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Jetzt NABU-Mitglied werden!FAQs zu den Neuen Gentechniken
1. Was versteht man unter der „Neuen Gentechnik“?
Unter dem Sammelbegriff „Neue Gentechnik“ oder auch Genome Editing (Genom-Editierung) werden verschiedene molekularbiologische Verfahren zusammengefasst. Allen Technologien ist gemein, dass mit ihnen die DNA gezielt bearbeitet werden kann. Gene werden auf diese Weise an- oder ausgeschaltet, eingefügt oder entfernt. Das mittlerweile bekannteste Verfahren, um an ganz bestimmten Abschnitten der DNA gezielte Veränderungen herbeizuführen, ist CRISPR/Cas (ausgesprochen: Krisper Kas). Daneben gibt es noch andere Techniken, wie zum Beispiel die Zinkfinger-Nuklease (ZFN), die oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese (ODM) oder die Transcription Activator-like Effector Nucleases (TALENs).
Angewendet werden kann die Genom-Editierung bei praktisch allen Organismen: Pflanzen, Tiere, Bakterien, Pilze und auch menschliche Zellen. Damit erweitern diese neuen Technologien die Anwendungsmöglichkeiten in vielen Bereichen wie Biotechnologie, Medizin, Grundlagenforschung sowie Tier- und Pflanzenzüchtung grundlegend.
Im Gegensatz zu den neuen Gentechniken wird bei den Verfahren der „alten“ Gentechnik das fremde Erbgut zum Beispiel mittels Bakterien oder sogenannten Genkanonen in die Zelle eingeschleust. An welcher Stelle das neue Erbgut in der Zell-DNA eingebaut wird, ist jedoch zufällig. Das führt zu erheblichem Mehraufwand, um die gewünschte Erbgutveränderung aus den Versuchsergebnissen herauszufiltern.
Mehr Informationen zu den Techniken finden Sie hier.
2. Wie funktioniert CRISPR/Cas?
Einfach erklärt, besteht das CRISPR/Cas-System aus zwei Elementen: einer Schneide- und einer Erkennungskomponente. Zunächst wird ein Konstrukt aus Erkennungskomponente (guide-RNA) und Gen-Schere (Cas-Enzym) in den Zellkern geschleust.
Die Komponenten der CRISPR/Cas-Methode - Grafik: Pia Wieland
Danach wird in drei Schritten die gewünschte Genveränderung vorgenommen.
- Zielsequenz finden: Als wichtige Voraussetzung muss die Sequenz der Ziel-DNA, an der eine Änderung vorgenommen werden soll, bekannt sein. Die Erkennungskomponente (guide-RNA) lässt sich so anpassen, dass sie sich genau an diese Zielsequenz binden kann. Die an die guide-RNA gekoppelte Gen-Schere (Cas-Enzym) kann nun an der gewünschten Stelle den DNA-Doppelstrang durchtrennen.
- Doppelstrangbruch: An der Zielsequenz führt das Cas-Enzym einen Doppelstrangbruch in der DNA-Struktur herbei.
- Reparaturmechanismus: Der DNA-Bruch wird von der Zelle als DNA-Schaden erkannt. Daraufhin werden zelleigene Reparaturmechanismen aktiviert, um den Schaden schnellstmöglich zu beheben. Dabei kann entweder der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden oder es kommt zu einer Mutation. Diese kann gezielt oder zufällig erfolgen:
- Gezielt: An der Bruchstelle kann ein neuer Gen-Abschnitt oder eine leicht veränderte Variante der kurzen DNA-Sequenz (Mutation) eingefügt werden.
- Zufällig: An der Bruchstelle können einzelne DNA-Bausteine entfernt oder falsch zusammengesetzt werden. Dadurch kann das betreffende Gen nicht mehr richtig abgelesen werden und ist somit nicht mehr aktiv.
So funktioniert die Genschere CRISP/Cas - Grafik: Pia Wieland
3. Wie wird Gentechnik reguliert?
Wer gentechnisch veränderte Pflanzen als Lebens- oder Futtermittel in der EU anbauen oder in den Verkehr bringen will, muss strenge Vorschriften beachten. Es herrscht das sogenannte Vorsorgeprinzip. Dieses greift, sobald es ernsthafte oder plausible Anhaltspunkte gibt, dass die Anwendung bestimmter Technologien mit Risiken verbunden ist. Die Hersteller*innen sind dann in der Beweispflicht und müssen diese Bedenken widerlegen.
Die rechtliche Grundlage hierzu stammt aus dem Jahr 2018: Der Europäische Gerichtshof hatte damals entschieden, dass Organismen, deren Erbgut mit modernen Verfahren der Genom-Editierung gezielt verändert wurden, im Sinne der geltenden EU-Freisetzungsrichtlinie als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) einzustufen sind (EuGH-Urteil C-528/16). Das bedeutet, dass auch alle mittels Genom-Editierung veränderten Organismen dem strengen Rechtsrahmen für Gentechnik – wie zum Beispiel Sicherheitsanforderungen, Freisetzungsbeschränkungen, Haftung – unterliegen. Wie alle GVO müssen sie deshalb hinsichtlich ihrer möglichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Umwelt streng geprüft, gekennzeichnet und zurückverfolgt werden können.
Im Mai 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Untersuchungsbericht zur Anwendung der Neuen Gentechnik in der Landwirtschaft. In diesem Bericht deutet die Kommission an, dass sie das EU-Gentechnikrecht überarbeiten will. Denn die neuen Methoden der Pflanzen-Gentechnik könnten zu einem „nachhaltigeren Lebensmittelsystem“ beitragen, so lautet das Fazit der Studie. Altbekannte Versprechen der Agrarindustrie, wie schnellere Züchtungserfolge, die Verbesserung agrarökonomischer oder ernährungsphysiologischer Eigenschaften, Herbizid-Resistenzen oder gezielte Anpassungen an den Klimawandel – zum Beispiel Toleranz gegenüber Trockenheit oder Nährstoffmangel – werden als potenzielle Chancen bekräftigt. Auch sieht die EU-Kommission keine größeren Risiken bei Eingriffen ins Erbgut, bei denen Punktmutationen erzeugt oder nur Gene einer Art übertragen werden. Die Kommission beruft sich dabei auf ein entsprechendes Gutachten der EU-Lebensmittelbehörde EFSA, die solche Verfahren als ebenso sicher wie die herkömmliche Züchtung einstufen.
Allerdings lehnen 80 Prozent der Verbraucher*innen in Deutschland Gentechnik auf ihrem Teller und auf dem Acker ab. Echte Wahlfreiheit und Transparenz besteht jedoch nur dann, wenn auch die Neue Gentechnik eindeutig gekennzeichnet ist.
Der NABU fordert daher gemeinsam mit einem Bündnis aus insgesamt 90 Organisationen, dass sich die Bundesregierung in Brüssel für Wahlfreiheit, Verbraucherschutz und Vorsorgeprinzip starkmacht und eine strikte Regulierung von alter und neuer Gentechnik einfordert.
4. Welche Risiken sind mit der Neuen Gentechnik verbunden?
Die Neuen Gentechniken und insbesondere Gene Drives befinden sich in einem frühen Entwicklungsstadium. Viele Versuche wurden bisher nur unter sterilen Bedingungen im Labor durchgeführt. Und bereits jetzt werden viele kritische Punkte sichtbar, die vor einer möglichen Freisetzung berücksichtigt werden müssen. Die Vielfalt der potenziell betroffenen Lebensräume und Ökosysteme erschwert zudem die Vorhersage und Kontrolle möglicher Risiken.
Unerwartete Effekte von CRISPR/Cas im Organismus
Neue Gentechniken wie CRISPR/Cas können tief in das Erbgut lebender Organismen eingreifen und dieses grundlegend verändern. So können mehrere Gene in demselben Organismus gleichzeitig oder nacheinander manipuliert werden. Mithilfe der Neuen Gentechniken wird ein Eingriff in ein komplexes Netzwerk vorgenommen, der ungewollte und unvorhersehbare biologische Effekte auslösen kann. Wenn ein bestimmtes Gen ein- oder ausgeschaltet wird (Punktmutation), wird eben nicht nur die Bildung eines einzelnen Proteins ausgelöst oder unterbunden, sondern die Mutation beeinflusst auch die Wechselwirkung zwischen anderen Biomolekülen, wie zum Beispiel RNA, DNA, Proteinen oder Signalmolekülen. Außerdem rufen Stressfaktoren wie Trockenheit, Schädlingsbefall, Nährstoffknappheit oder Überschwemmungen in Pflanzen vielschichtige Prozesse hervor. Dabei werden verschiedene Gencluster, das sind funktionell verwandte und nahe beieinanderliegende Gene, gleichzeitig aktiviert, um auf die entsprechende Situation reagieren zu können. Gentechnische Eingriffe könnten dieses Zusammenspiel negativ beeinflussen.
Die komplexe Steuerung von Genaktivität ist bislang kaum verstanden. Eine einzelne genetische Veränderung darf daher niemals isoliert betrachtet werden, sondern muss den Kontext des gesamten biologischen Systems einbeziehen.
Unvorhersehbare Auswirkungen auf Ökosysteme
Sobald ein gentechnisch veränderter Organismus in der Natur freigesetzt wurde, kann er sich in natürlichen Populationen und über große Distanzen verbreiten. Auf diese Weise können sehr unterschiedliche Ökosysteme und Lebensräume betroffen sein, was die Vorhersage und Kontrolle möglicher Risiken erschwert. Eine unkontrollierte Ausbreitung und Vermischung genom-editierter Organismen mit natürlichen Populationen könnte die heimische Flora und Fauna nachteilig verändern. Auch das natürliche Gleichgewicht von Nahrungsnetzen, Bestäubungssystemen oder inner- und zwischenartlichen Kommunikationswegen könnte empfindlich gestört werden: All diese Auswirkungen sind bisher noch nicht ausreichend erforscht und verstanden.
Vermehrte Freisetzung und Ausweitung auf mehrjährige Pflanzen zu befürchten
Die Neuen Gentechniken sind verhältnismäßig preiswert, leicht verfügbar und schnell anwendbar. Dadurch kann es zu einer deutlich schnelleren und umfangreicheren Entwicklung sowie Freisetzung von GVOs kommen. Perspektivisch ist zudem damit zu rechnen, dass neben den einjährigen Kulturarten (Mais, Raps, Soja) auch mehrjährige Pflanzen, Zierpflanzen oder Bäume gentechnisch verändert werden. Deren Befruchtungs- und Ausbreitungsdistanzen würden den Kreis möglicher Kreuzungspartner erweitern und zu einer weiteren Vermischung mit natürlichen Populationen führen.
Natürlich bestehen neben diesen neuen auch die grundsätzlichen Probleme der „alten“ Gentechnik weiter, wie Auskreuzung, Kontamination und Nicht-Rückholbarkeit.
FAZIT
Die Freisetzung von genom-editierten Pflanzen oder Tieren ist aus Sicht der Umweltverbände mit dem Vorsorgeprinzip, der Grundlage des weltweiten, europäischen und auch deutschen Umwelt- und Naturschutzrechtes, nicht vereinbar. Denn lebende, vermehrungsfähige Organismen lassen sich aus der Natur nicht mehr einfach entfernen. Die zeitliche und räumliche Rückholbarkeit kann nicht gewährleistet werden. Daher dürfen Organismen erst dann in der Natur freigesetzt werden, wenn ihre Unbedenklichkeit sorgfältig geprüft ist.
5. Worin besteht der Unterschied zwischen Genom-Editierung und konventioneller Züchtung?
Seit etwa 80 Jahren werden Techniken wie die Mutagenese-Züchtung genutzt, um die genetische Vielfalt innerhalb kurzer Zeiträume zu erhöhen. Dabei werden durch Bestrahlung (ionisierende Strahlung, UV-, Röntgenstrahlung) oder den Einsatz von erbgutverändernden Chemikalien spontane und ungerichtete Mutationen im Genom des Saatguts erzeugt. Anschließend müssen durch Kreuzung und Selektion die Pflanzen mit den gewünschten Merkmalen aus der Vielfalt herausgezüchtet werden. Dieses Verfahren ist zeitaufwändig und wird von vielen Kontrollen und Auswahlprozessen durch die Züchter*innen begleitet. Diese Methode ist deutlich weniger präzise als die Werkzeuge der Genom-Editierung, da sie nicht gezielt auf eine gewünschte Zielsequenz im Erbgut wirkt. Dennoch gilt: Im Laufe der Evolution natürlich entwickelte biologische Mechanismen können mithilfe der Mutagenese-Züchtung beschleunigt werden.
In der aktuellen Diskussion wird häufig behauptet, dass sich die Genom-Editierung von natürlich vorkommende Mutationen oder konventionellen Züchtungsmethoden nicht unterscheide und deshalb ungefährlich sei. Diese Aussage ist nicht richtig, denn sie lässt wichtige Punkte außer Acht:
- Genom-Editierung ist zwar präziser als die klassische Gentechnik, aber nicht fehlerfrei.
- Genom-Editierung kann die Erbinformation an Stellen verändern, die sonst durch natürliche Mechanismen vor Veränderungen geschützt sind.
- Mit Genom-Editierung können parallel oder mehrfach hintereinander ganz unterschiedliche Gene verändert werden, um komplexe Eigenschaften von Pflanzen zu beeinflussen. Das kann tiefgreifende Änderungen im Organismus herbeiführen.
Nur weil eine Veränderung am Erbgut möglicherweise auch natürlich entstehen könnte, bedeutet dies nicht, dass diese automatisch ungefährlich ist. Ist sie aber bewusst vom Menschen erzeugt, tragen wir auch die Verantwortung dafür.
6. Hilft Genom-Editierung dabei, Pflanzen an den Klimawandel anzupassen?
Mit den neuen Gentechnikverfahren wird die Hoffnung geweckt, innerhalb kurzer Zeit Pflanzen so zu verändern, dass sie resistenter gegenüber Hitze, Trockenheit, hohen Salzkonzentrationen im Boden oder Schädlingen werden. Solche Eigenschaften werden durch komplexe Vorgänge in den Pflanzen und ihren Zellen reguliert und sind mitunter noch gar nicht vollständig verstanden.
Pflanzen zeichnen sich nicht durch eine einzelne der oben genannten Eigenschaften aus, sondern über eine Kombination verschiedener Anpassungen, denen ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Signalwege zugrunde liegt. Die Merkmalsbearbeitung nach dem Baukastenprinzip der Gentechnik kann diesen natürlich entwickelten Prozess nur schwer nachahmen. Ob Pflanzen tatsächlich durch Genom-Editierung widerstandsfähiger gegenüber Extremwetterereignissen werden, ist bislang nicht nachgewiesen, sondern lediglich ein Versprechen der großen Pflanzenzuchtunternehmen. Ähnliche Versprechen wurden bereits vor 30 Jahren für Pflanzen, die mit klassischer Gentechnik hergestellt wurden, geäußert. Letztlich wurden diese Versprechen von damals nicht eingelöst.
Um die Landwirtschaft an den Klimawandel anzupassen, ist es viel wichtiger, Anbausysteme zu schaffen, die insgesamt resilienter und nachhaltiger sind. Hierbei ist die Pflanzenzüchtung nur einer von vielen Bausteinen. Der NABU setzt sich für eine grundlegende Umgestaltung der Landwirtschaft und für die Erforschung risikoärmerer Alternativen ein: hin zu einer größeren Fruchtartenvielfalt, einer verbesserten Bodenpflege, die durch Humusaufbau die Wasserhalteeigenschaften des Bodens und die Wachstumsbedingungen für die Pflanzen verbessert – und zugleich eine CO₂-Senke darstellt –, einer Diversifizierung der Produktionssysteme (Agrarökologie) und Regionalisierung der Lebensmittelerzeugung.
7. Können durch Genom-Editierung die ökologischen Probleme der Landwirtschaft gelöst werden?
Die Landwirtschaft steht vor einer Vielzahl an Herausforderungen: Klimawandel, Extremwetterereignisse, Bodenerosion, Insektensterben und die Gewässerbelastung durch übermäßige Düngung. Diese lassen sich nicht einfach mit dem Einsatz von Neuen Gentechniken lösen.
Im Gegenteil: Der Einsatz der neuen Gentechniken könnte die Intensivierung und Industrialisierung der Landwirtschaft weiter befeuern. Natürliche Ressourcen wie Wasser, Boden und Artenvielfalt werden dadurch stärker belastet. Da genom-editiertes Saatgut zahlreichen EU-Zulassungsvorschriften unterliegt, würden nur wenige Nutzpflanzenarten als Hochleistungspflanzen über einen längeren Zeitraum auf denselben Flächen angebaut. Das macht die Landwirtschaft anfälliger für Wetterextreme und Schädlingsbefall. Stattdessen muss eine nachhaltige, naturverträgliche und zukunftsfähige Landwirtschaft zum Erhalt von Wasser, Boden und Artenvielfalt beitragen.
Mehr Informationen dazu finden Sie auf unserer Seite Neue Gentechniken im Naturschutz und der Landwirtschaft.
8. Gibt es einen Nachweis, um genom-editierte von unveränderten Organismen zu unterscheiden?
Bisher fehlen verlässliche Nachweismethoden für die Identifizierung von genom-editierten Pflanzen, die die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen weiterhin gewährleisten könnte. Die Schwierigkeit besteht darin, dass es, anders als bei der „alten“ Gentechnik, keine charakteristischen Marker für die genetische Modifikation gibt. Das bedeutet, dass das gesamte Genom durchleuchtet und mit dem Genom der Wildarten verglichen werden muss. Dies gestaltet sich insbesondere bei einfachen Punktmutationen als schwierig.
Hersteller*innen von genom-editierten Saatgut stellen bislang kein Referenzmaterial für die freie Risikoforschung zur Verfügung. Oftmals liefern sie auch keine Nachweismethoden für ihr eigenes Saatgut. Es fehlen zentrale Datenbanken, um genetische Informationen zu speichern und für Forscher*innen zugänglich zu machen. Nur auf diese Weise ließen sich verlässliche Nachweisverfahren etablieren. Aktuell gibt es bereits die Euginius-Datenbank des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Kooperation mit der niederländischen Uni Wageningen. Diese Datenbank enthält allerdings nur öffentlich zugängliche Informationen.
9. Welche genom-editierten Produkte gibt es bereits am Markt?
Das Bundesamt für Umwelt der Schweiz (BAFU) stellte Ende 2020 eine Liste mit allen Firmen und Forschungseinrichtungen vor, die an der Entwicklung von genom-editierten Saatgut beteiligt sind. Dabei wurden insgesamt 150 genom-editierte Pflanzen vorgestellt, deren Entwicklungsstadien sich jedoch unterscheiden. Insgesamt sind von den 150 gelisteten Pflanzen erst zwei auf dem Markt in den USA etabliert. Es handelt sich zum einen um eine Soja-Sorte der Firma Calyxt, die eine veränderte Fettsäure-Zusammensetzung besitzt und deren Öl bekömmlicher sein soll. Außerdem wird eine herbizidresistente Raps-Sorte der Firma Cibus angeboten. Darüber hinaus steht die sogenannte GABA-Tomate der Firma Sanatech Seed kurz vor dem Markteintritt in Japan. Sie verfügt über einen höheren Gehalt an Gamma-Aminobuttersäure, der eine beruhigende Wirkung zugesprochen wird.
Anhand dieser Daten wird deutlich, dass bisher nur Produkte am Markt etabliert wurden, die entweder Eigenschaften der „alten“ Gentechnik besitzen (Herbizid-Resistenz) oder ökonomisch vorteilhaftere Eigenschaften besitzen (veränderte Zusammensetzung der Inhaltsstoffe). Keine der Pflanzen erfüllt bisher die Versprechungen, einen Beitrag zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels oder zur Abschwächung der Folgen der industriellen Landwirtschaft zu leisten.
Glossar
Begriff | Erklärung |
---|---|
Auskreuzung | Übertragung von Genen auf wilde Verwandte durch Pollen, zum Beispiel von Gen-Raps auf Senf oder Kohl. | Chromosomen | Träger der Erbinformation im Zellkern, bestehen aus DNA und Proteinen. | DNS (DNA) | Abkürzung für Desoxyribonukleinsäure (desoxyribonucleic acid): Träger der Erbinformation, in Form einer Doppelhelix, die aus einzelnen Nukleotiden besteht. | Epigenetik | Erbliche genetische Veränderung mit Wirkung auf den Phänotyp ohne Änderung der DNA-Sequenz. | Gen | Abschnitte auf der DNA, die für die Ausprägung von Eigenschaften verantwortlich sind. | Gene Drive | Methode, mit der sich gentechnisch erzeugte Eigenschaften schnell in einer wilden Population verbreiten lassen. | Genexpression | Umsetzung der genetischen Information in Proteine. | Genom | Gesamtheit der Erbinformation einer Zelle. | Genome Editing bzw. Genom-Editierung | Sammelbezeichnung für neue molekularbiologische Verfahren, um Veränderungen an der Erbinformation von Tieren oder Pflanzen vorzunehmen. | Genpool | Gesamtheit aller Gene einer Population. | GVO | Gentechnisch veränderter Organismus. | Mutation | Zufällige Veränderung der genetischen Eigenschaften. | (Klassische) Mutagenese | Erzeugung von Mutationen mittels Strahlung oder chemischer Stoffe. | Nukleasen | Gruppe von Enzymen, die Nukleotide durchtrennen und somit Doppelstrangbrüche in der DNA bewirken (sogenannte Gen-Scheren). | Oligonukleotid | Kurze DNA-Abschnitte mit bis zu 1000 Nukleotiden. | Off-Target-Effekt | Unbeabsichtigte Veränderungen des Erbguts, die in Abschnitten des Erbguts auftreten können, die nicht in unmittelbarer Nähe der gewünschten Zielregion liegen und dem Zielbereich zum Teil ähnlich sind. | On-Target-Effekt | Unbeabsichtigte Veränderungen, die den Bereich um die Zielregion betreffen. | Phänotyp | Erscheinungsbild eines Organismus, das durch Erbanlagen und Umwelteinflüsse geprägt wird. | Population | Gesamtheit aller Individuen einer Art, die an einem Ort leben. | Protein (auch Eiweiß) | Grundbausteine der Zellen, aus einzelnen Aminosäuren aufgebaut. Bedingen die Struktur und Funktion jeder Zelle. | Resistenz | Bei Anwendung wirken Antibiotika, Herbizide, Fungizide oder Insektizide nicht mehr. | RNS (RNA) | Abkürzung für Ribonukleinsäure (ribonucleic acid): Transportiert und speichert die Bauanleitung für die Proteine und reguliert die Genaktivität. | Transgen | Gen einer anderen Spezies, das mit gentechnischen Verfahren in das Erbgut eines Organismus eingebracht wurde. | Züchtung | Eigenschaften von Pflanzen/Tieren sollen verändert bzw. verbessert werden, indem Individuen mit bestimmten Eigenschaften ausgewählt, miteinander gekreuzt und die Tochterpflanzen dann mit den gewünschten Eigenschaften identifiziert werden. |
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