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Jetzt spenden!Allergien und Malaria
Mit dem Klimawandel sind auch neue Gesundheitsrisiken verbunden
von Werner Girgert
Sicher, es war nur ein Zufall. Als die Mitarbeiter des Deutschen Wetterdienstes im Frühjahr die Ergebnisse ihrer ersten Studie über die künftigen Auswirkungen des Klimawandels in einer deutschen Großstadt am Beispiel der Mainmetropole Frankfurt präsentierten, ging gerade der wärmste Monat April seit 1890 zu Ende. Dabei hätte es der zusätzlichen Bestätigung gar nicht bedurft, die Prognosen der Meteorologen zeichnen ohnehin ein beunruhigendes Zukunftsszenario. Für Frankfurt sagt der Wetterdienst bis 2050 einen gesundheitsbedrohlichen Temperaturanstieg voraus. Die Stadt und ihre Bewohner werden in den nächsten Jahrzehnten nicht nur mehr hochsommerlich warme Tage mit mehr als 25 Grad erleben, sondern auch mehr extreme Hitzetage mit tropischen Nachttemperaturen.
Lang anhaltende Perioden mit Rekordtemperaturen wie im Sommer 2003 dürften in ganz Deutschland bald die Regel sein statt die Ausnahme. Mit den Temperaturen werden, da sind sich die Experten weitgehend einig, auch klimabedingte Gesundheitsgefahren wie Infektionskrankheiten zunehmen. Tropenmediziner und Parasitologen schließen angesichts häufiger auftretender Hitzewellen nicht mehr aus, dass selbst die Erreger der Malaria sich in Deutschland bald wieder wohl fühlen könnten.
Moskitos sind schon da
Zwar können sich diese sogenannten Plasmodien in der Malariamücke erst entwickeln, wenn das Thermometer mindestens zwei Wochen lang Tag und Nacht nicht unter 18 Grad Celsius fällt. Im heißen Sommer 2003 waren diese Voraussetzungen immerhin schon erfüllt.
Doch damit sich die Krankheit ausbreiten kann, müssen zwei weitere Faktoren vorhanden sein: die Überträger-Mücken und Menschen, die den Erreger bereits in sich tragen. Beides ist der Fall. Seit langem sind die Malariamücken der Gattung Anopheles in Deutschland heimisch. Sechs verschiedene Arten der Mücke, besser bekannt als Moskitos, wurden bereits nachgewiesen. Nicht ganz überraschend: Die Malaria war bis nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Deutschland noch verbreitet. Erst als Sumpf- und Feuchtgebiete trocken gelegt, Abwässer überall in die Kanalisation verbannt und Hygiene- sowie Wohnbedingungen verbessert wurden, verloren die Malariamücken ihre Brutplätze.
Import durch Reisende
Steigende Temperaturen begünstigen nicht nur die Entwicklung der Malariaerreger, sondern auch die Vermehrung der Mückenbestände, wie Dr. Helge Kampen, Medizinischer Entomologe und Parasitologe am Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit, betont. Damit wächst auch die Gefahr, dass Mücken die Malariaerreger von Infizierten auf Nichtinfizierte übertragen. Schließlich bringen jedes Jahr zwischen 500 und 1.000 Deutsche die Infektion von einer Tropenreise mit nach Hause. Die Zahl der eingeschleppten Infektionen war jedoch zumindest in den vergangenen Jahren rückläufig. Gab es 2001 noch 1.049 Fälle, so waren es 2007 lediglich 540. Weil die Erkrankung in Deutschland zumeist rechtzeitig erkannt und behandelt wird, sterben weniger als ein Prozent der Infizierten. 2007 verliefen laut Statistischem Bundesamt drei Malaria-Infektionen tödlich.
Rechtzeitig eingeleitete Therapien können auch verhindern, dass sich die Malaria ausbreitet. Deshalb halten Experten wie Kampen die Gefahr von Epidemien oder eine dauerhafte Wiederausbreitung der Erreger in Deutschland „auf lange Sicht für höchst unwahrscheinlich“. Grund zur Entwarnung sehen die Wissenschaftler trotzdem nicht. Denn „lokale Ausbrüche“ der Malaria sind nicht auszuschließen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Kampen gemeinsam mit Parasitologen der Bonner Universität für das Umweltbundesamt verfasst hat. Reduzieren ließe sich die Infektionsgefahr laut Robert-Koch-Institut allerdings beträchtlich, wenn Fernreisende die Vorsorge ernster nähmen. Vier von fünf Infizierten reisten 2007 ohne vorbeugende Medikamente in Malariagebiete.
West-Nil- und Dengue-Fieber
Auf dem Vormarsch Richtung Norden sind auch andere Tropenkrankheiten wie die Leishmaniose, das West-Nil-Fieber und das Dengue-Fieber. Die Sandmücke, die den Erreger der Leishmaniose überträgt, hat Deutschland bereits erreicht. Die Infektion bedroht Menschen und Tiere gleichermaßen. Sie kann Haut, Schleimhäute und innere Organe befallen. Rund 20.000 Hunde, hauptsächlich aus Südeuropa eingeführt, gelten in Deutschland als infiziert.
Sollten sich die Sandmücken bei weiter steigenden Temperaturen ausbreiten, steigt auch das Infektionsrisiko für Menschen. Dagegen hat die Gelbfiebermücke bislang erst das südliche Europa erobert. Sie ist inzwischen in Teilen Italiens, Südfrankreichs, Spaniens und Portugals anzutreffen und gilt als Überträger für West-Nil- und Dengue-Fieber.
Kaum noch Zweifel gibt es nach Ansicht der Gesundheitsbehörden unterdessen an der Zunahme von Allergien als Folge des Klimawandels. Steigende Durchschnittstemperaturen begünstigen den Pollenflug. In Europa schwirren die Pollen heute durchschnittlich zehn bis elf Tage länger durch die Luft als noch vor 30 Jahren. Hinzu kommen Neubürger wie die ursprünglich aus Nordamerika stammende Ambrosia-Pflanze, die aus Süd- und Osteuropa nach Deutschland vorgedrungen ist und bei Allergikern heftige Reaktionen auslösen kann. Mit zunehmender Erwärmung wandern auch die Zecken immer weiter nach Norden. Damit steigt nicht nur die Gefahr von Borreliose-Infektionen. Zecken übertragen auch die Erreger von Hirnhautentzündung. Als direkte Folge der intensiveren Sonnenstrahlung in heißen Sommern erwarten die Gesundheitsbehörden nicht zuletzt auch einen deutlichen Anstieg des Hautkrebsrisikos.
Lesetipp: Einen ausführlichen Überblick über Gesundheitsrisiken als Folge des Klimawandels liefert das Buch „Warnsignal Klima: Gesundheitsrisiken“ von José L. Lozán, erschienen 2008 im Verlag Wissenschaftliche Auswertungen.