Alb-Guide Rita Goller präsentiert ihre Schnecken. - Foto: Bianka Brobeil
Schwäbische Schneckenzucht
Rita Goller hat eine Vorliebe für Weichtiere
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Rita Goller ist täglich drei Stunden lang beschäftigt, Salat oder Löwenzahn für die Tiere zu besorgen, diese zu füttern und nach dem Rechten zu sehen. - Foto: Bianka Brobeil
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In den Zuchtbeeten sitzen die Schnecken dicht an dicht. - Foto: Bianka Brobeil
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Rita Goller führt auch gerne Besuchergruppen durch die Schneckenfarm auf der Schwäbischen Alb. - Foto: Bianka Brobeil
Eine Holzschnecke deutet an, was sich hinter dem unscheinbaren Gartentor in Münsingen-Rietheim auf rund 3.000 Quadratmetern verbirgt. Kunststoffnetze umzäunen die insgesamt vier Gehege. Hier hängen mehrere Zentimeter lange Schnecken direkt neben nur wenige Millimeter großen Exemplaren. Außerdem halten sich die Weichtiere am Boden auf oder verstecken sich unter Altholz und Moos, die die Einfriedung zieren.
„Derzeit züchte ich zwischen 40.000 und 50.000 Schnecken“, berichtet Goller. Eine Menge Arbeit: Mit ihrem Mann Walter ist sie täglich drei Stunden lang beschäftigt, Salat oder Löwenzahn für die Tiere zu besorgen, diese zu füttern und nach dem Rechten zu sehen. „In den Gehegen habe ich unter anderem Salat, Thymian und Raps gesät. Das mögen sie gern. Doch das reicht bei Weitem nicht aus, da eine Schnecke täglich bis zur Hälfte ihres Eigengewichts verzehrt“, erklärt Rita Goller, während sie Salat in die Umzäunung wirft. Etwa 40 bis 50 Salatköpfe benötigt sie pro Tag, um alle satt zu kriegen. Manchmal kommt Giersch oder auch mal ein Stück Melone hinzu.
Schneckensammeln mit Tradition
Es ist eine ungewöhnliche Leidenschaft, die vor elf Jahren begann, als sich Rita Goller zum NABU-Alb-Guide ausbilden ließ. „Damals sollte ich eine Wanderroute entwerfen. Diese nannte ich ‚Burgen und Schnecken‘, da das Schneckensammeln im Großen Lautertal Tradition hat“, erzählt Goller. Bis zu 300.000 Exemplare im Jahr haben Züchter aus Hayingen-Weiler noch bis zum Ersten Weltkrieg nach ganz Europa exportiert.
Das Interesse an den Tieren wurde bei Goller immer größer, bis sie schließlich mit der Zucht begann. Doch die Rietheimerin hält die Schnecken nicht nur, sie beobachtet sie auch. Dazu hat sie sich zehn kleine Holzkästchen bei einem Schreiner anfertigen lassen. So erfährt sie beispielsweise, wie viele Eier die Tiere legen. „Im Schnitt ergeben sich aus einer Ablage von 40 bis 60 Stück etwa 30 neue Schnecken.“ Die Züchterin weiß aber noch viel mehr über die Tiere. „Wenn Weinbergschnecken am Baum hängen, sollte man sie dort lassen und nicht herunterreißen. Ansonsten werden ihre Schutzhüllen zerstört. Wachen sie bei Sonnenschein nicht auf, trocknen sie sehr schnell aus und sterben.“
Ernte im Winterschlaf
Außerdem müssen die Schnecken mindestens vier Jahre alt werden, bevor sie „geerntet“ werden. Denn erst mit dreieinhalb Jahren werden die Tiere geschlechtsreif. Es folgt ein stundenlanges Liebesspiel, das mit einer kurzen Begattung endet. Dabei reiben die Schnecken ihre Sohlen aneinander. Um die Nachzucht zu garantieren, wartet Rita Goller, bis die Tiere wenigstens einmal Eier gelegt haben. Die Jungen schlüpfen nach drei Wochen. „Früher hat man Weinbergschnecken nach drei Jahren geerntet. Das führte dazu, dass sie sehr selten geworden sind“, sagt Goller. Um die Spezies vor der Ausrottung zu schützen, ist das Sammeln in der Natur durch die Bundesartenschutzverordnung seit 2005 verboten und nur noch die Zucht erlaubt.
Die Züchterin erntet ab Ende Oktober, wenn sich die Schnecken bereits für die Wintermonate eingedeckelt haben und im Winterschlaf befinden. Das Einsammeln ist dann zwar aufwendiger, da sich die Tiere bis zu zehn Zentimeter tief im Boden eingegraben haben und nun wieder herausgeholt werden müssen, aber dafür ist der Darm entleert und fast schleimlos. Wer Schnecken dagegen im Sommer erntet, muss diese aushungern und entschleimen.
Schneckenwurst und Pralinen
Rita Goller gibt die Tiere, deren Deckel fest verschlossen und weiß ist, zuerst eine halbe Stunde lang in sprudelndes Wasser. „So sterben sie im Schlaf einen Sekundentod“, erläutert die Expertin. „Danach hole ich den Körper mit einem Schaschlickspieß oder einer Spicknadel aus dem Haus heraus. Das Hinterteil schneide ich weg und spüle anschließend den restlichen Schleim ab, da nur die Kriechsohle gegessen wird. Zuletzt koche ich diese zwei Stunden lang.“
Ihre Schnecken verkauft Goller vorwiegend an die Gastronomie in der Region. Aber auch Feinschmecker aus ganz Deutschland melden sich bei ihr. Sie selbst isst sie am liebsten frisch gekocht aus dem Wurzelsud mit etwas Salz und Weißbrot. Neben einer Schneckenwurst hat sie auch schon Schneckenpralinen hergestellt. Ebenso stammt ein Schneckenkochbüchlein mit 15 Rezepten von ihr. Darin finden sich unter anderem Zubereitungstipps für Schneckengulasch oder -omelette. Dieses kann direkt bei Rita Goller für 6,80 Euro bestellt werden, ebenso wie ihre Schnecken. Wer mehr über die Tiere wissen möchte, kann dies nach vorheriger Anmeldung bei einer Führung in ihrem Schneckengarten tun.
Bianka Brobeil (Naturschutz heute 2012)
Kontakt
Albschneckler
Tel. 07381-4781
RitaGoller@t-online.de
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