Download der NABU-Broschüre (2.45 MB)
350.000 Tonnen Abfall durch Einweggeschirr und To-go-Verpackungen
NABU präsentiert erstmals umfassende Daten
Der NABU ließ erstmals Daten erheben, wie viel Abfall in Deutschland durch Einweggeschirr und To-go-Verpackungen anfällt, welche Materialien dominieren, wer die inverkehrbringenden Branchen sind und was die Ursachen für die steigenden Abfallberge sind. Betrachtet wurden die Abfälle durch Einweggeschirr und To-go-Verpackungen für den Außer-Haus- bzw. Sofortverzehr sowie für den Party- und Picknickbedarf privater Haushalte. Letzerer meint unbefüllt gekauftes Einweggeschirr, Einwegbesteck, Strohhalme sowie Einweg-Grillschalen (aber keine Einweg-Grills).
Laut der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM), die die Daten im Auftrag des NABU erhoben hat, fielen 2017 in Deutschland 346.419 Tonnen an Abfall für Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen an.
Diese Einwegprodukte sind eine der Ursachen für hohe und steigende Abfallmengen. Sollte in den Markt nicht regulierend eingegriffen werden, prognostiziert die GVM einen weiteren signifikanten Anstieg der Tonnagen.
Aus welchen Materialien sind die Abfälle?
Papier, Pappe und Karton (PPK) sind mit 220.000 Tonnen Abfall gewichtsbezogen das dominierende Material. Daneben spielt Kunststoff mit über 105.000 Tonnen beziehungsweise 30 Prozent eine bedeutende Rolle.
Aluminium und Naturmaterialien (zum Beispiel Zuckerrohr, Palmblätter, Bambus, Weizenkleie und Holz für Einwegbesteck, Einwegteller und Einwegschalen) fallen weniger ins Gewicht, verzeichnen allerdings sehr hohe Steigerungsraten. Sogenannte Biokunststoffe sind der Kunststofffraktion zugeordnet.
Über 60 Prozent der Abfälle aus Papier, Pappe und Karton sowie die Hälfte der Kunststoffabfälle fallen auf den Verbrauch von Einwegtellern, Einwegboxen und Ähnliches für Speisen: Hier fielen 2017 über 155.000 Tonnen Abfall an, darunter knapp 50.000 Tonnen für Pizzakartons. (Hinzu kommen noch Einwegteller und -schalen, die Privathaushalte als Party- oder Picknickbedarf unbefüllt gekauft haben.)
Wer bringt die Verpackungen in Umlauf?
Systemgastronomie und Imbisse bringen jeweils etwa ein Drittel des Einweggeschirrs bzw. der To-go-Einwegverpackungen in Verkehr (nach Tonnage). 19 Prozent machen Verpackungen für Privathaushalte aus, beispielsweise für Partys und Picknicke. Tankstellen, heiße Theken in Metzgereien, Verkaufsautomaten, Volksfeste und Ähnliches kommen zusammen auf sieben Prozent, Hotels, Cafés und Kantinen auf vier Prozent und der Lebensmitteleinzelhandel kommt auf zwei Prozent.
Wie hat sich das Abfallaufkommen seit 1994 verändert?
Zwischen 1994 und 2017 stiegen die Abfallmengen insgesamt um 44 Prozent. Die Kunststoffabfälle nahmen um 72 Prozent zu, die PPK-Abfälle um 26 Prozent. Blickt man nur auf Einweggeschirr und Einwegverpackungen für To-go beziehungsweise Sofortverzehr in der Gastronomie, lag die Steigerungsrate bei 38 Prozent. Die Steigerungsraten für einzelne Geschirre und Packmittel variierten dabei stark, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Sehr stark stiegen auch die Abfälle durch Party- bzw. Picknickbedarf privater Haushalte, die 2017 bereits 19 Prozent der 350.000 Tonnen Abfall ausmachten. Seit 1994 hat sich das Abfallaufkommen hier insgesamt um 74 Prozent erhöht. Die Abfälle aus Papier, Pappe und Karton stiegen um 58 Prozent, die Kunststoffabfälle haben sich sogar fast verdoppelt. So greifen Privathaushalte immer öfter zu Einweggeschirr, obwohl es umweltfreundlichere Mehrwegalternativen für Party- oder Picknickgeschirr gibt.
Was sind die Gründe für die hohe Abfallmenge?
Die Gründe für das hohe und steigende Abfallaufkommen sind sozialer, kultureller und technischer Natur. Seit 1994 ist das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland preisbereinigt um 38 Prozent gestiegen. Der Außer-Haus-Konsum nahm allgemein stark zu: So wuchs der Umsatz in Restaurants mit Selbstbedienung zwischen 2005 und 2015 um 110 Prozent, der von Imbissstuben und Cafés hat sich beinahe verdreifacht. Mit zunehmendem Wohlstand nehmen der Außer-Haus- bzw. Fast-Food-Verzehr und damit auch das Verpackungsaufkommen zu. Die Orientierung an Convenience steigt. Technische Entwicklungen erleichtern das Geschäft der Lieferdienste. Darüber hinaus hat Einweg gegenüber Mehrweg Kostenvorteile für die Inverkehrbringer.
Was fordert der NABU?
Zu viele der Geschirre und Verpackungen landen in der Natur und Stadtreinigungen kommen nicht hinterher, Parks, Straßen und Uferböschungen zu reinigen. Auch die überwiegende Menge, die in der Müllverbrennung oder bestenfalls im Recycling endet, bedeutet angesichts existierender Mehrwegalternativen eine Vergeudung natürlicher Ressourcen.
Der NABU fordert eine konsequente Mehrwegförderung. Das Verbot bestimmter Einwegprodukte aus Kunststoff, wie von der EU-Kommission im Frühjahr 2018 vorgeschlagen, ist ein erster wichtiger Schritt für den Meeres- und Umweltschutz. Die Richtlinie wird aber nur ihr ökologisches Potenzial entfalten können, wenn die EU-Mitgliedstaaten Mehrwegalternativen aktiv und ambitioniert fördern. Sonst drohen Verlagerungseffekte auf andere ökologisch problematische Einwegprodukte und Packmaterialien. Umweltfreundliche Mehrweg-Lösungen müssen zukünftig wirtschaftlich tragfähig werden und sich als eine alltagstaugliche Alternative etablieren.
- Bundesländer und Kommunen sollten verpflichtet werden, Mehrweg-Gebote bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum und bei Auftragsvergaben in ihre verbindlichen Auflagen mit einzubeziehen.
- Beim Verzehr vor Ort sollte es ein Mehrweg-Gebot für Speisen und Getränke geben, um Einweg einzudämmen.
- Von Kunden mitgebrachte Gefäße und Becher zu befüllen, muss beim To-go-Verzehr Standard werden. Pfand-Mehrwegsysteme müssen öffentlich gefördert werden.
- Der Gastronomie sollten hierzu Leitfäden zu Hygiene- und Verfahrensfragen zur Verfügung gestellt werden.
- Der Handel sollte für Privathaushalte attraktives Mehrweggeschirr für Picknicks und Partys anbieten.
- Wer an der Umweltverschmutzung durch Einweg verdient, sollte auch für die Reinigungskosten von Straßen, Parks und Ufern aufkommen müssen.
- Diese und weitere Vorschläge und Forderungen des NABU sind in der Broschüre zur Einweggeschirr-Studie zusammengetragen.
Downloads
Ausführliche Studie der GVM
English version
NABU has investigated how much of Germany’s waste has been caused by disposable tableware and takeaway packaging in 2017. The study also shows which materials are the most widespread, and who puts them into circulation. A short version is available in English:
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