Vanilleblüte - Foto: Volker Siegel/www.naturgucker.de
Der Duft von Weihnachten
Ohne besondere Gewürze ist das Fest der Liebe nicht denkbar
Das war doch mal eine gute Idee. Seit 20 Jahren muss in Deutschland bei vielen Produkten neben dem Packungspreis auch der „Grundpreis“ angegeben werden. So lassen sich verschiedene Füllmengen vergleichen, man erkennt auf den ersten Blick, ob auf ein Kilo bezogen die Tüte mit 360 Gramm oder die mit 540 Gramm günstiger ist. Genauso lassen sich aber auch verschiedene Dinge miteinander vergleichen, zum Beispiel Gewürze für die Weihnachtsbäckerei. Und da sind die Unterschiede enorm.
Bestäubung per Hand
Sind Anis, Sternanis und Nelken schon ab umgerechnet zehn Euro je Kilogramm zu haben, kommt Kardamom auf 50 bis 100 Euro. Geradezu schwindelig macht der Blick auf das Vanille-Preisschild: Mehrere hundert Euro werden da aufgerufen. Eine kostspielige Angelegenheit, auch wenn eine einzelne Vanilleschote nur drei Gramm wiegt.
Zum aktuellen Preishoch bei Vanille tragen Verwüstungen durch Wirbelstürme ebenso bei wie kartellartige Strukturen in den Hauptproduktionsländern. Ohnehin ist die Herstellung von Vanille grundsätzlich kostspielig. Die einzelnen Blüten der Vanille-Orchidee öffnen sich nur einen Tag lang, in dieser Zeit müssen sie bestäubt werden, sonst gibt es keine Früchte. In ihrer ursprünglichen Heimat Mexiko waren hierfür spezialisierte Wildbienenarten zuständig. In den Vanilleplantagen übernimmt diese Aufgabe der Mensch.
Kunstaroma Made in Germany
Das Zukunftsbild einer mühsamen Nahrungsmittelerzeugung ohne Insekten, bei der Vanille ist es längst Realität – seit fast 200 Jahren. Kein Wunder, dass schon früh versuchte wurde, den Haupt-Aromastoff Vanillin künstlich herzustellen. Vor allem deutsche Chemiker waren dabei bereits im 19. Jahrhundert erfolgreich. Heute ist Vanillin der meistproduzierte Aromastoff weltweit, weniger als ein Prozent stammt von Vanille-Orchideen.
Weit natürlicher geht es bei anderen Gewürzpflanzen zu. So sorgen bei Kardamom Hummeln und Wildbienen für die Bestäubung, Zimtbäume werden vor allem von Honigbienenverwandten angeflogen, bei Ingwer sind es Fliegen und andere Zweiflügler und die kleinen nektarreichen Anisblüten locken buchstäblich die halbe Insektenwelt an.
Selten rückstandsfrei
Wo Bestäuberinsekten sind, gibt es auch Fraßinsekten, die Blätter und Wurzeln abnagen. „Pflanzenschutz“ in Form von Gifteinsatz gegen Insekten, Pilze und andere Organismen ist daher in den Gewürzplantagen gang und gäbe. Dazu gesellen sich konservierende Chemikalien zur „Vorratsschutzbehandlung“. Pestizidrückstände in Gewürzen sind daher leider keine Seltenheit. Zwar sind heutzutage praktisch alle Gewürze auch in Bio-Qualität erhältlich und Pestizide wird man hier in der Regel keine finden. Gefeit gegen problematische Erdöl-Abbauprodukte ist aber auch die Biobranche nicht. Diese Verunreinigungen stammen aus dem Produktionsprozess.
Nicht immer bekömmlich
Dazu kommen, ob konventionell oder bio, natürliche Inhaltsstoffe, die nicht von Allen vertragen werden. Bekanntes Beispiel ist Cumarin. Bei besonders empfindlichen Personen kann Cumarin schon in relativ kleinen Mengen zeitweise Leberschäden verursachen. Besonders viel Cumarin ist in Cassia-Zimt enthalten. Wer zum Beispiel bekanntermaßen den ebenfalls cumarinhaltigen Waldmeister nicht verträgt, sollte stattdessen Ceylon-Zimt verwenden. Dieser stammt von einer anderen, fast cumarinfreien Baumart.
Weihnachtsgewürze im Überblick
Anis: Ein krautiger Doldenblütler, verwandt mit Fenchel und Kümmel. Verwendet werden die Samen.
Ingwer: Eine krautige Pflanze, die weltweit in den Tropen und Subtropen angebaut wird. Verwendung findet der Wurzelstock.
Kardamom: Tropisches Gewächs aus der Ingwerverwandtschaft, verwendet werden die getrockneten Samenkapseln.
Muskat: Kleiner Baum von den indonesischen Banda-Inseln, in den Tropen weltweit kultiviert. Verwendet werden Samenmantel (Macisblüte) und Frucht (Muskatnuss).
Nelke: Der Gewürznelkenbaum gehört zu den Myrthengewächsen und stammt aus Indonesien. Verwendet werden die getrockneten Blütenknospen.
Piment: Wie die Gewürznelke ist der Nelkenpfeffer ein Myrthengewächs, er stammt aus Mittelamerika. Verwendet werden die getrockneten Beeren.
Sternanis: Ein Magnoliengewächs aus China – mit Anis also nicht verwandt, aber mit ähnlichem Aroma. Verwendet werden die kompletten Früchte.
Vanille: Eine als Kletterpflanze wachsende Orchidee, deren Wildform aus Mexiko stammt. Verwendet werden die fermentierten Samenschoten.
Zimt: Ein zu den Lorbeergewächsen gehörender kleiner Baum, angebaut in Süd- und Ostasien. Verwendet wird die Rinde.
Für den Eigenanbau sind die meisten der aus den Tropen stammenden Gewürzpflanzen leider nicht geeignet. Für Sternanis, Gewürznelkenbaum oder Kardamom braucht man schon einen beheizten Wintergarten oder ein Gewächshaus. Die Pflege ist zudem aufwändig und Blüten oder Früchte sind nicht garantiert.
Anis im eigenen Garten
Die große Ausnahme unter den klassischen Weihnachtsgewürzen ist der Anis. Die einjährige Art stammt aus dem östlichen Mittelmeergebiet und gedeiht im Garten bestens. Selbst der kommerzielle Anbau ist in Deutschland inzwischen gestartet, zunächst nur auf 100 Hektar. Im Garten bevorzugt der Insektenfreund Anis einen sonnigen Platz und möglichst durchlässigen, mäßig feuchten und leicht kalkhaltigen Boden. Die Aussaat erfolgt nach dem letzten Frost direkt ins Beet.
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Anis ist eine von zahlreichen Würzpflanzen aus der Gruppe der Korbblütler. - Foto: A1online2020 (CC-BY-SA-4.0)
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Dazu gehören auch Kümmel... - Foto: Helge May
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Koriander... - Foto: Helge May
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...und Fenchel - Foto: Helge May
Anis blüht im Hochsommer und ab September sind die Samen erntereif. Zuvor können auch die würzigen Blätter zu Suppen, Fisch- oder Fleischgerichten verwendet werden. Die Samen eignen sich nicht nur für Anisplätzchen, sondern auch für Anti-Blähungs-Tee und für hausgemachten Anisschnaps – ob man ihn nun Pastis, Ouzo oder Sambuca nennt.
Helge May
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