Staudenbepflanzung im Volkspark Potsdam. Die langen Wälle erinnern an die Vergangenheit des Geländes als Militär-Übungsplatz. - Foto: Helge May
Alter Fritz und junge Familien
Ein Blick auf Potsdam, BUGA-Stadt 2001
Jugendclub, Gesamtschule samt Sporthalle oder am Ende gar der Abriss? Glaubt man Umfragen, hängen die Potsdamer an ihrer „Biosphäre“. Doch die zur Bundesgartenschau errichtete große Tropenhalle im Bornstedter Feld kommt einfach nicht aus den Miesen heraus. Anderthalb Millionen Euro muss die Stadt jedes Jahr überweisen, um die hohen Betriebskosten auszugleichen.
Die Biosphärenhalle in ihrer jetzigen Form trägt sich nicht, das Aus ist beschlossene Sache. Über die Nachnutzung jedoch wird heiß diskutiert. Das städtische Hallenbad, soviel steht fest, wird nicht ins Bornstedter Feld umziehen. Diesen Vorschlag von Oberbürgermeister Jann Jakobs haben die Potsdamer bei einer Bürgerbefragung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Das Bad entsteht nun am alten Standort Brauhausberg neu.
Keimzelle Volkspark
Im Nachhinein betrachtet ist die Biosphärenhalle die Kröte, die die Stadt zur BUGA schlucken musste – eine recht kleine Kröte angesichts der Positivwirkungen der Gartenschau. Potsdam boomt, die Lebensqualität ist hoch. In bundesweiten Vergleichen schneidet die Stadt als besonders familienfreundlich ab. Viele im Raum Berlin, die kleine Kinder haben und es sich leisten können, zieht es nach Potsdam. Die BUGA 2001 hat diesen Boom natürlich nicht alleine ausgelöst, sie setzte jedoch genau die richtigen Impulse.
Mit den „Orten am Fluss“, der Lennéschen Feldmark und den Welterbe-Parks von Sanssouci bis Babelsberg war die Potsdamer BUGA dezentral ausgerichtet. Mit dem BUGA-Park im Bornstedter Feld – heute Volkspark – stand aber auch ein klassisches, 65 Hektar großes Ausstellungsgelände zur Verfügung.
Noch bis zum Abzug der Sowjetstreitkräfte 1994 war das im Norden tief in die Stadt ragende Bornstedter Feld militärisches Sperrgebiet. Schon die preußische Armee unter dem Alten Fritz hielt hier ihre Manöver ab, später die Wehrmacht und schließlich die Rote Armee. Inzwischen entsteht hier ein komplett neuer Stadtteil, der bis 2020 auf 12.000 Einwohner anwachsen soll. Keine deutsche Landeshauptstadt wächst derzeit schneller als Potsdam.
Spiel und Spaß erwünscht
Der Volkspark trägt seinen Namen zu Recht. Auch die historischen Anlagen betrachten die Potsdamer als ihr Eigen, wiewohl von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten verwaltet und bewahrt. Doch im historischen Welterbe schickt es sich nicht, vor dem Schloss Fußball zu spielen. Selbst das Fahrradfahren ist streng limitiert.
Im Volkspark dagegen sind Spiel und Spaß ausdrücklich erwünscht. An die einstige Nutzung erinnern nur noch die langen, Schießbahnen ähnelnden Wälle und als Relikt der einstigen Sowjetgarnison eine Leninbüste – wohl eine der letzten in Deutschland. Die großen Sport- und Spielflächen sowie rund hundert Veranstaltungen vom Mittelaltermarkt über Feuerwerke bis zum Drachenfest im Herbst locken pro Jahr 360.000 Besucher in den Volkspark.
Lennés Gutsherren-Idylle
Während um den Volkspark die Stadt wächst, geht etwas weiter westlich die ehemalige BUGA in die offene Landschaft über. Dass sich die Äcker, kleinen Hügel und Alleen hier so reizvoll geben, ist kein Zufall. 1842 hatte König Friedrich Wilhelm IV. seinen Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné angewiesen, der natürlichen Idylle etwas nachzuhelfen und eine malerische Gutsherrenlandschaft aus Alleen, Schutzhecken, Baumgalerien und Gehölzpalisaden zu schaffen.
Mit der modernen Landwirtschaft war dies schon zu DDR-Zeiten kaum mehr in Einklang zu bringen und so verfiel das Gesamtkunstwerk immer mehr. Erst im Zuge der BUGA konnten Wege wieder angelegt und Alleen saniert werden. 15 Jahre später hat sich die Auffrischung bewährt und Elemente wie die zur BUGA neu gepflanzte Maulbeerenallee entfalten von Jahr zu Jahr größere Wirkung.
Kanal ohne Wasser
Nicht alle 2001 angeschobenen Projekte wurden fortgeführt. So bleibt der ehedem zum Stadtschloss gehörende Lustgarten bisher Fragment und lokalpolitischer Zankapfel. Auch die Wiederbelebung des in den 1960er Jahren zugeschütteten Stadtkanals kommt über das zur BUGA errichtete Teilstück bisher nicht hinaus – ein Kanal, der mangels Anbindung immer nur einmal im August mit Wasser gefüllt wird, zum Kanalsprint-Spektakel mit den Stars des Potsdamer Kanu-Olympiastützpunkts.
Der Tourismus ist einer von Potsdams wichtigsten Wirtschaftszweigen, wobei die Besucher vor allem an Preußens Glanz und Gloria, also an den Welterbestätten interessiert sind. Genauso sind Grünzüge und Parks aber für die Lebensqualität der Einwohner wichtig. Die BUGA hat hier nicht nur im Bornstedter Feld Bleibendes geschaffen. Unter anderem gelang mit dem neuen Nuthepark ein Lückenschluss im innerstädtischen Grünzug entlang der Havel. Von dort aus sind es auf dem gut ausgebauten Havelradweg genau 58 Kilometer zur BUGA 2015 in Brandenburg.
Helge May