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Kreisläufe schließen, statt Wertstoffe verbrennen
Seit 2005 dürfen Abfälle in Deutschland nicht mehr unbehandelt auf Deponien abgelagert werden. Um den Müllmengen Herr zu werden, sind andere Wege der Abfallverwertung gefragt. Gemäß der gesetzlich vorgegebenen Abfallhierarchie sind Vermeidung, Wiederverwendung und Recycling die sinnvollsten Ansätze, um mit unserem Müll umzugehen. Die energetische Verwertung der Abfälle, das heißt die Verbrennung, steht an vierter Stelle der Hierarchie. Es ist unbestritten, dass die Müllverbrennung in der aktuellen Abfallwirtschaft ihre Berechtigung hat, da sie durch die Zerstörung und Ausschleusung von Schadstoffen einen Beitrag zu einer umweltverträglichen Abfallentsorgung leistet. In den Verbrennungsanlagen landen jedoch große Mengen Abfälle, die eigentlich vermieden, wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Diese Wertstoffe gehen unwiederbringlich in Rauch auf. Das ist unnötig und behindert eine umfassende Kreislaufwirtschaft.
Wie viele Verbrennungsanlagen gibt es in Deutschland?
In Deutschland gibt es derzeit 66 Müllverbrennungsanlagen mit einer jährlichen Gesamtkapazität von etwa 20,6 Mio. Tonnen. Die größte Anlage Deutschlands mit einer Kapazität von 780.000 Tonnen ist die Restmüllverbrennungsanlage Köln, die kleinste steht in Ludwigslust mit einer Kapazität von 50.000 Tonnen.
Die zweite Säule der Müllverbrennung sind Ersatzbrennstoffkraftwerke. Ersatzbrennstoffe (EBS) sind „aufbereitete“ Abfälle mit höheren Heizwerten als die gemischten Abfallfraktionen in Müllverbrennungsanlagen. EBS können Sortierreste aus dem Kunststoffrecycling, geschredderte Altreifen oder Abfälle aus der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung (MBA) sein. In einer MBA werden Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle in mehreren Stufen behandelt. Metalle werden recycelt, organische Anteile teilweise vergärt und heizwertreiche Fraktionen als EBS für die Verbrennung aussortiert. Aktuell gibt es 32 EBS-Kraftwerke in Deutschland mit einer jährlichen Gesamtkapazität von 5,8 Mio. Tonnen. EBS liefern vor allem Energie für industrielle Anlagen und ersetzen so andere Energieträger wie etwa Kohle. Das größte Kraftwerk mit einer Kapazität von 700.000 Tonnen steht im Industriepark Höchst in Frankfurt am Main, das kleinste in Gießen mit einer Kapazität von 25.000 Tonnen. EBS-Kraftwerke sind ein relativ junges Phänomen: die älteste Anlage, das Heizkraftwerk Minden, wurde 2002 in Betrieb genommen. Während Müllverbrennungsanlagen in den meisten Fällen in kommunaler Hand sind, werden EBS-Kraftwerke zum überwiegenden Teil privat betrieben.
Gemeinsam verfügen Müllverbrennungsanlagen und EBS-Kraftwerke über eine jährliche Gesamtkapazität von 26,5 Mio. Tonnen.
Abfälle werden außerdem in Zementwerken, Kohle- und Industriekraftwerken sowie Kalkwerken verbrannt, wo sie als günstiger Energieträger willkommen sind. Etwa 3,6 Mio. Tonnen Abfälle landen aktuell jährlich in deutschen Zementwerken. 17 Braun- und Steinkohlekraftwerke haben derzeit in Deutschland die Genehmigung, insgesamt 3,3 Mio. Tonnen Siedlungsabfälle jährlich zu verbrennen. Die genehmigte Menge wird jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft, aktuell werden 800.000 Tonnen in Kohlekraftwerken verbrannt, davon 500.000 Tonnen im Kraftwerk Jänschwalde in Brandenburg, welches im Zuge der Energiewende bis 2023 abgeschaltet wird. Zwei Kalkwerke verfügen in Deutschland über eine Genehmigung, Abfälle zu verbrennen. Die dort eingesetzten Abfallmengen sind nicht bekannt.
Wo stehen die Anlagen?
Knapp ein Drittel der Kapazitäten der Müllverbrennungsanlagen befindet sich in Nordrhein-Westfalen. Auf jeden Einwohner kommen dort knapp 370 kg jährliche Verbrennungskapazität. Die neuen Bundesländer weisen mit 169 kg pro Einwohner relativ betrachtet die geringsten Kapazitäten an Müllverbrennungsanlagen auf. Stattdessen verfügen sie über knapp die Hälfte der in Deutschland vorhandenen Kapazitäten an EBS-Kraftwerken. In Bayern und Baden-Württemberg sind EBS-Kraftwerke hingegen so gut wie gar nicht verbreitet.
Was wird verbrannt?
In Müllverbrennungsanlagen und EBS-Kraftwerken wurden 2017 insgesamt 26,3 Mio. Tonnen verbrannt. Zum Vergleich: Das jährliche Aufkommen an haushaltstypischen Siedlungsabfällen wie Restmüll, Sperrmüll, Bioabfälle, Glas, Papier und Verpackungen betrug in Deutschland im Jahr 2016 insgesamt 46,6 Mio. Tonnen.
Restmüll ist ein Mix aus unterschiedlichsten Abfallarten.. Zahlreiche Bestandteile, etwa die Salatschüssel aus Metall oder Plastikspielzeug könnten eigentlich hochwertig verwertet werden und müssten daher nicht in der Verbrennung landen. Restmüllanalysen zeigen, dass allein knapp 40 Prozent des Hausmülls Bioabfälle sind, die vergärt, kompostiert und anschließend als organischer Dünger eingesetzt werden könnten. Auch Altpapier, Altglas und Kunststoffe landen oftmals fälschlicherweise in der Hausmülltonne.
EBS stammen u.a. aus Resten der Sortierung von Kunststoffabfällen. Oftmals sind diese Abfälle, insbesondere Kunststoffverpackungen, nicht sortier- und recyclingfähig. Durch ein besseres Öko-Design der Produkte und Verpackungen können diese recyclingfähig werden und müssen nicht verbrannt werden.
Das Recycling von Gewerbeabfällen scheitert derzeit am fehlenden gesetzlichen Vollzug. Die Gewerbeabfallverordnung schreibt vor, dass Abfallfraktionen wie z.B. Metalle, Holz oder Kunststoffe getrennt gesammelt werden müssen. Gemischte Abfälle müssen einer Vorbehandlungsanlage zugeführt werden, damit diese für ein Recycling sortiert werden. Aufgrund fehlender Kontrollen durch die Vollzugsbehörden wird jedoch nur ein kleiner Teil der Gewerbeabfälle tatsächlich recycelt. Der Rest landet in der Verbrennung.
Sperrmüll wird zu über 40 Prozent verbrannt, teilweise ohne zu prüfen, ob er wiederverwendet oder recycelt werden könnte. Dabei können z.B. Möbel oder Haushaltswaren oftmals ein zweites Leben haben. Für Matratzen gibt es erste Recyclingstrukturen, in denen Metalle, Textilien und Schaumstoffe recycelt werden können.
Ein großer Teil der Abfallimporte, die in Deutschland in die Verbrennung gehen, stammt aus Großbritannien. Im Jahr 2018 wurden knapp 500.000 Tonnen EBS von dort nach Deutschland exportiert.
Sonstige Abfallfraktionen, die energetisch verwertet werden, sind u.a. Klärschlämme und gefährliche Abfälle.
Die Auslastung der Müllverbrennungsanlagen betrug im Jahr 2017 etwa 97 Prozent. EBS-Kraftwerke waren zu 83 Prozent ausgelastet.
In Zementwerken, in denen 2017 insgesamt etwa 3,6 Mio. Tonnen landeten, wurden mit einem Anteil von 52% vorrangig Industrie- und Gewerbeabfälle verbrannt, vor Klärschlämmen (16%), aufbereiteten Siedlungsabfällen (12%) und Altreifen (6%). Die 800.000 Tonnen an Abfällen, die in Kohlekraftwerken verbrannt wurden, sind divers und umfassen u.a. EBS, Faser-, Klär- und Papierschlämme.
Wie hat sich die Müllverbrennung im letzten Jahrzehnt entwickelt?
Im Jahr 2009 veröffentlichte der NABU eine Studie zur Müllverbrennung in Deutschland. Dadurch kann die Entwicklung der letzten Dekade gut analysiert werden.
Im Zeitraum von 2009 bis 2019 reduzierte sich einerseits die Gesamtzahl der Müllverbrennungsanlagen von 69 auf 66. Andererseits nahm die Gesamtkapazität in Deutschland durch Modernisierungen und Erweiterungen jedoch von damals 18,6 Mio. Tonnen auf heute 20,6 Mio. Tonnen zu. Bei EBS-Kraftwerken stieg sowohl die Anlagenzahl von 20 auf 32 Kraftwerke als auch deren Kapazität von 2,2 Mio. Tonnen auf 5,8 Mio. Tonnen.
Die Gesamtkapazitäten der Müllverbrennungsanlagen und EBS-Kraftwerke nahm somit in den vergangenen zehn Jahren von 20,8 Mio. Tonnen auf 26,5 Mio. Tonnen, also um ein gutes Viertel, zu. Das macht deutlich, dass der aktuelle gesetzliche Rahmen wie beispielsweise das Kreislaufwirtschaftsgesetz oder das Verpackungsgesetz bislang nicht ausreichend sind, um eine umfassende Kreislaufwirtschaft zu entwickeln.
Sind neue Verbrennungsanlagen geplant?
Mehrere Neu-, Ersatz- und Erweiterungsbauten sind derzeit in Planung. Investitionspläne für neue Müllverbrennungsanlagen und EBS-Kraftwerke gibt es in Hamburg, Schleswig-Holstein, dem Rhein-Main-Gebiet sowie in der Lausitz und der Region Halle. Der geplante Neubau des EBS-Kraftwerks Jänschwalde in Brandenburg ist das derzeit größte Projekt. Durch den Kohleausstieg bis spätestens 2038 wird eine Verbrennung der Abfälle im Kohlekraftwerk nicht mehr möglich sein. Die dadurch wegfallende Menge von derzeit 500.000 Tonnen soll durch den Neubau aufgefangen werden. Federführend bei den geplanten Neubauten sind in der Regel private Investoren.
Wenn alle Neu- und Erweiterungspläne umgesetzt werden sollten, würde bis etwa 2025 die Gesamtkapazität von Müllverbrennungsanlagen und EBS-Kraftwerken um 1,3 Mio. Tonnen steigen.
Wie viel Energie produzieren die Müllverbrennungsanlagen?
Alle 66 Müllverbrennungsanlagen sowie 26 EBS-Kraftwerke in Deutschland sind mit Rostfeuerungssystemen ausgestattet. Hierbei liegt das Brennmaterial auf einem Rost, das mit Öffnungen versehen ist. Durch diese Öffnungen wird Luft zu- und die Verbrennungsasche abgeführt. Die sechs restlichen EBS-Kraftwerke verfügen über Wirbelschichtfeuerungsanlagen.
Maßgebend für die Bewertung der Energieeffizienz von Müllverbrennungsanlagen ist der sogenannte R1-Faktor, ein Referenzwert, der sich an den besten verfügbaren Techniken für die Abfallverbrennung orientiert. Derzeit weisen 59 Prozent der Anlagen eine gute (R1 > 0,8) und 41 Prozent eine weniger gute Energieeffizienz (R1 < 0,8) auf.
Gut 90 Prozent der Müllverbrennungsanlagen verfügen über eine Kraft-Wärme-Kopplung, das bedeutet sie erzeugen sowohl Strom als auch Wärme. Die gesamte Feuerungswärmeleistung der Müllverbrennungsanlagen beträgt 7,5 Gigawatt. Zum Vergleich: Die Leistung der in Deutschland installierten Photovoltaik-Anlagen betrug im Jahr 2018 gut 45 Gigawatt.
Die insgesamt in Form von Strom, Wärme oder Dampf exportierte Energie aus Müllverbrennungsanlagen und EBS-Kraftwerken betrug im Jahr 2016 136 Petajoule. Dies entspricht einem Anteil von 1,5 Prozent am gesamten Endenergieverbrauch in Deutschland und von sechs Prozent am Endenergieverbrauch der Haushalte.
NABU-Studie: Die Rolle der Müllverbrennung in einer Kreislaufwirtschaft
Die Müllverbrennung nutzt zwar das energetische Potential von Abfällen – die stofflichen Ressourcen, das heißt die Wertstoffe, gehen jedoch für immer verloren. In einer echten Kreislaufwirtschaft dürfen Abfälle nicht verbrannt, sondern müssen vermieden, wiederverwertet und recycelt werden.
Der NABU hat beim Öko-Institut eine Studie in Auftrag gegeben, um zu untersuchen, mit welchen Maßnahmen die Verbrennungskapazitäten in Deutschland schrittweise reduziert werden können. Ein Ergebnis zeigt: Wenn allein alle bestehenden Abfallgesetze eingehalten und vollzogen würden, ließe sich bereits ein Fünftel der Verbrennungskapazitäten einsparen!
Die Studie und eine Zusammenfassung sind hier zu finden.
Zum Download
Themen
In Deutschland werden jährlich mehr als 26 Millionen Tonnen Abfälle in Müllverbrennungsanlagen und Ersatzbrennstoff-Kraftwerken verbrannt. Bis zu einer echten Kreislaufwirtschaft ist es noch ein weiter Weg. Mehr →
Seit Dezember 2016 werden HBCD-haltige Dämmstoffe nicht mehr als gefährlich eingestuft – wegen Entsorgungsengpässen, die durch eine frühere Bundesratsentscheidung verschärft wurden. Der NABU kritisiert das Hin und Her und fordert eine stärkere Förderung des Recyclings solcher Abfälle. Mehr →