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Nachbericht zum Dialogforum Kreislaufwirtschaft 2022
Gemeinsam mit DSD – Der Grüne Punkt veranstaltete der NABU am 28. September 2022 das Dialogforum Kreislaufwirtschaft. Knapp 100 Gäste waren in der Wartehalle Berlin vor Ort dabei, um sich über aktuelle Entwicklungen der Kreislaufwirtschaft zu informieren.
Nach den Grußworten der beiden Gastgeber NABU und Der Grüne Punkt eröffnete Prof. Dr. Christa Liedtke, Wuppertal Institut, die Veranstaltung mit einem Impulsvortrag. Darin betonte sie angesichts zukünftig absehbarer Rohstoffknappheiten die große Rolle von nachhaltigem und kreislauforientiertem Design von Produkten und verdeutlichte dies anhand konkreter Beispiele.
Anschließend standen vier Themen im Fokus des Tages:
Flexible Kunststoffverpackungen im Kreislauf
Martina Wagner, Constantia Flexibles, teilte Erfahrungen aus der Praxis eines Verpackungsherstellers und zeigte, wie bislang nicht recyclingfähige Kunststofffolien zu recycelbaren Monomaterial-Lösungen umgestaltet werden können.
Dr. Anne Vos, polycirQ, machte deutlich, dass der primäre Fokus bei der Kreislaufführung von Kunststoffen auf dem mechanischen Recycling liegen müsse, das insbesondere mit Blick auf den Energiebedarf dem chemischen Recycling überlegen sei. Vor diesem Hintergrund stellte sie einen Ansatz vor, wie durch Deinking die mechanische Rezyklatqualität erhöht werden kann.
In einer anschließenden Podiumsdiskussion wurde gemeinsam mit Matthias Fabian, Umweltbundesamt, über politische Steuerungsoptionen für bessere Recyclingfähigkeit und höheren Rezyklateinsatz bei Verpackungen diskutiert. Deutlich wurde, dass es einer Mischung aus mehreren regulativen Instrumenten bedarf, die das Recycling ebenso wie die Abfallvermeidung adressieren muss.
Mehr Aufmerksamkeit für Transportverpackungen
Dr. Michael Jedelhauser, NABU, präsentierte erstmals Ergebnisse einer vom NABU beauftragten Studie der GVM zu Transportverpackungen. Die Studie zeigt, dass knapp 30 Prozent des gesamten Verpackungsverbrauchs in Deutschland auf den Einsatz von Transportverpackungen zurückgehen. Mehrwegsysteme stellen einen erprobten Ansatz zur Minimierung der Abfallmengen durch Transportverpackungen, insbesondere aus Papier, Pappe und Karton, dar.
Dagmar Glatz, dm, gab einen Einblick hinter die Kulissen eines Drogeriemarktes und zeigte anschauliche Beispiele zum Umgang mit Transportverpackungen in der Praxis. Sie wies auf die erheblichen Abfallmengen durch Kartonagen und die großen Mehrweg-Potenziale hin. Außerdem bedürfe es einheitlicher Einkaufsstandards, damit ausschließlich mehrweg- oder recyclingfähige Transportverpackungen die Märkte erreichten.
Michael Meierhöfer, IFCO, berichtete aus der Praxis eines Betreibers eines Mehrwegsystems für Transportverpackungen. Für Produktbereiche wie Obst und Gemüse, Backwaren oder Fleisch existieren bereits funktionierende Mehrwegsysteme. Im nächsten Schritt wird IFCO einen Mehrwegeimer für Schnittblumen auf den Markt bringen.
Ausweitung der Wertstofferfassung
Nadine Buschow, u.e.c. Berlin, stellte vorläufige Projektergebnisse zur Evaluierung der Gewerbeabfallverordnung vor und zeigte eindrücklich, dass die gesetzlich geforderte Recyclingquote in Höhe von 30 Prozent für Gewerbeabfallgemische bei weitem nicht erreicht wird.
Oliver Lambertz, TOMRA, präsentierte Ansätze, wie Wertstoffe aus dem Restmüll zurückgewonnen werden können. Am Beispiel konkreter Anlagen in den Niederlanden und in Skandinavien stellte er dar, wie durch Vorsortierung Kunststoffe aus dem Restmüll in eine stoffliche Verwertung umgeleitet werden können.
Zwischen Berlin & Brüssel, zwischen Wirtschaft & Umwelt: Kreislaufwirtschaft verorten
In der abschließenden Podiumsdiskussion trafen Vertreter*innen aus dem Bundestag, den Ministerien, der Wirtschaft und der Umweltverbände aufeinander, um politische Weichenstellungen für eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft zu diskutieren.
Dr. Bodo Linscheidt, BMUV, skizzierte den Zeitplan für die im Koalitionsvertrag vorgesehene Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie. Das Ministerium werde zeitnah ein Eckpunktepapier vorstellen, das die Grundlage für einen breiten Beteiligungsprozess ab 2023 bilden soll.
Dr. Thomas Gäckle, BMWK, knüpfte daran an und sagte eine Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschafts- und Umweltressort bei der Erarbeitung der Kreislaufwirtschaftsstrategie zu.
Dr. Jan-Niclas Gesenhues, Bündnis 90/Die Grünen, wies auf die Potenziale der Abfallvermeidung und Wiederverwendung hin. Sekundärrohstoffe allein würden den Rohstoffhunger der Wirtschaft nicht stillen können. Es bedürfe daher weiterer ressourcenschonender Ansätze für eine Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft.
Michael Wiener, Der Grüne Punkt, verdeutlichte ein zentrales Problem des Kunststoffrecyclings: der niedrige Preis für Primärmaterial. In Zeiten niedriger Ölpreise könnten Kunststoffrezyklate auf dem Markt kaum bestehen. Gesetzliche Eingriffe seien daher für ein funktionierendes Kunststoffrecycling elementar.
Indra Enterlein, NABU, wies auf den Druck der Wirtschaft hin, zuverlässige Rohstoffquellen zur Verfügung zu haben. Progressive Unternehmen trieben die Politik zu besseren Rahmenbedingungen für eine Kreislaufwirtschaft an. Als Beispiel wurde das Matratzenrecycling angesprochen, für das es einerseits interessierte Unternehmen, andererseits aber keine Infrastruktur und kaum Geschäftsmodelle gäbe. Solche Potenziale für Stoffkreisläufe müssten gehoben werden.
Der NABU bedankt sich bei allen Referent*innen und dem Publikum für die Beiträge zu einer spannenden Diskussion.
Untenstehend finden Sie die Präsentationsfolien von Dr. Anne Vos (polycirQ), Martina Wagner (Constanta Flexibles), Dr. Michael Jedelhauser (NABU), Dagmar Glatz (dm), Michael Meierhöfer (IFCO) und Oliver Lambertz (TOMRA) zum Download.