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Jetzt informieren!Der Klimaschutzplan 2050 der deutschen Zivilgesellschaft
Um die Erderwärmung zu begrenzen, reichen die Bemühungen der Bundesregierung nicht aus
22. April 2016 - Heute werden in New York mehr als 150 Staatschefs erwartet, die das Paris Agreement – so der Name des Klimaschutzabkommens von Paris – unterzeichnen. Damit ist es die bisher größte Unterzeichnungs-Zeremonie, die es jemals gegeben hat. Dem Klimaschutz wird international das Gewicht zu Teil, das er verdient hat. Aber was folgt daraus für die nationale Politik? Bisher jedenfalls nicht genug. Es ist beeindruckend, wie gut es die Bundesregierung schafft, sich auf internationalem Parkett als die Architekten eines weitreichenden Klima-Abkommens zu profilieren und gleichzeitig national überhaupt nicht daran denkt, die aktuellen Gesetzgebungsprozesse an die Ziele aus Paris anzupassen. Derzeit erarbeitet die Bundesregierung einen Klimaschutzplan 2050, in dem Maßnahmen in allen Sektoren aufgelistet werden. Gleichzeitig steckt die Novelle des Erneuerbaren Energien Gesetztes (EEG) in der Konsultationsphase. Beide Prozesse sind nicht nur für den nationalen Klimaschutz von enormer Bedeutung, sie berufen sich auch auf die gleichen klimapolitischen Ziele der Bundesregierung – von 2010.
Klimaschutzplan 2050 mit konkreten Handlungsvorschlägen
Die damals im Energiekonzept der Bundesregierung formulierten Ziele passen nicht mehr mit dem in Paris nachgeschärften Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, besser noch auf 1,5°C, zusammen. Deshalb fordert der NABU gemeinsam mit rund 40 Organisationen der deutschen Zivilgesellschaft, dass die klimapolitischen Ziele nachgeschärft werden, denn nur wenn wir bis zum Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen um mindestens 95% reduzieren, bewegen wir uns auf einem Pfad der mit den Pariser Zielen zusammenpasst. Im Klimaschutzplan 2050 der deutschen Zivilgesellschaft werden alle Sektoren untersucht und konkrete Handlungsschritte vorgeschlagen, die jetzt angegangen werden müssen. Die zentralen Forderungen lauten:
- 1. Das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 muss zeitnah und kritisch überprüft werden. Um das Klimaziel von 40 Prozent Treibhausgasminderung bis 2020 noch zu erreichen, müssen die Maßnahmen an die aktuelle Emissionsentwicklung angepasst werden. Dafür müssen bestehende Maßnahmen nachgeschärft sowie neue und kurzfristig wirkende Instrumente umgesetzt werden.
- 2. Die im kommenden Klimaschutzplan 2050 enthaltene Orientierung an einer Temperaturobergrenze von bisher „unter 2 Grad“ muss nachgeschärft werden auf „deutlich unter 2 Grad und möglichst 1,5 Grad“ in Anlehnung an die Ergebnisse von Paris. Für das Jahr 2050 bedeutet dies eine Reduktion der Treibhausgase um mindestens 95 Prozent gegenüber 1990, also mindestens die obere Zielmarke der im Energiekonzept der Bundesregierung und im Koalitionsvertrag verankerten Spanne. Der Klimaschutzplan 2050 muss zudem einen robusten Reduktionspfad vorsehen, der seine Zwischenziele aus dem verbleibenden globalen Emissionsbudget, wie es etwa vom Weltklimarat (IPCC) beschrieben wird, ableitet. Entscheidend ist hier die Anfangsphase, d. h. die großen Reduktionsschritte müssen frühzeitig stattfinden. Das bedeutet, dass die Zwischenziele für die Jahre 2030 und 2040 ambitionierter formuliert werden müssen als bisher im Energiekonzept vorgesehen. Zudem sind Unterziele für die einzelnen Sektoren erforderlich, um sicherzustellen, dass jeder Sektor angemessen zum übergeordneten Reduktionspfad beiträgt. Langfristziel, Zwischenziele und Sektorziele müssen neben der Verankerung im Klimaschutzplan auch gesetzlich festgelegt werden, zum Beispiel in Form eines Klimaschutzgesetzes. Ein robuster Monitoringmechanismus muss die Überprüfung und Nachsteuerung aller nationalen Klimaschutzmaßnahmen jährlich gewährleisten.
- 3. Die Energiewende muss konsequent, sozial gerecht und naturverträglich vorangetrieben werden. Anstatt den Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch zu deckeln, wie bei der aktuellen EEG-Reform vorgesehen, müssen die Anstrengungen deutlich erhöht werden. Hierzu gehören ein mit dem 95-Prozent-Klimaziel kongruenter Zubau der erneuerbaren Energien und die entsprechende Anhebung der Ausbauziele für die Jahre 2025 und 2035 sowie kompatible jährliche Mindestausbaumengen.
- 4. Energieeinsparung und Energieeffizienz müssen zu einer tragenden Säule der Energiewende werden. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis spätestens 2050 um mindestens 95 Prozent ist nur möglich, wenn der Energieverbrauch mindestens halbiert wird. Dafür braucht es verbindliche Effizienz- und absolute Einsparziele für alle Sektoren, zum Beispiel in Form eines Effizienzgesetzes.
- 5. Zentrale Voraussetzung für die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft ist, dass die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode einen gesetzlich verankerten Kohleausstieg auf den Weg bringt. Ein solcher Kohleausstieg muss jetzt eingeleitet und bis spätestens 2035 abgeschlossen werden, wobei ein Großteil der Kohlekraftwerke schon deutlich früher vom Netz gehen muss. Die Bundesregierung muss dazu einen eigenständigen Minderungspfad für den Stromsektor mit einem Abbaupfad für Kohlestrom festlegen, der den genannten Klimazielen entspricht. Durch eine langfristige, sozial verträgliche Planung und staatliche Unterstützung der Kohleregionen kann der Übergang zu einer zukunftsweisenden, klimagerechten Wirtschaftsstruktur gestaltet werden.
- 6. Der Ausstoß an Klimagasen aus der Landwirtschaft muss bis 2050 um 60 Prozent reduziert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen bereits heute erhebliche Maßnahmen eingeleitet werden. Dazu gehören die konsequente Ausdehnung der ökologischen Landwirtschaft, die Reduzierung des Stickstoffeinsatzes, die Reduzierung der Bestände in der Tierhaltung, der Erhalt von Dauergrünland und ein konsequenter Schutz kohlenstoffreicher Böden. Darüber hinaus ist eine gesamtgesellschaftliche Reduktion des Konsums tierischer Produkte notwendig.
- 7. Die natürlichen Treibhausgasspeicher der Wälder und Moore müssen genutzt werden. Hierfür braucht es eine deutliche Steigerung der Vorräte von Holz, Totholz und Humus. Der natürliche Wasserhaushalt ist wiederherzustellen, Moore sind zu erhalten und zu renaturieren.
- 8. Wir brauchen eine ökologische Verkehrswende mit dem Ziel einer Dekarbonisierung bis spätestens 2050. Zentral hierfür sind Verkehrsvermeidung und die Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger sowie eine drastische Verringerung des Energiebedarfs. Dies bedeutet den weitestgehend direkten Einsatz von erneuerbarem Strom, die Internalisierung externer Kosten sowie die Verabschiedung und Umsetzung eines integrierten Transportkonzeptes 2050, das den Weg zu einem Null-Emissions-Verkehrssystem beschreibt.
- 9. Sämtliche umweltschädlichen Subventionen müssen abgeschafft und die Verschmutzung der Atmosphäre mit einem starken Preis belegt werden. Die externen Kosten nicht nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten müssen vollständig internalisiert werden. Die Bundesregierung soll sich für eine ambitionierte Reform des Europäischen Emissionshandels einsetzen, die über den unzureichenden Vorschlag der Europäischen Kommission hinausgeht und zusätzlich nationale Maßnahmen für ein klares CO2-Preissignal ergreifen.
- 10. Wir brauchen einen Kulturwandel für nachhaltigen Klimaschutz in der Gesellschaft. Eine transformative Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) muss in allen formalen, nonformalen und informellen Bildungssystemen strukturell verankert werden, damit die Bevölkerung befähigt wird, sich politisch und strukturverändernd für eine klimafreundliche Gesellschaft zu engagieren und partizipativ mitzugestalten. Die Verankerung von BNE und Klimaschutz in allen Lehrplänen und Prüfungsordnungen sowie in Aus-, Weiter- und Fortbildungsangeboten für Lehrende ist hierfür notwendig. Das Angebot und eine stärkere Förderung von schulischen und außerschulischen BNE-Aktivitäten im Bereich Klimaschutz, Lebensstile und nachhaltiger Konsum muss weiter ausgebaut werden.
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Vom 30. November bis 11. Dezember 2015 fand die UN-Klimakonferenz (kurz COP21) in Paris statt und es stand einiges auf dem Spiel: Es musste ein Nachfolgeabkommen für das das „Kyoto-Protokoll“ von 1997 verabschiedet werden, das ab 2020 den internationalen Schutz des Klimas regeln soll. Mehr →
Damit die Ziele der Pariser Klimakonferenz erreicht werden können ist ein wirksames Paket mit verbindlichen Maßnahmen dringend erforderlich, daher brauchen wir einen ambitionierten Klimaschutzplan 2050. Für die Energiewirtschaft bedeutet das, dass der Kohleausstieg schleunigst angegangen werden muss. Mehr →