8 Hektar junger Eichenwald stehen am Tollensesee zum Verkauf. Genau jetzt zum Fest. Wenn wir sie gemeinsam erwerben, kann er sich zum für alle Zeit ungestörten, artenreichen Urwald entwickeln.
Jetzt spenden!NABU-Studie: Beim Recycling durchgefallen
Mehr als eine Million Tonnen Elektroschrott wird nicht verwertet
Elektroschrott ist eine der am schnellsten anwachsenden Abfallfraktionen weltweit. Immer wieder sehen wir Bilder von Elektroschrottdeponien in Ländern des globalen Südens ohne vernünftige Recyclingstrukturen. Einige Wertstoffe werden unter giftigen Dämpfen händisch wiedergewonnen, Restteile werden zu Lasten der Umwelt verbrannt, deponiert oder in Flüssen gelagert. Obwohl E-Schrott hier in Deutschland verwertet werden kann und muss, gelangen immer wieder kaputte Geräte aus Deutschland in diese Länder.
Die digitale Kaffeemaschine, das Smartphone und der Toaster mit der Zeitschaltuhr: Sie fallen unter das deutsche Elektro- und Elektronikgesetz (ElektroG) und müssen fachgerecht bei Wertstoffhöfen, Herstellern, großen Elektrofachhändlern oder großen Onlinehändlern entsorgt werden. Ist dies nicht der Fall, gehen wichtige Ressourcen verloren und Schadstoffe wie Cadmium, Blei oder Quecksilber und Treibhausgase im Elektroschrott belasten die Umwelt und das Klima.
1,03 Millionen Tonnen Elektroaltgeräte werden im Durchschnitt jährlich nicht getrennt erfasst, das ist das Gewicht von 100 Eiffeltürmen. Diese Menge geht somit dem nachgelagerten Recycling verloren. Und auch das Recycling schafft nicht die tatsächliche Ausbeute, die Recyclingquoten von durchschnittlich 80 Prozent versprechen. Die Quoten werden nach Gewicht der Materialien bemessen, die in die Recyclinganlage reinkommen. Der tatsächliche Recyclingoutput liegt Hochrechnungen zufolge bei 60 Prozent der zugeführten Gerätemasse. Statt ökologisch relevante werden außerdem hauptsächlich die schweren Rohstoffe wiedergewonnen. Dies ergibt eine im Mai 2019 veröffentlichte NABU-Studie, die vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) und dem Institut für Ökologie und Politik GmbH (Ökopol) durchgeführt wurde.
DOWNLOAD DER STUDIE
Wichtige Erkenntnisse aus der Studie
1. Verbleib von kleinen Elektrogeräten
Mehr als 30 Prozent der kleinen Elektrogeräte, also Toaster, Bügeleisen, Smartphone und andere kleine Geräte, werden von den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht ordnungsgemäß bei Wertstoffhöfen, Herstellern, großen Elektrofachhändlern und großen Onlinehändlern abgegeben. Dabei gibt es seit einigen Jahren die Vertreiberrücknahme, wodurch sie sich den Weg zum Wertstoffhof sparen können und die kleinen Geräte im großen Elektrofachhandel abgeben können. Praxistests haben jedoch gezeigt, dass der Handel diese Rücknahme häufig verweigert.
Die Kleingeräte landen fälschlicherweise im Hausmüll und danach in der Verbrennung, werden illegal exportiert, wenige werden weiter genutzt oder ungenutzt gelagert. Eine Hausmüllanalyse des Umweltbundesamts zeigt, dass 84.000 Tonnen Kleingeräte jährlich allein der Restmülltonne landen. Für das Recycling ist eine große Sammelmenge jedoch elementar: Je größer die Mengen, desto mehr lohnt es sich für Verwerter aus ökonomischer Sicht aus dem Materialstrom mehr als die schweren Metalle rauszuholen.
Abbildung: Verbleib der Elektrokleingeräte im Jahr 2016, in Prozent.
2. Qualitativ hochwertiges Recycling statt Materialverlust
Das Recycling von Elektroaltgeräten beschränkt sich bislang auf Massenmetalle wie Eisen, Stahl, Kupfer, Aluminium und Edelmetalle, die leicht rückgewinnbar sind. Kritische Metalle und die mengenmäßig zunehmenden Kunststofffraktionen werden aus ökonomischen Gründen und aufgrund der geringen Sammelmengen häufig nicht wiedergewonnen und gehen verloren. Dabei stehen Recyclingtechnologien zur Rückgewinnung bereits zur Verfügung. Das Recycling von kritischen Metallen und Kunststoffen ist ökologisch und menschenrechtlich sinnvoll und aufgrund steigender Rohstoffbedarfe für Zukunftstechnologien dringend notwendig. Statt Materialverlust muss ein qualitativ hochwertiges Recycling auf der Tagesordnung stehen.
Seltene Erden, Tantal, Gallium und Indium haben globale Recyclingraten von unter ein Prozent. Sie kommen beispielsweise in Smartphones nur in geringen Mengen vor und werden komplex verbaut, was ein Recycling unattraktiv macht. Die wertvollen Elemente befinden sich in Leiterplatten und könnten prinzipiell wiedergewonnen werden.
Die in älteren Generationen von Kleingeräten enthaltenen toxischen Flammschutzmittel wie Tetrabrombisphenol behindern das hochwertige Recycling der Kunststoffe. Flammschutzmittel kommen beispielsweise in sich erhitzenden Haushaltsgeräten und in Informations- und Kommunikationstechnologien vor. Es gibt Pilotprojekte, die flammgeschützte Kunststoffbauteile separieren sollen, jedoch fehlen wirtschaftliche Anreize, Standards und Quoten, um die Projekte als Industriestandard in den Recyclingbetrieben zu setzen.
3. Gesetzliche Regulierungslücke verhindert hochwertiges Recycling
Es fehlt an klaren gesetzlichen Vorgaben für ein qualitativ hochwertiges Recycling. Die europäische WEEE-Richtlinie und das deutsche Elektro- und Elektronikgesetz regeln zwar das Handling von Elektroaltgeräten und deren Schadstoffentfrachtung, bislang gibt es jedoch keine spezifischen Regelungen und Kriterien für ein hochwertiges Recycling.
Diese Lücke muss durch eine Behandlungsverordnung für Elektroaltgeräte gefüllt werden. Die Bundesregierung kann auf Grundlage des §24 Abs.2 des ElektroG eine Verordnung erlassen, die weitergehende Anforderungen an die Behandlung von Altgeräten festlegt. Integraler Bestandteil dieser Verordnung müssen Kriterien für hochwertiges Recycling sowie Separations- und materialspezifische Outputquoten für das Recycling sein. Dies hätte zur Folge, dass zukünftig schadstoffhaltige Materialien und Bauteile abgetrennt werden müssen. Durch materialspezifische Outputquoten können kritische Metalle und Kunststoffe separat vom restlichen Recyclingstrom behandelt und damit hochwertiger recycelt werden.
Die Novellierung des ElektroG noch in dieser Legislaturperiode muss außerdem zu einer Steigerung der Sammelquote von Altgeräten beitragen, um mehr und besseres Recycling zu ermöglichen. Die Vertreiberrücknahme muss dafür verbraucherfreundlicher werden. Herstellern und Vertreibern müssen, wie in §25 Abs 1, Nr. 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes beschrieben, ressourcenrelevante Altgeräte über die Erhebung eines Pfands zurückzunehmen. Ein integraler Bestandteil des ElektroG muss außerdem die Erhebung einer vorgezogenen Recyclinggebühr sein, die beim Kauf eines neuen Geräts inbegriffen ist. Durch die Gebühr haben Behandlungsanlagen mehr Geld für regelkonformes Recycling und weniger Geräte gelangen illegal ins Ausland.
Die folgende Abbildung (Grafik: Ökopol) fasst die einzelnen regulatorischen Maßnahmen entlang des Lebenszyklus von Elektroaltgeräten zusammen.
Klick auf die Grafik für eine größere Darstellung
NABU-Forderungen zur Sammlung von Elektroaltgeräten
- Damit Verwerter mehr Elektroaltgeräte recyceln, muss die Erfassungsquote der Geräte verbessert werden.
- Deutschland muss daher mit dem ElektroG3 ein Pfandsystem für besonders ressourcenrelevante Gerätekategorien einführen. Dafür sollten das Bundesumweltministerium Forschungsvorhaben fördern, welche offene Fragen wie die Pfandhöhe, Trägerschaft des Systems, Verteilung der Kosten und Zuführung des Pfandschlupfs beantworten.
- Der Vollzug des Exportverbots von nicht funktionsfähigen Geräten muss durch ein verbessertes Monitoring und die Vernetzung nationaler und internationaler Behörden gestärkt werden. Hierzu müssen das Bundesfinanzministerium und das Bundesumweltministerium separate Codes für Gebraucht- und Neugeräte in die Kombinierte Nomenklatur des Zolls einführen und den Zugang von Abfallüberwachungsbehörden zu Exportdatenbanken sicherstellen.
- Die Vertreiberrücknahme muss im neuen ElektroG3 verbraucherfreundlich gestaltet werden, indem auch Läden mit weniger als 400 m² Ladenfläche sowie Lebensmittelhändler mit Aktionswarenangebot Elektrogeräte und Cross-Over-Produkte unabhängig von der Größe und ohne Anreiz zum Neukauf zurücknehmen.
- Der Handel, auch der Online-Handel, müssen zentrale Rückgabeorte für Elektroaltgeräte in der Nähe der Konsumentin und des Konsumenten, auch im ländlichen Raum, mitfinanzieren. Diese müssen im besten Fall rund um die Uhr erreichbar sein und sollten nicht an Laden-Geschäftszeiten gekoppelt sein.
- Der Handel muss schon beim Kauf von Geräten auf Rückgabemöglichkeiten hinweisen und an zentralen Kundenorten sowie über die Marketingkanäle über die Entsorgung von Elektroaltgeräten informieren.
NABU-Forderungen zum hochwertigen Recycling von Elektroaltgeräten
- Die Qualität von Sekundärrohstoffen sollte bei der Beurteilung des Recyclings von Elektroaltgeräten einen höheren Stellenwert bekommen. Durch Anforderungen an eine enge Kreislaufführung sollte das Downcycling der Sekundärrohstoffe verhindert werden. Hochwertige Anforderungen an diese Rohstoffen sollten zum Branchenstandard werden.
- Die Bundesregierung sollte die Berechnung der Recyclingquote bezogen auf den Output aus der Verwertungsanlage in der Novellierung des Elektronikgesetzes festsetzen. Die derzeitige inputorientierte Berechnung erlaubt keinerlei Aussage über die Qualität des Recyclings und die Hochwertigkeit der Menge.
- Darüber hinaus sollten das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt materialspezifische dynamische Recyclingquoten für kritische Metalle und Kunststoffe in einer Behandlungsverordnung festschreiben.
- Auch eine Separationsquote für flammgeschützte Kunststoffe und eine Separationsquote für Gerätebatterien und Kondensatoren, um Schadstoffe sicher zu entfernen und technologische Entwicklung in der Recyclingbranche voranzutreiben, müssen Eingang in eine Behandlungsverordnung finden.
- Deutschland muss eine vorgezogene Recyclinggebühr auf Neugeräte erheben (Schweizer Modell).
- Eine Rezyklateinsatzquote für Kunststoffe muss Eingang in die Durchführungsmaßnahmen der EU Ecodesign Richtlinie finden, um die Nachfrage nach Rezyklaten auch im Elektrogerätebereich, in dem der Kunststoffanteil stetig steigt, zu erhöhen.
Verwandte Themen
Erste Ergebnisse einer laufenden NABU-Studie zeigen: Nur acht Millionen Tonnen alte Elektrogeräte wurden in zehn Jahren in Deutschland eingesammelt. Ein Großteil der Metalle für Zukunftstechnologien gehen im Schredder verloren. Politische Signale fehlen auf ganzer Linie. Mehr →
Unsere Plastikabfälle werden nicht nur innerhalb Deutschlands entsorgt und verwertet. Ein beträchtlicher Teil wird exportiert. Insbesondere Ausfuhren in Länder wie Malaysia oder die Türkei sind problematisch und müssen dringend reguliert werden. Mehr →