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Jetzt NABU-Mitglied werden!Projekt „Stadt – Natur – Plan!“ abgeschlossen
Broschüre ab sofort online verfügbar
Es wird dargestellt, wie Siedlungsplanung funktioniert und zeigt auf, wie sich Bürger*innen aktiv an Planungen beteiligen können, um negative Auswirkungen für Umwelt- und Naturschutz zu reduzieren. Die entwickelten Materialien bestehen zum einen aus der vorliegenden Online-Broschüre und zum anderen aus einem Faltblatt, das über den NABU-Shop bestellt werden kann.
Die andauernd hohe Bautätigkeit für neue Wohn- und Gewerbegebiete, Infrastruktur und kilometerlange Straßen zerstören deutschlandweit tagtäglich hektarweise unbebaute Böden. Insbesondere siedlungsnahe Grün- und Freiflächen stehen unter großem Druck. Obwohl die Einwohnerzahl seit 1992 nur marginal anstieg, nahm im gleichen Zeitraum der Flächenverbrauch für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen um 28 Prozent zu.
Zum Gesamtbild gehört aber auch, dass vielerorts Immobilien leer stehen, Innenstädte veröden und erschlossene Grundstücke brach liegen. Statt nachhaltige Ansätze, wie Aufstockungen, Sanierungen und behutsame Nachverdichtung im Innenbereich zu verfolgen, werden von Politik und Verwaltung durch direkte oder indirekte Förderungen die falschen Anreize gesetzt. Es ist nach wie vor deutlich zu leicht, auf bisher unbebautem Boden zu bauen.
„Bauflächen entstehen auch, wenn man sich nicht um sie kümmert. Freiflächen verschwinden, wenn man sich nicht um sie kümmert.“
Fritz Schuhmacher, Hamburgs bedeutendster Stadtplaner
Das hat schwerwiegende Folgen: mit verschwindenden Grün- und Freiflächen gehen ihre Funktionen als Kohlenstoffspeicher, als Lebensraum, als Klimaanlage, als Luftfilter und als wirksamer Hochwasserschutz verloren. So wird es noch schwerer, Antworten auf Klima- und Artenkrise zu finden. Wir erwarten von unserer Vegetation, dass sie uns dabei hilft, dabei bräuchte sie durch die Beschaffenheit unserer Siedlungen selbst Hilfe. Denn sie leidet unter Platzmangel, verdichteten Böden, der Hitze zwischen Asphalt und Beton und einem Regenwassermanagement, welches darauf abzielt, das Wasser möglichst schnell weg von der Vegetation und hin zur Kanalisation zu bekommen.
Die Broschüre ist in erster Linie ein Nachschlagewerk für ehrenamtlich Aktive. Sie erklärt die Bedeutung von Siedlungsgrün, wie Siedlungsplanung funktioniert und welche Planungsschritte von der großmaßstäblichen Raumordnung bis zur kommunalen Bauleitplanung durchlaufen werden. Sie möchte Bewusstsein schaffen und zeigt sowohl die Risiken aber auch die Chancen auf, die an der Schnittstelle zwischen Siedlungsplanung und Naturschutz bestehen.
Sie soll helfen Kompetenzen zu entwickeln und Hemmnisse abzubauen, indem sie darstellt, wie, wann und auf welchem Wege sich Interessierte bei Planungen in ihrer Region einbringen können. Dabei wird die Umsetzung vor Ort mit konkreten Praxistipps, einer Checkliste für Stellungnahmen und Beschlussvorlagen für den Gemeinde- oder Stadtrat angeregt. Zusätzlich zur Broschüre ist im NABU-Shop ein gedrucktes Faltblatt erhältlich, das die wesentlichen Projektinhalte darstellt.
Fragen und Antworten zum Projekt
Raumordnung – was ist das?
Bei der Raumordnung, auch Raumplanung oder Raumentwicklung, geht es darum, vorausschauend auf überörtlicher Planungsebene die Nutzung und Entwicklung größerer Gebietseinheiten festzulegen. Ziele der Raumordnung sind unter anderem die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse, Umwelt- und Naturschutz, der Schutz der Zivilbevölkerung vor Umweltkatastrophen, die Sicherung der Mobilität, eine effektive Energieversorgung, produktive und nachhaltige Landwirtschaft sowie eine starke und innovative Wirtschaft.
Die gesetzliche Grundlage der Raumordnung sind das Raumordnungsgesetz und die nachfolgenden Landesplanungsgesetze der Länder. Die Raumordnung wird auf unterschiedlichen Planungsebenen mit einer Zunahme des Grades der Detaillierung entwickelt. Dabei gilt das Gegenstromprinzip: Es wird zwischen den unterschiedlichen Interessen und Zielen der beteiligten Akteur*innen koordiniert, vermittelt und versucht, soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte in Einklang zu bringen.
Bauleitplanung, Flächennutzungsplan, Bebauungsplan – was ist was?
Die praktische bzw. kommunale Umsetzung der Raumordnung bis zur Nutzung des einzelnen Grundstücks findet über das zweistufige System der Bauleitplanung statt, Rechtsgrundlage ist das Baugesetzbuch (BauGB). Die vorbereitende Bauleitplanung wird im Flächennutzungsplan aufgestellt, die verbindliche Bauleitplanung im Bebauungsplan. Im Flächennutzungsplan werden Nutzungsarten behördenverbindlich dargestellt, im Bebauungsplan rechtsverbindlich festgesetzt.
Der Flächennutzungsplan definiert für das gesamte Gemeindegebiet die zulässigen Bodennutzungen (bestehend und zukünftig), wie beispielsweise Wohngebiete, Gewerbegebiete, Versorgungsanlagen, Grünflächen oder Flächen für Naturschutz und Verkehrsflächen. Verantwortlich für die Aufstellung sind städtische oder kommunale Stadtplanungs- oder Bauordnungsämter.
Der Bebauungsplan konkretisiert für Teilgebiete der Gemeinde bis zum einzelnen Grundstück die im Flächennutzungsplan dargestellten Nutzungsarten und besteht aus Planzeichnung und Textteil (Begründung). Dabei darf er den Darstellungen im Flächennutzungsplan nicht widersprechen (Gegenstromprinzip). Neben der Art der baulichen Nutzung werden auch die Beschaffenheit von Gebäuden und Außenanlagen definiert und auch das Maß der baulichen Nutzung festgesetzt, welches unter anderem die Anzahl der Geschosse und die bauliche Nutzung eines Grundstücks definiert. Die Festsetzungsmöglichkeiten über Art und Maß der baulichen Nutzung sind in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) enthalten, die zu verwendenden, kartografischen Darstellungsformen in der Planzeichenverordnung (PlanZV).
(Wie) Kann ich mich beteiligen?
Die Grundlage dafür, dass sich Bürger*innen, Interessengruppen und die allgemeine Öffentlichkeit in Planungsprozesse einbringen können, liefert §3 BauGB (Beteiligung der Öffentlichkeit). Die Beteiligung der Öffentlichkeit schließt auch die von Interessengruppen, wie Umweltverbänden, ein. Jede Person hat nach Umweltinformationsgesetz (UIG) Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen vonseiten der Organe der öffentlichen Verwaltung. Auch Bürger*inneninitiativen, Verbänden oder sonstigen Vereinigungen ist ein Zugang einzuräumen. Umweltinformationen umfassen unter anderem Fachstellungnahmen, Genehmigungen und Gutachten. Auf welchem Wege der Zugang erfolgen kann und welche Fristen zur Einsichtnahme bestehen, ist im Umweltinformationsgesetz geregelt. Um das Recht auf Zugang geltend zu machen, ist ein förmlicher Antrag an die aufgeforderte Behörde zu stellen.
Welche unterschiedlichen Beteiligungsformen gibt es?
Es wird zwischen formellen und informellen Formen der Beteiligung unterschieden.
Formelle Öffentlichkeitsbeteiligungen sind im Verwaltungsrecht und in Fachgesetzen rechtlich festgeschrieben. Zumeist sind Zeitpunkt und Format der Beteiligung, zu veröffentlichende Unterlagen und die im Prozess zu Beteiligenden – Bürger*innen, Behörden, Träger*innen öffentlicher Belange – ebenfalls festgelegt.
Informelle Beteiligungen sind im Gegensatz dazu gesetzlich nicht vorgeschrieben. Es handelt sich um freiwillige Angebote des Vorhabenträgers /der Vorhabenträgerin, die in der Ausgestaltung (Format, Zeitpunkt, Wirkungsgrad) sehr variabel einsetzbar sind. Informelle Beteiligungen finden dialogorientiert und unmittelbar statt, formelle per direkter Kommunikation zwischen Behörde und Beteiligten, meist über langfristige Zeiträume von Wochen oder Monaten. Das Potenzial von frühzeitig durchgeführten informellen Beteiligungsformen liegt unter anderem darin, formelle Verfahren zu entlasten, für ein höheres Maß an Transparenz zu sorgen und den Austausch konfliktärmer zu gestalten.
Worin liegt der Unterschied zwischen Innen- und Außenbereich?
Im Innenbereich ist im Gegensatz zum Außenbereich ein Vorhaben grundsätzlich zulässig, wenn entweder ein qualifizierter B-Plan vorliegt oder er im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegt und er mittels Einfügungsgebot erschlossen werden kann. Der Innenbereich ergibt sich aus der entsprechenden örtlichen Situation. Optisch gesehen endet der Innenbereich mit der letzten Bebauungslinie, ist aber einschließlich der grundstückseigenen Freiflächen zu werten. Eine Abgrenzung ist in der Praxis oftmals strittig, deshalb können Kommunen mittels einer Klarstellungssatzung festlegen, wo die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich verläuft. Der Innenbereich drückt sich trotz vorhandener Baulücken in der Zahl der bestehenden Bauten und einer organischen Baustruktur aus und vermittelt den Eindruck einer geschlossenen Bebauung. Die Innenentwicklung bezeichnet die Herangehensweise, bereits erschlossene Flächen im Innenbereich baulich zu nutzen bzw. nachzuverdichten und dadurch den Außenbereich zu schonen.
Warum ist Versiegelung so schädlich?
Bei der Versiegelung wird unbebauter Boden mit mehr oder weniger wasser- und luftundurchlässigen Materialien (Asphalt, Beton, Pflastersteine, unbefestigte Materialien) bedeckt. Durch den in der Folge ausbleibenden Gas-, Wasser- und Nährstoffaustausch mit der Atmosphäre werden die Bodeneigenschaften nachhaltig geändert. Je nachdem wie undurchlässig die aufgetragenen Materialien sind, spricht man von einer vollständigen oder teilweisen Versiegelung. Versiegelung ist nicht gleichzusetzen mit dem Begriff „Flächenverbrauch“ beziehungsweise wissenschaftlich korrekter Flächenneuinanspruchnahme, sondern ist ein Teilbereich davon. Flächeninanspruchnahme bedeutet die Umnutzung von Freiflächen (Natur- und Landwirtschaftsflächen) in Siedlungs- und Verkehrsfläche, somit neben baulichen Anlagen beispielsweise auch Parks oder Friedhöfe. Schätzungen zufolge werden rund 50 Prozent der neu in Anspruch genommenen Flächen auch versiegelt.
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Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU).
Die Inhalte geben die Auffassung der Autor*innen wieder und müssen nicht mit der Auffassung des Zuwendungsgebers übereinstimmen.