. Keiner wollte sich um das Tier kümmern. „Ich dachte mir, das wird schon irgendwie gehen und nahm sie bei mir auf. Es war von vornherein klar, dass sie lange bleiben würde“. Jeden Tag bekam sie mit Antibiotika geimpfte Mehlwürmer zu Essen und nach einer Weile heilten die Wunden ab. Doch der Abendsegler blieb flugunfähig. Statt wie ihre Artgenossen im Dunklen auf Jagd zu gehen, kuschelt sich Luna abends in Brittas Pullover und schaut mit ihr fern.
„Als klar war, dass mir die Pflege von Fledermäusen liegt, habe ich mich um einen Raum gekümmert und die Fledermausambulanz gegründet“, erzählt Britta Wesche. Dort hat sie in manchen Wintern bis zu zehn Tiere auf einmal zu versorgen. „Man muss keine Krankenschwester sein, um Fledermäuse zu pflegen. Das ist learning by doing. Und für die medizinische Versorgung gehe ich zum Tierarzt“, erklärt sie.
Dabei sieht es auch in der Notaufnahme für Fledermäuse wie in einer richtigen Praxis aus, mit den Spritzen und Scheren, Verbandszeug und Desinfektionsmitteln. Doch dass sie nicht auf menschliche Patienten ausgerichtet ist, das sieht man gleich. An den Wänden hängt weißer Gaze-Stoff in langen Bahnen. Daran können die Fledermäuse sich festhaken, wenn sie Fliegen üben. Auch eine kleine Voliere gibt es, in der sich die Patienten ungestört ein bisschen bewegen können, ohne dass Britta Wesche Angst haben muss, sie könnten ausbüchsen oder schlimmer noch, sich irgendwo weh tun. Auf einer Seite des Raumes stehen mehrere Fledermauskäfige. Darin können die Patienten in Ruhe genesen. Manche der Holzkästen hat Britta Wesche selber gebaut. „Als Kind wollte ich immer Tischlerin werden. Über Luna kam ich dann wieder zum Schreinern“, berichtet Britta Wesche. Von innen sind die Käfige liebevoll eingerichtet, je nach den Bedürfnissen des Patienten. Luna schläft beispielsweise am liebsten hinter einer Frotteedecke, die mit einem Klettverschluss an der Käfigwand angebracht ist. Die Breitflügelfledermaus Moritz hingegen verkriecht sich am liebsten in eine Ecke eines Staubtuches, das am Boden seines Häuschens liegt.
Dass Britta Wesche weiß, was für die kleinen Patienten das Beste ist, spricht sich schnell herum. Daher wird die Fledermauspflegerin oft um Rat gefragt. „Viele, die eine verletzte Fledermaus finden, rufen mich an und fragen was sie tun sollen. Meistens können die Leute selbst den Tieren sehr gut helfen. Ein bisschen Wasser und ein paar Mehlwürmer reichen oft schon, um erschöpfte Fledermäuse wieder munter zu machen. Wenn die Tiere verletzt sind, rate ich, zum Tierarzt zu gehen.“ Und wer eine Fledermaus gesund pflegt und sie wieder auswildert, der wird mit so einem besonderen Augenblick belohnt, wie der mit Hans, der Wasserfledermaus. (juko)
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