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Jetzt NABU-Mitglied werden!Was ist eigentlich „Planungsbeschleunigung“?
Ein ABC der wichtigsten Begriffe
Das nachfolgende ABC dient dazu, die Diskussionen zum Thema Planungsbeschleunigung besser verständlich zu machen. Denn, auch wenn es so schnell geschieht, dass man nicht mehr folgen kann, weil es um kompliziertes Verwaltungsrecht geht, lohnt es sich, am Ball zu bleiben. Planungsbeschleunigung betrifft nicht nur einzelne Bauabschnitte von Autobahnen oder ein paar Windräder, sondern kommt voraussichtlich in den meisten Zulassungsverfahren zum Tragen und geht damit unsere gesamte Gesellschaft an und betrifft unsere gemeinsame Natur und Umwelt.
Rechtsvereinfachungen nicht nur zu Gunsten der Natur
Im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 heißt es: „Um Deutschland zügig zu modernisieren, sind schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung. Daher sollen im ersten Jahr der Regierung alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden, um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren.“ Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat diesen Wunsch bezüglich des Ausbaus erneuerbarer Energien noch einmal deutlich verstärkt.
Wie angekündigt hat der Bundestag mit Gesetzesbündeln wie dem „Oster“- oder dem „Sommerpaket“ in rasantem Tempo eine Reihe von Änderungen zugunsten des Ausbaus der erneuerbaren Energien geschaffen. Auch auf europäischer Ebene gab es eine Vielzahl von Änderungen, die in Deutschland umgesetzt wurden.
Die (vermeintlichen) Rechtsvereinfachungen, die für den Ausbau der erneuerbaren Energien zur Anwendung kommen, könnten nun auch zur Transformation der – nicht unbedingt nur klimafreundlichen – Wirtschaft eingesetzt werden. Es empfiehlt sich jedoch, genau auszuwerten, ob die eingesetzten Mittel einen ausreichenden Umwelt- und Naturschutz gewährleisten können und auch die richtigen Verzögerungsgründe adressieren.
Prüfungsschritte, die elementar für den Umwelt- und Artenschutz sind bzw. die durch eine Beteiligung der Öffentlichkeit Teilhabe und Transparenz sichern, sind wichtige Errungenschaften, die es zu wahren gilt und die nicht leichtfertig abgeschafft werden sollten – insbesondere in Zeiten einer Klima- und Biodiversitätskrise. Schlechtgemachte Beschleunigungsregeln bringen außerdem Rechtsunsicherheit, und sorgen damit für Verzögerung statt Beschleunigung.
Von A wie Ablauf bis W wie Windenergieflächenbedarfsgesetz
Zuletzt aktualisiert im Dezember 2023.
Ablauf eines Zulassungsverfahrens
Zulassungs- bzw. Genehmigungsverfahren beginnen mit einem Antrag des*der Vorhabenträger*in (siehe Vorhabenträger*in), der*die das Vorhaben in den Antragsunterlagen beschreibt und die vom Gesetz geforderten Informationen einreicht. Anhand dieser Unterlagen beurteilt die zuständige Verwaltungsbehörde, ob das Vorhaben rechtmäßig ist und zugelassen werden kann.
Die Verfahrensschritte sind im Gesetz geregelt. Im Verfahren werden auch andere Behörden beteiligt, sofern ihre Bereiche betroffen sind. Viele Verfahren sehen auch die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Umweltverbände vor. Gegebenenfalls findet auch ein Erörterungstermin statt, bei dem es zum Austausch zwischen Vorhabenträger, Behörde und Öffentlichkeit kommt. Am Ende des verwaltungsbehördlichen Verfahrens entscheidet die zuständige Behörde über die Zulassung. Meist trifft die Behörde noch Nebenbestimmungen, die genauer regeln, wie das Vorhaben umzusetzen ist und betrieben werden soll.
Bei großen Infrastrukturvorhaben, wie Straßen- oder Stromnetzausbau gibt es vor dem eigentlichen Zulassungsverfahren noch vorgelagerte Planungsstufen – von einer Sichtung des Bedarfs geht es über eine grobe Planung bis zur konkreten Zulassung.
Abwägung
Das Gesetz verlangt von Behörden an verschiedenen Stellen, gegebenenfalls miteinander im Widerspruch stehende widerstreitende Belange zu ermitteln, zu gewichten und in ein angemessenes Verhältnis zueinander zu bringen – also auch darüber zu entscheiden, welchem Belang im konkreten Fall Vorrang gebührt. Auf Ebene der Planung kann das beispielsweise bei Aufstellung von Bebauungsplänen zum Tragen kommen.
Ein weiteres Beispiel sind Ausnahmen oder Befreiungsentscheidungen (siehe Ausnahmen und Befreiungen), wenn es darum geht, dass man vom Naturschutzrecht (z. B. dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot oder dem Verbot der Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten) abweichen möchte, um einem anderen Belang Rechnung zu tragen.
Ein neues, sehr anschauliches Beispiel ist § 2 EEG zur besonderen Bedeutung der erneuerbaren Energien. Darin heißt es: „Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse (siehe Öffentliches überragendes Interesse) und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.“
Akteure
Im Rahmen von Projekten, die von der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung profitieren sollen, gibt es stets eine*n Antragsteller*in, der*die das Projekt verwirklichen möchte. Das kann z.B. ein*e Anlagenbetreiber*in, ein*e Windparkprojektierer*in oder der*die Projektträger*in einer Autobahn sein.
Diese Antragsteller*in, auch Vorhabenträger*in (siehe Vorhabenträger*in) genannt, wendet sich mit dem Antrag an die zuständige Verwaltungsbehörde, die den Antrag prüft und zulässt, wenn das Vorhaben rechtmäßig ist. Sofern gesetzlich vorgesehen, beteiligt die Behörde, die das Verwaltungsverfahren leitet, die Öffentlichkeit und auch die Umweltverbände. Diese können regelmäßig Stellungnahmen einreichen und ihre Expertise einbringen sowie auf bestimmte Umstände hinweisen, die für die Umsetzung berücksichtigt werden sollten.
Kommt es nach Zulassung zum Streit darüber, ob diese rechtmäßig ist, können private Kläger*innen, Gemeinden und Umweltverbände unter bestimmten Voraussetzungen von einem Verwaltungsgericht überprüfen lassen, ob alle Vorgaben für die Zulassung eingehalten wurden.
Artenschutz
Im Rahmen von Zulassungen ist der Artenschutz zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes (siehe Bundesnaturschutzgesetz) zum besonderen Artenschutz, die Vorgaben für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten enthalten. Hier wird geregelt, dass bestimmte Arten nicht getötet oder gestört werden dürfen und es wird festgehalten, dass Fortpflanzungs- und Ruhestätten bestimmter Arten nicht beschädigt werden dürfen. Von diesen Regelungen darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Ausnahmen und Befreiungen
Unter bestimmten Voraussetzungen werden für Infrastrukturvorhaben (siehe Infrastruktur) Ausnahmen von gesetzlichen Verboten gemacht. Bei Abweichungen vom besonderen Artenschutz (siehe Artenschutz) muss hierfür ein Ausnahmegrund vorliegen, es darf keine zumutbare Alternative in Betracht kommen und der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Art darf sich nicht verschlechtern.
BImSchG
Das BImSchG ist das Bundesimmissionsschutzgesetz, in Langform, „Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge“. Das Gesetz gehört zum Umweltrecht und dient dazu, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen.
Das BImSchG bestimmt zudem, dass insbesondere die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, einer Genehmigung bedürfen. Welche Anlagen das genau sind, wird in einer Rechtsverordnung geregelt.
Sofern Anlagen also einer Genehmigung (siehe Genehmigung) nach dem BImSchG bedürfen, müssen die Genehmigungsvoraussetzungen eingehalten werden. Dies wird in einem Zulassungsverfahren geprüft. Während Planungsbeschleunigung in der Vergangenheit vor allem größere Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen betraf, ist sie inzwischen auch bei Anlagen nach dem BImSchG angelangt. So werden beispielsweise gängige Windenergieanlagen nach BImSchG zugelassen.
„Blaupause“
Der Ausdruck „Blaupause“ hat erst einmal nichts mit Planungsbeschleunigung zu tun. Man verwendet ihn, wenn man ausdrücken möchte, dass etwas als Muster oder Vorbild für weitere Verfahren dienen kann.
Im Zusammenhang mit Planungsbeschleunigung wird häufig davon gesprochen, dass die jüngsten Gesetzesänderungen eine „Blaupause“ für weitere Gesetzesanpassungen zur Beschleunigung von Verfahren sein können. Hier gilt es, wachsam zu unterscheiden, ob eine Notlage es ausnahmsweise rechtfertigt, bestimmte Prüfungen zu modifizieren oder gar ganz wegzulassen.
In der Regel ist es für Vorhaben durchaus angebracht, den Behörden und der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zuzugestehen, sorgfältig zu prüfen, welche Auswirkungen das Projekt auf die Umwelt insgesamt hat.
BNatSchG
Das BNatSchG ist das Bundesnaturschutzgesetz, in Langform, „Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege“. Das BNatSchG ist eines der zentralen Gesetze des Bundes, um EU-Naturschutzrecht umzusetzen und naturschutzrechtliche Vorgaben etwa zum Arten- und Gebietsschutz zu machen. Im Zusammenhang mit Planungsbeschleunigung kommt dem BNatSchG insbesondere beim Biotopschutz, beim Schutz des Netzes Natura 2000 und beim Artenschutz große Bedeutung zu. Es regelt zudem, wie Eingriffe in Natur- und Landschaft kompensiert werden.
Das BNatSchG wurde im Rahmen der jüngsten Gesetzesänderungen um Vorschriften und einen Anhang ergänzt, die sich unter anderem mit dem Umgang mit kollisionsgefährdeten Brutvogelarten bei der Zulassung von Windenergieanlagen befassen. Die Änderungen sollen den Behörden helfen, schneller beurteilen zu können, ob es beim Betrieb von Windenergieanlagen zu Konflikten mit kollisionsgefährdeten Brutvogelarten kommt. Man verspricht sich von dieser Art „Standardisierung“ (siehe Standardisierung) einen Zeitgewinn.
Die konkreten Regelungen stehen allerdings in der Kritik, weil wissenschaftlich nicht nachvollziehbar ist, wieso einige Arten nicht als kollisionsgefährdet ins Gesetz aufgenommen wurden, obwohl sie bis zur Gesetzesänderung als solche galten. Zudem ist nicht wissenschaftlich fundiert belegt, wie die im Gesetz genannten Abstände zwischen Windenergieanlage und Brutplatz festgelegt wurden. Dies ist insbesondere mit Blick auf das Europarecht, dass alle europäischen Brutvogelarten schützt, kritisch.
Daten
Insbesondere bei der Prüfung naturschutzfachlicher Fragen im Rahmen eines Zulassungsverfahrens kommt es auf die Datengrundlage an. Ohne Daten lässt sich kaum beurteilen, ob bestimmte Arten potenziell von dem Vorhaben betroffen sein können. Meist ist es so, dass die erforderlichen Daten von Kartierer*innen für die Gutachten erhoben werden.
Im Rahmen der Planungsbeschleunigung für erneuerbare Energien erlaubt das Europarecht und inzwischen auch das nationale Recht unter bestimmten Voraussetzungen, einen Verzicht auf solche Datenerhebung im Rahmen der Zulassung durch einen Wegfall der Artenschutz- und Umweltverträglichkeitsprüfung (siehe Umweltverträglichkeitsprüfung). Um dennoch die Auswirkungen auf Arten beurteilen zu können, sieht das Gesetz vor, dass die Behörde „auf Grundlage vorhandener Daten“ sicherstellt, dass geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen ergriffen werden.
Deutschlandpakt
Am 7. November 2023 haben der Bundeskanzler und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer den sogenannten „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern“ geschlossen. Der Wortlaut ist hier abrufbar.
Ursprünglich ging es beim Pakt berechtigterweise um die Ausstattung der betroffenen Behörden mit ausreichend Personal und um dessen Finanzierung. Nunmehr werden darin über 100 Maßnahmen gesammelt, die bei der Planungsbeschleunigung den Durchbruch bringen sollen – zur Finanzierung konnte man sich nur auf den Einschub einigen, dass die Länder vom Bund 500 Millionen Euro erwarten.
Während Dinge wie die Digitalisierung oder eine bessere Datenverfügbarkeit (siehe Daten) zu befürworten sind, beinhaltet die auch „Deutschlandpakt“ genannte Vereinbarung durchaus kritische Aspekte: Fristverkürzungen, Genehmigungsfiktionen, Präklusion, der Verzicht auf Genehmigungsverfahren, Ausnahmen von der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Vieles davon soll nun nicht mehr allein dem Ausbau der erneuerbaren Energien zukommen, sondern auch für andere Vorhaben gelten. Man will sich außerdem darum bemühen, auf europarechtlicher Ebene Änderungen herbeizuführen, damit das Europarecht nicht mehr als Begrenzung nationalen Regelungen entgegensteht.
Ein Lichtblick ist, dass verhindert werden konnte, das Umweltverbandsklagerecht (siehe Verbandsklage), das völkerrechtlich begründet ist, stark zu beschränken. Allein der Versuch zeigt jedoch, dass die Mitwirkung der Umweltverbände von vielen als Hindernis verstanden wird, obwohl die Expertise der Verbände dabei hilft, Planung zu verbessern und Fehlern vorzubeugen.
Näheres zum Deutschlandpakt ist auch in unserer Blogreihe zur Planungsbeschleunigung zu finden.
Digitalisierung
Die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen birgt Beschleunigungspotential und ist zeitgemäß. Auch digitale Datensammlungen (siehe Daten) sind vorteilhaft. Dabei muss jedoch im Blick behalten werden, dass es auch praktikabel sein muss. Wenn bei einer Auslegung hunderte von Dokumenten einzeln aufzurufen sind, Unterlagen nicht zum Download zu Verfügung stehen, Pläne sich nicht angemessen darstellen lassen, führt dies nicht zu einer Verbesserung. Außerdem kann der persönliche Kontakt und Austausch Konflikte entschärfen und Klagen vorbeugen.
Erneuerbare-Energien-Richtlinie
Siehe RED.
Erörterungstermin
Nach Ablauf der Frist, die für das Erheben von Einwenden vorgesehen ist, kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem*der Antragsteller*in, den Behörden und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, in einem Erörterungstermin besprechen. Viele Gesetze sehen inzwischen vor, dass – auch zu Beschleunigungszwecken – auf den Erörterungstermin verzichtet werden kann.
Ein Erörterungstermin findet in solchen Fällen nur statt, wenn die Genehmigungsbehörde zum Ergebnis kommt, dass seine Durchführung sachgerecht und erforderlich ist, wenn der*die Antragsteller*in dies wünscht oder wenn er gesetzlich noch vorgesehen ist. Diese Verkürzung ist misslich, denn so entfällt an vielen Stellen die akzeptanzfördernde Möglichkeit des Informationsaustausches, der Aufklärung über das Vorhaben und der Gelegenheit, Fachwissen einzubringen und sich zu Aspekten auszusprechen.
EU-Notfallverordnung
Die EU-Notfallverordnung oder auch nur Not- bzw. Eilverordnung heißt, in Langform, „VERORDNUNG (EU) 2022/2577 DES RATES vom 22. Dezember 2022 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien“. Hierin hat der Rat der Europäischen Union ohne Mitwirkung des Europäischen Parlaments „vorübergehende“ Notfallvorschriften festgelegt, um das Verfahren zur Genehmigungserteilung für erneuerbare Energien zu beschleunigen.
Dazu gehört die Festlegung der Annahme, dass die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen sowie ihr Netzanschluss, das betreffende Netz selbst und die Speicheranlagen im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen. Dieses Interesse spielt im Rahmen von Abwägungen eine Rolle und soll den Projekten besonderes Gewicht verleihen. Es gibt weiter Vorgaben dafür, wie lange Genehmigungsverfahren dauern dürfen und zum Repowering.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, bestimmte Projekte von der Pflicht zur Artenschutz- und Umweltverträglichkeitsprüfung zu befreien, sofern die Projekte in einem für erneuerbare Energien oder Stromnetze vorgesehenen und ausgewiesenen Gebiet für damit verbundene Netzinfrastruktur, durchgeführt werden. Für dieses Gebiet muss bei seiner Ausweisung eine strategische Umweltprüfung durchgeführt worden sein. Die zuständige Behörde stellt zudem sicher, dass auf der Grundlage vorhandener Daten geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen ergriffen werden, um die Einhaltung des Artenschutzes zu gewährleisten. Falls solche Maßnahmen nicht verfügbar sind, stellt die Behörde sicher, dass der Betreiber einen finanziellen Ausgleich für Artenschutzprogramme zahlt, damit der Erhaltungszustand der betroffenen Arten gesichert oder verbessert wird.
Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber in Deutschland für Windenergie an Land und auf See sowie für bestimmte Stromnetze Gebrauch gemacht und dafür Regelungen geschaffen. Kritisch ist hier, dass eine strategische Umweltprüfung, die bei Ausweisung der Gebiete erfolgt, den Artenschutz – wenn überhaupt – nur sehr grob abprüft und dass die Datengrundlage nicht flächendeckend gut ist, sodass es häufig zu Zahlungen anstelle von konkreten Minderungsmaßnahmen kommen kann.
Voraussichtlich wird noch im Dezember 2023 eine neue Verordnung erlassen, die die EU-Notfallverordnung fortschreibt.
Fristverkürzung
Wenn es um Fristverkürzungen geht, können davon verschiedene Fristen betroffen sein. Es kann um Fristen gehen, die Behörden gegenüber dem*der Antragsteller*in einhalten müssen. Es können aber auch Fristen sein, die eine Behörde einer zu beteiligenden anderen Behörde vorgibt. Außerdem kann es um Fristen gehen, die für die Öffentlichkeit und Umweltverbände gelten, wenn es um ihre Beteiligung an Verfahren geht – zum Beispiel die Dauer der Auslegung von Unterlagen oder die Dauer der Frist, innerhalb derer Einwendungen erhoben werden müssen.
Abschließend können Fristen eine Rolle spielen, die im Rechtsschutzverfahren vor den Gerichten gelten, wenn eine Zulassungsentscheidung gerichtlich angegriffen wird. Durch das Einführen oder Verkürzen von Fristen soll das Verfahren beschleunigt werden. Die Fristen müssen jedoch eine angemessene Prüfung durch die Behörden ermöglichen. Insbesondere Fristverkürzungen dürfen nicht dazu führen, dass Beteiligungsrechte oder der Rechtsschutz (siehe Rechtsschutz) entwertet werden, weil sie so kurz sind, dass man sich nicht sinnvoll mit den oft umfassenden Unterlagen auseinandersetzen kann.
Genehmigung
Der Begriff „Planungsbeschleunigung“ greift oft zu kurz, weil meist auch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren gemeint ist. Die Genehmigung eines Vorhabens ist die Entscheidung der Behörde, das Vorhaben zuzulassen. Sie ergeht als Verwaltungsakt. Genehmigungs- oder Zulassungsverfahren werden auf Antrag von der zuständigen Behörde betrieben und münden, sofern das Vorhaben alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt – in der Genehmigung. Die Genehmigung berechtigt den*die Vorhabenträger*in (siehe Vorhabenträger*in) zur Umsetzung des Vorhabens, wobei er*sie die Nebenbestimmungen in der Genehmigung zu beachten hat, die die Behörde erlässt.
Unter bestimmten Voraussetzungen können betroffenen Dritte oder Umweltverbände rechtlich gegen die Genehmigung vorgehen. Hier kommen gegebenenfalls ein Widerspruch bei der Behörde oder ein Eilantrag und/oder eine Klage beim Verwaltungsgericht in Betracht.
Genehmigungsfiktion
Die Genehmigungsfiktion beschreibt einen Mechanismus, nach dem nach Ablauf einer bestimmten Frist, die beantragte Genehmigung als erteilt gilt. Diese Zustimmung kann zwischen unterschiedlichen Verwaltungsträgern eingesetzt werden – beispielsweise, wenn eine zu beteiligende Behörde sich nicht rechtzeitig zu einem Vorhaben zurückmeldet. Sie kann aber auch nach außen gegenüber dem*der Vorhabenträger*in eingesetzt werden, der*die nach gewissem Zeitablauf bei fehlender Rückmeldung der Behörde unter bestimmten Voraussetzungen in den Genuss einer Fiktion der beantragten Genehmigung (siehe Genehmigung) kommt.
An lediglich fingierten Zustimmungen oder Genehmigungen ist problematisch, dass die vom Gesetz geforderte Prüfung nicht stattgefunden hat. Stellt man nachträglich fest, dass Voraussetzungen für die Genehmigung letztlich nicht vorliegen, kann die Behörde diese rechtswidrige Genehmigung unter bestimmten Voraussetzungen zurücknehmen. Der vermeintliche Vorteil einer schnellen, fingierten Genehmigung wird daher durch den Nachteil der mit ihr verbundenen Rechtsunsicherheit wettgemacht. Auch die Genehmigungsfiktion wird im Deutschlandpakt als einzusetzendes Mittel genannt.
Go-to-Gebiet
Der Ausdruck des Go-to-Gebietes stammt aus der Entstehungsgeschichte der Novelle der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie. Damit sollten Gebiete bezeichnet werden, in denen Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien konzentriert werden sollen, weil dort Vereinfachungen im Genehmigungsverfahren gelten. Letztlich werden diese Gebiete in der Novelle nun „Beschleunigungsgebiete“ genannt.
Infrastruktur
Während Planungsbeschleunigung sich anfangs vor allem auf Verkehrswege bezog, sollen inzwischen auch andere Vorhaben schneller umgesetzt werden können. Umfasst ist auch die Energieinfrastruktur, die insbesondere Anlagen der erneuerbaren Energien und Stromnetze umfasst.
Beim Verkehr geht es um Straßen, Schienen und Wasserstraßen. Aber auch Anlagen, die nicht unter das klassische Verständnis von „Infrastruktur“ fallen und die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (siehe BImSchG) genehmigt werden müssen, sollen gemäß einem Abschnitt des sogenannten Deutschlandpaktes (siehe Deutschlandpakt) beschleunigt zugelassen und verwirklicht werden können.
Legalplanung
Von Legalplanung spricht man, wenn Vorhaben nicht durch eine Entscheidung der Verwaltung zugelassen werden, sondern wenn ein Gesetz die Zulassung bestimmt. Ein solches Vorgehen war bis vor kurzem im sogenannten Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz vorgesehen, durch das bestimmte Verkehrsinfrastrukturprojekte durch den Bundestag zugelassen werden sollten. Hieran wurde insbesondere kritisiert, dass eine Zeitersparnis kaum zu erwarten sei und dass eine Kontrolle der jeweiligen Gesetze nicht mehr durch die Verwaltungsgerichte, sondern nur noch durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen könne.
Das Bundesverfassungsgericht kontrolliert jedoch nur, ob das Gesetz mit der Verfassung im Einklang steht. Verstöße gegen Umweltrecht – wie etwa eine korrekt durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung oder Verbandsbeteiligung – gehören nicht dazu. Im November 2023 wurde beschlossen, das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz wieder aufzuheben. Auch Richter*innen sehen die Legalplanung kritisch. Umso mehr erstaunt es, dass im sogenannten Deutschlandpakt (siehe Deutschlandpakt) aus dem November 2023 wieder von der Legalplanung die Rede ist.
LNG-Gesetz
Das sogenannte LNG-Gesetz aus dem Mai 2022 heißt, in Langform, „Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz)“. Es soll der Sicherung der nationalen Energieversorgung durch die zügige Einbindung verflüssigten Erdgases (in kurz LNG) in das bestehende Fernleitungsnetz dienen und die Zulassung von Errichtung und Inbetriebnahme einer Reihe genau bezeichneter Vorhaben beschleunigen. Das Gesetz wurde beschlossen, um einem befürchteten Gasmangel entgegenzutreten, als die Versorgungssicherheit fraglich war, weil Russland die Ukraine angegriffen hatte. Es beinhaltet eine Reihe von Regelungen, die zur Planungs- und Umsetzungsbeschleunigung von LNG-Vorhaben beitragen.
Dazu gehört, die Feststellung, dass die Durchführung der Vorhaben aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses (siehe überragendes öffentliches Interesse) und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Zudem werden für diese Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der Bedarf zur Gewährleistung der Versorgung der Allgemeinheit mit Gas festgestellt. Diese gesetzliche Feststellung erschwert die Argumentation, dass für die Vorhaben keine Rechtfertigung besteht.
Es kann zudem von der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (siehe Umweltverträglichkeitsprüfung) abgesehen werden. Voraussetzung dafür ist, dass eine beschleunigte Zulassung des konkreten Vorhabens geeignet ist, einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden.
Es kommt auch hier zu Fristverkürzungen (siehe Fristverkürzungen) im Immissionsschutz-, Planungs- und Wasserrecht: Die Unterlagen werden nur noch eine Woche lang ausgelegt und die Öffentlichkeit kann nur noch bis eine Woche nach Ablauf der Auslegungsfrist gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben. Eine fundierte Stellungnahme zu erarbeiten, ist in dieser kurzen Zeit kaum möglich. Darunter leiden Transparenz und Akzeptanz für die Vorhaben, wie man am Beispiel Rügen sehen kann.
Außerdem kann die Festsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz (siehe BNatSchG) bis zu zwei Jahre nach Erteilung der Zulassungsentscheidung erfolgen und ist somit erst nachträglich möglich.
All diese Mittel der Planungsbeschleunigung werden nun auch von anderen Branchen und losgelöst von der Sondersituation einer drohenden Gasmangellage für ihre Vorhaben eingefordert. Das LNG-Gesetz wird daher oft als „Blaupause“ (siehe „Blaupause“) genannt. Wir fordern, die bewährten Prüfungen nicht ersatzlos abzuschaffen, da sie für die Ermittlung und Berücksichtigung von Umweltbelangen wichtig sind und die Umweltverträglichkeit von Vorhaben sicherstellen.
Öffentlichkeitsbeteiligung
Das Gesetz sieht für bestimmte Verwaltungsverfahren die Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Diese erfolgt durch die Auslegung – also die Veröffentlichung – des Antrags und der dazugehörigen Unterlagen. Nach Auslegung haben die Mitglieder der Öffentlichkeit und die Umweltverbände die Gelegenheit, Einwendungen zu erheben. In bestimmten Fällen findet ein Erörterungstermin (siehe Erörertungstermin) statt, bei dem die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem*der Antragsteller*in und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden.
Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung ist, Sachverstand und Erfahrungen von vor Ort einzubringen. Umweltverbände geben außerdem altruistisch den Belangen (wie etwa der Natur) eine Stimme, die sich selbst nicht äußern können.
Einige jüngere Gesetzesänderungen sehen hier vor, das Verfahren durch Digitalisierung (siehe Digitalisierung) zu beschleunigen. Mag es auch vorteilhaft sein, Antragsunterlagen digital einsehen zu können, sollte jedoch immer bedacht werden, dass hier eine übersichtliche Darstellung der Unterlagen unabdingbar ist. Sie müssen sich gut anzeigen lassen und herunterladbar sein. Auch kann ein digitaler Austausch nicht die persönliche Rede und Gegenrede ersetzen, die dazu beitragen kann, frühzeitig Konflikte aufzuzeigen und für Transparenz und damit auch für die nötige Akzeptanz sorgt.
Zu beachten ist auch, dass es in Verfahren, in denen aufgrund der neuen Regelungen keine Umweltverträglichkeitsprüfung (siehe Umweltverträglichkeitsprüfung) mehr erforderlich ist, auch aufgrund des Wegfalls der Umweltverträglichkeitsprüfung keine Öffentlichkeitsbeteiligung mehr stattfindet.
Kritisch sind auch die Bestrebungen, die Beteiligungsfristen zu verkürzen, da die Unterlagen in der Regel umfangreich sind.
Oster- und Sommerpaket
Die beiden Pakete umfassen eine Vielzahl von Gesetzesänderungen aus dem Jahr 2022, die zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien beschlossen wurden. Dazu gehören unter anderem Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Wind-auf-See-Gesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes (siehe BNatSchG) oder die Schaffung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (siehe Windenergieflächenbedarfsgesetz). In all diesen und weiteren Gesetzen wurden unterschiedliche Instrumente zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung geregelt.
Weitere Informationen zu den Änderungen des BNatSchG finden sie hier.
Ende des Jahres 2022 wurde dann noch die – zunächst bis zum Sommer 2024 befristete und voraussichtlich verlängerte – EU-Notverordnung (siehe EU-Notverordnung) erlassen, die zusätzliche Beschleunigungsmöglichkeiten vorsieht und die nun durch die Novelle der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie teilweise dauerhaft gültig bleibt.
Planfeststellungsbeschluss
Ein Planfeststellungsbeschluss lässt wie eine Genehmigung (siehe Genehmigung) ein beantragtes Vorhaben zu. In einigen Gesetzen wird angeordnet, dass Vorhaben durch einen Planfeststellungsbeschluss zugelassen werden. Das ist etwa bei Bundesfernstraßen, Betriebsanlagen der Eisenbahn, Bundeswasserstraßen, Flughäfen, Abfalldeponien, Gewässerausbau, bestimmte Hochspannungs- und Gasleitungen der Fall, die allesamt raumbezogene Vorhaben darstellen.
Der Planfeststellungbeschluss ist ein Verwaltungsakt (siehe Verwaltungsakt), gegen den gerichtlich vorgegangen werden kann.
Präklusion
Näheres hierzu auch in unserem Blog, den wir hier ausschnittweise zitieren:
Präklusion ist eine juristische Regelung, die bestimmt, dass Einwände gegen Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist vorgetragen werden müssen, damit sie berücksichtigt werden. Nach Ablauf der Frist können sie nicht mehr geltend gemacht werden und das Vorbringen ist von dem Prozess ausgeschlossen. Dies ist insofern kritisch, als nicht immer alle Kritikpunkte schon von Anfang an in – regelmäßig nicht anwaltlich begleiteten – behördlichen Verfahren gesehen werden können. Die formelle Präklusion bezieht sich allein auf das behördliche Verwaltungsverfahren bis zur Beschlussfassung. Die materielle Präklusion geht darüber hinaus, indem die Einwendungen auch von anschließenden gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen sind.
Der Europäische Gerichtshof sieht materielle Präklusionsregeln kritisch, weil die Aarhus-Konvention in Art. 9 Abs. 2 einen weiten Gerichtszugang und eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle vor Gericht vorsieht. Der EuGH leitete daraus eine strikte Unzulässigkeit materieller Präklusionsregeln ab, da diese den genannten Zielen entgegenlaufen würden.
Bund und Länder erkennen an, dass materielle Präklusionsregeln in weiten Teilen unionsrechtswidrig und völkerrechtswidrig sind. Anstatt die Bedeutung der Aarhus-Konvention und des Umweltschutzes anzuerkennen, ist jetzt jedoch laut Deutschlandpakt (siehe Deutschlandpakt) geplant, auf europäischer und internationaler Ebene einzuwirken, um danach auf nationaler Ebene materielle Präklusionsregeln ausweiten und ermöglichen zu können.
Rechtsschutz
Als Rechtsschutz wird der Schutz bezeichnet, der es ermöglicht, Vorgänge gerichtlich überprüfen zu lassen. Rechtsschutz ist ein Grundprinzip des Rechtsstaates. Er kann lediglich dazu führen, dass Recht und Gesetz beachtet wird, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Die teils harsche Kritik an einigen Beschleunigungsmaßnahmen lässt die Frage aufkommen, wie man die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen und der dazugehörigen Gesetze prüfen lassen kann.
Vorab: Gegen Gesetze selbst vorzugehen, ist nur selten möglich, weil das für diese Verfahren zuständige Bundesverfassungsgericht insbesondere Verstöße des Gesetzes gegen Grundrechte des*der Beschwerdeführer*in prüft. Umwelt- und Naturschutz berühren hier jedoch meist keine Grundrechte.
Bei Verstößen gegen Europarecht kann eine Beschwerde bei der EU-Kommission erhoben werden. Diese sind jedoch sehr langwierig.
Letztlich können Private und Umweltverbände unter bestimmten Voraussetzungen gegen die Zulassung des jeweiligen Vorhabens gerichtlich vorgehen. Sollten sich dabei Fragen zur Vereinbarkeit mit dem Europarecht stellen, kann das befasste Gericht diese Fragen zur Klärung dem Europäischen Gerichtshof vorlegen.
RED
„RED“ ist die Abkürzung für „Renewable energy directive“ – die Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Diese wurde am 18. Oktober 2023 erneuert. Hierin sind unter anderem unterschiedliche Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien enthalten, die dazu dienen sollen, das Ziel der Klimaneutralität in der EU bis 2050 zu erreichen.
Die Regelungen der Richtlinie müssen nun (unterschiedlich schnell) in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Mitgliedsstaaten sollen unter anderem sogenannte „Beschleunigungsgebiete“ für erneuerbare Energien ausweisen. In diesen Gebieten können Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie unter erleichterten Prüfvoraussetzungen zugelassen werden. Beispielsweise muss dann keine Umweltverträglichkeitsprüfung (siehe Umweltverträglichkeitsprüfung) und keine FFH-Verträglichkeitsprüfung mehr stattfinden. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass bei Ausweisung dieser Gebiete Minderungsmaßnahmen festgelegt wurden, um mögliche nachteilige Umweltauswirkungen zu vermeiden.
Es gibt zudem die Möglichkeit bereits ausgewiesene Gebiete zu „Beschleunigungsgebieten“ zu erklären. Hier ist jedoch kritisch, dass bei Ausweisung der Gebiete oft keine ausreichend vertiefte Artenschutzprüfung stattgefunden hat und somit kaum sichergestellt werden kann, dass dieser Belang ausreichend berücksichtigt wird. Immerhin soll die Behörde vor Zulassung noch ein „Screening“ durchführen, nachteilige Auswirkungen, die im Rahmen der Ausweisung des Gebiets nicht erkannt wurden, abzufangen.
Insgesamt sorgt die gewählte Regelungstechnik in keinem Fall für Rechtsklarheit. Außerdem geht mit der Ausweisung von Beschleunigungsgebieten für Erneuerbare leider nicht parallel eine Ausweisung von „Beschleunigungsgebieten für die Natur“ einher.
Hier wie auch bei anderen Stellen der Richtlinie wird es spannend sein, zu sehen, wie der deutsche Gesetzgeber die Umsetzung angeht. Umwelt- und naturschutzbezogenen Belangen sollten ausreichend Rechnung getragen werden.
Standardisierung
Die Standardisierung als Mittel der Planungsbeschleunigung beschreibt letztlich, dass durch Vereinheitlichung Zeiteinsparungen erzielt werden sollen. Es geht darum, dass einheitliche Vorgaben zur Berücksichtigung von Naturschutzbelangen bei der Genehmigung von Vorhaben festgelegt werden.
Ein anschauliches Beispiel bietet § 45b BNatSchG, der auf einen Anhang des Gesetzes verweist und durch die Festlegung, welche Brutvogelarten Gefahr laufen mit Windenergieanlagen zu kollidieren, Streit darüber vermeiden will, wenn es um konkrete Genehmigungen (siehe Genehmigung) geht. Es werden zudem Abstände festgelegt, innerhalb derer unterschiedliche Einschätzungen bezüglich der potenziellen Gefahr getroffen werden.
Grundsätzlich kann Standardisierung zu Beschleunigung beitragen. Umwelt- und Naturschutzbelange werden jedoch nur dann ausreichend berücksichtigt, wenn die festgelegten Standards wissenschaftlich abgeleitet und begründet sind.
Entsprechend kritisch sind die neuen Regelungen des § 45b BNatSchG, denn hier schweigen Gesetz und Gesetzesbegründung dazu, wie entschieden wurde, welche Arten auf die Liste kommen und wie groß die Abstände sind. Hinzu kommt, dass Standardisierungen – so wie eigentlich jede rechtliche Neuregelung – klar und nachvollziehbar sein sollten, damit nicht aufgrund von Auslegungsschwierigkeiten Zeitverluste und Rechtsunsicherheit eintreten.
Stichtagsregelungen
Eine Stichtagsregelung soll dafür sorgen, dass Änderungen der Sach- und Rechtslage nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt berücksichtigt werden müssen. Im BImSchG (siehe BImSchG) gibt es eine solche Regelung für Genehmigungen (siehe Genehmigung) von Anlagen für erneuerbare Energien bereits. Danach hat die Behörde ihre Entscheidung auf Antrag des*der Vorhabenträger*in (siehe Vorhabenträger*in) auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Stellungnahmefrist, die zu beteiligenden Behörden zugestanden wird, zu treffen.
Beschleunigung soll also dadurch erreicht werden, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage auf diese Weise vorgezogen wird. Normalerweise gilt der Grundsatz, dass die Genehmigungsvoraussetzungen auch noch zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung vorliegen müssen und bis dahin auftretende Änderungen vollumfänglich zu berücksichtigen sind.
Aus Sicht des Naturschutzes wäre es wünschenswert, dass Veränderungen (beispielsweise im Artvorkommen) in die Genehmigungsentscheidung einfließen können. Befürworter*innen der Stichtagsregelung wollen durch Stichtage verhindern, dass Antragsunterlagen nachgebessert werden müssen, wenn sich Änderungen ergeben.
Überragendes öffentliches Interesse
Die Festlegung, dass bestimmte Belange im überragenden öffentlichen Interesse liegen, soll bei wertungsoffenen Spielräumen, also z. B. bei Abwägungs- (siehe Abwägung), Ermessens- oder Planungsentscheidungen, die Entscheidung „vorprägen“. Dem betroffenen Belang soll also gegenüber anderen Belangen ein besonders hohes Gewicht zukommen.
Schon seit einiger Zeit wird der Begriff in Gesetzen zum Energieleitungsbau und zum Netzausbau verwendet, führte jedoch ein Schattendasein. Seit Juli 2022 erlebte er mit Änderung des § 2 EEG eine neue Hochphase. Nach § 2 EEG liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die erneuerbare Energie erzeugen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Gleiches gilt durch verschiedene Gesetzesänderungen nun unter anderem auch für Onshore und Offshore Windenergieanlagen, für LNG-Vorhaben, eine Reihe von Bundesfernstraßen, verschiedene Vorhaben im Zusammenhang mit der Bahn und Schnelladesäulen an Bundesfernstraßen.
Diese „Inflation“ des überragenden öffentlichen Interesses wird auch kritisiert – wenn alles überragend wichtig ist, ist nichts mehr da, was überragt werden kann. Wichtig ist, zu erkennen, dass trotz Entscheidungsvorprägung gerade mit Blick auf den Naturschutz ein Spielraum verbleibt, der auch zugunsten des Artenschutzes (siehe Artenschutz) genutzt werden kann.
Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP
Umweltprüfungen umfassen nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans auf die Schutzgüter. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge sowie der Berücksichtigung der verschiedenen Umweltbelange und werden nach einheitlichen Grundsätzen sowie unter Öffentlichkeitsbeteiligung (siehe Öffentlichkeitsbeteiligung) durchgeführt.
Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
Während für die Zulassung bestimmter konkreter Projekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, wird bei der Aufstellung oder Änderung von Plänen eine sogenannten Strategische Umweltprüfung durchgeführt. Beide Prüfungen haben einen europarechtlichen Hintergrund und umfassen eine Beteiligung der Öffentlichkeit.
Werden nun – wie zusehends häufiger – aus Beschleunigungsgründen Ausnahmen von der Pflicht einer UVP eingeräumt, entfällt so gegebenenfalls auch die Beteiligung der Öffentlichkeit. So kommen nicht nur Ermittlung und Bewertung von Umweltauswirkungen, sondern auch Transparenz und dadurch erreichbare Akzeptanz zu kurz.
Verbandsklage
Das Umweltrechtsbehelfsgesetz enthält ebenso wie § 64 BNatSchG eine „uneigennützige“ Klagemöglichkeit der Umweltverbände, deren Ziel es nicht ist, die Beachtung von Rechten für einen Dritten durchzusetzen, sondern im Sinne einer Rechtskontrolle die Einhaltung des Umweltrechts zu verlangen. Diese Klagemöglichkeit ist insofern berechtigt, als Umweltgüter selbst ihre Stimme nicht erheben können („a fish cannot go to court“).
Das Umweltrechtsbehelfsgesetz regelt auch unter welchen Voraussetzungen, Umweltverbände von der Klagemöglichkeit des Umweltrechtsbehelfsgesetzes Gebrauch machen können. Dieses Klagerecht macht deutlich, warum man bei den Umweltverbänden auch von den „Anwälten der Natur“ spricht.
Es hält sich die Behauptung, die Verbände würden ihr Klagerecht missbräuchlich verwenden. Studien zeigen indes, dass die Verbände nur in sorgfältig ausgewählten Fällen klagen und dabei überdurchschnittlich erfolgreich sind. Eingeklagt wird zudem nur die Selbstverständlichkeit, geltendes Recht einzuhalten.
Verwaltungsakt
Ein Verwaltungsakt bezeichnet eine Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme einer Behörde zur Regelung von Einzelfällen im öffentlichen Gebiet mit Außenwirkung. Die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung der Behörde über die Zulassung eines beantragten Vorhabens, also die Genehmigung, ergeht beispielsweise durch Verwaltungsakt. Auch ein Planfeststellungsbeschluss ist ein Verwaltungsakt.
Verwaltungsgerichte
Wird Rechtsschutz gegen Zulassungsentscheidungen der Verwaltung, z: B. Behörden, gesucht, sind bei Infrastrukturvorhaben, die nach verwaltungsrechtlichen Regelungen genehmigt werden, die Verwaltungsgerichte zuständig. Je nach Vorhaben kann entweder ein Verwaltungsgericht, ein Oberverwaltungsgericht oder das Bundesverwaltungsgericht zuständig sein.
Im Rahmen der Planungsbeschleunigung wurden zahlreiche Vorhaben erstinstanzlich dem Bundesverwaltungsgericht zugewiesen. Hierdurch entfällt eine reguläre Stufe der Überprüfung im Rechtsschutzverfahren.
Vorhabenträger*in
Vorhabenträger*in, Träger*in des Projektes oder Antragssteller*in bezeichnet die Person oder das Unternehmen, die oder das das Vorhaben beantragt hat und umsetzen möchte.
Vorzeitiger Maßnahmenbeginn
Der vorzeitige Maßnahmenbeginn (wie er im Deutschlandpakt (siehe Deutschlandpakt) genannt wird) bzw. die Zulassung des vorzeitigen Beginns ermöglicht es, dass die Genehmigungsbehörde auf Antrag vorläufig zulässt, dass bereits vor Erteilung der Genehmigung (siehe Genehmigung) mit der Errichtung, begonnen wird.
Dies ist nur möglich, wenn
1. mit einer Genehmigung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann,
2. ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an dem vorzeitigen Beginn besteht und
3. der Antragsteller sich verpflichtet, alle Schäden zu ersetzen, die durch die Errichtung der Anlage verursacht werden und, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen.
Kritisch ist im Zusammenhang mit dem Natur- und Umweltschutz, dass vorzeitig zugelassene Baumaßnahmen nicht einfach so wieder rückgängig gemacht werden können. Bis der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden kann, braucht es eine gewisse Zeit – der einmal gerodete Wald wächst nicht über Nacht nach.
Häufig wird auch kritisiert, dass Behörden – sind durch den vorzeitigen Baubeginn bereits Tatsachen geschaffen worden – sich schwertun, einen Rückbau anzuordnen, wenn sich herausstellt, dass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist. Ein Beispiel, in dem sogar mit einer Vielzahl von Zulassungen vorzeitigen Beginns gearbeitet wurde, ist das Tesla-Werk in Brandenburg.
Windenergieflächenbedarfsgesetz
Das Windenergieflächenbedarfsgesetz heißt in Langform Gesetz zur Festlegung von Flächenbedarfen für Windenergieanlagen an Land, in Kurzform WindBG und wurde im Juli 2022 erlassen.
Ziel dieses Gesetzes ist es, die Energiewende und damit den Klima- und Umweltschutz durch den beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land zu fördern. Hierfür gibt dieses Gesetz den Bundesländern verbindliche Vorgaben vor, wie viel Prozent ihrer Landesfläche sie für den Ausbau der Windenergie an Land bereitstellen müssen.
Die Bundesländer sollen durch das Gesetz dazu gebracht werden, Flächen für Windenergie vorzusehen, damit der ins Stocken gekommene Ausbau wieder an Fahrt aufnimmt. Insgesamt sollen deutschlandweit etwa 2% der Landesfläche für Windenergieerzeugung zur Verfügung stehen. Auf den ausgewiesenen Flächen, den sogenannten Windenergiegebieten, können Vorhabenträger*innen (siehe Vorhabenträger*in) dann Genehmigungen für Bau und Betrieb von Windenergieanlagen beantragen. Das Genehmigungsverfahren innerhalb dieser Gebiete wird durch die EU-Notfallverordnung beschleunigt. So darf innerhalb der Gebiete unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Artenschutz- und Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden. Einige dieser Beschleunigungsinstrumente sollen nun durch den Erlass der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie dauerhaft gelten. Hier gilt es die Datenverfügbarkeit zu Artvorkommen und -verbreitung zu erhöhen, damit entsprechende Minderungsmaßnahmen getroffen werden können. Außerdem sollten die Auswirkungen beobachtet werden, damit im Notfall gegengesteuert werden kann.
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