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Warum der NABU manchmal gegen Windparkpläne klagt
November 2021 - Eine interne Umfrage aus dem Jahr 2019 unter den NABU-Landesverbänden zeigt, dass zwischen 2010 und 2019 lediglich 45 Klageverfahren gegen Ausbaupläne der Windenergie geführt wurden oder immer noch geführt werden. 20 der 45 Klageverfahren waren zum Befragungszeitpunkt bereits abgeschlossen und bis auf drei Verfahren wurden alle Verfahren gewonnen. Diese drei Verfahren wurden entweder aus Kostengründen zurückgezogen oder man hat sich im Sinne des Naturschutzes gütlich geeinigt bevor es zum Verfahren kam. Die 45 Klageverfahren erfüllen den Zweck, planungsrechtliche Fehler von Gerichten feststellen zu lassen oder eine substantielle Nichtbeachtung des Rechtes nachzuweisen.
Bei fast 30.000 bestehenden Windenergieanlagen in Deutschland und rund 9.000 Genehmigungsanträgen in diesem Zeitraum sind das nur etwa 0,5 Prozent der Anträge, die vom NABU beklagt wurden. Das zeigt: Nicht der NABU verhindert den Windenergieausbau, sondern eine planlose Energiepolitik. Alle beklagten Planungen verstießen gegen geltendes Naturschutzrecht.
Berechnungs-Hintergrund
Die Klagequote von 0,5 Prozent basiert auf einer Umfrage der Fachagentur für Wind an Land. Diese kam zu dem Ergebnis, dass zwischen 2010 und 2017 in sechs Bundesländern circa ein Drittel der Anträge für Windenergie nicht in die Genehmigung gekommen waren. Das bedeutet wiederum, dass zwei Drittel genehmigt worden sind.
Ausgehend von einem Mittelwert von fünf Windenergieanlagen pro Genehmigungsantrag (basierend auf einer NABU eigenen Schätzung nach interner Abfrage) und einem aktuellem Ausbaustand von aufgerundet 30.000 Windenergieanlagen, ergeben sich rund 6.000 gestellte Genehmigungsanträge für diese 30.000 Windräder (9.000 eingereichte, aufgeteilt in 6.000 genehmigte und 3.000 nicht genehmigte Anträge auf Basis der Umfrage der FA Wind). Teilt man nun die 45 NABU-Klagen durch die 9.000 eingereichten Anträge, ergibt das einen Anteil von knapp 0,5 Prozent dieser Anträge, die vom NABU beklagt werden. Folglich können Klagen durch den NABU für den Windenergie-Ausbau kein entscheidendes Hindernis sein.
Die hohe Zahl der gewonnenen Klagen zeigt, dass der NABU nur dann klagt, wenn nachweislich Verfahrensfehler vorliegen beziehungsweise allgemein gegen Naturschutzrecht verstoßen wird. Im Falle, dass ein Klageverfahren zur Windenergie geführt wird, liegen oftmals massive qualitative Mängel bei der Planung, Genehmigung oder bei der Nachkontrolle vor. Zum Beispiel, wenn eine Genehmigung erteilt wurde, obwohl ein qualitativ schlechtes Gutachten mit den Antragsunterlagen eingereicht wurde und eine Verletzung des Artenschutzrechts vorliegt.
Wann und warum der NABU klagt
Viele Planungsverfahren sind aus naturschutzrechtlicher Sicht heute qualitativ hochwertiger als noch vor zehn Jahren. Schon allein die Möglichkeit eine Verbandsklage erheben/einreichen zu können, trägt erheblich zum Abbau von Verletzungen des Artenschutzrechts beim Bau von Windenergieanlagen bei. Artenschutzfragen werden konsequenter bei der Planung berücksichtigt, um Klagen zu vermeiden. Somit kann das Instrument der Verbandsklage dazu beitragen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, Kosten zu sparen und Planungs- und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Anstatt den langwierigen und teuren Klageweg bestreiten zu müssen, sollten Naturschutzbelange von Anfang an in die Planung integriert werden (siehe Projektbericht „Strategien für eine naturverträgliche Energiewende“ (PDF)).
Der NABU nutzt auch andere Rechtsmittel
Nicht immer nutzt der NABU den Weg der Verbandsklage, wenn gegen Naturschutzrecht verstoßen wird. Bei der Wahl der Rechtsmittel wird zwischen Klage sowie vorläufigem oder einstweiligem Rechtsschutz unterschieden. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz dient dazu, die aufschiebende Wirkung der eigentlichen Rechtsbehelfe (zum Beispiel Widerspruch oder Klage) gegen eine Genehmigung wieder herzustellen. Im Eilverfahren wird dann geprüft, auf welcher Seite die höhere Eilbedürftigkeit herrscht. In Rheinland-Pfalz zum Beispiel wird, wegen des vorgelagerten Widerspruchsverfahrens, ein Eilverfahren oft lange vor einer Klageerhebung geführt, da eine Klageerhebung erst nach der Entscheidung über den Widerspruch möglich ist. Es gibt folglich Standorte, bei denen beispielsweise ein großer Windpark in mehrere Rechtsverfahren unterteilt wird. Die Folge: ein Standort, fünf Genehmigungen, fünf Widersprüche, acht Eilverfahren. Allein eine Klage kann von vier (oder sogar fünf) Eilverfahren des NABU begleitet werden.
Der NABU vertritt die Interessen der Natur
Die Verbandsklage stellt auch eine gesellschaftliche Verpflichtung für den NABU dar. Die Aarhus-Konvention mit der Erweiterung der Verbandsklage für Umweltverbände wurde festgesetzt, um Vollzugsdefizite im Naturschutz abzubauen. Auf diesem Weg wurde eine außerbehördliche Möglichkeit geschaffen, die behördliche Entscheidungen überprüfen und damit die Gesamtqualität dieser Entscheidungen in Naturschutzbelangen zu verbessern. Der NABU erfüllt mit der Verbandsklage, die Überprüfung von Verwaltungshandeln und Eingriffen in die Natur einen seiner gesellschaftlichen Aufträge. Und zwar tut er dies bei allen Eingriffen in den Naturhaushalt und nicht gezielt bei der Windenergie.
Weshalb es beim Ausbau der Windenergie wirklich hakt
Die eigentlichen Probleme sind eklatante Steuerungsfehler, wie zum Beispiel das von der Politik geschaffene, ab 2017 geltende Ausschreibungsmodell. Dies hat dazu geführt, dass der Ausbau der Windenergie strikt gedeckelt wurde. Auch viel zu lange und zu komplizierte Genehmigungsverfahren von teilweise bis zu vier Jahren und länger sind höchst problematisch. Auf lokaler Ebene gehen Bürgerinitiativen gegen Windenergie-Projekte vor. Oft bedienen sie sich Naturschutzargumenten. Der NABU lässt sich jedoch nicht instrumentalisieren und klagt nur, wenn tatsächlich gegen Naturschutzrecht verstoßen wird.
Die durch die Untätigkeit der Politik entstandenen Folgen, wie die schwindende Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber der Energiewende, dürfen nicht auf dem Rücken des Naturschutzes ausgetragen werden. Nur eine naturverträgliche Energiewende kann weitestgehend gesellschaftliche Akzeptanz schaffen (Hintergrundpapier zur naturverträglichen Windenergie). Der NABU zeigt mit seinen politischen Empfehlungen zum naturverträglichen Ausbau der Windenergie, wie Klimaschutz und Naturschutz zusammen gedacht und geplant werden können (Positionspapier „Naturverträgliche Nutzung der
Windenergie an Land und auf See“) und stellt Lösungswege vor. Auch mit seiner Metastudie „Strategien für eine naturverträgliche Energiewende“ (PDF) zeigt der NABU, wie die naturverträgliche Energiewende trotz Flächenmangel in Deutschland gelingen kann.
Klagen im Namen anderer sieht unser Rechtssystem eigentlich nicht vor. Eine Ausnahme ist die sogenannte Verbandsklage. Die ermöglicht es Umweltverbänden wie dem NABU, im Namen der Natur vor Gericht zu ziehen. Mehr →
Gemeinsam mit anderen Umweltverbänden fordert der NABU dringend den rascheren und gleichzeitig naturverträglichen Windenergieausbau. Nur wenn die Temperaturerhöhung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt wird, halten wir die Mega-Klimakrise auf. Mehr →
Mit seinem Hintergrundpapier möchte der NABU die Debatte um den Ausbau der Windenergie an Land und auf See versachlichen und eine Orientierung bei Naturschutzfragen bieten. Mehr →