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Jetzt NABU-Mitglied werden!Braune Ökos und völkische Aussteiger*innen
Warum sich Rechtsextreme für die Natur einsetzen
Die meisten Menschen nehmen Umweltschutz eher als politisch links wahr. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt: Das Engagement für die Natur hat auch konservativ-völkische Wurzeln. Als Naturschutz im ausgehenden 19. Jahrhundert zum Thema wurde, war er eng mit dem Schutz der Heimat, mitunter sogar des „deutschen Volkes“ verbunden. Auch antisemitische Aussagen finden sich bei einigen ökologischen Vordenker*innen dieser Zeit. „Historisch haben Naturschützer*innen phasenweise nationalistisch, ja sogar stark völkisch argumentiert“, sagt Hans-Werner Frohn, Geschäftsführer der Stiftung Naturschutzgeschichte.
Umweltschutz als Heimatschutz
Die Natur als Lebensgrundlage des „deutschen Volkes“: Was für die meisten abstrus und vorgestrig klingt, ist bei rechten Ökos auch heute populär. Umweltschutz als Heimatschutz findet sich beispielsweise in den Programmen rechter Parteien. So bekennt sich die NPD zu einem „umfassenden Schutz unserer Heimat als Lebensraum für Mensch und Tier“. Die AfD lehnte jüngst in ihrer Dresdner Erklärung zur Umweltpolitik Windkraft und Photovoltaik ab, weil diese den „heimischen Wäldern“ schadeten. Klimaschutz bezeichnet die Partei als „teuer, nutz- und wirkungslos“, der Einfluss von CO2 auf die Temperatur sei nicht „nachzuweisen“. Es geht also um den Schutz der deutschen Heimat, nicht um die Rettung unseres Planeten.
Rechtsextreme betreiben Bio-Landwirtschaft
Wie solche Positionen im Alltag gelebt und auf die Spitze getrieben werden, zeigt sich bei den sogenannten völkischen Siedler*innen. Die Journalistin und Buchautorin Andrea Röpke hat intensiv zu den rechten Aussteiger*innen recherchiert und beschreibt sie als „Teile einer hypernationalistischen Szene, die sich nicht nur zur historischen Tradition der Blut-und-Boden-Ideologie bekennen, sondern seit Generationen auch ihr ganzes Leben danach ausrichten“. Gemeinsames Ziel sei eine radikale gesellschaftliche Umwälzung, die zu einer arischen oder deutschen „Volksgemeinschaft“ führen solle.
In nahezu allen Bundesländern gebe es Ansiedlungen rechter Netzwerke, so Röpke und Speit in ihrem Buch „Völkische Landnahme“. Besonders viele rechtsextreme Siedler*innen haben sich in Ostniedersachsen und Mecklenburg niedergelassen. Manche von ihnen betreiben Biolandwirtschaft, arbeiten als Handwerker*innen oder Geburtshelfer*innen, engagieren sich ehrenamtlich in Schulen, Kindergärten oder Vereinen. In den häufig von Landflucht geprägten Gebieten ist solch ein Einsatz erst einmal willkommen. Und manchmal merken die Menschen vor Ort erst spät, welche Werte die neuen Nachbarn vertreten.
Dass es eine ideologische Nähe solcher völkischen Rechten zur AfD gibt, zeigt sich auch personell: Ein Vertreter der völkischen Szene sitze für die AfD im Uelzener Kreistag, ein anderer habe in Mecklenburg-Vorpommern für den Landtag kandidiert, so die Amadeu-Antonio-Stiftung in ihrer Broschüre „Völkischer Rechtsextremismus in Niedersachsen“.
Vermeintlich grüne Medien
Umweltschutz – Tierschutz – Heimatschutz: Dieser Dreiklang bildet das Leitmotto der NPD-nahen Zeitschrift „Umwelt & Aktiv“. Auf der Website des Magazins stehen Informationen zu alten Obstsorten oder Plastikmüll im Meer neben Texten über „Schächt-Gräuel“ zum islamischen Opferfest oder „Sudetenland“ als Heimat, die „plötzlich nicht mehr Heimat sein darf“. Natur- und Tierschutz verstehe man nicht als Selbstzweck, sondern „aus der Überzeugung heraus, dass eine liebens- und lebenswerte Heimat nur mit einer intakten Flora und Fauna möglich ist“, heißt es an anderer Stelle. In Interviews werden der Nationalsozialismus oder die rechtsextreme Identitäre Bewegung verharmlost. Dass die Redaktion enge personelle Verbindungen in die NPD und die rechte Szene hat, zeigen Andrea Röpke und Andreas Speit in ihrem Buch anhand zahlreicher Beispiele.
Genau hinschauen
Was die Zeitschrift für die Umweltbewegung gefährlich macht: Auf den ersten, flüchtigen Blick ist sie nicht unbedingt als rechtsextrem erkennbar. „Dort schreiben nicht nur völkische Autor*innen“, sagt Röpke. Unter den Interviewpartner*innen finden sich neben politisch rechtsgerichteten Personen auch Natur- oder Umweltbewegte, die nicht zur rechten Szene gehören und die – ob aus Unwissenheit oder Naivität – über ihre Positionen sprechen. Engagierte Umweltschützer*innen sollten daher genau hinschauen, wenn Interviewanfragen an sie herangetragen werden.
Vor Ort Grenzen aufzeigen
Rechte Siedler*innen versuchen mancherorts auch, in Bürgerinitiativen gegen grüne Gentechnik, Kohleabbau oder in der Solidarischen Landwirtschaft mitzumischen. Für Umwelt- und Naturschutzgruppen heißt es, aufmerksam zu sein und Stellung zu beziehen, wenn nationalistische Töne angeschlagen und Bedrohungsszenarien aufgebaut werden. „Man sollte beherzt vorleben und Grenzen aufzeigen, dann verlieren viele Rechtsextreme das Interesse“, empfiehlt Röpke. Der NABU positioniert sich in seiner Satzung deutlich gegen „Diskriminierung, Rassismus und Fremdenhass“. Das bietet Ortsgruppen eine Basis, um sich rechten Positionen gegenüber starkzumachen und unerwünschte Mitglieder gegebenenfalls auch abzulehnen oder auszuschließen.
Ann-Kathrin Marr
Tipps zum Weiterlesen:
- Andrea Röpke, Andreas Speit: Völkische Landnahme. Berlin 2019
- Heinrich-Böll-Stiftung/Heinrich-Böll-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): Braune Ökologen. Hintergründe und Strukturen am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns. Berlin 2011
- Amadeu-Antonio-Stiftung (Hg.): Völkischer Rechtsextremismus in Niedersachsen. Hannover 2017
- Umgang mit der AFD: Positionspapier des Deutschen Naturschutzrings (DNR)
- Die Satzung des NABU zum Nachlesen
- Amadeu-Antonio-Stiftung
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