Schmetterling, Käfer und Wildbiene haben eine unersetzliche Rolle in unserer Natur. Doch ihre Zahl geht immer mehr zurück. Helfen Sie mit einer Patenschaft, gegen das Insektensterben!
Jetzt informieren!Ein Gang durch NABU-Gärten
Artenvielfalt im Gemüsebeet
Bernd Ziesmer vom NABU Oldenburg bringt es auf den Punkt: „Es ist wichtig, dass die Leute sehen, der NABU meckert nicht nur und belehrt, er tut auch was." Immer mehr NABU-Gruppen „tun etwas“, wo es den lieben Nachbarn besonders schnell ins Auge springt – im Garten nämlich. Erstaunlich neben der schieren Menge der Projekte ist deren Vielfalt. Da gibt es ganz kleine und mehrere Hektar große Gärten, spezielle Schmetterlingsgärten, Mustergärten in Kleingartenanlagen, Schulgärten natürlich, aber auch Terrassengärten an alten Stadtmauern oder Klostergärten.
Besucher sind willkommen
Und in all diesen Gärten ist sowohl Platz für Natur wie auch für interessierte Besucher. Sogenannte „Tage der offenen Gartenpforte“ gehören dabei mittlerweile zum Standardprogramm. „Alleine zur Einweihung des Gartens kamen mehr als 200 Besucher“, freut sich Bernd Ziesmer. „Die Sache war ein voller Erfolg und wird in jedem Fall dieses Jahr wiederholt. Da können wir dann auch schon unsere neue Insektenwand und eine Trockenmauer vorstellen.“ Der Oldenburger NABU-Garten liegt mitten in der Stadt. Unterstützt von lokalen Sponsoren und der Umweltstiftung Weser-Ems, dauerte es drei Jahre, die 2.000 Quadratmeter große Fläche herzurichten.
Mitten in die Höhle des Löwen hat sich der NABU unter anderem in Bremen, Potsdam und Hamburg gewagt. Die NABU-Gärten sind dort Teil von Schrebergartenanlagen – und die gelten vielerorts immer noch als Hort von Rasenschere und Giftspritze. Die Mustergärten des NABU wollen hier Alternativen bieten. In Hamburg-Alsterdorf etwa betreut der NABU bereits seit zehn Jahren einen solchen Naturgarten. Er zeigt die vielen Möglichkeiten auf, auch in der Großstadt in exponierter Lage in unmittelbarer Nähe zu einer Eisen- und U-Bahnlinie sowie zu einer Hauptdurchgangstraße einen Garten ökologisch zu gestalten. Das Inventar lässt mit Bauerngarten und Kräuterspirale, Hügelbeet, Komposthaufen, Wildblumenwiese, Teich, Trockenmauer, Hochstamm-Obstbäumen und sogar einer kleinen Imkerei kaum mehr Wünsche offen.
Grüne Schrebergärten
Noch einen Schritt weiter geht der NABU Potsdam mit seiner Ökolaube. In Steinwurfentfernung zu einer lieblichen Plattenbausiedlung steht inmitten des Schrebergartens der Gegenentwurf: die aus Lehm gebaute Laube mit Lehmbackofen und Humustoilette, auf dem grünen Dach Solarzellen, dazu ein Anlehngewächshaus und eine Sumpfkläranlage. Jugendgruppen und Schulklassen können die Ökolaube mit ihren 15 Unterkunftsplätzen für Camps und Projekttage nutzen.
Einige Kilometer südöstlich ging man sogar daran, die mit über 1.000 Parzellen ehemals größte Kleingartenanlage der DDR zu ökologisieren. Das Gebiet am Niederlehmer Werder wurde noch in den 30er Jahren regelmäßig vom Hochwasser der Dahme überflutet. Erst Mitte der 80er entstand dann auf landwirtschaftlich minderwertigen Schwemmsandböden die ausgedehnte Schrebergartenkolonie. Ab 1997 haben sich die Kleingartenvereine unter Einbeziehung zahlreicher NABU-Mitglieder daran gemacht, die Flächen aufzuwerten. Vor allem galt es, die Uferzonen der Dahme und des Möllenzugsees als Naturschutz-Vorrangflächen von der intensiven Freizeitnutzung abzuschirmen. Zudem wird eine Feuchtwiese nun mit Islandpferden beweidet, alte Obstbaumsorten wurden angepflanzt, Eisvogelröhren erfolgreich angebracht und nicht zuletzt die ornithologische Dauerbeobachtung des 62 Hektar großen Gebiets begonnen.
Thuja raus, Kröten rein
Dass es auch eine Nummer kleiner geht, zeigt Hans Palm vom NABU Kempen am Niederrhein. Sein eigener Garten, in den sechziger Jahren von einer Gartenbaufirma angelegt, war lange Zeit ein echter deutscher „TTRE-Garten“: Tannen, Thujas, Rhododendron und Englischer Rasen. Immer schön aufgeräumt, aber leider auch weitgehend tot.
Mit dem Eintritt in den NABU begann Hans Palm umzudenken und seinen Garten umzugestalten. TTRE wurden rausgeschmissen und ersetzt durch heimische Sträucher und Stauden, einen Reisighaufen, einen Naturstein-Sitzplatz, unzählige Nisthilfen und einen großen Gartenteich. Entstanden ist auf nur 150 Quadratmetern – plus 100 Quadratmetern begrüntem Dach – ein Naturerlebnis- und Erholungsraum, in dem sich Frösche und Kröten, Igel, Wespen und Ohrwürmer, ja sogar Teichmuscheln und Bitterlinge heimisch fühlen. Auch hier waren Besucher von Anfang an willkommen und so manche Ideen wurden inzwischen in der nahen und fernen Nachbarschaft umgesetzt.
Alles in Kinderhand
Besondere Orte sind Gärten auch für Kinder. Je vielfältiger und bunter, desto mehr Abenteuer kann man erleben. „So viel Wildnis wie möglich, so viel Ordnung wie nötig“, lautet denn auch das Motto zum Beispiel des NABU-Naturgartens in Gartow. 36 Vogelarten nutzen Garten als Brutgebiet oder Rastplatz. Mit anderthalb Hektar ist er hundertmal so groß wie der von Hans Palm und so hat neben einer Obstwiese und zahlreichen Teichen auch ein großes Weidentipi samt Lagerfeuer Platz. „Sehr gut kommt unser Garten bei den Kindern an, wenn sie selbst etwas gestalten können“, weiß Dorothee Helm. „Die Mädels und Jungen basteln Osterkränze und Tiere aus Heu, weben mit Naturmaterialien, sammeln Zutaten für eine Kräutersuppe und bereiten sich am Lagerfeuer eine zünftige Mahlzeit zu.“
Mancherorts begnügen sich Kinder und Jugendliche nicht mit einer Teilhabe an NABU-Gärten, sie legen selbst welche an. In Berlin etwa hat die NAJU ihr Domizil im Naturerlebnisgarten Bösebrücke nahe dem S-Bahnhof Bornholmer Straße aufgeschlagen. Treffpunkt ist ein alter ausrangierter S-Bahnwaggon, den das Technische Hilfswerk in einer spektakulären Aktion über den „Gartenzaun“ gehievt hat.
NAJU-Garten an der Stadtmauer
Ganz ohne Bahnwaggon kommt die NAJU Frankenberg aus. Am Burgberg des nordhessischen Städtchens hat die NAJU die alten Terrassengärten wiederbelebt. Schon seit Jahrhunderten befanden sich hier von Natursteinmauern durchzogene Obstgärten. Wegen Nutzungsaufgabe drohte der Hang mit seinen wärmeliebenden Tier- und Pflanzenarten jedoch zu verbuschen. Selbst Eschen und Ulmen breiteten sich bereits aus und mancher Frankenberger sah in dem Gelände vor allem eine günstige gelegene Müllkippe. 1999 pachteten die Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren eines der Gartengrundstücke, eine weitere Fläche übertrug die Stadt der NAJU zur Pflege.
Auf 2.000 Quadratmetern wurden nun in unzähligen Arbeitseinsätzen die alten Obstbäume runderneuert, Trockenmauern und Terrassentreppen wurden repariert. Aus Schnittgut entstand ein großer Reisigwall, der sowohl als Tier-Unterschlupf als auch zur Abgrenzung der Gärten dient. Langsam erhalten die Terrassengärten wieder ihr historisches Bild. So ist die Wiederanpflanzung von Wein an der Burgmauer ebenso geplant wie die Neupflanzung von Obstbäumen oder das Schaffen weiterer Naturgartenelemente.
Besuch vom NABU
Dass Aktivitäten zum Thema Garten auch gut ohne eigenen NABU-Garten möglich sind, zeigt der NABU Münster mit seiner pfiffigen Aktion „Exkursion in den eigenen Garten“. Dabei kommen nicht die Gartenfreunde zum NABU, der NABU kommt zu den Gartenfreunden. Und dort stellen die NABU-Experten den Gartenbesitzern die vorhandenen wild lebenden Pflanzenarten und Insekten vor. Außerdem erhalten die Gartenbesitzer ein Infopaket und bei Bedarf eine erste Beratung zur naturnahen Garten-Umgestaltung. „Der Erfolg der Aktion ist enorm, wir sind ständig ausgebucht und müssen schon Wartelisten führen“, erzählt Christian Göcking von der NABU-Naturschutzstation Münsterland.
Ebenfalls unabhängig von NABU-Vorzeigegärten ist die Bergische Gartenarche, die sich den Erhalt traditioneller Nutz- und Zierpflanzen im Bergischen Land zur Aufgabe macht. Da die früher selbstverständliche Weitergabe von Pflanzen und Saatgut „über den Gartenzaun“ nicht mehr stattfindet, sind viele alte Sorten bereits verloren gegangen. Die Initiative ging von der bekannten Gartenbuch-Autorin Marie-Luise Kreuter aus. Neben bereits langjährig aktiven Frauen aus dem NABU-Arbeitskreis Botanik und Dorfökologie beteiligt sich auch das Freilichtmuseum Lindlar an der Gartenarche.
Omas Gartenschätze bewahren
Nach einem Aufruf unter dem Titel „Omas Gartenschätze“ meldeten sich zahlreiche Gartenbesitzer, die noch alte Sorten besaßen. Inzwischen umfasst die Sortenliste 110 Arten, die von 152 Paten betreut werden. „Die Paten verpflichten sich“, so Sigrid Fröhling von der Gartenarche, „die Pflanzen mindestens fünf Jahre lang in Obhut zu nehmen und nach Möglichkeit jährlich Saatgut oder Ableger abzugeben.“ Die Bergische Gartenarche ist damit ein weiteres erfolgreiches Modellprojekt, das so auch in anderen Regionen umgesetzt werden kann.
Helge May