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Jetzt NABU-Mitglied werden!Papierverbrauch in Deutschland
Weniger Schreibpapier und mehr Verpackungen
In Deutschland wurden 2021 insgesamt 19 Millionen Tonnen Papier, Pappe und Karton (PPK) verbraucht – damit gehört das Land seit Jahren weltweit zu den Spitzenreitern beim Papierverbrauch. Im Jahr 2021 lag der rechnerische Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bei 228 Kilogramm. Pro Tag bedeutet das einen Konsum von circa 625 Gramm – das entspricht ungefähr einem 600-seitigen Taschenbuch. Wie die Grafik unten zeigt, wird über die Hälfte des Papierverbrauchs für Verpackungen genutzt. Weitere Anwendungen sind grafische Papiere wie Schreib- oder Zeitungspapier sowie Hygienepapiere wie Toilettenpapier oder Feuchttücher.
Schätzungsweise 90 Prozent der Papiere haben daher eine kurze Lebensdauer – sie werden nur einmal bzw. nur kurz genutzt bevor sie bereits wieder entsorgt werden. Angesichts der großen Belastungen, die die Papierherstellung für Natur und Umwelt bedeuten, ist das eine enorme Verschwendung natürlicher Ressourcen.
Wie wird der Papierverbrauch berechnet?
In Deutschland lag der Papierverbrauch 2019 bei 18,9 Millionen Tonnen insgesamt, bzw. 227 Kilogramm pro Person. Dieser Wert bezieht sich auf den sogenannten rechnerischen Inlandsverbrauch an Papier: Es wird die in Deutschland erzeugte Papiermenge mit den Exporten und Importen verrechnet und anschließend auf die Bevölkerungszahl umgelegt. Dabei ist zu beachten, dass sich die Papiermenge in den Statistiken auf die „Halbfertigwaren“ bezieht. Diese werden in der Regel noch zu „Fertigwaren“ weiterverarbeitet. In den offiziellen Daten zum Papierverbrauch sind Export und Import solcher Fertigwaren nicht berücksichtigt. Wenn man in den Statistiken den Außenhandel der Papierfertigwaren mit einbeziehen würde, würden sich die Angaben zum inländischen Papierverbrauch reduzieren, da Deutschland bei Papierfertigwaren einen Exportüberschuss hat.
Abgesehen vom statistischen Umgang mit dem Außenhandel bei Fertigwaren sind die Daten zum Papierverbrauch auch nicht zu verwechseln mit den Papierabfällen aus den Altpapiertonnen: Die 227 Kilogramm pro Person entsprechen nicht der Menge, die durchschnittlich Zuhause in der Altpapiertonne landet. Vielmehr umfasst der inländische Papierverbrauch auch den Verbrauch durch Unternehmen und öffentliche Einrichtungen sowie die Papierabfälle, die nicht über die Altpapiertonne entsorgt werden. Dazu gehören zum Beispiel falsch entsorgte Abfälle, Abfälle in öffentlichen Mülleimern und vor allem auch Hygienepapiere wie Windeln oder Feuchttücher, die in den Restmüll gehören, oder Toilettenpapier, das im Abwasser landet.
Betrachtet man ausschließlich die Menge, die private Haushalte und Kleingewerbe in der Altpapiertonne entsorgen, lag der Pro-Kopf-Papierverbrauch 2019 bei circa 94 Kilogramm. Dies sind die sogenannten „haushaltstypischen Siedlungsabfälle“ aus Papier, Pappe und Karton.
Welche Rolle spielt Deutschland beim weltweiten Papierverbrauch?
Deutschland liegt gemessen am Pro-Kopf-Verbrauch von Papier, Pappe und Karton auf Platz 1 in der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20). Vergleichende Daten liegen nur für 2018 vor, wo Deutschland noch bei einem Papierverbrauch von 242 Kilogramm lag. Dahinter folgten die Vereinigten Staaten mit ca. 210 Kilogramm und Japan mit 202 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Den EU-Durchschnitt von 182 Kilogramm (2018) übertrifft Deutschland ebenfalls bei weitem.
Der Papierverbrauch ist global sehr ungleich verteilt. Während zwei Drittel der weltweiten Bevölkerung durchschnittlich nur etwa 20 Kilogramm zur Verfügung stehen, verbrauchen 14 Prozent der globalen Bevölkerung mit mehr als 125 Kilogramm mehr als die Hälfte der globalen Papierproduktion. Hätte China beispielsweise den gleichen Pro-Kopf-Verbrauch wie Deutschland, würde es beinahe die gesamte Weltproduktion an Papier benötigen.
Nicht nur hinsichtlich des Verbrauchs, sondern auch bei der Produktion von Papier ist Deutschland mit an der Spitze. Im weltweiten Vergleich liegt die deutsche Papierindustrie nach China, USA und Japan an vierter Stelle, in Europa sogar an erster. Zwar bestehen in Deutschland hergestellte Papierprodukte im Schnitt zu 78 Prozent aus Recyclingpapier, jedoch wird ein Großteil dieser Produkte exportiert. Dafür importiert Deutschland umweltschädlichere Papierprodukte aus Primärfasern, das heißt aus „frischem Holz“.
Wie entwickelt sich der Papierverbrauch in Deutschland insgesamt?
Die folgende Grafik zeigt, wie in Deutschland seit 2000 der Pro-Kopf-Verbrauch stabil auf einem hohen Niveau verblieben ist, obwohl viele Papierverpackungen durch Kunststoff oder auch Büro- und Zeitungspapiere durch digitale Alternativen ersetzt wurden. Bei diesen als grafische Papiere zusammengefassten Papieren gab es tatsächlich starke Einsparungen, die allerdings an anderer Stelle wieder zunichte gemacht wurden.
Wie entwickeln sich verschiedene Papier-Produktgruppen in Deutschland?
Die verschiedenen Produktgruppen, auf die sich der Papierverbrauch verteilt, haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Dies zeigt die folgende Grafik am Beispiel der Veränderung zwischen 2000 und 2021. In diesem Zeitraum hat sich der Gesamtverbrauch nur leicht verändert: im Jahr 2000 lag der Papierverbrauch bei 19,1 Millionen Tonnen (Pro-Kopf-Verbrauch 232 Kilogramm), 2021 bei 19 Millionen Tonnen (Pro-Kopf-Verbrauch 228 Kilogramm). Gleichzeitig haben sich die Papierverbräuche für die verschiedenen Produktgruppen sehr unterschiedlich entwickelt.
Einen sehr starken Rückgang gab es beim Pro-Kopf Verbrauch von grafischen Papieren um 40 Prozent, das heißt von 119 auf 71 Kilogramm pro Person. Dieser Rückgang wurde jedoch ausgeglichen durch Anstiege beim Verbrauch der Verpackungs- und Hygienepapiere. Der Haupttreiber für die Steigerung des Pro-Kopf-Verbrauchs bei Papierverpackungen um 41 Prozent ist die enorme Zunahme des Online-Versandhandels. Hier nahmen die Papierabfälle bei privaten Haushalten zwischen 1996 (120.000 Tonnen) und 2015 (769.000 Tonnen) um 540 Prozent zu (entsprechende Daten für das Jahr 2000 sind nicht verfügbar).
Ursachen für den starken Anstieg des Pro-Kopf-Verbrauchs bei Hygienepapier um 40 Prozent sind unter anderem die Zunahme der „Lagenzahlen“ bei Toilettenpapier (z.B. 5-lagig statt 3-lagig) sowie der Inkontinenzprodukte auf Grund der alternden Bevölkerung. Leider sank gleichzeitig der Anteil an Altpapier in den Hygieneprodukten von 74 auf 47 Prozent.
Weltweit steigt der Papierverbrauch weiter an. Ursache dafür ist die wirtschaftliche Entwicklung in verschiedenen Ländern Asiens sowie in Osteuropa und Brasilien. Hinzu kommt, dass der aktuell zu beobachtende Trend, Plastik durch Papier zu ersetzen, in Zukunft ein weiteres Anwachsen der Nachfrage bedeuten könnte. Die Hauptverantwortlichen werden jedoch die gleichen sein: Wie schon heute werden in den Industriestaaten Westeuropas und Nordamerikas in absehbarer Zeit zugleich die größten Mengen Papier hergestellt und verbraucht.
NABU-Forderungen
Der NABU fordert eine absolute Verbrauchsminderung bei Papierprodukten und -verpackungen und einen höheren Einsatz von Altpapier. Zur Verbrauchsminderung gehören u.a.:
- Verbindliche Abfallvermeidungsziele der Bundesregierung
- Reduktionsziele auch für den Papier- statt nur für den Kunststoffverbrauch bei Unternehmen
- Mehrweglösungen für Versand- und Transportverpackungen
- Drastische Reduktion von Einweggeschirr, Einwegbechern und To-Go-Verpackungen durch Mehrweglösungen in der Gastronomie und in privaten Haushalten (siehe NABU-Studie zu Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen)
- Verbot/Unterbindung des „Overpackaging“ bei Primär- und Transportverpackungen, einschließlich Umkartons, sowie von „Luftverpackungen“
- Abschaffung der Vorverpackungen bei Obst und Gemüse (siehe NABU-Studie zu Obst- und Gemüseverpackungen) und flächendeckendes Angebot an Mehrwegbeuteln für loses Obst und Gemüse sowie für Backwaren anstelle von Papiereinwegtüten
- Gesetzliche Abgabe auf Einweg-Papiertragetaschen
- Materialeffizientere Hygieneprodukte und Abkehr von der zunehmenden Nutzung von Einweg-Handtüchern, Einweg-Putztüchern sowie feuchtem Toilettenpapier
- Opt-In Lösung für Werbung im Postkasten (aktive Einwilligung zum Erhalt im Vorhinein)
- Weiterentwicklung des digitalen Büros und der digitalen Ablage
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