30 Jahre nach der BUGA hat sich der Britzer Garten zu einem der schönsten Parks von Berlin entwickelt. - Foto: Helge May
Tulipan und Dahlienfeuer
Zu Besuch im Britzer Garten, BUGA-Gelände 1985
Die Ziegen. Julia muss nicht lange nachdenken, die Ziegen sind das schönste hier. Da will sie jetzt hin, zu den Ziegen und dem Esel und den Schafen. Ihre Mama würde ja gerne noch am Parkeingang bleiben und das blühende Tulpenmeer genießen oder sich auf einer der Liegen etwas sonnen. Aber die Ziegen sind wichtiger, sagt Julia, die kann man streicheln.
Tulpen, Ziegen und vieles mehr – zum Beispiel die mit 99 Metern Durchmesser größte Sonnenuhr Europas – findet der Erholung suchende Hauptstädter im Britzer Garten. So heißt in ungewohnter Berliner Bescheidenheit ein 90 Hektar, also fast einen Quadratkilometer großer Park im Süden des Bezirks Neukölln. Noch Anfang der 1980er Jahre gab es hier nur Äcker und Kleingärten. Dann aber richtete Berlin 1985 die Bundesgartenschau aus und dafür schuf man den Britzer Garten.
Erholung für die Eingeschlossenen
5,2 Millionen Besucher kamen damals zur Gartenschau, Zahlen, von denen heutige BUGA-Planer nur träumen können. Bei der Havelland-BUGA wäre man bereits mit 1,5 Millionen Gästen zufrieden und auch die 2017 im Berliner Wuhletal stattfindende Internationale Gartenausstellung (IGA) kalkuliert lediglich mit zwei Millionen Besuchern. Die Zeiten haben sich eben geändert.
1985 war Berlin bekanntlich noch geteilt und so sollte das BUGA-Gelände auch den Naherholungsbedürfnissen der vom Umland abgeschnittenen Westberliner dienen. Die Idee war wohl nicht verkehrt. Obwohl die Berliner nun wieder Auslauf in allen Richtungen haben und davon auch reichlich Gebrauch machen, kommen laut der landeseigenen Grün Berlin GmbH jährlich 1,2 Millionen Menschen in den Britzer Garten.
Die Zählung dürfte akkurat sein, denn der Britzer Garten kostet Eintritt. „Um den hohen Standard der Anlage zu gewährleisten, traf der Berliner Senat die Entscheidung, den Britzer Garten auch nach Ende der BUGA als eintrittspflichtigen Park zu betreiben“, heißt es offiziell. Dabei sind die Preise moderat: zwei Euro pro Erwachsener an normalen Tagen und drei Euro zu Zeiten der drei prächtigen Blütenschauen „Tulipan“ im April/Mai, „Zauberblüten im Rhododendronhain“ (Mai/Juni) und „Dahlienfeuer" (August bis Oktober). Julia und ihre Mama macht der Besuch im Britzer Garten also nicht arm. Und wer öfters kommt, zahlt für die Jahreskarte 30 Euro, darf damit auch in die Gärten der Welt und den Natur-Park Schöneberger Südgelände.
Angebotsvielfalt
Der Britzer Garten ist für die stille Erholung genauso geeignet wie für den Familien- und Gruppenausflug. Zahlreiche gärtnerische Attraktionen und Sondergärten fügen sich in die Parklandschaft ein, darunter der Hexengarten – ein mittelalterlicher Burg- und Kräutergarten – ein Staudengarten, Rhododendronpflanzungen, ein Sommerblumengarten und ein Rosengarten mit 250 verschiedenen Sorten.
Ausstellungen und Informationen zu Pflanzen und Tieren findet man im Freilandlabor Britz. Für Kinder gibt es neben dem Tiergehege auch eine Spiellandschaft samt Wasserspielplätzen. Besonders beeindruckend ist das Lehmdorf „Makunaima“ mit Türmen und Figuren, Spielpalästen und Lehm-Labyrinth.
Der Britzer Garten ist täglich von 9 Uhr bis zum Anbruch der Dunkelheit geöffnet. Die Parkeingänge werden von mehreren Buslinien angefahren. Die Anreise per Pkw ist wegen geringer Parkplatzkapazitäten nicht zu empfehlen
Wahrscheinlich sind von den 1,2 Millionen 95 Prozent Berliner, der überwiegende Teil sogar aus den angrenzenden Stadtteilen. Für Touristen spielt der Britzer Garten keine Rolle, die wenigstens werden je von ihm gehört haben. Völlig zu Unrecht, denn der Britzer Garten ist ein Juwel. Ob er nun der schönste Park Berlins ist, darüber streiten sich die Geschmäcker. Den Fans des weiten Tempelhofer Feldes mag er zu idyllisch sein und das Schöneberger Südgelände ist sicher verwunschener.
Unbedingt wiederkommen
Aber zumindest jeder, der es von den fünf Millionen BUGA-Besuchern 1985 „ganz hübsch“ fand, muss den Britzer Garten unbedingt noch einmal besuchen. 30 Jahre älter heißt in diesem Fall: Wer Blumenmeere will, bekommt sie auch heute noch, da stimmt die Aussage vom „hohen Standard der Anlage“. Vor allem aber ist die Kulisse nun komplett eingewachsen, die Bäume sind stattlicher und der zehn Hektar große See wirkt, als sei er schon immer hier gewesen.
Der Britzer Garten ist ein moderner Park, der gleichzeitig viel vom Flair klassischer Landschaftsparks hat. Bei der Anlage des zentralen Sees wurde der Aushub genutzt, um das ebene Areal mit sanften Hügeln zu gestalten. Auf zwei Hügeln entspringen sogar Quellen, deren Wasser Bachläufe und Wasserfälle speisen.
Auch im gewässerreichen Berlin ist der stark gegliederte See eine Besonderheit. Den Planern ist es gelungen, auf kleinstem Raum enorme Vielfalt und stets wechselnde Eindrücke zu schaffen. In weiten Teilen reicht die Parkvegetation bis an die Uferzone heran und setzt sich noch im Wasser fort. Das macht den Britzer Garten auch zu einer Oase für die heimische Tierwelt.
Thomas Müller
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