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Eine Anleitung für den idealen Zaunkönig-Garten
Ein bisschen Ornithologie und ein bisschen Gartenkunde, das kann gut zusammenwachsen. Versuchen wir eine Synthese, aus den Augen eines Zaunkönigs auf Reisen: Fangen wir mal mit Ihnen an. Am besten wäre, Sie wären leicht schusselig, vergesslich und im argem Maße unordentlich. So ein richtiger Versager in Sachen Korrektheit, das wäre recht. Natürlich gingen Sie auch als Erfolgsmensch mit null Zeit für Gartenfragen durch. Dann hätten sie nämlich die richtige Mentalität für den Zaunköniggarten. Der darf schon etwas verwildert, vergessen, stellenweise verloren sein.
Weckruf vom Sumpfgraben
So einen Garten habe auch ich. Jetzt ist noch Winter, und unser Zaunkönig grüßt mich jeden Morgen mit Schmetterruf vom Sumpfgraben, der manchmal auch ein Wassergraben ist, gefüllt mit Regenwasser vom Hausdach. Dort wachsen Schachbrettblumen, Prachtnelke, Schwertlilien. Der Zaunkönig aber turnt den ganzen Winter auf den zehn Metern Graben hin und her. Ich frage mich alltäglich aufs neue, was er zum x-ten Mal auf der gleichen Strecke noch findet? Er hüpft von Blatt zu Blatt, schlüpft unter trockene Stängel, hangelt sich halb über den Sumpf und singt dabei fröhlich wie ein Kind. Doch der kleine Kerl hält durch.
Vielleicht liegt es am Asthaufen, er gibt ihm den Rest? So richtig hingeschmissen ist der. Hier dürfen Sie mal alles mit großer Geste hinfeuern und dabei an Ihren Chef denken. In unserem Garten modern mindestens sechs und mehr Asthaufen und Holzstöße. So ein Asthaufen funktioniert als Dauerunterhaltungsprogramm. Einer liegt genau vor dem Küchenfenster, was den ganzen Winter Unterhaltung garantiert.
Asthaufen im Längsformat
Doch der flinke Asthaufenvagabund ist auch ein rechter Büschehuscher. Je dichter, je lieber. Dickichte gleich jeder Art sind ihm das Liebste. Seien es schnöde Brennnesseln oder die wilde Hecke. Eine Hecke für ein Königreich: bunt gemischt aus vielen Arten, möglichst dornig und unfrisiert, das ist es. Ein paar naturnahe Gartenrosen (sehr schön!) dürfen ruhig drin sein. Überaus nützlich auch Flechthecken aus Gestrüpp, wie sie im Norden Deutschlands gang und gäbe sind, sogenannte Reisighecken aus Astschnitt. Quasi Asthaufen im Längsformat.
Hier kann der Zaunkönig leben, Nester bauen und Sängerwettstreite ausfechten zur Frühlingszeit. Was er denn auch fleißig tut, an lauen Apriltagen hört man den Winzling mehr, als dass man ihn sähe. Zur Hecke gehört freilich ein bunter Wildblumensaum, heimische Wildnis, die zum Ausflug durchs Grüne dazugehört. Nicht zu vergessen die unversiegelten Naturwege mit allerlei eingesätem Wildwuchs am Rande, die beliebten Trockenmauern - da gibt es ja tausend Spinnenritzen und Ritzenspinnen! Selbst der Kompost wird öfters genauestens inspiziert.
Stellt sich die Frage nach dem Nest, so ist Herr König auf Abwechslung bedacht. Gern nimmt er auch den Logenplatz im Fassadengrün an der Hauswand ein. Als Vorwand, in höchsten Ebenen zu verkehren. Nun ja, lassen wir ihm das Vergnügen und pflanzen noch heute Efeu und feinen Wilden Wein.
Damit Sie mein Naturell nicht ganz verkennen, nun noch was schönes: Blumenwiese, Blumenbeet und Blumenrabatte beschäftigen die Zaunkönige mitsamt der Brut den ganzen langen Sommer: Jeden Tag neue Exkursionen durchs Unterkraut, auf der Suche nach leckeren Asseln, knackigen Käfern, vorwitzigen Raupen. Natürlich handelt es sich hier um echte Wildpflanzen aus heimischen Gefilden und nicht Pseudogrün und exotischer Pflanzenschrott aus dem Gartencenter. Zaunkönig zuliebe bleiben die Stängel der Wildblumenbeete den Herbst und Winter stehen. Genauso wie das Laub unter den Büschen als Hort heiliger Nahrung. Die Fressmeile.
Zum Schluss noch: das Wildblumendach. Besonders im Winter sausen Zaunkönige durch die graubraune Pracht und manches Insekt, manche Spinne hatte sich die Winterruhe anders vorgestellt.
Liebhaber alten Gerümpels
Vielleicht haben Sie irgendwo auch noch etwas ererbtes Gerümpel rumliegen? Ein paar alte Bretter, höchst liederlich geschichtet, eine morsche Regentonne, Eimer und Büchsen, den vergessenen Stapel Dachziegel - wollte den Onkel Fritz nicht mal holen? - oder den unaufgeräumten Schuppen, dessen Tür noch nie richtig schloss, der dafür voller Spinnweben steckt. Wir könnten Zaunkönigs keine größere Freude machen als mit solchen Sachen.
Na ja, klagen Sie, wir haben aber leider gar keinen Garten, sondern nur einen Balkon. Fragen Sie mal unsere Zaunkönige. Wie gern die in den Blumenkästen rumflirren, immer wieder, als würde dort jeden Morgen neu gedeckt. Logisch, dass es sich hier um Dauerbepflanzungen mit heimischen Wildblumen handelt.
Das alles, gehört zur Zauberwelt unserer Zaunkönige, die ihnen überleben hilft - trotz vieler Schwierigkeiten dieser Erde. Mein Tipp: Am meisten tun Sie manchmal, wenn sie etwas lassen. Lassen Sie das Leben sein. Nehmen wir uns ein Beispiel am Zaunkönig. Lustig schon im Morgengrauen und überzeugend in seiner Stimme, dass es einem die Sprache verschlägt. Und nicht unterzukriegen.
Reinhard Witt ist Mitgründer von Naturgarten e.V., Fachmann für naturnahe Grünplanung und Autor vieler Bücher zum naturnahen Garten.
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