Artenspürhunde suchen Vögel, Fledermäuse, Kot von Wölfen und Luchsen oder sogar Käfer. Foto: NABU/Sebastian Hennigs
Wie riechen Fledermäuse?
Artenspürhündin Lissy im Einsatz
Es ist ein warmer Sommertag mit leichtem Wind. Noch wartet Lissy, eine Border-Collie-Hündin, im Auto auf ihren Einsatz, doch sobald ihre Besitzerin Ramona Beuth die Tür öffnet, springt sie heraus und rennt los. Lissys Freude ist ihr anzusehen: Ihre Augen strahlen, der Körper der drei Jahre alten Hündin ist voller Spannung, sie läuft auf dem Gelände herum und wartet auf Anweisungen. Sobald Ramona, gebürtig aus NRW, mittlerweile aber in Leipzig wohnhaft, das Signal mit der Hand gibt – „Such!“ –, geht es los.
Fledermausschutz: Umsiedlung ist leider keine Lösung
Auch wenn das immer wieder mal behauptet wird, das Fledermäuse umgesiedelt werden könnten und damit eine Konfliktlösung zwischen Bauplanungen und Fledermausvorkommen möglich sei: Für Fledermäuse funktioniert das nicht. Alle Erfahrungen zeigen, dass Umsiedlungen als Schutzmaßnahme nicht geeignet sind.
Werden Fledermäuse nachgewiesen, ist zu prüfen, ob Nachbesserungen möglich sind oder das Planungsvorhaben abgelehnt werden muss. Rechtlich ist eine Genehmigung nur möglich, wenn der Schutz der Fledermäuse gewährleistet werden kann. Die Maßnahmen richten sich nach den betroffenen Arten, der Art der Quartiere und Rahmenbedingungen wie etwa den Nahrungsgebieten.
Mit der Nase am Boden sucht Lissy den gezeigten Bereich ab. Ramona, mit Pferdeschwanz und in Outdoor-Kleidung, geht langsam hinter Lissy her. Sie beobachtet die Border-Collie-Hündin, beide sind ein eingespieltes Team. Sobald Lissy etwas findet, zeigt sie den Fund an und setzt sich hin. So weiß Ramona sofort, dass Lissy erfolgreich war, und steckt einen roten Markierstab in den Boden. Als Belohnung bekommt die Hündin ihren Lieblingssnack – Leberwurstpaste – und ihr Lieblingsspielzeug, ein Ball an einem Seil. Doch was sucht Lissy eigentlich?
Schlagopfersuche unter Windrädern
Wir befinden uns in Freiberg in Sachsen auf einem Windparkgelände. Fünf Windkrafträder stehen hier, und heute gilt es, alle Windräder abzusuchen. Lissy ist spezialisiert auf die Suche nach sogenannten Schlagopfern, in diesem Fall Fledermäuse. Schlagopfer sind Tiere, die durch ein Windrad ums Leben gekommen sind. Lissy sucht also nach toten Tieren, sie findet aber auch Kot und kann so nachweisen, ob Fledermäuse an dem Ort vorkommen. Außerdem spürt sie Fledermauskolonien auf, was schon bei Häusersanierungen sehr hilfreich war.
„Ich bin beauftragt, diese Untersuchungen hier am Standort zu machen. Das dient dazu, die Laufzeit der Windräder eventuell anzupassen und sie nachts auszustellen, falls es hier Vorkommen von Fledermäusen gäbe“, erklärt Ramona. Bislang hatte sie aber auf keinem ihrer Kontrollgänge Fledermausfunde. Das ist ein gutes Zeichen. „Entweder wurden die Windräder sehr gut geplant, dazu zählt auch die Standortauswahl, oder die Laufzeit ist an die Flugzeiten angepasst.“
Monatelanges Training
Um Lissy dennoch zu trainieren, hat Ramona heute ihre selbst mitgebrachten toten Fledermäuse ausgelegt, die sie zu Trainingszwecken benutzen darf. Und schon zeigt Lissy eine Stelle im Gras an. Für die Hündin ist diese Herausforderung wichtig, um die Abläufe zu festigen, der Spaß steht aber auch im Vordergrund. Stolz schaut die Hündin ihre Besitzerin an und wedelt mit dem Schwanz, nachdem Ramona die Stelle markiert hat. Wichtig seien Pausen zwischen den Durchgängen, denn das Aufspüren von Gerüchen ist für Hunde sehr anstrengend. Vor jedem neuen Durchgang muss Ramona den GPS-Radius eintragen, da in einem Radius entsprechend der Höhe der Anlage rund um das Windrad gesucht werden muss.
Zum ersten Mal mit dem Thema Artenspürhunde in Berührung gekommen sei sie an der Uni Leipzig, sagt Ramona. Die Biologin besuchte einen Gastvortrag von Biologieprofessor Samuel Wasser von der University of Washington. Er gilt als Pionier der Forschung auf diesem Gebiet. Über einen Job mit umweltfachlicher Arbeit im Planungsbüro hat sie dann das große Potenzial des Einsatzes solcher Artenspürhunde erkannt. „Ich habe daraufhin Lissy gezielt für den Job als faunistischen Spürhund ausgewählt.
Nach einem Dreivierteljahr war Lissy einsatzfähig. Das sei aber bei jedem Hund unterschiedlich. „Lissy hat nach einer Woche verstanden, was ich von ihr wollte, dann haben wir konkreter trainiert. Erst im häuslichen Umfeld, wo sie wenig abgelenkt war, danach im Park und auf offenem Feld. Im Wald ist es am schwierigsten, da dort viele Gerüche von anderen Tieren ablenken“, so Ramona. „Wenn ein Mensch eine Fläche absuchen muss, dauert das natürlich dementsprechend lange. Mit einem Hund bin ich mehr als doppelt so schnell.“
Einsatzgebiete für Artenspürhunde
Mittlerweile gibt es in Deutschland einige geschulte Artenspürhunde. Hunde suchen Vögel, Fledermäuse, Kot von Wölfen und Luchsen oder sogar Käfer. Über den Verein „Wildlife Detection Dogs“ sind sie vernetzt. Das Ziel des Einsatzes der Artenspürhunde ist unter anderem ein sanfteres Vorgehen, das heißt, dass Bäume beispielsweise nicht aufgeschnitten werden müssen, wenn ein Hund Käfer von außen anzeigt. Aber vor allem macht es den Hunden Spaß. Das Potenzial kann man für diese Arbeit nutzen. Lissy hat für heute erst mal genug, jedes Windrad, das sie absucht, ist für sie wie ein dreistündiger Spaziergang. Ihre Leckerlis hat sie sich verdient. Wie Fledermäuse für Hunde riechen, können wir Lissy leider nicht fragen. Das bleibt ihr Geheimnis.
Nicole Flöper (Artikel aus „Naturschutz heute“ 4/21)
NABU-Position
Viele Fledermausarten sind in Deutschland bedroht. Ihr Schutz ist sehr wichtig. Folglich fordert der NABU hierzu: Standorte mit hoher Lebensraumqualität und überdurchschnittlich hoher Fledermausaktivität, beispielsweise im Umfeld von Wochenstuben, sind bei der Windkraftplanung auszuschließen. Auch Ruhestätten müssen dafür beachtet werden. Um aufsteigende Fledermäuse zu schützen, muss ein zusätzliches Monitoring auf Höhe der unteren Rotorspitze für zukünftige Standorte flächendeckend verbindlich durchgeführt werden. Weitere Maßnahmen zum Schutz sind notwendig, um die Fledermauspopulationen zu fördern. Das alleinige Anbringen von Fledermauskästen als begleitende Kompensationsmaßnahme ist dafür nicht geeignet.
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