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Bioökonomie-Tagung 2011
22. November 2011 - Die geplante Umstellung der erdölbasierten auf eine pflanzenbasierte Wirtschaft geht weit über Forschung und Ökonomie und damit über den Horizont der vorgelegten Strategie hinaus. Ein modernes Verständnis von Innovationen umfasst mehr als nur Technologie- und Produktentwicklungen. Neue Pfade, Strategien und Prozesse in den Wissenschaften und eine breite gesellschaftliche Beteiligung müssen angestoßen werden, damit die Zivilgesellschaft diesen fundamentalen Veränderungsprozess mitträgt.
Wie gelingt der Strukturwandel zur Wissensgesellschaft, so wie sie das BMBF von uns fordert? Wie kann ich nachhaltig handeln? Wie gestalten wir eine lebenswerte, nachhaltige Stadt, die wesentliche Funktionen wieder oder gar erstmals selbst übernimmt? Wie können wir unsere Konsummuster so ändern, dass wir weniger Ressourcen und Energie verbrauchen?
Diese großen Herausforderungen können nicht stellvertretend für, sondern nur mit der Zivilgesellschaft auf Augenhöhe bearbeitet werden. Die Prozesse müssen regional vor Ort ausgehandelt und strukturiert werden. Weder die Akzeptanz von Leitungstrassen, noch von Biogasanlagen oder eine Umstellung von Ernährungsgewohnheiten lassen sich von oben vorgeben. Die Umweltverbände, Verbraucherschutzverbände und viele mehr verstehen sich als Multiplikatoren, um Informationen und Wissen über die größeren Zusammenhänge und konkrete Lösungsansätze nach beiden Seiten zu vermitteln.
Der NABU fordert eine Öffnung der Forschungsstrategie für eine gesellschaftliche Debatte und eine nachhaltige Landnutzung, die die natürlichen Lebensgrundlagen erhält. Nur wenn sich die Zivilgesellschaft mit den künftigen Herausforderungen identifiziert, wenn sie den erforderlichen gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit als wichtig begreift und mitgestalten will, werden notwendige Veränderungen in weiten Teilen der Gesellschaft erfolgreich sein.
Vorträge zum Download
(Bioökonomie-Tagung am 1. November 2011)
Weg vom Erdöl, hin zu pflanzlichen Ressourcen
Tagung „Bioökonomie 2030 – Möglichkeiten und Begrenzungen" am 12. September 2011
14. September 2011 - Großes Gedränge prägte den Tagungsbeginn. Weitaus mehr Menschen als angemeldet und erwartet interessierten sich für das sperrige Thema Bioökonomie. Die Frage „Wie kommen wir aus der erdölbasierten Gesellschaft in eine pflanzenbasierte Zukunft?“ wird drängender.
Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, Präsident des Heinrich-von-Thünen-Institutes, stellte umfassend dar, wie viel Fläche wir auf der Welt für unsere Bedürfnisse haben (support) und wie sie heute genutzt werden. „Food and Feed“ ist machbar, bei Bioenergie wird es dann aber eng. Allerdings könnten nach seinen Berechnungen nur 15 Prozent der Weltenergie mit Biomasse gedeckt werden, selbst wenn man die gesamte Biomasse dafür einsetzt.
Trotzdem erleben wir durch die Koppelung des Biospritpreises an den Erdölpreis eine gigantische Preisexplosion auf der einen Seite und eine gigantische Umwidmung von Flächen für Biosprit auf der anderen Seite. Statt „Tank oder Teller“ sollten wir uns auf Ernährung (Food first) und die notwendigen Kohlenstoffverbindungen für die Industrie konzentrieren. Farben und Dämmungen für die Häuser, Plastik für Möbel und Tüten, um nur eine Auswahl zu nennen, beruhen heute überwiegen auf Erdöl. Wir haben global für alle Menschen rund 3,7 Milliarden Hektar Waldfläche und 1,5 Milliarden Hektar landwirtschaftlich nutzbare Fläche zur Verfügung. Angesichts dieser Obergrenze müssen wir uns Gedanken machen, wie wir „den Verbraucher rückwärts formen“, muss sich der Fleischkonsum und Wegwerfmentalität des reichen Nordens schlicht ändern.
Dr. Stefan Bringezu, Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie, fächert eindrucksvoll den weltweiten Verbrauch an Flächen (demand) auf. Deutschland wird immer mehr zum Nettoimporteur von Biomasse, obwohl immer weniger Menschen hier ernährt werden müssen (deomgraphischer Wandel). Produktorientierte Zertifizierungen für „nachhaltigen“ Anbau von Bioenergie seien absolut unzulänglich. Zwar kann bestenfalls Kohlendioxid eingespart werden, jedoch überwiegen die negativen Effekte wie Wasserverbrauch, Eutrophierung der Gewässer und Landnutzungsänderung. Schweden strebt einen Bioenergieanteil von 50 Prozent im Jahr 2020 an, importiert aber bereits heute fast 30 Prozent.
Kritisch wird es auch im Waldbereich, da sich die jährlichen Aufwuchsraten bei Holz drastisch verringern, sprich wir verbrauchen bereits heute mehr Holz als langfristig nachwächst. Allerdings kann in den Pflanzen nur ein Bruchteil des Sonnenenergie aufgefangen werden, bestenfalls ein bis sechs Prozent. Jeder Sonnenkollektor speichert weit mehr Energie. Neben Vorschlägen für eine nachhaltigere und effizientere Ressourcennutzung stellt Dr. Bringezu auch spannende Zukunftsvisionen vor. „Vertical farmig“ für den Pflanzenbau und „carbon recycling“, um den Kohlenstoff für industrielle Zwecke als Struktur nutzen zu können. Und auch hier das Fazit: Fleischkonsum und Nahrungsmittelverluste reduzieren.
Dr. Arnold Sauter vom Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) kam konkret auf die Kritik an den Empfehlungen des Bioökonomierates zu sprechen. Die Kritik des NABU, dass der Bioökonomierat eine zu technologieorientierte Herangehensweise habe sei ebenso einseitig wie die Erwartung, dass ein problemorientierter Zugang der Königsweg sei. Weder das eine noch das andere sei eine Erfolgsgarantie für gute Lösungen. Das jüngste Gutachten des TAB zur Welternährung zeigt auf, welchen Beitrag Forschung zur Lösung des Welternährungsproblems leisten kann. Ein Schwerpunkt der Empfehlungen wird dabei auf Ansätze zur partizipativen Forschung gelegt, wenngleich diese nicht unproblematisch sei. Übertragen auf das Programm „Bioökonomie 2030“ stellt sich die Frage, wie gesellschaftliche Beteiligung an der Forschungsstrategie zur Bioökonomie gestaltet werden kann. Voraussetzung sei der ergebnisoffene Dialog von beiden Seiten, kein einfache Anforderung.
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