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Zwölf Bausteine für eine Landmobilität von morgen
Gerade in ländlichen Räumen kann nicht immer spontan der nächste Zug oder auf dem Weg zur Arbeit das Fahrrad genommen werden. Auch deshalb liegt der Anteil von Autobesitzer*innen in ländlich geprägten Regionen deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Die autozentrierte Politik der Nachkriegsjahrzehnte war und ist gleichermaßen Folge und Treiber der Suburbanisierung und Zersiedlung Deutschlands. Das Zusammenspiel einer starken Förderung individueller Mobilität mit dem Ausbau des Straßennetzes hat zu längeren Wegen, höheren Emissionen, massiven Landschaftseingriffen sowie Naturraumzerstörung geführt. Dies wirkt sich negativ auf den Klimaschutz, den Erhalt der biologischen Vielfalt und auf die Möglichkeiten aus, Natur zu erleben und sich zu erholen.
Wir brauchen eine neue Mobilitätskultur in ländlichen Räumen
Gesunde Ökosysteme und eine reiche Artenvielfalt sind die Existenzgrundlage für uns Menschen. Klima- und Naturkrise bedrohen diese massiv. Wir brauchen deshalb, neben anderen Dingen, dringend eine Mobilitätswende, hin zu einer nachhaltigen Mobilitätskultur. Dabei sind ganzheitliche Lösungsansätze gefragt. Der NABU setzt sich dafür ein, dass alle Menschen, egal wo sie leben, möglichst klima- und naturverträglich mobil sein können.
Der Verband begleitet den Transformationsprozess in eine nachhaltige Mobilitätszukunft mit Partner*innen von Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden bis hin zur evangelischen Kirche (EKD). Damit sollen Brücken gebaut und konstruktive Lösungsvorschläge vor Ort in die öffentliche Debatte getragen werden. Dabei ist es zentral, Synergien zu erzeugen und einer verschärften Polarisierung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn Klimaschutz und Gerechtigkeit bedingen sich gegenseitig und müssen gemeinsam bedacht werden.
„Die starke Abhängigkeit vom Auto gerade in ländlichen Regionen sticht mir immer wieder ins Auge. Ich frage mich dann: Warum ist das so und können wir die Mobilität von Menschen, Waren und Dienstleistungen nicht auch ganz anders – nämlich umwelt- und klimafreundlich – organisieren?“
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger
Vier Verkehrsträger, viele Möglichkeiten
Die Mobilitätswende in ländlichen Räumen ist Teil eines umfassenden sozialökologischen Wandels und eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung der kommenden Jahre, die aktiv begleitet und mutig gestaltet werden will. Das ist besonders vor dem Hintergrund wichtig, dass 57 Prozent der Einwohner*innen Deutschlands, also 47 Millionen Menschen, in ländlichen Räumen auf 91 Prozent der Gesamtfläche leben. Damit die Mobilitätswende gelingt, muss sie aus vielen Blickwinkeln betrachtet und angegangen werden.
In der neuen NABU-Broschüre „Zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum“ werden vier Verkehrsträger (Fuß- und Radverkehr, öffentlicher Personennahverkehr sowie motorisierter Individualverkehr) in ihrer eigenen Vielfalt und Bedeutung für die ländlichen Räume dargestellt. Zudem hat der NABU zwölf Bausteine identifiziert, die substanziell zu einer attraktiven, natur- und klimaschonenden Mobilität in ländlichen Räumen beitragen können. Sie beinhalten gleichermaßen konkrete Maßnahmen vor Ort, wie auch übergeordnete finanzielle und strukturelle Rahmenbedingungen.
Attraktive, umweltschonende Mobilität in ländlichen Räumen: Zwölf Bausteine
Konkrete Maßnahmen vor Ort
1. Attraktive Fußwege schaffen
Sichere und beleuchtete Fußwege mit ausreichend Sitzgelegenheiten erhöhen die Aufenthaltsqualität in Kleinstädten und Dörfern. Gut ausgebaute, barrierefreie Wege sorgen dafür, dass alle Nutzer*innengruppen an Haltestellen und andere Orte der Daseinsvorsorge wie Geschäfte, medizinische Einrichtungen und Poststellen kommen.
2. Naturverträglichen Ausbau von Mobilitätsnetzen ermöglichen
Wege sind für Zu-Fuß-Gehende und Radfahrende vor allem dann attraktiv, wenn sie lärm-, gefahrenfrei und zusammenhängend sowie landschaftlich ansprechend verlaufen. Wichtig ist, dass ihre Streckenführung im Einklang mit den Ansprüchen des Natur- und Artenschutzes gewählt wird. Umwidmung von Straßenraum ist gegenüber dem Neubau immer zu bevorzugen. Zur Konfliktvermeidung bei Trassenverläufen ist eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung von Naturschützer*innen dringend empfohlen.
3. Pedelecs und (E-)Lastenräder fördern
Damit Pedelecs, (E-)Lastenräder und Fahrräder attraktive Verkehrsmittel für möglichst viele Menschen auf dem Land werden, sind eine durchgängige, ebene und baulich vom Fuß- und Autoverkehr getrennte Radinfrastruktur sowie sichere Abstellmöglichkeiten unablässig. Um den Umstieg zu forcieren, ist es wichtig, diese Alternativen der Alltagsmobilität kommunal finanziell sowie strukturell zu fördern und mit zeitgemäßer Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen.
4. Verbrenner- durch E- Autos ersetzen
Zum Gelingen der Verkehrswende braucht es in ländlichen Räumen als Übergangslösung eine Antriebswende. Dafür braucht es eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur mit grünem Ladestrom, insbesondere für das Laden am Arbeitsplatz, aber auch in Privathaushalten. Mittelfristig muss auch in ländlichen Räumen die Zahl der Fahrzeuge erheblich reduziert werden.
5. Durch Homeoffice und digitale Arbeitsformen Pendelwege verringern
Homeoffice und gebündelte Co-Working-Spaces in ländlichen Räumen vermeiden Verkehre und müssen zum Standard werden. Die nötige technische Infrastruktur muss dafür in den kommenden Jahren ausgebaut werden (Digitalisierungsschub).
6. Gemeinsames Autofahren und -teilen erleichtern
Solidarische und kommerzielle Carsharing- und Ridepooling-Angebote animieren zum Spritsparen und bündeln Wege zur Arbeit oder anderen Zielen. Finanzielle Anreize für Kommunen und örtliche Betriebe unterstützen solche Angebote.
7. Mobilitätsstationen sozial und technisch aufwerten
Mobilitätsstationen mit Aufenthaltsbereichen und W-LAN-Anschluss sollen als Knotenpunkte zwischen Umweltverbund und Motorisiertem Individualverkehr (MIV) dienen. Dafür braucht es neben ausreichend Park-and-Ride-Flächen für den MIV und Abstellanlagen für Fahrräder an öffentlichen Haltestellen auch Zugang zu Leihfahrzeugen. Wenn Cafés, Arztpraxen oder Supermärkte dazu kommen, kann die Funktionalität und die Aufenthaltsqualität erheblich gesteigert werden. Mobilitätsstationen können so zu Orten des sozialen Miteinanders werden.
Finanzielle und strukturelle Rahmenbedingungen
8. Entscheidungsspielräume für Kommunen stärken
Kommunen brauchen mehr Entscheidungsfreiheit. Das betrifft unter anderem die Regelungen der Straßenverkehrsverordnung, beziehungsweise das Straßenverkehrsgesetz. Denn Gemeinden wissen selbst am besten, wo sie beispielsweise Tempo-30-Zonen einrichten oder Parkraumbewirtschaftung betreiben sollen. Zu dieser Freiheit gehört auch finanzielle Unterstützung für klima- und naturfreundliche Verkehrsprojekte aus Bundes- und Landesmitteln.
9. Zersiedelung und Flächenverbrauch stoppen
Boden und Fläche sind wertvolle und endliche Güter. Durch Bautätigkeiten hervorgerufene Zersiedelung braucht zu viel davon und verstärkt die Abhängigkeit vom MIV in ländlichen Räumen seit Jahrzehnten. Deshalb braucht es eine integrierte Raumplanung, die auf nachhaltige, flächensparende Siedlungsentwicklung und Aktivierung im Bestand setzt, bei der ein Bahn- oder Buslinienanschluss genauso von Anfang an mitgedacht werden muss, wie die Integration von Orten des täglichen Bedarfs wie Kitas, Lebensmittelgrundversorgung, Begegnungsstätten, Seniorentagespflege. Damit wird weitere Zersiedelung und Flächeninanspruchnahme minimiert und die Lebensqualität in ländlichen Regionen wieder erhöht.
10. Gute Praxis muss Schule machen
Neue Mobilitätsangebote und -formen jenseits des MIV müssen nicht nur attraktiv sein, sondern eine Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungsgruppen erreichen. Dazu müssen sie positiv begleitet und kommuniziert werden (Werbung). Um den Kulturwandel beim Mobilitätsverhalten erfolgreich zu gestalten, braucht es einen Wissenstransfer zwischen Akteur*innen aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis, damit gute Beispiele weitergegeben werden und Anwendung finden.
11. Eine Mobilitätsgarantie für den öffentlichen Verkehr einführen
Als Teil der Grundversorgung muss der ÖPNV mit einem verlässlichen Angebot von fünf bis 24 Uhr gewährleistet werden und damit eine Voraussetzung für den Umstieg auf Bus und Bahn schaffen. Dafür braucht es mindestens einen Stundentakt zu Hauptverkehrszeiten und einen Halbstundentakt in die nächstgrößere Ortschaft, der in Neben-/Schwachverkehrszeiten durch On-Demand-Angebote flexibel ergänzt wird.
12. Mobilitätswende sozial gerecht für alle gestalten
Verkehrspolitik hat immer auch soziale Effekte, gerade in ländlichen Regionen. Häufig entstehen die Probleme (unter anderem Mobilitätsarmut, Erschwinglichkeit, Erreichbarkeit und Belastung durch Folgen des Verkehrs) dort, wo der öffentliche Verkehr kaum stattfindet und das eigene Auto die einzige praktikable Alternative ist. Alle Menschen in ländlichen Räumen sollen unabhängig von finanziellem und sozialem Hintergrund, Behinderung, Mobilitätseinschränkung, Alter oder Geschlecht ohne eigenes Auto mobil sein können. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben muss beispielsweise durch ein 30-Euro-Ticket (Monat)/365-Euro-Ticket (Jahr) von jung bis alt für den Regionalverkehr in ganz Deutschland gewährleistet werden.
NABU-Umfrage zur Mobilität
Wie eine Civey-Umfrage im September 2022 im Auftrag des NABU zeigt, wünschen sich etwa zwei Drittel der Befragten einen stärkeren Ausbau von alternativen Mobilitätsangeboten zum Auto. Bei Befragten aus ländlichen Räumen bestätigen knapp 60 Prozent den Wunsch nach mehr politischem Handlungswillen.
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