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Jetzt informieren!Windenergie auf See in Europa
Zu viele offene Fragen zum Meeresschutz
Um die deutschen und EU-Klima- und Energieziele bis 2030 und Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, brauchen wir eine naturverträgliche Energiewende. Gegenwärtig beruht das europäische Energiesystem überwiegend auf fossilen Brennstoffen. Dies ändert sich durch den breiten Einsatz erneuerbarer Energien für Endverbraucher*innen und Industrie und durch die großflächige Elektrifizierung der Energieverbrauchssektoren. Offshore-Windenenergie ist ein Element für die Stromerzeugung der Zukunft. Eine naturverträgliche Energiewende ist jedoch nur möglich, wenn der Energieverbrauch gesenkt und die Energieeffizienz in allen Anwendungen und Sektoren maximiert wird.
Emissionsminderungen durch Offshore-Windenergie
Europa verfügte im Jahr 2019 über eine installierte Offshore-Windenergieleistung von rund 22 Gigawatt aus 5.047 netzgekoppelten Windkraftanlagen in zwölf Ländern. In Deutschland betrug die Nennleistung der ins deutsche Stromnetz einspeisenden Offshore-Windenergieanlagen rund 7,5 Gigawatt. Wind weht auf See deutlich stärker und stetiger als an Land. Die Leistungskapazität der Turbinen hat sich zudem in den letzten fünf Jahren zudem fast verdoppelt, welches zu einem höheren Energieertrag führt.
Offshore-Windenergie ist ein Baustein, um fossile Energieträger zu ersetzen. Windenergieanlagen auf dem Meer liefern beinahe zu jeder Stunde des Jahres Strom und erreichen ähnlich hohe Betriebsstunden wie konventionelle Kraftwerke. Sie können zu signifikanten CO2-Emissionsminderungen und zur Abschwächung der Klimakrise beitragen. Es muss sichergestellt werden, dass Offshore-Windenergieanlagen und -parks sowie die Netzinfrastruktur durch ihren Ausbau einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten und sich insgesamt der Zustand mariner Ökosysteme verbessert. Der Ausbau von Offshore-Windenergie ist aus Sicht der Klimawissenschaft notwendig und muss im Rahmen der ökologischen Belastungsgrenzen und unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten erfolgen.
Die Weichen zum Schutz der Meere stellen
Die europäischen Meere, inklusive Nord- und Ostsee, befinden sich aufgrund anthropogener Einflüsse in einem schlechten Zustand. Meere und marine Ökosysteme leiden aufgrund von jahrelanger Überfischung, Verschmutzung und industrieller Nutzung. Der Erhaltungszustand von Seevögeln, Meeressäugern und Fischbeständen ist ungünstig. Ökosystemleistungen und Produktivität der Meere nehmen infolge eines massiven Artensterbens und ungünstiger Lebensräume ab. Die Veränderung der Meerestemperatur, des Sauerstoffgehalts und die Versauerung der Meere verringern die Widerstandsfähigkeit gegen die Klimakrise. Jüngste Berichte der Europäischen Umweltagentur zeigen schwarz auf weiß: Der gute Umweltzustand und andere Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie werden verfehlt. Oberstes Ziel muss daher sein, den Verpflichtungen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und der EU-Naturschutzrichtlinien nachzukommen.
Mit dem Ausbau von Offshore-Windenergie wird der Druck auf die bereits belasteten Meeresökosysteme noch höher. Auch Offshore-Windenergieanlagen bergen Risiken für marine Ökosysteme, besonders, wenn sie an ungünstigen Standorten gebaut werden. Studien zeigen schädliche Auswirkungen auf Meeressäuger, Vögel, Fische und den Meeresboden. In Europa muss ein ordnungspolitischer Rahmen für den Ausbau von Offshore-Windenergie im Rahmen der ökologischen Tragfähigkeitsgrenzen und unter Berücksichtigung von Nullnutzungszonen geschaffen werden. Die Europäische Union muss dringend kohärente Maßnahmen für gesunde und widerstandsfähige Meere ergreifen.
Neue Strategie der Europäischen Kommission
Die EU-Kommission legte am 19. November 2020 eine Strategie für den Ausbau erneuerbarer Energien auf See vor. Die Strategie befasst sich mit den Chancen und Herausforderungen, die mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien auf See verbunden sind - wie Auswirkungen auf Energienetze und -märkte, Management des maritimen Raums, der technologische Transfer von Forschungsprojekten, die regionale und internationale Zusammenarbeit und industriepolitische Dimensionen. Der NABU begrüßt die Strategie, sorgt sich jedoch um eine ungenügende Berücksichtigung des Meeresschutzes und der ökologischen Tragfähigkeit. Damit Meeresschutzgebiete funktionieren, müssen sie frei von Windenergie und Stromnetzen sein. Bislang haben zu wenige europäische Meeresschutzgebiete ein wirksames Schutzgebietsmanagement zum Schutz von Arten und Lebensräumen.
Detaillierte NABU-Forderungen zur Strategie in englischer Sprache zum Download:
Schlussfolgerungen des Europäischen Rates
Kurz vor Jahresende 2020 plant der Europäische Rat, Schlussfolgerungen für die Kooperation unter den europäischen Mitgliedsstaaten beim Thema Offshore-Windenergie und anderen erneuerbaren Energiequellen auf See zu verabschieden. Es ist wichtig, dass die Planung und Entwicklung von Offshore-Windenergie über nationale Grenzen hinweg koordiniert wird, auch zum Schutz der marinen Ökosysteme.
Der Ökosystemansatz darf aber nicht außen vor bleiben. Es muss sichergestellt werden, dass die Ratsschlussfolgerungen den Vollzug von EU-Meeresschutz- und Naturschutzrichtlinien für den Ausbau von Offshore-Windenergie im Rahmen der Belastungsgrenzen in den Fokus nehmen. EU-weite Monitoringsysteme können dabei helfen, marine Arten und Ökosysteme zu schützen. Deutschland hat für das Jahr 2020 die EU-Ratspräsidentschaft und die Präsidentschaft der Nordsee-Energiekooperation inne und kann einen entscheidenden Beitrag leisten.
NABU-Forderungen zu Offshore-Windenergie in Europa
- Ausbauziele für Offshore-Windenergie sollten sich europaweit an den ökologischen Belastungsgrenzen der Meere orientieren.
- Ausarbeitung konkreter Konzepte für die ökologische Aufwertung von Flächen in der marinen raumordnerischen Planung und Operationalisierung des ökosystembasierten Ansatzes.
- Für den naturverträglichen Ausbau von Offshore-Windenergieanlagen müssen Meideabstände von Seevögeln zu Turbinen, Lebensraumverluste, Kollisionsrisiken und kumulative Effekte einberechnet werden.
- Durchführung / Verpflichtung zu Sensitivitätsanalysen – sie lassen gezielte Schlüsse auf bestmögliche Standorte für Offshore-Windenergie ohne Konflikte mit dem Meeresschutz zu.
- Gezieltes Freihalten von Flächen für Arten und ihre Lebensräume von anthropogener Nutzung – das erhöht die Planungssicherheit und kann Investitionsschwellen von EU-Förderprogrammen senken.
- Sicherstellung der regionalen Kooperation zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten für den Naturschutz und unter Einbeziehung der Naturschutzbehörden – schließlich macht das marine Ökosystem nicht vor Grenzen halt.
- Anpassung der Prioritäten: Wenn Offshore-Windenergie europaweit vor anderen erneuerbaren Energiequellen priorisiert wird, müssen im Umkehrschluss andere industrielle Nutzungsformen der Meere eine geringere Priorität bekommen.
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