Mag nicht jeder: Fliege mit Nahrungstropfen - Foto: Helge May
Ungebetene Gäste in Küche und Keller
Vorbeuge- und Bekämpfungstipps zu Lästlingen und Schädlingen im Haushalt
Krabbelt es oder nicht? Wer einmal die „leckeren!“ Raupen der Dörrobstmotte in seinem Müsli finden musste, wird künftige Müsliportionen immer mit einem gewissen Argwohn mustern. Jede Gesellschaft, Kultur und Epoche hat ihre Schädlinge, die sie verfolgt, duldet oder gar verehrt. Viele Schädlinge stammen sie aus wärmeren Weltregionen und kamen dank weltweiter Mobilität als blinde Passagiere zu uns. Vor allem schätzen sie Mikroklima und Nischen in Wohnungen, Bäckereien, Waschküchen und Kliniken.
Verlockende Vorratslager
Monokulturen und Vorratslager fordern Massenvermehrungen heraus. Seit Menschen Vorräte wegen Missernten und Kriegen anlegen, sind die Schädlinge da. Schon die Ägypter kannten Reismehl- und Brotkäfer. Abwehrmethoden gab es damals wie heute, doch eines ist sicher: Menschen haben immer mit Schädlingen gelebt und werden das zukünftig tun müssen. Neue Produkte locken neue Schädlinge, selbst Heimcomputer und Großrechner sind nicht vor Befall gefeit.
Unser evolutionäres Erbe aus der Steinzeit, als Vorsicht vor Schlangen, Skorpionen und anderen Tierchen in der Wohnhöhle lebenswichtig war, nährt noch heute Legenden und Gruselgeschichten. Es äußert sich auch als Phobie gegenüber Mäusen und Spinnen oder gar in einem Wahn, der Menschen einen nicht vorhandenen Ungezieferbefall spüren und rastlos verfolgen lässt.
Jedenfalls ist unser Verhältnis zum so genannten Ungeziefer belastet bis schwer gestört. Undenkbar wäre es hierzulande, proteinhaltige Heuschrecken und Termiten zu essen. Bei Mäusen zeigt sich unsere Ambivalenz deutlich: Die Nager sind gehasste Schädlinge, geschätzte Labortiere, beliebte Kuscheltiere und als Kinderserienstar und Comicfigur weltberühmt. Propaganda agiert mit Ungeziefer-Metaphern für Gegner und Fremdes und pikanterweise nennt man die Schaben in der Schweiz Schwabenkäfer, in Westdeutschland Franzosen, in Ostdeutschland Russen, in Frankreich Preußen...
Nervende Brummer
Schaben oder Kakerlaken sind das bekannteste Ungeziefer unseres Wohnumfeldes. Über 3000 Arten der flinken, lichtscheuen, nachtaktiven Allesfresser bewohnen überwiegend tropische Regionen. In Deutschland trifft man neben der 1,5 Zentimeter großen Deutschen Schabe auch auf die "importierten" Orientalischen oder Küchen- und Amerikanischen Schaben, die sich alle von Abfällen und Kot ernähren. Schaben können Krankheiten übertragen und Allergien auslösen.
Nervende Brummer sind im Sommer die Fliegen. Die Große Stubenfliege wohnt seitdem Haustiere in Winterställen gehalten werden mit uns. Ihre Maden leben von Dung und Abfällen. Die Fliegen naschen nicht nur an Süßem, sondern auch an Mist, Kot und Kadavern und können Krankheiten übertragen. Daneben summen Kleine Stubenfliegen, Wadenstecher, Fleischfliege und Schmeißfliegen. Letztere leben von Fleisch, Kot und Kadavern und sind durch die goldgrün glänzende Goldfliege und den blau glänzenden, mit tiefem Ton fliegenden blauen Brummer vertreten. Wegen ihrer Vorliebe für Totes machen sie sich Gerichtsmediziner neuerdings als tierische Zeugen in Mordfällen zu Nutze, denn anhand der Fliegen-Entwicklungsphasen ist der Todeszeitpunkt einer Leiche ziemlich genau zu bestimmen.
Gefräßige Raupen
Motten sind harmlos, wären nicht ihre gefräßigen Raupen. Manche Motten nehmen keine Nahrung auf - im Gegensatz zu den Raupen, vor denen fast nichts sicher ist. Finden sich plötzlich kleine weiße Würmchen in Dörrobst, Müsli und anderen Lebensmitteln, handelt es sich meist um die verbreitete Dörrobst- oder Lebensmittelmotte, deren Flügel reizvoll gefärbt sind. Bis der Küchenschrank von ihnen befreit ist, braucht es viel Geduld.
Mit einer Weizenladung gelangte 1877 die Mehlmotte nach Europa, deren klebrige Fäden im Mehl Zöpfe bilden und Exkremente das Mehl ungenießbar machen. Die Kleidermotte schafft in zentralgeheizten Räumen vier Generationen pro Jahr. Ihre kleinen Raupen fressen Wolle, Pelz, Federn, Haare und Mischgewebe mit über 20 Prozent Wollanteil.
Lästig fallen manchmal Ameisen, die Süßes suchen, oder Silberfischchen, denen man nachsagt, „wandelnde Bakteriennester“ zu sein. Man trifft sie nachts, wenn sie in Küche oder Bad vor dem Licht in dunkle Ecken huschen. Am Menschen sind Bettwanzen interessiert. Sie bringen die ganze Wanzen-Sippe mit weltweit 40.000 Arten in Verruf, denn nur Bettwanzen saugen Blut.
Zerstörerische Käfer
Käfer betätigen sich als Materialzerstörer. Messingkäfer gehen an Textilien, Leder, Bucheinbände und Verpackungen, Speckkäfer an Fleisch und Wurst. Ihren Appetit für Tierkadaver nutzt man in Museen und lässt sie Skelette frei nagen. Auf Korn und Mehl hat es unter anderem der Schwarze Getreidenager abgesehen. Eine einzige der 19 Millimeter langen Larven kann 10.000 Körner zerstören. In Mühlen und Großbäckereien sind Vierhornkäfer, Mehlkäfer – bekannt durch die als Heimtierfutter genutzten Mehlwürmer –, Kräuterdieb und zunehmend der Getreidekapuziner häufig.
Wichtigster Holzschädling ist der Hausbock, der Dachstöcke zum Einsturz bringen kann. Als Holzwurm in Möbeln und Bücherwurm in feucht gelagerten Büchern ist der Gewöhnliche Nagekäfer bekannt. Charakteristisch sind seine Fluglöcher, aus denen Bohrmehl rieselt. In totem Eichenholz macht eine Käferlarve mit dem Kopf pochende Geräusche und wird deshalb Totenuhr genannt.
Gegen Schädlinge wird schon lange, variantenreich und nicht selten erfolglos gekämpft. Oft galten sie als Strafe Gottes und man bemühte geistliche oder magische Kräfte. Obwohl schon Ägypter Weihrauch und Chinesen Arsen als Insektizid nutzten, boomte die chemische Schädlingsbekämpfung erst im letzten Jahrhundert. Doch Resistenzen machten einen Strich durch die Rechnung. Heute wird zunehmend intelligent mit biologisch-ökologischem Wissen gearbeitet und es werden natürliche Räuber, Parasiten oder Lockstofffallen eingesetzt.
Wenn der Küchenschrank oder das Müsli lebt, sind nicht Panik und Aktionismus angesagt, sondern Vernunft und Umsicht, denn in der Regel entstehen weder gesundheitliche noch wirtschaftliche Nachteile. Trotzdem finden kommen in jedem zweiten Haushalt Gifte zum Einsatz – in 86 Prozent der Fälle unsachgemäß mit hohem Risiko für Atemwege, Haut und Dauerbelastung des Wohnraumes.
Stefan Bosch
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