Nach dem Kohleausstieg sollen mehrere Kohlekraftwerke in Deutschland auf Holzverbrennung umgerüstet werden. Der Betreiber Onyx plant zum Beispiel die Umrüstung des 730 Megawatt-Steinkohlekraftwerkes in Wilhelmshaven auf Holzpellets (Bild). Davon würden bei Volllast ca. 2,9 Mio. Tonnen im Jahr verbrannt. Zum Vergleich: Die gesamte deutsche Pelletproduktion betrug im Jahr 2021 etwa 3,3 Millionen Tonnen. Die Branche geht selbst davon aus, dass 85 Prozent des Holzes importiert werden müsste, käme es zu den geplanten Umrüstungen. Der Onyx-Eigentümer Riverstone Holdings ist auch Anteilseigner des weltgrößten Pelletherstellers Enviva. - Foto: Michaela Kruse
Holz statt Kohle ist auch keine Lösung
Verbrennung von Holz in Kraftwerken gefährdet Klima, Wälder und Gesundheit
Obwohl das Verbrennen von Holz pro Energieeinheit mehr CO₂ freisetzt als Kohle, ist die Energieerzeugung aus Holzbiomasse in der EU auf dem Papier klimaneutral. Zum einen ist Bioenergie laut der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie als „erneuerbar“ definiert und zum anderen muss für den CO₂-Ausstoß nicht bezahlt werden. Im Gegensatz dazu müssen die Unternehmen bei der Verbrennung von fossilen Rohstoffen mittlerweile Verschmutzungsrechte über den europäischen Emissionshandel erwerben, welche mit der Zeit knapper und teuer werden. Das System zeigt Wirkung: Energie aus Kohle und Gas wird immer weniger profitabel, Holzverbrennung immer lukrativer.
Knapp 20 Prozent des europäischen Energieverbrauchs werden von Erneuerbaren Energien gedeckt. Über die Hälfte basiert auf Holzbiomasse. Die Menge des für die Energieerzeugung eingeschlagenen Holzes hat sich europaweit in den letzten Jahren stark erhöht. Mehrere große Kohlekraftwerke wurden bereits auf Holzverbrennung umgerüstet – häufig stark unterstützt durch staatliche Subventionen, denn sie helfen den Ländern ihre Klimabilanz formal aufzubessern. Das Kraftwerk Drax in England, eins der weltweit größten auf Holzpellets umgerüsteten Kohlekraftwerke, verbrennt jedes Jahr mehr Holz als im gesamten Vereinigten Königreich geerntet wird. Es handelt sich dementsprechend hauptsächlich um importierte Holzpellets.
Druck auf Wälder in USA, Ost- und Nordeuropa
Unter der verstärkten Holznachfrage leiden vor allem die Wälder in Ost- und Nordeuropa. Aber auch Kanada und die USA exportieren immer mehr Holz. Sogar in den wertvollen Sumpfwäldern der US-Ostküste werden nachweislich große Flächen abgeholzt und Pelletfabriken schießen in der Region wie Pilze aus dem Boden. Die gerodeten Wälder sind auf mittelfristige Sicht nicht erneuerbar: Das freigewordene CO₂ belastet über Jahrzehnte das Klima und die (häufig in Monokultur) nachgepflanzten Bäume können das verloren gegangene Ökosystem mit seinen weitreichenden ökologischen Funktionen über viele Jahrzehnte hinweg nicht adäquat ersetzen.
Auch in Deutschland denken im Zuge des Kohleausstiegs einige Betreiber über die Umrüstung auf Holzbiomasse nach (siehe unten). Würden die Pläne umgesetzt, würde sich die Menge des energetisch genutzten Holzes im Vergleich zu heute vervielfachen. Allerdings steht die Entwicklung hierzulande noch recht am Anfang. Noch besteht die Chance, diesen Irrweg zu vermeiden und auf wirklich klimaneutrale Formen der Energieerzeugung zu setzen.
Massive Auswirkungen von Holzverbrennung weltweit
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Enviva-Pelletfabrik in North Carolina, USA. Die Pellets werden häufig per Schiff exportiert – auch nach Europa. Das Unternehmen ist nachweislich für Kahlschläge in wertvollen, artenreichen Laubholz-Feuchtwäldern der US-Nordküste verantwortlich. Das Unternehmen hat unter anderem gemeinsam mit dem baden-württembergischen Energieversorger EnBW den Lobbyverband „Forum Nachhaltige Holzenergie“ gegründet, welcher sich für neue Subventionen für Kraftwerksumrüstungen auf Holzpelletverbrennung einsetzt. Foto: Adam Colette, Dogwood/NRDC
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In Hamburg soll das Heizkraftwerk Tiefstack auf importierte Holzpellets umgerüstet werden, um das Fernwärmenetz der Stadt zu speisen. Bis zu 400.000 Tonnen Pellets pro Jahr würden benötigt – das entspricht über 10 Prozent der deutschen Pelletproduktion. Importe sind daher abzusehen. Durch die laschen Nachhaltigkeitskriterien des landeseigenen Unternehmens droht auch hier Holz aus artenreichen Wäldern Nordamerikas für die angeblich klimaneutrale Wärmeerzeugung verheizt zu werden. Eine Katastrophe, die dringend verhindert werden muss. - Foto: NABU/Michaela Kruse
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Viele Unternehmen und Städte wollen zudem ihre Kohle(heiz-)kraftwerke durch neue Altholzkraftwerke ersetzen, zum Beispiel in Braunschweig, Hannover oder Nürnberg. Das Problem: Bereits jetzt wird sehr viel Altholz in Deutschland verbrannt – mit 80 Prozent ein viel größerer Anteil als in anderen europäischen Ländern. Durch die hohe Nachfrage für die Verbrennung, verlagern klassische stoffliche Nutzer von Altholz, z.B. Spanplattenhersteller, ihren Fokus auf Frischholz. So wird insgesamt mehr abgeholzt. Diese Dynamik verdeutlicht die Relevanz des Kaskadenprinzips: Es sollte grundsätzlich nur Holz verbrannt werden, welches nicht mehr anderweitig genutzt werden kann. - Foto: Claudio Doenitz/Getty Images
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Häufig wird auf sogenannte Kurzumtriebsplantagen (KUP) gesetzt, um Holz für die Verbrennung bereitzustellen. Doch erstens sind auch diese nicht grundsätzlich ökologisch unbedenklich, und zweitens reichen die Mengen bei weitem nicht aus. Ein Beispiel ist hier das Unternehmen Vattenfall in Berlin: Bereits jetzt werden pro Jahr 88.000 Tonnen Holz in seinen Kraftwerken verbrannt. Dabei kommen nur 12 Prozent Plantagenholz und zu zwei Dritteln Holz direkt aus Wäldern. Bis 2030 soll die für die Berliner Fernwärme verbrannte Holzmenge massiv gesteigert werden, auf etwa 1,6 Millionen Tonnen pro Jahr. Zwar sollen auch die Kurzumtriebsplantagen in Brandenburg und Polen ausgeweitet werden (Verdreifachung der Fläche auf 6000 Hektar), aber auch das wird absehbar nur wenige Prozent des Bedarfs decken können. - Foto: Ingo Ludwichowski
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Oft wird auch große Hoffnung auf die Energiegewinnung aus „Restholz“ gesetzt – das ist doch eh übrig, oder? Leider nein. Erstens ist auch hier das Potenzial begrenzt und zweitens sind gerade tote, krumme und anderweitig wirtschaftlich „unattraktive“ Bäume für die Artenvielfalt sowie genetische Vielfalt unverzichtbar. Darüber hinaus ist die Definition von Restholz nicht genau festgelegt, so dass auch ganze Bäume als Restholz deklariert werden können. Diese Grauzone wird nachweislich in großem Maßstab ausgenutzt: Recherchen zeigen Pelletfabriken, auf deren Gelände sich ganze Baumstämme stapeln, auch wenn diese offiziell nur „Restholz“ nutzen, wie beispielsweise Europas größter Pellethersteller Graanul Invest aus Estland. - Foto: Peg Putt
Der NABU lehnt die Verbrennung von Holzbiomasse zur Energiegewinnung im industriellen Maßstab ab. Wälder müssen als natürliche CO₂-Senken und Lebensraum erhalten bleiben. Holz sollte daher nur am Ende der Nutzungskaskade verbrannt werden, das heißt: Wenn es bereits als Werkstoff genutzt wurde und keinem anderen Zweck mehr dienen kann.
Unsere Fragen und Antworten zum Thema Holzverbrennung zur Energiegewinnung:
Wie wird Holzverbrennung aktuell gefördert?
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Programm „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) und die „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“ (BEW) enthalten bereits finanzielle Anreize für private Holzheizungen und bestimmte Biomassekraftwerke. Im Kohleausstiegsgesetz wurde zusätzlich eine Förderung für die Umrüstung von Kohlekraftwerken auf Holzverbrennung für die Stromerzeugung vorgesehen. Die neue Bundesregierung lehnt diese Förderung jedoch ab, sodass sie hoffentlich nicht kommen wird. Wenn die Kraftwerke auch Wärme erzeugen, kann die Umrüstung jedoch bereits jetzt über den Kohleersatzbonus (Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz, KWKG) gefördert werden. Dazu kommt die indirekte Subventionierung, da die Emissionen der Holzverbrennung vom europäischen CO₂-Zertifkatehandel ausgenommen sind.
Welche Holzkraftwerke sollen gebaut oder umgerüstet werden?
Aktuell sind u.a. folgende Holzkraftwerke im Bau, geplant oder angedacht:
- Umrüstungen von Kohlekraftwerken: Wilhelmshaven, Hamburg-Tiefstack, eventuell auch Duisburg Walsum 10, Großkraftwerk Mannheim
- Neubau am Standort eines bestehenden Kohlekraftwerkes: Berlin-Klingenberg, Berlin-Reuter-West, Hannover-Stöcken (Altholz), Nürnberg (Altholz)
- Neubau: Cuxhaven
-> siehe auch die Karte unten.
Bei mir in der Region wird ein Biomassekraftwerk geplant – was kann ich tun?
Suchen Sie Verbündete und versuchen Sie, mit dem Betreiber und der Kommune ins Gespräch zu kommen. Versuchen Sie die Probleme der Holzverbrennung bekannt zu machen. Melden Sie sich gerne bei uns. Wir werden Sie mit Informationsmaterial und, wo möglich, tatkräftig vor Ort beim Widerstand und alternativen Lösungen unterstützen. Vernetzen Sie sich mit anderen Aktiven in Deutschland und treten Sie dem Bündnis AUSGEBRANNT - Bündnis gegen die Verbrennung von Biomasse bei.
Welche Regeln braucht es, um die Wälder und das Klima zu schützen?
Die Europäische Union muss in der -Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) die Waldbiomasse aus der Liste der förderfähigen Energieträger streichen. Energiegewinnung aus Waldbiomasse darf nicht weiter als erneuerbare Energie auf die Klimaziele angerechnet werden. Es darf nur Holz verbrannt werden, das nicht mehr stofflich genutzt werden kann, das besagt das sogenannte Kaskaden-Prinzip. Dieses Prinzip muss gesetzlich verankert und ab dem Moment der Holzernte konsequent angewendet werden. Die Subventionen, die bisher die Holzverbrennung begünstigen, müssen stattdessen ausschließlich für echte emissionsfreie Energiequellen wie Wind-, Solar- und Geothermie-Energie verwendet werden. Zusätzlich sind Maßnahmen zur Stärkung der Energieeffizienz und zur Wiederherstellung und zum Schutz unserer Wälder nötig.
Der Baum wächst doch nach – warum ist Holzverbrennung nicht klimaneutral?
Wenn der Baum verbrannt wird, wird der enthaltende Kohlenstoff auf einen Schlag in die Atmosphäre freigesetzt und heizt so die Klimakrise an. Ein zum Ersatz gepflanzter Baum entzieht erst über Jahrzehnte wieder dieselbe Menge CO₂. Wir müssen aber unsere CO₂-Emissionen in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren drastisch reduzieren, um die Klimakrise einzudämmen. Sonst könnten Kipppunkte überschritten und ein Teufelskreis ausgelöst werden, auf den wir keinen Einfluss mehr haben. Bleibt der Baum im Wald, bleibt auch der Kohlenstoff in den nächsten kritischen Jahrzehnten im Wald gespeichert. Ein alter Baum nimmt große Mengen CO₂ aus der Atmosphäre auf. Das Klima wird stabilisiert.
Was ist mit Rest- und Altholz?
Beides steht nur begrenzt zur Verfügung und auch bei der Verbrennung von diesem Holz wird CO₂ frei. Zudem sollte Holz nur dann energetisch genutzt werden, wenn es nicht mehr anderweitig stofflich verwendet werden kann. Die stoffliche Nutzung ist zu bevorzugen, da der Kohlenstoff im Holz in langlebigen Produkten langfristig gespeichert, statt in die Atmosphäre freigesetzt wird.
In welchem Rahmen ist die Nutzung von Bioenergie naturverträglich?
Biomasse für die energetische Nutzung steht nur begrenzt zur Verfügung. Pflanzliche Biomasse ist viel mehr als nur ein Energieträger: Pflanzen sind Sauerstoffproduzenten, Schadstofffilter und Kohlenstoffspeicher, sie bieten Lebensraum und Lebensgrundlage für Mensch und Tier. Darüber hinaus kann Biomasse vielseitig stofflich genutzt werden. In begrenzten Mengen kann Biomasse anfallen, die nicht (mehr) anderweitig verwendet werden kann, z.B. Abfälle aus der Biotonne, Grünschnitt aus der Landschaftspflege und Altholz am Ende der Nutzungskaskade. Bevor der in solcher Biomasse enthaltene Kohlenstoff ungenutzt in die Atmosphäre entweicht, ist es sinnvoll, daraus Energie zu erzeugen. Aufgrund des begrenzten Aufkommens sollte Bioenergie allerdings nur so effizient wie möglich eingesetzt werden, d.h. vor allem dort, wo andere Lösungen (noch) nicht zur Verfügung stehen. Ein großer Vorteil der Biomasse ist deren Speicherfähigkeit. Ihr flexibler Einsatz in Ergänzung zu den fluktuierenden Erneuerbaren (Wind und Sonne) kann daher einen Beitrag zur stabilen Energieversorgung leisten.
Und was ist mit meinem privaten Kamin/Pelletofen?
Heizen mit Holz gilt weithin als klimafreundlich. Der Einbau von Pelletheizungen wird als erneuerbare Alternative zu fossilen Heizungen gefördert. Deswegen haben sich viele Menschen in guter Absicht für diesen Heizungstyp entschieden. Da Holzheizungen aber nur theoretisch CO₂-neutral sind, ist dem Klima damit nur begrenzt geholfen. Dazu kommt die erhebliche Luftverschmutzung vor allem durch Feinstaub und Stickoxide aufgrund unzureichender Filter vor allem bei Kaminöfen.
Somit ist auch der private Pelletkessel oder Kamin nicht die optimale Lösung. Ratsam wäre, beim nächsten Heizungstausch auf klimaschonendere Varianten wie die mit Ökostrom betriebene Wärmepumpe zu setzen. Dennoch gilt: das eigentliche Problem ist die Holzverbrennung im industriellen Maßstab. Denn die Menge des in Deutschland für die Energieerzeugung genutzten Holzes würde sich durch die geplanten Kraftwerksumrüstungen auf ein untragbares Maß vervielfachen.
Holzkraftwerke in Deutschland
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Blogbeitrag zur Holzverbrennung
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