Ein Dutzend geeignete Pflanzenarten für den Blührasen: 1. Kriechender Günsel - Foto: Helge May
Kurz und gut
Gartentipp Blühkräuterrasen
Auf ihm kann man die Picknickdecke ausbreiten, Ball spielen und den Hund tollen lassen: Der klassische grüne Rasen ist im Familiengarten fast schon ein Muss. Und er ist viel besser als sein Ruf, sagt die Biologin und Autorin Ulrike Aufderheide: „Eine kurzrasige Fläche ist nicht per se schlecht für die Natur. Sie kann sogar für die Artenvielfalt sehr wertvoll sein. Wichtig ist aber, dass man wegkommt von der Grasmonokultur hin zu einem mageren Rasen mit vielfältigen Pflanzen – dem Blumenkräuterrasen.“ Diese Pflanzengemeinschaft orientiert sich an einem früher in Europa häufig vorkommenden, heute aber leider immer seltener werdenden Lebensraum, dem Magerrasen, auf dem Weidetiere leben.
Von ihm profitieren Vögel wie Star, Gartenrotschwanz und Grünspecht, da sie kurze Vegetation zur Nahrungssuche brauchen. Käfer, Tagfalter und Wildbienen werden von den Blüten im Rasen angelockt. Nicht nur Insekten und Vögel mögen ihn, auch Gärtner*innen werden ihn schätzen lernen, denn der Blumenkräuterrasen oder Blührasen braucht nur wenig Pflege und spart damit Arbeit und Kosten. Er muss nicht gegossen und gedüngt werden, mähen ist nur in großen Abständen nötig.
Die Mischung macht‘s
Allerdings reicht es nicht, einfach alle Pflegemaßnahmen einzustellen, um aus einem Baumarktrasen einen robusten und naturnahen Blumenkräuterrasen zu machen. „Zunächst sollte man schauen, welche Kräuter schon vorhanden sind. Dabei helfen Pflanzenbestimmungs-Apps, wie zum Beispiel Flora Incognita“, rät Aufderheide. Dann können weitere Arten per Samen oder Setzlinge eingebracht werden. Teilflächen sollten auch neu eingesät werden. Dafür muss die Rasennarbe an einigen Stellen entfernt werden. Die Mischung sollte aus langsam wachsenden Gräsern und Wildblumen wie Gänseblümchen, Braunelle, Wiesen-Flockenblume, Hornklee und Labkraut bestehen. Im ersten Jahr müssen die jungen Pflanzen noch gewässert werden. Wenn sie gut eingewachsen sind, kann die Pflege auf ein Minimum reduziert werden.
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2. Wiesenschlüsselblume - Foto: Helge May
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3. Gemeiner Thymian - Foto: Helge May
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4. Wiesenschafgarbe, hier mit einer Mistbiene - Foto: Helge May
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5. Gamander-Ehrenpreis - Foto: Helge May
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6. Mausohr (Kleines Habichtskraut) - Foto: Helge May
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7. Pyrenäen-Storchschnabel - Foto: Helge May
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8. Taubenkropf-Leimkraut - Foto: Helge May
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9. Heidenelke - Foto: Helge May
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10. Wiesen-Margerite, hier mit winzigen Kurzflüglern - Foto: Helge May
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11. Echter Dost (Wilder Majoran) - Foto: Helge May
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12. Kleine Braunelle - Foto: Helge May
Je nach Region muss ein solcher Rasen nur vier- bis sechsmal pro Jahr gemäht werden, da er viel langsamer als Gras in Monokultur wächst. Es wird nie alles gleichzeitig geschnitten. Kleine Inseln mit Pflanzen, die gerade blühen, bleiben stehen. Wichtig ist es, das Schnittgut abzuräumen, weil die Pflanzen unter den Heuschwaden sonst faulen könnten.
Trockenstress als Pflegehilfe
Der Rasensprenger kann eingemottet werden. Denn selbst bei langer Trockenheit braucht der Blumenkräuterrasen keine Wassergabe – im Gegenteil: Der Trockenstress macht ihn noch robuster. Die Pflanzen in den nichtgemähten Bereichen samen sich in diesem Fall aus. Das schaffen aber nur die, die bisher überlebt haben. So geben ausschließlich die fittesten Pflanzen ihre Gene weiter, und die nächste Generation kann die Trockenheit noch besser ertragen. „Den Trockenstress kann man auf diese Weise als Pflegehilfe nutzen. Nach und nach züchtet man sich so eine klimaresiliente Begrünung“, sagt Aufderheide.
Alternative Wildblumenwiese: ebenfalls bunt, aber nicht trittfest
Die Wildblumenwiese ist ebenso häufig in naturnahen Gärten zu finden, denn ihr Wert für die Artenvielfalt ist hoch. Sie besteht wie der Blumenkräuterrasen hauptsächlich aus mehrjährigen heimischen Wildblumen- und Gräserarten, die jedoch nicht trittfest sein müssen. Sie bietet Pollen und Nektar für eine Vielzahl an Insektenarten und auch Lebensraum für viele Tiere.
Die bunte Wiese ist aber kein Ersatz für eine Rasenfläche und entspricht von der Nutzung her eher einem Staudenbeet. Denn sie sollte – genau wie ein Beet – nicht betreten werden. Die Wildblumenwiese wird zweimal im Jahr mit der Sense oder dem Balkenmäher gemäht. Am besten nicht alles auf einmal, sondern eher als Mosaikmahd, um den von der Mahd betroffenen Tieren Rückzugsmöglichkeiten zu geben. Weitere Pflegemaßnahmen wie Bewässern oder Düngen sind nicht nötig.
Wer eine solche Wiese anlegen möchte, sollte auf regionaltypische Wiesensaatgutmischungen zurückgreifen. Sie werden oft eher im Onlinehandel angeboten. Saatgutmischungen aus dem Discounter oder Baumarkt eignen sich häufig nicht, da sie oft viele einjährige und auch nicht heimische Arten enthalten.
Wo die Wildblumenwiese kein Betreten duldet, profitiert der Blumenkräuterrasen geradezu davon. Aufderheide: „Im Grunde imitiert man eine Weidehaltung, um diese Fläche zu pflegen. Und Weidetiere laufen ja auch auf ihrer Fläche herum.“ Auf die „Schäden“ durch das Betreten, wie Trampelpfade und abgewetzte, kahle Stellen zum Beispiel unter einer Schaukel, sind einige Arten sogar angewiesen. Denn wo Gras und Kräuter abgetreten sind, der Boden also offen ist, können bodenbrütende Insekten ihre Nester anlegen. In einer überall gleichdichten Grasfläche haben sie dazu keine Möglichkeit. Solche kahlen Stellen sollten Gärtner*innen also nicht durch Nachsaat auffüllen, sondern einfach der Natur überlassen. Ulrike Aufderheide: „Beim Blumenkräuterrasen muss man insgesamt viel weniger tun, aber mehr wissen.“
Silvia Teich (aus „Naturschutz heute“ 1/2024)
Buch-Tipp
Ulrike Aufderheide: Die Rasen-Revolution. Rasen und Wiesen verstehen, Lebensräume neu entwickeln. - Pala-Verlag 2024. 176 Seiten. 24,90 Euro. ISBN 978-3-89566-433-5.
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