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Jetzt NABU-Mitglied werden!Die nationale Biomassestrategie der Bundesregierung
So gelingt der große Wurf zugunsten von Klima und Natur
Die heutige Nutzung von Biomasse ist nicht nachhaltig: Immer mehr Wirtschaftszweige setzen auf pflanzliche Rohstoffe zur Energieerzeugung oder zur Verarbeitung in Produkten. Das führt dazu, dass Energiepflanzen wie Mais in Intensivkulturen angepflanzt werden, problematischen Produkte wie Palmöl importiert werden, oder Holz für die Verbrennung in Kraftwerken aus Wäldern geholt wird. Eine Strategie, die aufzeigt, wie Biomasse künftig eingesetzt werden soll, hat daher eine enorme Bedeutung für den Natur- und Klimaschutz.
Im Eckpunktepapier der Bundesregierung ist das übergeordnete Ziel der Biomassestrategie folgendermaßen festgeschrieben:
„Ziel der Biomassestrategie ist es, einen Beitrag zur mittel- und langfristigen nachhaltigen Ressourcennutzung sowie zum Klima- und Biodiversitätsschutz zu leisten und entsprechende Rahmenbedingungen in Deutschland zu schaffen.“
Diesen Ansatz begrüßt der NABU. Für eine Zukunft im Einklang mit den planetaren Grenzen müssen Klimaschutz, Biodiversität und Ressourcennutzung zusammengedacht werden. Dies kann nur gelingen, wenn Land- und Forstwirtschaft ökologisch umgestaltet werden. Denn wir müssen die Klimakrise bekämpfen und uns gleichzeitig auf ihre Folgen einstellen. Beide Aspekte müssen aus Sicht des NABU in der Biomassestrategie berücksichtigt werden.
Biodiversität und Klimaschutz als übergeordnetes Ziel
Das Umsteuern weg von der Verbrennung von Waldholz und Energiepflanzenanbau hin zur Nutzung von Rest- und Abfallstoffen (zum Beispiel Bioabfälle, Gülle oder Grünschnitt) ist aus Gründen des Klimaschutzes und der wachsenden Flächenkonkurrenzen der einzig richtige Weg. Auch der natürliche Klimaschutz muss mitgedacht werden. Wälder und Moore sind relevante Kohlenstoffsenken. Der ökologische Umbau von Wäldern und die Renaturierung von Feuchtbiotopen darf nicht durch eine intensive Biomassenutzung ausgebremst werden.
Die im Eckpunktepapier genannten Leitprinzipien des Vorrangs der stofflichen Biomasseverwertung (das heißt der Nutzung in Produkten, wo sie zum Beispiel Erdöl ersetzt) sowie der Mehrfachnutzung entsprechend des Kaskadenprinzips (zum Beispiel kann Holz zunächst für den Hausbau, dann als ein Möbelstück, später als Spanplatte und letztlich als Brennstoff genutzt werden) gehen in die richtige Richtung. Der in der Biomasse enthaltene Kohlenstoff muss so lange wie möglich in Grundstoffen und Produkten gebunden werden.
Eine fossilfreie Zukunft kann jedoch nicht nur auf Biomasse und Reststoffen aus dem Wald, vom Acker oder aus der Landschaftspflege basieren. Neue biologische Rohstoffpotenziale wie Mikroorganismen, Pilze, Algen oder in einer Kreislaufwirtschaft anfallende Reststoffe müssen erschlossen und in sinnvolle Verwertungskaskaden übertragen werden, damit übernutzte Flächen und Rohstoffquellen langfristig entlastet werden können. Die sich in der Erarbeitung befindende Bioökonomie-Umsetzungsstrategie – vom NABU ebenfalls kritisch begleitet - beleuchtet gezielt die Aspekte, die die Nationale Biomassestrategie bewusst ausklammert. Die Gesamtbetrachtung beider Strategien ermöglicht einen wertvollen Beitrag für unseren zukünftigen Umgang mit Biomasse.
Alle Anmerkungen des NABU zu den Eckpunkten der Nationalen Biomassestrategie.
Naturverträgliche Biomassenutzung statt Holzverbrennung und Energiepflanzenanbau
Statt Waldholz und gezielt angebaute Biomasse sollen vorwiegend Reststoffe und Abfälle für die stoffliche und energetische Nutzung eingesetzt werden. Die Definition der sogenannten „Reststoffe und Abfälle“ ist hierbei elementar und muss differenziert betrachtet werden. In der Natur gibt es per se keine Reststoffe. Jede Biomasse, die in der Land- und Forstwirtschaft anfällt, ist ein wichtiger Bestandteil im Stoffkreislauf. Dies gilt vor allem für sogenanntes Waldrestholz, das keineswegs verbrannt werden sollte. Totholz und Stroh werden für den Humusaufbau benötigt und stellen Lebensräume für viele Organismen.
Für den Klimaschutz und die Anpassung der Ökosysteme an die Folgen der Klimakrise dürfen die natürlichen Stoffkreisläufe nicht weiter durch eine Übernutzung gestört werden. Daher sollten essenzielle Bestandteile von Ökosystemen klar von Reststoffen am Ende der Nutzungskaskade (zum Beispiel mit Schadstoffen belastetes Altholz) und Bioabfällen unterschieden und in der Ermittlung der Biomassepotenziale entsprechend unterschiedlich behandelt werden.
Ein Beispiel: Grünschnitt aus der Landschaftspflege kann in der Landwirtschaft für die Biogaserzeugung verwendet werden und wäre eine Alternative zum problematischen Einsatz von Energiepflanzen aus intensiver Landwirtschaft. Hier bestehen allerdings hohe rechtliche Hemmnisse, die dringend beseitigt werden müssen. Grünschnitt hat zwar im Vergleich zu Energiepflanzen einen geringeren Energiegehalt, das könnte und sollte jedoch durch höhere Förderungssummen ausgeglichen werden.
Biogas und Biomethan als Erdgas-Alternative?
Biogas und Biomethan werden im Zuge der Klimakrise immer wieder angeführt als grüne Alternative zu fossilem Erdgas. Auch in der akuten Energiekrise nimmt die Debatte darum wieder Fahrt auf, denn Biogas kann sowohl in der Strom- als auch der Wärmeversorgung genutzt werden. Doch wie entstehen überhaupt Biogas und Biomethan eigentlich, wo sind sie ein sinnvoller Ersatz, wo nicht? Wir beantworten die wichtigsten Fragen in unserem FAQ zum Thema.
Wie entsteht Biogas?
Wenn Gülle, Mist, Bio-Abfälle oder Energiepflanzen in Biogasanlagen unter Ausschluss von Licht und Sauerstoff vergoren werden, entsteht: Biogas. In einer Biogasanlage wird daraus vor Ort direkt Strom und gleichzeitig Wärme erzeugt.
Ist Biogas für die Stromerzeugung notwendig?
Als Ergänzung zu anderen Erneuerbaren Energien ist es jedenfalls sinnvoll. Denn der große Vorteil von Biogas ist: Die Anlagen können unabhängig von Wind und Sonne bedarfsgerecht Energie erzeugen. Damit können sie die schwankende Stromerzeugung von Windkraftanlagen und Photovoltaik ausgleichen und tragen somit zur Energiesicherheit bei.
Welche Vorteile hat Biogas noch?
Biogasanlagen können Bioabfälle, Reststoffe aus der Landwirtschaft und Landschaftspflege verarbeiten, die sonst keinen Nutzen hätten. Mit den bei der Biogaserzeugung anfallenden Gärresten kann auf dem Acker nährstoffreicher Humus aufgebaut werden.
Außerdem geht durch die dezentrale Biogaserzeugung aufgrund der kurzen Transportwege wenig Energie verloren. Ebenso können mit der produzierten Energie, also Wärme und Strom, Siedlungen in der Nähe versorgt werden.
Und die Nachteile von Biogas?
In schwach besiedelten ländlichen Regionen kann es schwierig sein, die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme effektiv in den Wärmenetzen zu verteilen.
Außerdem kann Biogas nicht über weite Strecken transportiert werden – dafür muss es in Biomethan umgewandelt werden.
Was ist der Unterschied zwischen Biogas und Biomethan?
Um Biogas im Erdgasnetz transportieren zu können, muss es zu Biomethan umgewandelt werden. Dafür wird der Methangehalt in dem Gas erhöht, Kohlendioxid und andere Bestandteile wie Schwefel entfernt. Erst dann kann das Gas über das bestehende Netz transportiert werden und dann beispielsweise in Gaskraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden.
Auch zur Produktion von Biokraftstoffen wie Bio-Ethanol wird Biomethan als Ausgangsstoff gebraucht.
Welche Vorteile hat Biomethan?
Neben dem Vorteil, dass es im bestehenden Erdgasnetz transportiert werden kann: Es kann auch helfen, die Erdgasspeicher zu füllen. Zumindest zu einem kleinen Teil.
Und die Nachteile von Biomethan?
Um Biogas in Biomethan umzuwandeln, werden zusätzliche Anlagen und noch mehr Energie benötigt. Ohne den Anbau von zusätzlichen Energiepflanzen dürfte die Rentabilität solcher Anlagen fraglich sein. Erst recht, wenn das Biomethan dann noch in Kraftstoffe wie Bio-Ethanol umgewandelt wird, was noch mehr Energie benötigt.
Könnte Biogas oder Biomethan überall Erdgas ersetzen?
Nein, das ist nicht möglich und wäre auch nicht sinnvoll. Der Erdgas-Bedarf ist vor allem bei der Heizung von Gebäuden viel zu hoch. Dafür müssten viel mehr Energiepflanzen angebaut und vor allem importiert werden – die Ackerflächen dafür fehlen dann für die Nahrungsmittelproduktion. Das gilt übrigens auch für Biokraftstoffe als Ersatz für Benzin und Diesel.
Welche Alternativen gibt es, um fossiles Erdgas zu ersetzen?
Zunächst: Den Verbrauch senken. Also Gasheizungen gegen Wärmepumpen tauschen, die Industrie auf die direkte Nutzung von Strom und Wasserstoff umrüsten, den Verkehr elektrifizieren. Nur so können wir die Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung auf ein naturverträgliches Maß reduzieren.
Sinnvolle Einsatzfelder der Bioenergie
Naturverträgliche Biomassepotenziale sind begrenzt – darauf wird auch im Eckpunktepapier der Bundesregierung hingewiesen. Neben dem Vorrang der stofflichen Nutzung ist daher eine sinnvolle Nutzung der Bioenergie elementar. Bioenergie sollte nur dort eingesetzt werden, wo sie wirklich benötigt wird: Der Einsatz von Biogas und Biomethan kann als flexibel einzusetzender Energieträger für den Ausgleich der schwankenden Energieerzeugung aus Wind und Sonne sinnvoll sein. Die direkte dezentrale Stromeinspeisung zusammen mit der Erzeugung von Biomethan zur Befüllung der Erdgasspeicher ist je nach Bedarf steuerbar und trägt zur Energiesicherheit bei. Wird in den Kraftwerken neben Strom durch Kraft-Wärme-Kopplung auch Wärme erzeugt, kann diese zudem in Fernwärmenetze eingespeist werden.
Die hohen Mengen an Bioenergie, die derzeit von allen Sektoren gefordert werden, können keinesfalls naturverträglich bereitgestellt werden. Statt Lock-in-Effekte durch Bioenergie zu generieren, sollte der Ausbau von Sonnen- und Windenergie, die Elektrifizierung in der Industrie, in der Mobilität und in der Wärmeversorgung vorangetrieben werden. Der Einsatz von Bioenergie sollte auf die Bereiche begrenzt bleiben, wo er alternativlos ist.
Heimische Biomassepotenziale sind stark begrenzt – Importe können nicht die Lösung sein
Die Biomassestrategie sollte auf die national verfügbaren Biomassepotenziale ausgelegt werden. Den deutschlandweiten Bedarf über Importe zu decken ist hochproblematisch, da die Überwachung von Nachhaltigkeitskriterien oft nicht möglich ist und Nutzungskonkurrenzen kaum zu überschauen sind.
Viele Aspekte der Biomassestrategie werden von europäischen Regeln beeinflusst. Das trifft auch auf die Biodiversitätsrichtlinie oder Erneuerbaren-Energien-Richtlinie zu. Umgekehrt sollte die deutsche Biomassestrategie auch auf EU-Ebene wirken: Deutschland muss als größter Mitgliedsstaat auch die EU-Instrumente entscheidend entlang der oben identifizierten Leitprinzipien mitgestalten.
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Die Bioökonomie birgt eine Reihe von Chancen für den Naturschutz und den Erhalt der biologischen Vielfalt. Neben den Vorteilen eines biobasierten Wirtschaftssystems müssen im Sinne des Vorsorgeprinzips auch die Risiken identifiziert und gehandhabt werden. Mehr →
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