NABU-Factsheet „Lebensmittelverpackungen im Vergleich - Umweltbelastungen verschiedener Materialien“ (08/2021) (4.68 MB)
Lebensmittelverpackungen im Vergleich
NABU-Untersuchung zu Umweltbelastungen verschiedener Materialien
Verpackungen sind wichtig für den Schutz und die Haltbarkeit von Lebensmitteln. Gleichzeitig hat jede Verpackung negative Auswirkungen auf Umwelt und Natur. Daher steht die Vermeidung an erster Stelle und dort, wo sie notwendig bleibt, die Frage nach der Verpackung mit den geringeren Umweltauswirkungen. Dabei muss man sich die jeweiligen Ansprüche an die Funktion der Verpackung bewusst machen. Das eine ideale Material für alle Produkte, bezogen auf Schutz und Ökologie, existiert nicht: Braucht man eine Verpackung mit guter Wasserdampf- oder Sauerstoffbarriere, mit hoher Fett- oder Nassfestigkeit, ist beispielsweise Papier kein gutes Verpackungsmaterial. Sind Lebensmittel haltbar, trocken und fettfrei, kann Papier dagegen eine gute Option sein.
Das ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung hat in Auftrag des NABU marktübliche Verpackungsalternativen für neun Lebensmittel verglichen. Mehrwegvarianten wurden berücksichtigt, wo diese in der Praxis bereits etabliert sind. Analysiert wurden die Verpackungen hinsichtlich der Auswirkungen auf drei große ökologische Probleme unserer Zeit: Klimawandel, nicht erneuerbarer Ressourcenverbrauch und Schadstoffemissionen (Details siehe unten).
NABU-Infografik zu Verpackungsvergleichen
Es ist nicht immer einfach, Verpackungen ökologisch zu bewerten. Ist der Griff zum Einwegglas oder doch der zum Plastikbecher besser? Die NABU-Infografik zu Verpackungsalternativen hilft weiter. Klicken Sie sich durch - sind Sie so erstaunt wie wir?
Papier ist nicht immer ökologischer als Kunststoff
In der Untersuchung gibt es nur zwei Beispiele, Gemüsekonserve und Schokolade, wo dieselbe Verpackung bei allen drei untersuchten Kriterien am besten bzw. schlechtesten abschneidet: Bei beiden zeigt eine leichte Kunststoff-Verpackung im Vergleich zu den anderen Alternativen die geringsten Umweltlasten. Die höchsten Umweltlasten in allen drei Kriterien hat bei der Gemüsekonserve das Einwegglas und bei der Schokolade der Faltkarton mit Alufolie. Alle anderen Beispiele sind nicht so eindeutig: Ein Verpackungsmaterial hat ökologische Vor- wie auch Nachteile, kann bei einem Beispiel sehr gut abschneiden und beim nächsten sehr schlecht. Es kommt immer auf die „Konkurrenz“ an.
Papierverpackungen haben einen vergleichsweise geringen Verbrauch an nicht erneuerbaren Ressourcen, da sie aus nachwachsendem Holz hergestellt werden. Die Schadstoffemissionen dagegen sind hoch, da die Papierproduktion zum Beispiel das Abwasser stark belastet. Auch haben Pappkartons (Nudeln, Müsli und Schokolade) sowie Papiertüten für Obst und Gemüse eine sehr hohe Klimabelastung im Vergleich zur Konkurrenz aus Kunststoff. Die Papiervarianten in diesen Beispielen sind letztlich zu schwer, als dass sie gegen eine fast achtmal leichtere Kunststoffverpackung bestehen könnten. Anders sieht es aus, wenn der Gewichtsunterschied weniger groß ist: Bei Nudeln und Müsli hat die untersuchte Papiertüte ein circa dreimal höheres Gewicht als der Kunststoffbeutel und dennoch ist die Belastung des Klimas geringer als beim leichteren Kunststoffbeutel.
Einwegglas ist keine ökologisch sinnvolle Verpackungsalternative
Durchgängig problematisch sind Einwegglas und Metalle. Überall schnitten sie mit Abstand am schlechtesten ab (Ausnahme s.u.). Dies liegt an dem sehr hohen Gewicht der Verpackungen und den damit verbundenen CO₂- und Schadstoffemissionen bei Herstellung und Transport. Daran ändern auch hohe Recyclingquoten nichts, mit denen diese Verpackungsmaterialien häufig beworben werden. Einwegglas hat letztlich zu Unrecht ein sehr grünes Image, ökologisch gesehen ist es keine gute Wahl als Verpackungsmaterial.
Eine Ausnahme von der Regel, dass Einwegglas schlechter abschneidet als Kunststoff, findet sich bei Saucen (Senf und Mayonnaise). Hier schneidet das Einwegglas bei den Auswirkungen auf den Klimawandel ähnlich schlecht ab wie die Kunststoffflasche aus PET. Die PET-Flasche hat jedoch noch weit schlechtere Werte bei den Kriterien nicht erneuerbarer Ressourcenverbrauch und Schadstoffemissionen, so dass man sie insgesamt als noch belastender einschätzen kann. Aber Plastik ist nicht gleich Plastik: Die geringsten Umweltlasten bei Saucen hat der Kunststoffbecher aus Polypropylen (PP), Schlusslicht ist die Alu-Tube. Das zeigt, dass ausschlaggebend ist, welche Kunststoffart für eine Verpackung genutzt wird: Handelt es sich um gut recyclingfähiges PE oder PP, schneidet eine Verpackung eher gut ab. PET aus der Gelben Tonne wird dagegen fast nie recycelt, was sich sehr negativ auf die Ökobilanz auswirkt. Einer der Gründe, warum es nicht recycelt wird, ist die getrennte Sammlung der PET-Einweggetränkeflaschen mit 25 Cent Pfand: Hier ist ausreichend sogenanntes sortenreines, sehr hochwertiges PET verfügbar. Das PET aus der Gelben Tonne ist demnach wirtschaftlich nicht interessant.
NABU-Factsheet
Der NABU hat die Ergebnisse der ifeu-Untersuchung ausgewertet und in einem Factsheet zusammengefasst. Zu jedem Produkt finden sich hier die einzelnen Ergebnisse der verschiedenen Verpackungsalternativen bezüglich der drei großen Umweltprobleme Klimawandel, nicht erneuerbarer Ressourcenverbrauch und Schadstoffemissionen. Darüber hinaus hat der NABU für jedes Produkt ein Ranking erstellt, welche Verpackung am besten und am schlechtesten abschneidet.
Wichtig ist: Auch die Verpackungen, die in der Untersuchung „am besten“ abgeschnitten haben, sind nicht „gut“ für die Umwelt. Sie sind nur „weniger schlimm“ bzw. ökologisch weniger nachteilig als die verglichenen Alternativen.
Hintergrund der Untersuchung
Das ifeu hat für jedes Beispiel ein so genanntes Ökobilanz-Screening gemacht. Das heißt, es wurden keine umfassenden Ökobilanzen erstellt, die sich auf ein bestimmtes Produkt eines bestimmten Anbieters beziehen, sondern es wurden für das jeweilige Produkt bekannte Durchschnittswerte genutzt. Darunter fallen Material, Gewicht, Herstellungsort, Transportentfernungen sowie Entsorgung und Recycling. Die Untersuchung der Umweltbelastungen durch die verschiedenen Verpackungsalternativen orientierte sich an drei großen ökologischen Problemfeldern:
- Klimawandel in Form von Treibhausgasen (CO₂-Äquivalente/CO₂e),
- Nicht erneuerbarer Ressourcenverbrauch,
- Schadstoffemissionen in Luft und Wasser: Bodennahe Ozonbildung (Sommersmog), Versauerung durch säurehaltige Emissionen (Stichwort: Waldsterben), Nährstoffeinträge in Land- und Wasserökosysteme (aquatische und terrestrische Eutrophierung) und Emissionen von Feinstaub und Emissionen, die im Verdacht stehen, die Ozonschicht zu schädigen.
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Die Verpackungen hier sind nur Beispiele. CO₂-Äquivalente umfassen neben Kohlendioxid auch Emissionen von treibhausgasrelevanten Stoffen wie Methan, Lachgas und diversen Kältemitteln. - Foto: NABU/Katharina Istel
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Die Verpackungen hier sind nur Beispiele. CO₂-Äquivalente umfassen neben Kohlendioxid auch Emissionen von treibhausgasrelevanten Stoffen wie Methan, Lachgas und diversen Kältemitteln. - Foto: NABU/Katharina Istel
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Die Verpackungen hier sind nur Beispiele. CO₂-Äquivalente umfassen neben CO₂ auch andere treibhausgasrelevante Emissionen wie Methan, Lachgas und diverse Kältemittel. - Foto: NABU/K. Istel
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Die Verpackungen hier sind nur Beispiele. CO₂-Äquivalente umfassen neben Kohlendioxid auch Emissionen von treibhausgasrelevanten Stoffen wie Methan, Lachgas und diversen Kältemitteln. - Foto: NABU/Katharina Istel
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Die Verpackungen hier sind nur Beispiele. CO₂-Äquivalente umfassen neben Kohlendioxid auch Emissionen von treibhausgasrelevanten Stoffen wie Methan, Lachgas und diversen Kältemitteln. - Foto: NABU/Katharina Istel
Was leisten Ökobilanzen?
Ökobilanzen sind eine wichtige Möglichkeit, ökologische Vor- und Nachteile von Produkten oder Verpackungen aufzuzeigen und auch zu vergleichen. Im Gegensatz zu Klima- oder CO₂-Bilanzen werden in Ökobilanzen nicht nur treibhausgasrelevante Emissionen einbezogen, sondern auch weitere sogenannte Wirkungskategorien, die relevant für den Zustand von Boden, Luft und Gewässern sind. Es gibt allerdings auch Belastungen für Umwelt und Natur, für die es selbst in Ökobilanzen bisher noch keine oder keine ausgereifte Methodik gibt (z.B. Landnutzungsänderungen oder Umweltverschmutzung durch Kunststoff-Einträge) oder für die keine ausreichenden Daten vorliegen (z.B. Wasserverbrauch).
Zukünftig wird die stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen aus der Forst- und Landwirtschaft zunehmen, so dass beispielsweise die benötigten Flächen und der Biodiversitätsverlust stärker in ökobilanzielle Betrachtungen mit einbezogen werden sollten. Zusätzlich werden solche naturschutzbezogenen Kriterien bei der angestrebten Umstellung von fossilen auf regenerative Energieträger eine größere Bedeutung für ökobilanzielle Betrachtungen bekommen: Wenn durch die Energiewende die aktuell dominierenden CO₂-Emissionen zukünftig weniger ins Gewicht fallen, wird die Relevanz anderer ökologischer Kriterien zunehmen.
Für den NABU sind Ökobilanzen – trotz der genannten Einschränkungen – eine unverzichtbare Orientierung für die Bewertung von Produkten und Verpackungen. Die Bilanzen zeigen sehr gut, wie differenziert Verpackungsmaterialien zu bewerten sind und wie sich die gefühlte Einschätzung oft von der Realität unterscheidet. So ist beispielsweise beim Einwegglas oder der Papiertragetasche das Image „grüner“, als es ökobilanziell gerechtfertigt ist.
NABU-Forderungen
Leider werden viele Produkte stärker verpackt, als es nötig wäre, und es gibt zu viele Einweg- statt Mehrwegverpackungen. Seitdem die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Verpackungen zugenommen hat, kündigen immer mehr Unternehmen an, auf Plastikverpackungen zu verzichten und setzen auf Papier- oder Glasverpackungen. Auch wird immer öfter damit geworben, bioabbaubare oder kompostierbare Verpackungen zu nutzen. Beides greift für den NABU zu kurz.
- Vermeiden statt ersetzen
Für den NABU geht es aus Umweltsicht nicht nur darum, weniger Kunststoffverpackungen zu verbrauchen: Unabhängig vom Material müssen Verpackungen reduziert oder am besten direkt vermieden werden. Nur so können die aktuell steigenden Mengen an Verpackungsabfall gesenkt und die natürlichen Ressourcen geschont werden. Wenn Kunststoff durch ein anderes Verpackungsmaterial ersetzt wird, muss genau geschaut werden, ob die alternative Verpackung tatsächlich umweltfreundlicher ist. Es muss verhindert werden, dass nicht sogar höhere Umweltlasten entstehen, zum Beispiel durch die Umstellung von einer leichten, recyclingfähigen Kunststoffverpackung auf ein schweres und energieintensiveres Einwegglas oder einen nicht recyclingfähigen Papierverbund. Auch Papier aus Holz als nachwachsendem Rohstoff darf nicht nach einmaliger Nutzung verbrannt werden.
- Mehrweg nicht nur für Getränke
Mehrwegsysteme gibt es außerhalb des Getränkesegments kaum, hier gibt es Nachholbedarf, mehr Mehrwegangebote auch für Produkte im Supermarkt aufzubauen. Mehrwegsysteme müssen umweltfreundlich konzipiert und ausgestaltet werden, dabei sind möglichst regionale Vertriebswege und zentral organisierte Pool-Systeme zu fördern, um hohe Umlaufzahlen und kurze Transportwege zu gewährleisten. Für eine überregionale Distribution sollten Kunststoff-Mehrwegverpackungen entwickelt werden, da schweres Glas bei langen Transportwegen eine hohe Schadstoffbelastung bedeutet und möglichst regional eingesetzt werden sollte.
- Recyceln statt Kompostieren
Viele Verpackungen werden aktuell mit „kompostierbar“ oder „bioabbaubar“ beworben. Diese Eigenschaften sind für den NABU jedoch nicht positiv für Verpackungen: Zur Ressourcenschonung brauchen wir eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, diese kann nur durchs Recycling und nicht durch die Kompostierung der Verpackungen realisiert werden. Wird Verpackungsmaterial nach nur einmaliger Nutzung verbrannt oder kompostiert, ist dies eine Verschwendung natürlicher Ressourcen. Dies gilt auch für Papierverpackungen.
Verpackungen aus bioabbaubarem Kunststoff können – im Gegensatz zu Papierverpackungen – nicht recycelt werden, daher sollte man ganz auf sie verzichten. Die Werbeslogans „bioabbaubar“ und „kompostierbar“ sind auf Plastikverpackungen für den NABU sogar irreführend für die Verbraucher*innen: Diese dürfen nicht in der Natur landen, denn hier ist der Abbau nicht gewährleistet (die Zertifizierungen für die Abbaubarkeit beziehen sich in der Regel auf industrielle Kompostierungsanlagen). Daher fordert der NABU, dass Plastikverpackungen nicht mehr mit „bioabbaubar“ oder „kompostierbar“ beworben werden dürfen.
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Papier wird häufig als besonders ökologisch oder natürlich beworben. Papier bringt jedoch ebenfalls verschiedene Umweltbelastungen mit sich und ist auch nicht immer ökologischer als Kunststoff. Mehr →
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Obst und Gemüse wird in Deutschland noch immer größtenteils verpackt verkauft - aktuell zu 60 Prozent. Dies ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag des NABU. Es ist höchste Zeit, dass der Lebensmittelhandel umdenkt und Obst und Gemüse standardmäßig lose anbietet. Mehr →