8 Hektar junger Eichenwald stehen am Tollensesee zum Verkauf. Genau jetzt zum Fest. Wenn wir sie gemeinsam erwerben, kann er sich zum für alle Zeit ungestörten, artenreichen Urwald entwickeln.
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Wie wir die Natur krank machen
Als große, global vernetzte Population, die jeden Winkel der Erde bevölkert, ist der Mensch der wichtigste Zwischenwirt für Krankheitserreger. Das zeigt sich beispielsweise an Gorillas, Schimpansen oder Orang-Utans, die sich bei Kontakt mit Menschen schnell mal eine Erkältung einfangen und daran sterben.
Ähnlich ist es bei der Afrikanischen Schweinepest, die ebenfalls in erster Linie durch den Menschen weitergegeben wird. Zwar trägt dieser das Virus nicht in sich, aber er wirkt als sogenannter Vektor, der nach Kontakt mit infizierten Tieren oder durch Entsorgen einer mit Viren belasteten Salamisemmel in der Natur die Krankheit weiter verbreitet. Für den Menschen ist die Afrikanische Schweinepest harmlos, für Haus- und Wildschweine tödlich.
Massentierhaltung begünstigt Infektionskrankheiten
Doch der Mensch gefährdet die Natur nicht allein durch die Verbreitung von Krankheitserregern, sondern auch durch die Art und Weise, wie er gegen Seuchen wie die Schweinepest oder die Vogelgrippe vorgeht. Die Entstehung solcher Infektionskrankheiten wird begünstigt durch die industrielle Landwirtschaft, in der Großbetriebe mit Tausenden von Tieren die Regel sind.
Wo Hühner, Schweine und Rinder auf engstem Raum gehalten werden, haben Erreger leichtes Spiel. In der Massentierhaltung sind Seuchen eine schwelende Gefahr, die man mit Impfungen, Antibiotika und Antiparasitika mühsam unter Kontrolle hält. Genauso beim Anbau von Feldfrüchten: Die heute üblichen riesigen Monokulturen wären ohne Pestizide gegen Viren, Bakterien oder Insekten gar nicht lebensfähig.
Anreicherung in Wasser und Boden
Die Medizin, die Krankheiten unter Pflanzen, Tieren und Menschen heilt oder ihnen vorbeugt, hat Nebenwirkungen in der Natur. Von den rund 2.900 Medikamenten, die in Deutschland für Tiere und Menschen auf dem Markt sind, wurden bislang über 400 als Spurenstoffe in Böden und Gewässern nachgewiesen. Der Körper verarbeitet nur einen Teil der Wirkstoffe, der Rest wird ausgeschieden, gelangt über das Abwasser ins Klärwerk und von dort ungefiltert in Bäche, Flüsse und Seen.
Rückstände von Tiermedikamenten finden ihren Weg in die Natur dagegen in Form von Mist und Gülle oder, wenn die Tiere auf der Weide stehen, als direkte Ausscheidungen. Sie reichern sich im Oberboden an oder werden ins nächstgelegene Gewässer geschwemmt. Dort vermischen sie sich mit den Rückständen von Humanarzneimitteln und Alltagschemikalien, wie sie beispielsweise Shampoos, Parfüms oder Spülmaschinentabs enthalten, zu einem brisanten Mix.
Tödliche Kuhfladen
Da die Wirkstoffe in Pestiziden und Medikamenten oft schon in geringsten Dosen wirken, dezimieren sie die Artenvielfalt zu Wasser und zu Lande. So sind Antiparasitika zur Behandlung von Weidetieren giftig für Dung besiedelnde Insekten, berichtet Ina Ebert, Toxikologin im Umweltbundesamt: „Die Tiere scheiden noch viele Tage nach der Behandlung Rückstände in toxischen Konzentrationen aus.“ Für die Natur ist das ein Verlust, denn unbelastete Kuhfladen sind Hotspots der Artenvielfalt, in denen sich im Laufe der Zersetzung Fliegen, Käfer, Würmer und über 40 Pilzarten ansiedeln. „Arzneimittel werden vor der Zulassung in Laborstudien auf ihr Umweltrisiko geprüft“, erläutert Ebert: „Die Prüfung gibt Hinweise darauf, was in der Realität passieren könnte.“
In der Realität scheint es so zu sein, dass Medikamente gegen Depressionen, die sich in nahezu allen Gewässern finden, auch bei Fischen wirken: „So wie wir haben auch Fische Rezeptoren für diese Arzneimittel“, erläutert Rita Triebskorn vom Institut für Evolution und Ökologie der Universität Tübingen. Dadurch werde der Fluchtreflex gedämpft, und die Tiere seien leichte Beute für fischfressende Vögel: „Anders als wir sind Fische diesen Stoffen jedoch kontinuierlich und ihr ganzes Leben lang ausgesetzt.“
Kläranlagen ausbauen
Mehr noch als bestimmte Spurenstoffe machen der Ökotoxikologin der Chemikalienmix in seiner Gesamtheit und die bislang noch unerforschten Wechselwirkungen der einzelnen Stoffe untereinander zu schaffen. „Je dünner dieser Cocktail ist, desto besser“, sagt sie. Das Problem: Den meisten Kläranlagen fehlt eine vierte Reinigungsstufe, die Medikamenten-Rückstände mithilfe von Ozonierung oder Aktivkohlefiltern aus dem Abwasser filtert. „Wir finden zunehmend auch im Grundwasser Spurenstoffe“, warnt Triebskorn. Noch sei das Trinkwasser in Deutschland von guter Qualität: „Doch wenn es weitergeht wie bisher, werden unsere Kinder und Enkel belastetes Wasser trinken.“
Hartmut Netz, Naturschutz heute 2022
„One Health“ ist ein neuer Ansatz zur Seuchenbekämpfung. Die menschliche Gesundheit wird nicht mehr isoliert betrachtet, sondern als Produkt der Wechselwirkungen zwischen Mensch, Tier und Umwelt. Mehr →
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Als Naturfreunde und Naturschützer sollten wir uns mit Afrikanischer Schweinepest, West-Nil-Virus und Usutu beschäftigen, sollten Ursachen und Folgen kennen, wissen ob wir uns schützen müssen und was diese Krankheiten für unsere „Schützlinge“ bedeuten. Mehr →