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Jetzt spenden!Verpackungsgesetz – Problem gelöst?
Nachbericht zum Dialogforum Kreislaufwirtschaft 2018
Angesichts des bevorstehenden Inkrafttretens des Verpackungsgesetzes diskutierte der NABU am 9. Oktober 2018 gemeinsam mit etwa 100 interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Frage “Verpackungsgesetz – Problem gelöst?“. Während das Gesetz einerseits einen dringend notwendigen Impuls für ein umfassendes Recycling von Verpackungsabfällen darstellt, machte die Veranstaltung andererseits deutlich, dass noch zahlreiche offene Fragen zu klären sind. Diese betreffen sowohl die konkrete Umsetzung des Gesetzes – etwa die Lizenzentgeltgestaltung und der Vollzug – als auch Themen, die nur ungenügend Eingang in den Gesetzestext gefunden haben, wie beispielsweise Abfallvermeidung und Rezyklateinsatz.
In seinen Begrüßungsworten betonte Ralf Schulte (NABU) mit Verweis auf die Abfallhierarchie, dass das oberste Ziel der Verpackungsvermeidung in der aktuellen Debatte zu wenig beachtet werde. Jörg Deppmeyer vom Grünen Punkt begrüßte das Publikum mit dem Hinweis, dass Verpackungen auch zukünftig notwendig sein werden, um Produkte sicher zu transportieren und aufzubewahren.
In seiner Keynote stellte Michael Adler, Geschäftsführer von tipping points - Agentur für nachhaltige Kommunikation, Ansätze vor, wie man durch emotionale und überraschende Kommunikation „vom Wissen zum Wollen, zum Handeln“ gelangt. Anhand zahlreicher anschaulicher Praxisbeispiele zeigte er, wie sowohl Unternehmen als auch Kommunen die Bürgerinnen und Bürger erfolgreich zu Abfallvermeidung und Mülltrennung motivieren können.
Status Quo
Der anschließende Veranstaltungsblock widmete sich konkret dem Status Quo des Verpackungsgesetzes. Dr. Bettina Rechenberg, Fachbereichsleiterin für Kreislaufwirtschaft beim Umweltbundesamt, gab eine Einführung in das Verpackungsgesetz und stellte die größten Herausforderungen für die anstehende Umsetzung des Gesetzes vor. Demnach werden die dualen Systeme künftig verpflichtet sein, die Lizenzentgelte, die Hersteller und Händler von Verpackungen an die Systeme zahlen, so zu gestalten, dass ökologische Verpackungen bevorteilt werden.
Wie dies in der Praxis konkret aussehen kann, wurde auf dem Podium von Thomas Schmid-Unterseh vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Günter Dehoust vom Ökoinstitut sowie Norbert Völl vom Grünen Punkt diskutiert. Hierbei wurde deutlich, dass noch Unklarheit darüber herrscht, wie eine ökologische Lizenzentgeltgestaltung in einem Wettbewerbsumfeld von neun konkurrierenden dualen Systemen eingeführt werden kann. Vorschläge wie beispielsweise ein Fonds-Modell müssen zukünftig weiter ausgearbeitet werden.
Rolle der Verbraucherinnen und Verbraucher
Im nächsten Tagungsblock wurde beleuchtet, welche Rolle den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Verpackungsgesetz zukommt. Katharina Istel vom NABU präsentierte zunächst neu erhobene Daten zu Einweggeschirr und To-Go-Abfällen in Deutschland. Der Vergleich der Verbrauchszahlen von heute mit denen aus den 1990er Jahren offenbarte einen drastischen Anstieg bei Verpackungen wie Pizzakartons, Einwegtellern und Kaffeebechern. In diesem Kontext unterstützt der NABU auch die geplante Einwegplastik-Richtlinie der EU, in der ausgewählte Einwegprodukte aus Plastik gezielt verboten werden sollen. Darüber hinaus müssen die Kommunen durch ambitionierte Abfallberatung die Bürgerinnen und Bürger über Abfallvermeidung und Mehrweglösungen informieren.
Um die Suche nach dem/der richtigen Ansprechpartner/in in den Kommunen zu erleichtern, hat der NABU eine Suchmaske entwickelt, die dem Publikum präsentiert wurde.
Zur NABU-AbfallberatungDaran anknüpfend präsentierte Dr. Peter-Michael Habermann vom Landratsamt Bayreuth Praxisbeispiele aus der kommunalen Abfallberatung vor Ort. Mit der Kampagne „Let’s go Mehrweg“ zeigen die Stadt und der Landkreis Bayreuth, wie das komplexe Thema Abfallvermeidung über eine ansprechende Kommunikation und konkrete Angebote den Verbraucherinnen und Verbrauchern vermittelt werden kann. Philip Heldt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kritisierte in seinem Vortrag die mangelnde Berücksichtigung der Verbraucherinnen und Verbraucher im Verpackungsgesetz. Zum einen käme es dem Verbraucherwunsch nach weniger Verpackungsmüll nicht nach. Zum anderen hätte die verpflichtende Einführung einer Wertstofftonne, in die neben Verpackungen auch stoffgleiche Abfälle geworfen werden können, die Mülltrennung erheblich erleichtert.
Lösungsansätze
In der „Road show“ am Nachmittag wurden verschiedene innovative Ansätze zur Vermeidung, Wiederverwendung und hochwertigen Verwertung von Kunststoffen in Form von Kurzpräsentationen vorgestellt. Jochen Mößlein von Polysecure stellte eine Technologie zur Sortierung von Kunststoffabfällen vor, bei der bestimmte Materialfraktionen in der Produktion mit einem sogenannten Tracer markiert werden und dadurch in der späteren Sortierung von der Anlage erkannt werden können. Dr. Susanna Liebig von der RAL gGmbH legte dar, wie sich Produkte aus Recyclingkunststoffen mit dem Blauen Engel zertifizieren lassen können. Hierfür ist u.a. ein Anteil von 80 Prozent Rezyklat notwendig. Dr. Ina-Maria Becker vom Grünen Punkt stellte ein neu entwickeltes RAL-Gütezeichen für den Einsatz von Rezyklaten in Produkten und Verpackungen vor, um dadurch die Kommunikation gegenüber Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbessern.
Anschließend wurde dem Publikum ein Film von Jokey Plastik vorgeführt, der zeigt, wie das Unternehmen Rezyklat für die Produktion von Verpackungen einsetzt. Timothy Glaz von Werner & Mertz wies auf das Optimierungspotenzial im Produktdesign hin. Beispiele hierfür sind entfernbare Etikettlösungen und nachhaltige Druckfarben. Einen neuen Merhweg-Ansatz stellte Thorben Bechtoldt von ReCIRCLE vor: Statt To-Go-Einwegverpackungen geben Restaurants wiederverwendbare Essensdosen aus, die über ein Pfandsystem wieder von den an dem System beteiligten Restaurants zurückgenommen, gereinigt und erneut ausgegeben werden.
Im letzten Programmpunkt des Dialogforums kamen die Bundestagsabgeordneten Michael Thews (SPD), Judith Skudelny (FDP), Dr. Bettina Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen) und Ralph Lenkert (Die Linke) zu einer Podiumsdiskussion zusammen. Michael Thews verteidigte das in der vergangenen Legislaturperiode beschlossene Verpackungsgesetz und deutete außerdem Zustimmung zur Einwegplastik-Richtlinie der EU an. Dr. Bettina Hoffmann betonte die Bedeutung der Ökodesignrichtlinie, während Ralph Lenkert auf die Notwendigkeit einer Ressourcenverbrauchsabgabe hinwies. Judith Skudelny forderte eine Überprüfung bestehender Standards, da oftmals z.B. strenge Hygienevorschriften einen ökologischeren Umgang mit Verpackungen erschwerten.
Mehrfach wurde in der Podiumsdiskussion die Wichtigkeit von Abfallvermeidung betont, jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, wie kompliziert eine Veränderung von Lebensstilen und Alltagsroutinen sei. Dass aber bereits zahlreiche konkrete Mehrweglösungen zur Verfügung stehen, hat der NABU in der Vergangenheit und einmal mehr im Rahmen des Dialogforums 2018 gezeigt. Aus diesem Grund wird sich der NABU auch zukünftig nicht nur für eine ökologische Umsetzung des Verpackungsgesetzes, sondern auch für das zentrale Thema Abfallvermeidung einsetzen.
DOWNLOAD DER PRÄSENTATIONEN
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