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Gefahren für Bodenorganismen durch Kunststoffe
Mehr als 13.000 Tonnen Kunststoffe werden jedes Jahr in Deutschland durch die Düngung mit Klärschlamm und Kompost, den Einsatz von Agrarfolien und durch weitere landwirtschaftliche Aktivitäten freigesetzt, wie eine Studie im Auftrag des NABU gezeigt hat (siehe Studie hier). Der Großteil landet auf und in den Böden. Hinzu kommen Einträge von außerhalb der Landwirtschaft, beispielsweise durch Reifenabrieb und Verwehungen von kleinen Kunststoffpartikeln oder Plastikabfällen.
Verschiedene Studien, die Bodenproben auf Kunststoffe untersucht haben, zeigten Konzentrationen von bis zu 50.000 Plastikpartikeln pro Kilogramm Boden sowie Gehalte von bis zu zehn Milligramm pro Kilogramm Boden. Da es noch keine einheitliche Messmethode gibt, um die Plastikkonzentration in Böden zu bestimmen, sind die Studien nicht immer miteinander vergleichbar. Dennoch belegen die Untersuchungen, dass sich relevante Mengen Plastik im Boden ansammeln können.
Gefahren für Bodenorganismen durch Plastikpartikel
Die Folgen und Risiken von Plastik im Boden hängen von zahlreichen Faktoren wie Bodenstruktur, Kunststofftyp und Partikelgröße ab. Es besteht noch großer Forschungsbedarf. Einige Studien bieten jedoch Anlass zur Sorge.
Untersuchungen zeigen, dass Mikroplastik negative Folgen für Tiere und Pflanzen haben kann. Kleine Partikel in Nanogröße können die Zellwände von Pilzen passieren sowie über die Wurzeln von Pflanzen aufgenommen werden. Direkte toxische Wirkungen in den Organismen sind dadurch möglich.
Größere Organismen wie Erdwürmer und Springschwänze nehmen Mikroplastik auf, zerkleinern es in ihren Mägen und scheiden es wieder aus. Sie tragen dadurch zur Verteilung der Partikel im Boden bei. Konsumieren sie große Mengen Mikroplastik, kann dies ihre Vitalität schwächen, das Wachstum reduzieren, Enzymaktivitäten verringern und das Immunsystem beeinträchtigen. Weitere Untersuchungen etwa an Schnecken und Fadenwürmern zeigen, wie Mikroplastik Schäden im Verdauungstrakt verursachen sowie das Fortpflanzungsvermögen negativ beeinflussen kann.
Viele Versuche wurden im Labor mit teilweise hohen Mikroplastikkonzentrationen im Boden durchgeführt. In der Natur und auf Äckern sind geringere Konzentrationen zu erwarten, weshalb die Studienergebnisse nicht direkt auf die realen Bedingungen übertragbar sind. Dennoch liefern sie Erkenntnisse zu der potenziellen Gefahr, die von weiter steigenden Plastikeinträgen in Böden zukünftig ausgehen kann.
Kunststoffe verändern die Bodenstruktur
Kunststoffe beeinflussen nicht nur direkt die Organismen, sondern führen auch zu Veränderungen der Bodenstruktur, das heißt der chemischen und physikalischen Bodeneigenschaften. Dies kann sich dann wiederum etwa auf das Pflanzenwachstum auswirken. Eine Studie aus Cambridge zeigt beispielsweise, dass Plastik den pH-Wert im Boden beeinflusst. Es konnten negative Auswirkungen auf die Keimungsrate und das Wachstum von Gras nachgewiesen werden.
Ein wichtiger Faktor sind außerdem Zusatzstoffe, die den Kunststoffen beigemischt sind, die sogenannten Additive. Darunter fallen zum Beispiel polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Bisphenol A. Diese können im Laufe der Zeit auswaschen und die chemischen Bodeneigenschaften verändern.
Auch die physikalische Struktur des Bodens wird durch Kunststoffe verändert. Die Folgen sind jedoch vielfältig. Kunststofffasern können die Bodendichte reduzieren, die Belüftung verbessern und das Wurzelwachstum erleichtern. Reste von Plastikfolien hingegen können die Kanalbildung und damit den Wassertransport fördern und zu stärkerer Verdunstung und Austrocknung der Böden führen.
Unklar ist, inwieweit Mikroplastik als Träger für andere Schadstoffe fungiert. In Gewässern haben Studien gezeigt, dass sich etwa Pestizide und Antibiotika an Plastikpartikeln anhaften und anreichern. Dies ist auch für Plastik in Böden denkbar. Unklar sind jedoch die konkreten Auswirkungen. Auf der einen Seite wird vermutet, dass Schadstoffe an Mikroplastik gebunden werden können und damit der Transport in Böden erhöht wird. Auf der anderen Seite kann Mikroplastik aber auch als „Magnet“ für Schadstoffe dienen, die dadurch weniger leicht von Pflanzen aufgenommen werden können.
Aus dem Boden auf unsere Teller?
Es ist grundsätzlich denkbar, dass Mikroplastik aus dem Boden den Weg in unsere Lebensmittel findet. Untersuchungen zeigen, dass Mikroplastik von Erdwürmern verspeist und an Hühner, die die Erdwürmer als Futter aufnehmen, weitergegeben werden kann. Auch können Nanopartikel, die von Pflanzen aufgenommen werden, sich am Ende in Lebensmitteln wiederfinden. Über die tatsächliche Menge dieses „Plastikkonsums“ sowie die möglichen gesundheitlichen Folgen ist jedoch bislang zu wenig bekannt, um generelle Schlussfolgerungen treffen zu können.
Vorsorge statt Nachsorge
Die in die Böden eingetragenen Kunststoffe bauen sich nur selten ab und Mikroplastik kann nicht aus dem Boden zurückgeholt werden. Es sammelt sich dort somit immer weiter an, verändert die Bodenstruktur und stellt eine potenzielle Gefahr für die Bodenorganismen dar. Daher ist es im Sinne des Vorsorgeprinzips wichtig, die Einträge von Plastik in Böden möglichst zu unterbinden.
Der Einsatz und die Anwendungen von Kunststoff in der Landwirtschaft sind vielseitig und jede Quelle von Kunststoff-Emissionen bedarf eigener Reduktionsmaßnahmen (NABU-Forderungen zu den einzelnen Emissionsquellen). Verantwortlich ist hier nicht nur die Landwirtschaft: die größten Mengen an Kunststoffen werden durch verunreinigte Klärschlamme, Komposte und Gärreste eingetragen. Auch kann die Landwirtschaft selbst kein Interesse an einer Verunreinigung ihrer Böden haben.
Der NABU fordert nicht, die Kunststoffnutzung in Landwirtschaft und Gartenbau zu verbieten: Die Nutzung ist in vielen Fällen auch für den Naturschutz wichtig, wenn dadurch beispielsweise weniger giftige Pestizide ausgebracht werden oder seltener gedüngt wird. Der NABU fordert einen bedachten und sinnvollen Einsatz von Kunststoffen, einschließlich bioabbaubarer Kunststoffe.
Der NABU fordert:
- die Entwicklung einer geeigneten und einheitlichen Messtechnik für Kunststoffgehalte in Böden,
- präventive Maßnahmen zur Minimierung der Kunststoffeinträge im Sinne des Vorsorgeprinzips,
- die Entwicklung einer Gesamtstrategie zur ökologisch verträglichen Nutzung von Kunststoffen in Landwirtschaft und Gartenbau,
- den Einsatz von abbaubaren Kunststoffen bzw. Polymeren nur bei sinnvoller Anwendung und nachgewiesener Abbaubarkeit unter den realen Umweltbedingungen am Einsatzort.
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