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Jetzt spenden!Politik muss strenger werden
Unsere Luft braucht mehr politisches Engagement gegen Schiffsabgase
Hochseeschiffe stoßen täglich unzählige Tonnen schädlicher Abgase aus, die Mensch und Natur gefährden. Die Luftschadstoffe sind krebserregend und extrem klimaschädlich. Hier ist die Politik gefragt, mit Regelungen eine effektive Schadstoffminderung im Schiffsverkehr zu fördern. Welche Schritte hat die Politik bereits unternommen, welchen Weg muss sie noch gehen? Der NABU gibt einen kurzen Überblick.
Welche politischen Maßnahmen existieren? Den internationalen Rahmen für Regelungen zur Schadstoffminderung im Schiffsverkehr auf hoher See setzt die Seeschifffahrtsorganisation der Vereinten Nationen, die International Maritime Organisation (IMO), der auch Deutschland angehört. Ihre „Internationale Konvention zur Verhütung der Verschmutzung durch Schiffe“ (sogenanntes MARPOL-Abkommen) definiert die Grenzwerte für Schwefel- und Stickoxidemissionen und verbietet das vorsätzliche Emittieren von ozonschädlichen Substanzen auf See.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, Emissionskontrollgebiete auszuweisen, in denen die Grenzwerte für einzelne Schadstoffe strenger sind. Dazu hat die IMO derzeit Schwefelkontrollgebiete und Stickoxidemissionskontrollgebiete definiert und auch ausgewiesen. In Nordamerika gibt es ein kombiniertes Gebiet, in Europa sind Nordsee, Ostsee und der Ärmelkanal seit Mai 2006 als Schwefelemissionskontrollgebiet (SECA) und seit Januar 2021 auch zusätzlich als Stickoxidemissionskontrollgebiet (NECA) ausgewiesen.
Die Schwefelgrenzwerte in den Schwefelkontrollgebieten werden bereits ab 2015 deutlich strenger (0,1 Prozent), während sie in den übrigen Gebieten ab Januar 2020 auf 0,5 Prozent gesenkt wurden - vorher lagen diese bei 3,5 Prozent. Das entspricht zwar immer noch mehr als 100-mal so viel Schwefel wie für Pkw und Lkw erlaubt ist, bedeutet aber dennoch eine signifikante Verbesserung der Luftqualität für die Menschen in den Anrainerstaaten. Giftige Schiffsabgase werden bis zu 400 km landeinwärts geweht und tragen damit nicht nur in Hafenstädten und Küstennähe massiv zur Luftschadstoffbelastung bei. Emissionen aus der Schifffahrt beschleunigen nicht nur den Klimawandel und haben fatale Auswirkungen auf wertvolle Ökosysteme. Experten schätzen auch, dass sie für bis zu 50.000 vorzeitige Tote und Kosten im Gesundheitswesen von rund 60 Milliarden Euro jährlich verantwortlich sind.
Die EU hat die beschlossenen Grenzwerte der IMO weitgehend in EU-Recht überführt und Deutschland hat sie bereits durch die MARPOL-Zuwiderhandlungsverordnung in nationales Recht umgesetzt.
Um die Luftschadstoffemissionen aus der Schifffahrt weiter zu reduzieren, müssen die Mitgliedsländer der EU das Instrument der Emissionskontrollgebiete nutzen und vorantreiben: Eine Einführung in allen EU-Gewässern und Wirtschaftszonen auf See (EU 27) würde Emissionsreduktionen von 160.000 Tonnen Schwefeloxid und 970.000 Tonnen Stickoxid bedeuten. Die Europäische Schwefelrichtlinie, die die Verwendung schwefelarmer Kraftstoffe vorschreibt könnte also einen nennenswerten Beitrag zur Senkung der Luftschadstoffbelastung in weiten Teilen Deutschlands und Europas leisten - zumindest dann, wenn die zuständigen Behörden ihre Umsetzung sicherstellen. Derzeit jedoch wird nur in den Häfen durch die Wasserschutzpolizei kontrolliert, eine Überwachung auf offener See findet hingegen nicht statt. Dies ist insbesondere deshalb kritisch, weil die höherwertigen Kraftstoffe deutlich teurer sind als das billige Schweröl und damit der Anreiz zum vorsätzlichen Betrug hoch ist. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Verstoß auf frischer Tat ertappt zu werden, ist verschwindend gering, weshalb sich mittlerweile sogar schon namhafte Reeder wie Maersk oder Hapag Lloyd für verschärfte Kontrollen starkmachen. Sie befürchten Wettbewerbsnachteile gegenüber jenen, die weiterhin mit schmutzigem Kraftstoff unterwegs sind und selbst im Falle eines nachgewiesenen Verstoßes nur mit geringen Bußgeldern in Höhe von wenigen Tausend Euro rechnen müssen.
Darüber hinaus müssen die IMO und auch die EU effektive Strategien entwickeln, um die Feinstaub - und Ruß-Emissionen aus der Schifffahrt weiter zu reduzieren. Bisher gibt es hierfür bei Hochseeschiffen keine Grenzwerte, geschweige denn Überlegungen, globale Emissionskontrollgebiete für diese Stoffe einzuführen.
Fazit
Insgesamt sind die bisherigen politischen Maßnahmen zur Reduzierung der Luftverschmutzung als wichtiger und richtiger Schritt anzusehen. Allerdings erfolgen einige der Grenzwertverschärfungen sehr spät oder sind von Verschiebungen bedroht. Für einige Luftschadstoffe wie Feinstaub und Ruß fehlen Grenzwerte sogar gänzlich.
Es ist deshalb dringend notwendig, dass die Akteure der Handelsschifffahrt ihrer Verantwortung gerecht werden und umgehend effektive freiwillige Maßnahmen ergreifen.
Der NABU fordert in diesem Zusammenhang von der deutschen Regierung und der EU,
- die Einhaltung der EU-Schwefelgrenzwerte durch zusätzliche Kontrollen, kontinuierliche Messungen am Schornstein und angepasste Bußgelder strikt zu überwachen und Verstöße hart zu sanktionieren
- strenge Abgasvorschriften für Schwefeloxid, Stickoxid, Feinstaub und Ruß in sämtlichen Küsten- und Hafengebieten der EU.
- Grenzwerte für Partikel- und Rußemissionen in sämtliche Abkommen und Richtlinien der EU zur Schadstoffminderung im Schiffsverkehr einzubeziehen.
Der NABU fordert von der International Maritime Organisation,
- sämtliche Küsten- und Hafengebiete weltweit als Schwefel- und Stickoxidemissionskontrollgebiete auszuweisen, sowie das Mittelmeer als Mediterranean Emission Control Area (MedECA) zu definieren.
- die Definition von Ruß schnellstmöglich voranzutreiben. Anschließend müssen Rußemissionsgrenzwerte in sämtlichen Abkommen und Richtlinien der IMO zur Schadstoffminderung im Schiffsverkehr festgelegt werden.
- umgehende und umfassende Kontrollmechanismen für Feinstaub- und Rußemissionen durch die weltweite Hochseeschifffahrt festzulegen.
- strengere Grenzwerte für Stickoxid-Emissionen bei Schiffsneubauten und die Festlegung strenger Stickoxid- Grenzwerte für bestehende Schiffe.
- sich gegen eine Verschiebung der Einführung von Stickoxid-Grenzwerten auszusprechen.
- ein weltweites Verbot von Schweröl in der Schifffahrt.
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