Machen Sie der Natur ein Geschenk.
Spenden Sie für den Natur- und Artenschutz!
Vogelfütterung historisch
Artikel zur Winterfütterung aus dem „Zaber-Boten“ vom 16. Februar 1902
Oft aber wird die Vogelfütterung ungeschickt betrieben, und den gefiederten Gästen durch sie Krankheit und Tod gebracht. Was soll man also nicht füttern. Nicht füttern sollen wir sauer gewordene oder in Gärung übergegangene Futterstoffe, Kuchen und Konditorei-Gebäck, überhaupt nicht Stoffe, von welchen uns der gesunde Menschenverstand sagt, dass sie einem Vogelmagen nicht zuträglich sein können.
Wie und was sollen wir füttern? Wenn Schnee liegt, Raufrost die Bäume überzieht, so leiden am meisten Not Meisen, Kleiber, Baumläufer. Sie versorgen wir, indem wir Talgstücke und aufgeschlagene Knochen, je zu zweien an einen Faden gebunden, auf die Bäume werfen. Dort oben sind unsere im Hunger sehr unvorsichtigen Gäste am gesichertsten, auch am wenigsten von den Spatzen bedrängt.
Zur Fütterung mit Körnern: Hanf und Sonnenblumensamen [sind] besonders zu empfehlen, eignet sich das sehr hübsche und billige Automatenfutterhäuschen, das der Hofgärtner C. F. Heinemann-Erfurt liefert. Es wird mit drei Nägeln an einer Mauer oder einem Baumstamme befestigt und bietet Meisen und allen zarten Vögelchen ebenfalls sicheren Schutz, sogar wind- und wettersicheres Nachtquartier!
Zurückgebliebene Rotkehlchen, Drosseln, Amseln, die ganze Finken-, Ammern- und Zeisig-Schar, wiederum alle Meisen, Zaunkönige, Kleiber, die Buntspechte und den Grünspecht, Gimpel, Haubenlerchen füttern wir sodann am Vogelfutterplatz. Dieser liege vor Katzen, Wiesel, Sperber, Elstern, Krähen, Häher möglichst geschützt, biete aber außerdem durch einige ihn umgebende hohe Haufen von losem Strauchwerk Zuflucht vor plötzlichem Ueberfall. Es ist dies wichtig, denn auch das Raubgesindel macht der Hunger unheimlich verwegen.
Den Futterplatz selbst kehren wir mehrmals am Tage vom Schnee rein und bieten unseren gefiederten Gästen auf ihm allerlei gewiegte Fleischreste, mit kochendem Wasser angemachtes Mais-(Welschkorn-)mehl, allerlei Sämereien: Hanf, Weizen, Haber, Gerste, Sommerrübsamen, Haberkern, - kurz, was immer wir haben. Dann auf dem Reibeisen geriebenes hartes Brot, doch keine Brotkrumen, die gefrieren zu Stein. Getötete Küchenschaben sind große Leckerbissen, selbstredend darf man aber keine vergifteten vorwerfen; Stückchen Apfel und Birne sind stets willkommen.
Man füttere lieber oft am Tage, am besten früh, mittags und abends, und nicht mehr, als aufgefressen wird. Sonst füttert man Mäuse, und viel Futter verdirbt durch Kälte und Nässe und wird dann schädlich. Ebereschenbeeren und Wacholderbeeren finden auch viele Liebhaber. Körnerfutter wird vielfach von den Tierschutzvereinen und den Vereinen zum Schutze der Vogelwelt gratis für Futterplätze abgegeben. Näheres bringen dann die Tagesblätter.
Den größten Verdruss pflegen am Futterplatze die Spatzen zu bereiten, wenn diese groben, derben Nichtsnutze alles für sich beanspruchen und alle anderen Vögel, ganz besonders die zartesten, brutal wegbeißen und verjagen. Hiegegen hilft nur ein genaues Beaufsichtigen des Futterplatzes aus irgendeiner Deckung! Sind die Spatzen Alleinherren, kein Fink, keine Ammer oder Lerche unter ihnen, so sende man einen Schrotschuss unter sie. Nach wenigen Wiederholungen dieser blutigen Lektion werden sie nur zaghaft und sehr vorsichtig dem Platze nahen, dessen ganzen Zweck sie andernfalls oft genug vereiteln. Tauben kann man mit einem Sandwurf leicht verjagen.
Bei starker Kälte ist Wasser unseren Gästen ebenso nötig wie Futter. Wir geben frisches Wasser, um das wir heiße Ziegelsteine legen, und einen heißen Ziegel legen wir in das Wasser. So werden wir es stundenlang offen erhalten, friert es zu, dann geben wir wieder frisches Wasser und erhitzen unsere Steine wiederum; der Anblick der gierig trinkenden Vögelchen, das große Labsal, welches wir ihnen bieten, entschädigt reich für die Mühe.
Dem sinnigen Menschen ist der Vogelfutterplatz eine Quelle hoher und reinster Freude. Freilich fehlt auch am ihm der hässliche Kampf um's Dasein nicht, doch die lieblichen Bilder überwiegen und verklärend ruht auf ihm der edelste Geist, der Geist des werkthätigen Mitleids.