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Was Pflanzenkohle im Garten tatsächlich leisten kann
Terra Preta heißt auf Portugiesisch „Schwarze Erde“ und bezeichnet einen fruchtbaren, tiefschwarzen Boden im Amazonasgebiet. Als Forscher ihn in den 1960er Jahren entdeckten, standen sie vor einem Rätsel. Denn eigentlich gilt der Regenwaldboden als karg und nährstoffarm. Und tatsächlich ist Terra Preta kein natürliches Phänomen, sondern entstand durch jahrhundertelange Bewirtschaftung. Die Indios reicherten den Boden mit einem kompostierten oder fermentierten Gemisch an, das aus Pflanzenresten, Dung sowie menschlichen Fäkalien bestand und Kohle aus den Herdstellen enthielt.
Diese alte Praxis hat einen regelrechten Boom hierzulande befeuert: Seit einigen Jahren bieten verschiedene Hersteller sogenannte „Terra Preta“-Substrate an. Nach dem Vorbild der brasilianischen Schwarzerde sollen die pflanzenkohlehaltigen Produkte zum Humusaufbau und einer deutlich höheren Bodenfruchtbarkeit beitragen. Durch ihre poröse Struktur verfügt die Kohle über eine große Oberfläche. „Hier können sich Mikroorganismen ansiedeln, Wasser und Nährstoffe gespeichert werden“, erklärt Dr. Ines Vogel von der Freien Universität Berlin. Besonders gut entfalte die Kohle diese Eigenschaften, wenn man sie beim Kompostieren zufüge.
Forschungsprojekt an der Freien Uni Berlin
Die Wissenschaftlerin stützt sich dabei auf Versuche im Rahmen von „TerraBoGa“, einem Projekt der Freien Universität Berlin. Dessen Ziel ist es, die organischen Abfallstoffe aus dem Botanischen Garten vor Ort als Dünger nutzbar zu machen. Unter anderem geschieht das durch Pyrolyse: Astschnitt und Stammholz werden gehäckselt und in einer Karbonisierungsanlage bei Temperaturen zwischen 450 und 600 Grad Celsius verkohlt. Das hat, verglichen mit der Verbrennung, auch einen klimaschonenden Effekt: Es bleibt mehr Kohlenstoff in der Kohle gebunden. In den Boden eingebracht, kann dieser dann über einen längeren Zeitraum gespeichert werden.
In Versuchen mit verschiedenen Kulturpflanzen beobachteten die Forscher einen tendenziell positiven Effekt der Kohle: Die meisten Pflanzen wuchsen auf einem kohlehaltigen Kompost besser, als auf Kompost ohne Zugabe. Die Versuche zeigen aber auch, dass nicht alle Pflanzen im gleichen Maße von der Kohle profitieren. Bei einigen stieg der Ertrag erst im zweiten Anbaujahr. Für säureliebende Pflanzen, wie Rhododendren, eignet sich Pflanzenkohle wegen ihres hohen pH-Wertes nur dann, wenn sie vorher angesäuert wird.
Fertige Terra Preta-Substrate überteuert
Ähnliches hat auch Marianne Scheu-Helgert von der Bayerischen Gartenakademie beobachtet. Sie sieht Pflanzenkohle als eine, aber nicht die wichtigste Möglichkeit, den Boden zu verbessern. „Wichtiger ist ein fein strukturierter und nicht allzu nährstoffreicher Kompost mit einem fasserreichen Mischungspartner, beispielsweise Holzfaser oder Rindenhumus in sehr hoher Qualität“, so die Gartenexpertin. Solche Substrate gibt es fertig gemischt im Handel. Pflanzenkohle eignet sich nach Scheu-Helgerts Beobachtung vor allem für sandreiche, humusarme Böden. „Fein strukturierte Kohlepartikel übernehmen teilweise die Funktion von Humus – vor allem die Wasserspeicherung“, erklärt Scheu-Helgert. Auch Jörg Hütter vom Demeter-Verband betont die bodenverbessernden Eigenschaften von Pflanzenkohle. Die fertigen Terra-Preta-Substrate hält er allerdings für überteuert.
Wer Kohle im eigenen Garten einsetzen will, kann diese auch separat kaufen und dem Kompost zumischen. Dabei sollte man ebenso wie bei fertigen Substraten auf Qualität achten. Vogel empfiehlt Produkte, die den Anforderungen des European Biochar Certificate (EBC) entsprechen. „Da ist gewährleistet, dass die Kohle schadstoffarm ist und keine Schadstoffe mit ihr in Böden gelangen.“ Grillkohle eigne sich dagegen nicht für das Gemüsebeet: „Bei solchen Produkten wissen Sie nichts über die Schadstoffgehalte.“ Problematisch ist es laut Vogel auch, Kohle zu verwenden, über der bereits die Würstchen brutzelten. Denn bei der unkontrollierten Verbrennung während des Grillens können größere Mengen der gesundheitsschädlichen Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen. In Pyrolyse-Anlagen lässt sich dieser Prozess besser kontrollieren und die Entstehung schädlicher Stoffe auf ein Minimum reduzieren. EBC-zertifizierte Kohle muss beispielsweise bei PAK und Schwermetallen strenge Grenzwerte einhalten.
Ob es ökologisch sinnvoll ist, Biomasse zu verkohlen, das hängt auch von den Alternativen ab. „Der Markt an verfügbaren Pflanzenstoffen ist derzeit leergefegt, da vieles in Biogasanalgen geht“, gibt Scheu-Helgert zu bedenken. Zudem spielen viele Faktoren eine Rolle, die noch erforscht werden oder sich je nach Verfahren unterscheiden, beispielsweise wie lange der Kohlenstoff im Boden gespeichert wird, ob bei der Verkohlung die Abwärme genutzt wird und wie die Emissionswerte der Anlage sind. „Pflanzenkohlehaltige Substrate können ein Instrument im Werkzeugkasten der bodenverbessernden Maßnahmen sein, neben anderen Verfahren“, sagt Ines Vogel. Ein Wundermittel sind sie indes nicht.
Ann-Kathrin Marr
- Informationen zum European Biochar Certificate (EBC)
- Informationen zum Terraboga-Projekt der Freien Universität Berlin
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