Schmutzgeier in Armenien
So leben die gefährdeten Aasfresser
Der Schmutzgeier gilt nicht nur als kleinste Geierart der Welt. Er ist auch die einzige migrierende der vier in Armenien vorkommenden Geierarten. Schmutzgeier sind von Südeuropa und Afrika ostwärts bis zum Tien-Shan-Gebirge und Pakistan sowie in fast allen Regionen der Republik Armenien verbreitet. In der Roten Liste der IUCN wird der Schmutzgeier als gefährdet eingestuft. Die NABU-Filiale in Armenien hatte den Schmutzgeier (Neophron percnopterus), ein Mitglied der Familie der Habichte (Accipitridae), zum Vogel des Jahres 2021 gekürt. Denn mehr Aufmerksamkeit kann dieser seltene Vogel definitiv gebrauchen.
Forschung und Schutz für die kleinsten Geier der Welt
Im Rahmen des Projekts „Birds of Prey Research and Conservation in Armenia“ erforscht der NABU die Bestände dieser Vögel landesweit. Neben den Studien zur Nistbiologie mittels Online-Kamera umfasst das Projekt auch die Untersuchungen der Nistgebiete und die Abschätzung möglicher Bedrohungen in deren Umgebung. Die Markierung mit GPS-Sendern, die bisher an drei Jungvögeln angebracht wurden, hilft bei der Erforschung der örtlichen Bewegungen und der Migrationsrouten der Geier.
In Armenien kommen die gefährdeten Aasfresser landesweit vor, denn die zahlreichen Felswände des kleinen Berglandes im Kaukasus bieten den Vögeln idealen Lebensraum. Doch bislang ist über die Bestände des Schmutzgeiers in Armenien wenig bekannt und niemand weiß genau, wie viele Paare hier brüten. Deswegen erforscht der NABU die Population: Systematische Zählungen, die Überwachung des Bruterfolgs und GPS-Verfolgung einzelner Vögel geben Aufschluss über die Verbreitung und Raumnutzung der Art. So können die wichtigsten Lebensräume der Vögel identifiziert und besser geschützt werden.
Brutzeit? Rund 42 Tage!
Schmutzgeier brüten auf Klippen und Felsvorsprüngen – in den felsigen Schluchten und Berglandschaften Armeniens finden sie einen idealen Lebensraum. Geschützt von überhängenden Felsvorsprüngen erbauen sie ihre oft etwas unordentlich wirkenden Nester, in die sie meist zwei Eier legen. Nach einer Brutzeit von durchschnittlich 42 Tagen schlüpfen die Küken. Bis zu den ersten Flugstunden vergehen weitere zwölf Wochen. Während dieser Zeit bringen die Elternvögel regelmäßig Nahrung, die bei Schmutzgeiern aus Aas aller Art besteht – von toten Insekten bis hin zu den Überresten großer Säugetiere.
Besser als sein Ruf
Anders als der Name es vermuten lässt, sind Schmutzgeier sehr ansehnliche Vögel. Das weiße Federkleid und das auffällige gelbe Gesicht geben der weltweit kleinsten Geierart ihr unverwechselbares Erscheinungsbild. Weil sie Aasfresser sind, leiden Schmutzgeier, wie alle Geierarten, unter einem schlechten Ruf. Im schlimmsten Fall führt das sogar dazu, dass die Vögel abgeschossen oder vergiftet werden. Auch die Wilderei für den Verkauf von Trophäen und lebenden Vögeln stellt für den Schmutzgeier in Armenien eine ernste Bedrohung dar.
Die NABU-Filiale in Armenien betreibt daher Umweltbildung und klärt die armenische Bevölkerung über die wichtige Funktion der Geier im Ökosystem auf: Als Aasfresser sorgen sie nämlich dafür, dass Kadaver schnell aus der Landschaft verschwinden und verhindern dadurch die Ausbreitung von Krankheiten wie Tuberkulose oder Maul- und Klauenseuche. Neben Vorträgen und Mitmach-Aktionen spielt dabei auch eine Webcam, die in einigen Jahren aus einem Schmutzgeiernest Live-Bilder übermittelt hat, eine wichtige Rolle: So kann die lokale Bevölkerung ihre gefiederten Nachbarn hautnah erleben. Das hilft, Vorurteile abzubauen und weckt die Begeisterung für die Natur vor der Haustür.
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