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Massen-Schlafplätze von Staren, Raben und Krähen
Es müssen nicht immer Kolibris sein. Massenschlafplätze sind mindestens ebenso spektakulär wie vogelkundliche Raritäten. Wenn die Abendsonne den Horizont berührt und tausende Schwalben im Schilf einfallen, Krähen in langen Schwärmen über die Stadt ziehen oder sich Dutzende Elstern schackernd im Feldgehölz einfinden, kann man erahnen, weshalb Massenvögel die Menschen schon vor Jahrtausenden beeindruckt haben.
Auffällig sind Raben- und Saatkrähenschlafplätze, die sich im Spätsommer bilden und in den Wintermonaten oft tausende Köpfe zählen. Die Massierung täuscht eine Überbevölkerung vor,. denn überwiegend sind es Vögel aus großen Einzugsbereichen und Wintergäste aus Nord- und Osteuropa.
Außer Krähen, Dohlen, Elstern und Kolkraben lieben es auch Stare, Drosseln, Schwalben, Pieper und Bachstelzen gesellig zu schlafen. Gleiches gilt für Kormorane, Möwen, Kornweihen, Schwarz- und Rotmilane. Die Gemeinschaft gewährt Schutz vor Feinden, Informationen über ergiebige Nahrungsquellen und man kann einen Brutpartner kennen lernen.
Oft liegen Schlafplätze erstaunlich menschennah. Stare zwitschern nachts im efeuumrankten Gemäuer in der Fußgängerzone. In vielen europäischen Städten fallen abends Starenwolken mit zehn- bis hunderttausenden Vögeln ein. Auf der Hauptstraße einer süddeutschen Großstadt schlafen bis zu 250 Bachstelzen in einem Baum und Krähen zieht es auf Überlandleitungen und in Industriegebiete. Dabei zeigen sie große Toleranz gegenüber Lärm und anderen Störungen. Dennoch überwiegen die Vorteile: Die Stadt ist warm, schneearm und bietet Abfälle zum Fressen, Kunstlicht in kurzen Wintertagen, Masten und hohe Bäume als übersichtliche Sitzplätze.
Beobachten, ohne zu stören
Schlafplatzbeobachtungen sind im Winter mitten in der Stadt möglich. Man braucht nur etwas Zeit am Spätnachmittag, offene Augen, ein Fernglas und warme Kleidung. Am Abendhimmel kreisende Krähenschwärme weisen den Weg. Viele Schlafplätze lassen sich gut aus der Distanz einsehen. Störungen ruhender Tiere sind verboten und vermeidbar - oder lassen Sie sich gerne bei Frost aus dem Bett jagen?
Das faszinierende Naturschauspiel beginnt weit ab vom Krähenschlafplatz. Auf Feldern, Müllkippen und anderen Nahrungsplätzen scharen sich nachmittags die ersten Trupps. Sie bilden größere Schwärme und brechen vor Sonnenuntergang zum Schlafplatz auf. Im Dämmerlicht treffen dort aus allen Himmelsrichtungen Schwärme ein. Vom Himmel schweben sie herab, um mit anwesenden Vögeln zu kreisen und sich dann niederzulassen. Elstern sind fast alle vor Sonnenuntergang da, Saatkrähen kommen oft so spät, dass sich ihre schwarzen Silhouetten kaum mehr gegen den Nachthimmel abheben. Zehntausende Saatkrähen treffen sich manchmal an einem, über Jahre traditionellen Schlafplatz. Im Schwarm herrscht eine soziale Struktur: Dominante Vögel bekommen die geschützteren Plätze.
Strommasten und Leitungstrassen sind wahre Kristallisationspunkte für die Krähen. Erst sitzen nur wenige Vögel auf den Drähten, dann folgen immer mehr. Häufig fliegt die Schar auf, kreist krächzend und lässt sich erneut nieder. Diese Prozedur zieht sich oft bis in die Dunkelheit. Mit ihrer Hilfe wird die "Schwarm-Stimmung" übertragen, die die Masse von Individuen synchronisiert und koordiniert.
Morgens verlassen die Vögel mit Sonnenaufgang den Schutz der Vegetation, setzen sich in die Baumkronen und starten truppweise zur Nahrungssuche in die Umgebung. Im Frühling ziehen die Saatkrähen in ihre Brutgebiete zurück und bei Standvögeln wie Elstern erwachen Bruttrieb und Territorialität. Ab März verkleinern sich die Schlafgemeinschaften und lösen sich im April oft ganz auf. Nur Nichtbrüter bevölkern auch im Sommer Schlafplätze während die Brutpartner paarweise in ihrem Revier nächtigen.
Trotz der Unbeliebtheit vieler Schlafplatz-Arten sind die allabendlichen Treffen ein atemberaubendes Naturereignis und Ausdruck des Sozialverhaltens der Vögel. Probleme treten auf, wenn sich Anwohner gestört fühlen. Die Kakophonie aus tausend Kehlen und Kotkleckse führen zu Klagen und Verfolgungsforderungen, um die ungebetenen Nachbarn los zu werden. Vergrämungsaktionen helfen jedoch nur nach dem St.-Florians-Prinzip und können andere Arten benachteiligen.
Stefan Bosch
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