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Jetzt spenden!Reparieren heißt Ressourcen schützen
Für Umwelt und Verbraucher*innen: Das Recht auf Reparatur
Ob Smartphone, Staubsauger oder Kühlschrank: Kleine und große Elektrogeräte sind fester Bestandteil unseres Alltags. Jedes dieser Geräte hat während seiner Herstellung Ressourcen verbraucht und CO₂ emittiert. Die Emissionen während der Nutzungsphase sind hingegen meist viel geringer als angenommen.
Würde man beispielsweise ein Smartphone sieben Jahre nutzen, ließe sich knapp die Hälfte (47 Prozent) an CO₂ einsparen – aktuell liegt die durchschnittliche Nutzung bei zweieinhalb Jahren. Jährlich könnten in Deutschland allein durch die längere Nutzung von Fernsehern, Smartphones, Waschmaschinen und Notebooks rund vier Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Das entspricht laut einer Studie des Öko-Instituts dem Ausstoß von knapp zwei Millionen Autos im Jahr.
Wer repariert, verlängert die Nutzungsdauer eines Gerätes, und spart somit Ressourcen und Emissionen. Durch die richtigen Rahmenbedingungen ist eine Reparatur auch preiswerter als ein Neukauf.
Wo kann ich mein Gerät reparieren lassen?
Professionelle Handwerksbetriebe findet man auf der Seite meinmacher.de. Wer sich selbst an einer Reparatur versuchen will, und dabei Unterstützung braucht, kann sich in ein Reparatur-Café begeben – eine Übersicht findet sich beim Netzwerk Reparatur Initiativen.
Liegt das Gerät noch innerhalb der Gewährleistung, muss der Hersteller es kostenfrei reparieren.
Auch Schuhe kann man reparieren: auf repairyourpair.com gibt es eine Reparaturkarte, in der Handwerkbetriebe, die Schuhreparaturen durchführen, gezeigt werden.
Reparierbarkeit ist eine Frage des Designs
Ob und wie einfach sich Produkte reparieren lassen, entscheidet bereits das Produktdesign. Über Ökodesign-Anforderungen können unter anderem die Langlebigkeit und Reparierbarkeit reguliert werden. Wünschenswert wären produktübergreifende Regelungen. Stattdessen gibt es momentan nur für einzelne Produktgruppen spezifische Anforderungen. Immerhin: Für Batterien und Akkus ist die Austauschbarkeit durch die neue EU-Batterieverordnung ab 2027 vorgeschrieben.
Auch für ausgewählte Haushaltsgroßgeräte wie Kühlschränke, Spülmaschinen, TV-Geräte und Geschirrspüler gibt es seit März 2021 neue Ökodesign-Regeln: Sie müssen sich unter anderem mit handelsüblichen Werkzeugen zerstörungsfrei öffnen lassen und ihre Ersatzteile müssen sieben bis zehn Jahre verfügbar sein. Ab Juni 2025 gelten auch für Smartphones und Tablets neue Designvorschriften. Ersatzteile müssen dann für mindestens sieben Jahre verfügbar sein und es muss Software-Updates für mindestens fünf Jahre geben.
Doch für viele weitere Produktgruppen fehlen die Vorgaben noch gänzlich: vom Föhn bis zur Kaffeemaschine, von der Elektrozahnbürste bis zur Digitalkamera. Ihre Reparatur bleibt ohne zeitnahe, produktübergreifende Vorgaben im Ökodesign nahezu unmöglich.
Ersatzteile sind der Knackpunkt
Umfragen belegen, dass circa drei Viertel der Verbraucher*innen bereit sind, ihre Geräte zu reparieren oder reparieren zu lassen. Doch sind die dafür notwendigen Ersatzteile oft nicht verfügbar oder schlicht zu teuer. Ersatzteile können auch aus Altgeräten wiedergewonnen werden. Generell muss im Rahmen der Vorbereitung zur Wiederverwendung ein besserer Zugang zu entsorgten Geräten sichergestellt werden. Mit Technologien wie dem 3D-Druck können einzelne Ersatzteile lokal hergestellt werden. Dies ist eine sinnvolle Option, die gefördert werden sollte (Broschüre 3D-Druck & Reparatur).
Software darf kein Hinderungsgrund sein
Um die Produktlebensdauer zu verlängern, muss bei vielen Elektrogeräten auch die Software gebrauchsfähig bleiben. Insbesondere bei Informations- und Kommunikationstechnik verringern fehlende Updates oft die technisch mögliche Nutzungszeit. Deshalb sollte für mindestens zehn Jahre die Bereitstellung von Updates gewährleistet werden.
Darüber hinaus darf Software weder ein Hinderungsgrund sein, Geräte weiter zu nutzen, noch sollte Reparatur durch vom Hersteller freizuschaltende Software verhindert werden können. Durch „Part Pairing“ werden von Herstellern einzelne Geräteteile mittels Software und Seriennummer gekoppelt. Das erschwert es unabhängigen Reparaturdienstleister*innen, diese Teile so auszutauschen, dass das Gerät voll funktionsfähig bleibt.
Reparatur braucht Aufklärung und Förderung
Verbraucher*innen können derzeit kaum abschätzen, wie gut sich das erworbene Gerät reparieren und wie lange es sich nutzen lässt. Daher ist ein Index nach französischem Vorbild, welcher die Reparierbarkeit auf einer Skala von 1 bis 10 angibt, auch hierzulande sinnvoll. Immerhin für Smartphones und Tablets wird es ab 2025 einen EU-weiten Reparatur-Index geben.
Die Reparaturinfrastruktur muss verbessert und Reparaturdienstleistungen sollten gefördert werden, denn der Sektor bietet gute Wachstumschancen. Der Reparatursektor hat jedoch ein Nachwuchsproblem. Um dem entgegenzuwirken, sind neue, zertifizierte Weiterbildungs- und Qualifizierungskonzepte zu entwickeln. Ein lokal gebundener Reparatur-Bonus, ähnlich dem in Österreich und Thüringen, würde nicht nur die Auftragslage bestehender Reparaturanbieter*innen verbessern, sondern auch die Kosten für Verbraucher*innen senken. Zudem könnte eine Mehrwegsteuersenkung auf Reparaturen wie in Schweden den Sektor attraktiver machen.
Was ändert sich mit dem europäischen Recht auf Reparatur?
Anfang 2024 haben sich die EU-Institutionen auf eine Richtlinie zur Förderung der Reparatur von Waren geeinigt, welche bis 2026 in nationales Gesetz umgesetzt werden muss. Die Richtlinie bringt gute Änderungen:
- Hersteller werden zur Reparatur verpflichtet, und zwar auch außerhalb der Gewährleistung.
- Software und Hardware, die die Reparatur erschweren, werden explizit verboten und das Verwenden von Second-Hand oder 3-D-Druck-Ersatzteilen darf nicht verhindert werden.
- Ersatzteile müssen zu einem angemessenen Preis, auch für unabhängige Reparaturbetriebe verfügbar sein.
All das sind wichtige Schritte hin zu einem herstellerunabhängigen Recht auf Reparatur. Ein großes Aber ist der sehr begrenzte Anwendungsbereich des Gesetzes. Es gilt nur für Geräte, die bereits Anforderungen an die Reparierbarkeit haben und somit offiziell als reparierbar gelten. Das betrifft die Produkte, für die es Ökodesign-Anforderungen gibt. Es kann noch Jahre dauern, bis weitere relevante Produkte unter diese Richtlinie fallen: Kleine Haushaltsgeräte (Rasierer, Pürierstab, Kaffeemaschine etc.) und Spielzeuge sind damit bisher vom Recht auf Reparatur ausgenommen. Zudem gibt es immer noch ein großes Schlupfloch für Hersteller durch das Verwenden von Blockadesoftware: Mit dem Verweis auf geistige Eigentumsrechte besteht weiterhin die Möglichkeit, das Austauschen von Teilen durch bestimmte Software massiv zu erschweren.
NABU-Kernforderungen
1. Zeitnah produktübergreifende EU-Ökodesignvorgaben einführen
Die Produktlebensdauer von Elektronikgeräten muss durch gesetzliche EU-Ökodesignvorgaben deutlich verbessert werden. Entscheidend ist, dass Produkte für optimale und einfache Reparierbarkeit durch handelsübliches Werkzeug gestaltet werden, sodass problemloses Austauschen gängiger Ersatzteile wie Akku, Display, Kamera oder Lampe von Nutzer*innen wie Reparateur*innen ermöglicht wird. Ebenso wichtig ist die Verwendung langlebiger Materialien und ein modularer Aufbau, um Ersatzteile aus defekten Geräten zu gewinnen.
Die aktuelle Praxis, bei der nach und nach für einzelne Produktgruppen Ökodesign-Vorschriften gemacht werden, lässt riesige Schlupflöcher für andere Geräte, die durch das Recht auf Reparatur fallen und meist nicht repariert werden, obwohl dies technisch möglich wäre. Daher braucht es produktübergreifende Vorschriften.
2. Verfügbarkeit von Ersatzteilen sicherstellen
Um Reparaturen konkurrenzfähig gegenüber günstigen Neuwaren zu machen, müssen Ersatzteile zu angemessenen Preisen, im Verhältnis zu den Herstellungskosten, innerhalb einer Frist von fünf Werktagen und für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren ab Erstverkauf verfügbar sein. Die Ersatzteile müssen dabei auf Bauteil- und nicht nur auf Komponentenebene verfügbar sein. Eine Komponente besteht aus mehreren Einzelteilen, die einzeln austauschbar sein müssen.
Für die Gewinnung gebrauchter Ersatzteile müssen Wiederverwendungseinrichtungen im Rahmen der Vorbereitung zur Wiederverwendung durch verbindliche Kooperationen Zugang zu Elektroaltgeräten erhalten und für einen aufwändigen Ausbau finanziell über die „Erweiterte Herstellerverantwortung“ unterstützt werden. Die Ausstattung von Repair-Cafés, Makerspaces und anderen Einrichtungen mit 3D-Druckern sollte ebenso gefördert werden.
3. Geplante Obsoleszenz stoppen, Softwareblockaden verbieten
Obsoleszenz bedeutet, dass die optimale Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten nicht erreicht wird, dies kann von Hersteller*innen geplant sein. Ziel muss aber eine lange Nutzung der Geräte sein. Sowohl die funktionale als auch die werkstoffliche Obsoleszenz müssen verboten werden. Das bedeutet zum einen, dass es keine herstellergebundene Freischaltungssoftware für einzelne Geräteteile mittels Seriennummer mehr geben darf, die eine unabhängige Reparaturpraxis verhindert. Zum anderen müssen alle Teile und Materialien eine lange Lebensdauer wie Leistungsfähigkeit haben und Softwareupdates für bis zu zehn Jahre nach Erstverkauf verfügbar sein.
Damit Reparatur, Refurbishment und Remanufacturing nicht durch geistige Eigentumsrechte verhindert wird, braucht es entsprechende Ausnahmeklauseln bei Gesetzen.
4. Reparatur-Index umsetzen und Reparaturinfrastruktur fördern
Ein Reparatur-Index bietet Verbraucher*innen eine gute Orientierung beim Neukauf. Dieser muss Kriterien wie Ersatzteilpreise widerspiegeln. Entscheidend ist eine ambitionierte Bemessungsgrundlage, die Aussagen über eine machbare und bezahlbare Reparatur und die Lebensdauer liefert. Eine Reparaturanleitung und ein einfacher Ersatzteilaustausch sind hierfür die Grundvoraussetzung, Preise und Verfügbarkeiten der Ersatzteile müssen ebenfalls einfließen. Um den Reparatursektor zu stärken, sind vereinfachte, zertifizierte Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote für gängige Reparaturdienstleistungen zu schaffen.
Ein lokal gebundener Reparatur-Bonus kommt der Reparatur-Szene wie auch Verbraucher*innen zugute. 2023 erzielte eine vom NABU mitinitiierte Petition zum Reparaturbonus über 70.000 Unterschriften. Leider konnte Umweltministerin Steffi Lemke bei der Übergabe keinen solchen Bonus zusagen. So bleibt es bisher bei lokalen Vorreitern wie Thüringen und Sachsen, die einen Reparaturbonus bereits anbieten. Eine Übersicht über bestehende Förderprogramme in Europa hat der Runde Tisch Reparatur zusammenstellt.
Auch eine Mehrwertsteuersenkung auf Reparaturen und reparierte Geräte von 19 auf sieben Prozent im Umsatzsteuergesetz kann in Kombination mit günstigen Ersatzteilen das Reparieren wieder lohnend machen.
Um lokale Reparaturangebote zu verbessern, sollten Kommunen (leerstehende) Gebäude oder Geschäftsräume im Zentrum, in Einkaufszentren oder Fußgängerzonen für Reparaturdienste, Repair-Cafés, Hubs u. ä. gezielt bereitstellen.
5. Vorbereitung zur Wiederverwendung messbar stärken
Für die Vorbereitung zur Wiederverwendung braucht es eine gesetzlich verankerte Quote im ElektroG. Diese sollte fünf Prozent bis 2025 und 15 Prozent bis 2030 betragen. Bereits bei der Sammlung müssen für eine Wiederverwendung geeignete Geräte separiert werden. Ferner müssen lokale Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern, Händlern, Herstellern und Wiederverwendungseinrichtungen verbindlich werden, damit letztere einen besseren Zugang zu Altgeräten und Ersatzteilen haben.
Elektroschrott ist weltweit der am schnellsten wachsende Abfallstrom. Dabei können selbst entsorgte Altgeräte oft repariert werden oder als Quelle für Ersatzteile dienen. Der NABU hat sich dem Thema der „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ (VzWv) bereits 2016 mit einer umfassenden Studie gewidmet. Zahlen des Umweltministeriums und von Destatis machen jedoch deutlich, dass die VzWv, welche nach der Abfallvermeidung an zweiter Stelle der Abfallhierarchie steht, weiterhin sträflich vernachlässigt wird: 2019 wurden weniger als ein Prozent der gesammelten Altgeräte für eine Wiederverwendung aufbereitet, 2020 waren es mit 1,9 Prozent nur unwesentlich mehr. Verstärkt wird dieses Problem durch die allgemein niedrigen Sammelquoten: 2020 wurden gerade einmal 44,1 Prozent der verkauften Elektroaltgeräte getrennt gesammelt, dabei schreibt das Gesetz eine Quote von mindestens 65 Prozent vor.
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