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Neue EU-CO₂-Grenzwerte für Autos
Zentrales Klimaschutzinstrument für den Verkehr
Während CO2-Emissionen in anderen Sektoren wie der Energieversorgung sinken, bleibt der Verkehr das Sorgenkind der Klimapolitik: Immer mehr Autos und Lastwagen auf den Straßen sorgen dafür, dass die Emissionen in diesem Bereich seit 1990 sogar leicht angestiegen sind und derzeit auf hohem Niveau stagnieren. Die Vorgaben des deutschen Klimaschutzgesetzes für 2020 konnte der Verkehrssektor nur durch den pandemiebedingten Rückgang der Fahrleistung erreichen.
In der EU ist der Verkehr für ein Drittel der Treibhausgasemissionen der EU verantwortlich, rund die Hälfte davon, also 15 Prozent aller Treibhausgasemissionen, stammen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Und ein Ende ist nicht abzusehen: Der weltweite Fahrzeugbestand wird sich nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur IEA bis 2035 auf circa 1,7 Milliarden Fahrzeuge erhöhen, sodass auch eine weitere Zunahme der durch Pkw verursachten Emissionen zu befürchten ist.
Hintergrund
Gesetzlich verbindliche CO2-Grenzwerte bestehen erstmals seit 2015 in der EU. Zuvor war eine Selbstverpflichtung der Autohersteller zur Reduktion der Treibhausgasemissionen gescheitert. Die Grenzwerte werden in Gramm CO2 pro Kilometer angegeben und gelten für den Durchschnitt aller in der EU neu zugelassenen Pkw eines Herstellers, sind also Flottengrenzwerte. Zur Flotte eines Herstellers zählen auch Fahrzeuge unterschiedlicher Marken (Audi zählt zu VW). Rein elektrische Pkw gehen mit 0g CO2/km in die Bilanz ein. Die Verordnung enthält zahlreiche Schlupflöcher, beispielweise einen Bonus für besonders schwere Fahrzeuge, durch die der tatsächlich einzuhaltende Grenzwert über der angestrebten Zielmarke liegt.
Bei seiner Einführung 2015 galt ein Flottengrenzwert von 130g CO2/km. Dieser wurde ab 2020 auf 95g verschärft, zunächst mit einer Ausnahme für die dreckigsten 5 Prozent der Neuwagenflotte. Seit 2021 gilt der Grenzwert für die gesamte Flotte. Für eine Überschreitung des Grenzwertes müssen Hersteller eine Strafe von 95 Euro pro verkauften Fahrzeug für jedes Gramm über dem Grenzwert zahlen. In der letzten Überarbeitung der Verordnung 2019 wurde vereinbart, dass Autohersteller die Emissionen ihrer Flotte bis zum Jahr 2015 um 15 Prozent und bis 2030 um 37,5 Prozent senken müssen, verglichen mit dem Basisjahr 2021. 2019 einigte sich die EU darauf, bis 2050 klimaneutral zu werden, und überarbeitet die Flottengrenzwerte erneut. Mit einem Entwurf durch die EU-Kommission ist im Sommer zu rechnen.
CO₂-Vorgaben wirken
An einer drastischen Steigerung der Effizienz jedes einzelnen Fahrzeugs führt also kein Weg vorbei. Ambitionierte CO2-Vorgaben sind eine der effektivsten Maßnahmen, um den Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugen zu senken. So konnten die durchschnittlichen CO2-Emissionen von Neuwagen in der EU seit 2008 um jährlich mehr als drei Prozent gesenkt werden – zuvor kamen die Hersteller gerade mal auf ein mageres Prozent.
Allen Beteuerungen der Autoindustrie zum Trotz reguliert der Markt leider nicht automatisch den Spritverbrauch in Richtung mehr Effizienz, eher im Gegenteil: Die Nachfrage nach schweren Geländewagen auch für die Stadt sowie PS-starken Limousinen und Sportwagen ist in den vergangenen Jahren überproportional gestiegen und führte zu einem wahren Boom dieser Segmente. Von geringem Gewicht und Luftwiderstand oder moderater Motorisierung – kurzum sämtlichen Faktoren, die für einen möglichst niedrigen Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß wichtig wären – ist dort längst keine Rede mehr.
Seit 2020 gilt erstmals ein Flottengrenzwert für alle in der EU neuzugelassenen Fahrzeuge von 95g CO2 pro Kilometer. Doch die Verordnung hat zahlreiche Schlupflöcher: Hohes Gewicht von Fahrzeugen, ein Bonussystem für Elektrofahrzeuge und unrealistische Messverfahren erlauben es den Herstellern, im Durchschnitt wesentlich mehr CO2 auszustoßen. Aber auch dieser Spielraum hat nicht gereicht: Für das Verletzen der Grenzwerte im Jahr 2020 wird VW einen dreistelligen Millionenbetrag zahlen müssen. Mit der Durchsetzung der Elektromobilität kommt hinzu, dass die Verordnung kaum noch Anreize setzt, in sparsamere Verbrenner zu investieren. Elektrofahrzeuge gehen mit 0g CO2/km in die Flottenbilanz ein. Die Folge: Die Verbrenner der Flotte dürfen umso mehr CO2 ausstoßen.
NABU-Forderungen
Im Jahr 2019 rief die EU den European Green Deal aus, um bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Im Zuge dessen wird auch die Grenzwerteverordnung überarbeitet. Dieser Schritt ist richtig und muss genutzt werden, um die Verordnung für das Zeitalter der Elektromobilität fit zu machen. Die kommenden Jahre sind entscheidend für die Frage, ob und wie der Verkehr klimaneutral werden kann. In seinem Infopapier benennt der NABU klare Forderungen, was jetzt getan werden muss, um einen realistischen Pfad zum Ausstieg aus Verbrennungsmotoren bis 2030 und zur Klimaneutralität 2050 festzulegen.
Die Forderungen im Einzelnen
1. Im Sinne eines Ausstiegs aus Verbrennungsmotoren muss im Jahr 2030 ein Grenzwert von 0g CO2 pro km für alle neuzugelassen Fahrzeuge in der EU gelten. Meilensteine für 2023: Reduktion um 15 Prozent, für 2025: Reduktion um 44 Prozent, für 2027: Reduktion um 75 Prozent.
2. Obergrenze für Verbrenner: Die Verbrenner einer Flotte dürfen im Durchschnitt den EU-weiten Flottenwert des Jahres 2021, gemessen nach WLTP-Prüfzyklus, nicht überschreiten.
3. Effizienzstandards für batterieelektrische Fahrzeuge müssen in die Verordnung aufgenommen werden.
4. Die Verbrauchsdaten, die Hersteller ab diesem Jahr an die EU melden müssen, werden transparent öffentlich zugänglich und in regelmäßigen Stichproben geprüft. Insbesondere gilt dies für die derzeit vollkommen unrealistisch gemessenen Plug-in-Hybride.
5. Die Möglichkeit, durch Niedrig-Emissionsfahrzeuge den spezifischen Grenzwert zu entschärfen (ZLEV-Faktor), muss ersatzlos gestrichen werden.
6. Der Gewichtsbonus wird abgeschafft.
7. Eine Anrechnung von E-Fuels darf nicht ermöglicht werden.
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