NABU-Mitarbeiter mit konfiszierten Schneeleopardenfell in Bischkek, der Hauptstadt Kirgistans - Foto: NABU
Eisenfallen und Giftköder
Wilderei und illegaler Handel
Obwohl das Töten von Schneeleoparden und der Handel mit ihren Körperteilen im gesamten Verbreitungsgebiet in den meisten Ländern bereits seit den 1970er Jahren streng verboten sind, stellen die Wilderei und der illegale Handel noch immer eine ernste Bedrohung für die Tiere dar. Gefangen werden die Tiere mit Eisenfallen sowie vergifteten Ködern, die an bestimmten Stellen ausgelegt werden. Die Tiere treten in das mit Erde und Zweigen verborgene Treteisen. Schnappt die Falle zu, steckt das dann meist gebrochene Bein der Tiere felsenfest in der Eisenvorrichtung, oft tagelang - bis der Wilderer zurück kehrt. Viele Schneeleoparden sterben auch in Fallen oder an vergifteten Ködern, die für Wölfe oder Bären ausgelegt werden.
Statussymbol und Luxusartikel
Der wunderschöne, dichte Pelz der Schneeleoparden wird seit Jahrhunderten als Schmuck, Kleidung oder Wandbehang verwendet. Vor allem asiatische Staatsoberhäupter haben sich noch bis Ende der 1990er Jahre gern bei ihren gegenseitigen Besuchen mit den seltenen und daher wertvollen Schneeleopardenfellen beschenkt. Auch heute werden die Produkte von Schneeleoparden auf internationaler Ebene nachgefragt, der Schwarzmarkt gedeiht immer noch. Das tatsächliche Volumen des illegalen Handels ist naturgemäß schwer zu erfassen. Es wird aber geschätzt, dass Beschlagnahmungen nur etwa zehn Prozent des tatsächlichen Handels betreffen. Hochgerechnet würde dies bedeuten, dass alleine im Jahr 2012 mehr als 1.000 Schneeleoparden illegal gehandelt wurden!
Die Preise für das Fell der Tiere variieren. Die Organisation Panthera berichtet von der Konfiszierung zweier Felle im Jahr 2015, die von Tadschikistan nach Kirgistan transportiert und für jeweils 4.600 Euro an einen kirgisischen Zwischenhändler verkauft werden sollten. Im selben Jahr wurde ein Schneeleopardenjunges auf derselben Route beschlagnahmt, welches für 23.000 Euro an den kirgisischen Händler übergeben werden sollte, wenig später jedoch starb. Es scheint den Trend zu geben, die Produkte von Schneeleoparden vor allem im Luxusartikelbereich zu verkaufen, als schöne Accessoires, Wandbehänge oder Pelzkleidung. Auch werden Schneeleoparden immer noch als persönliche Trophäe gejagt. Auch lebende Tiere werden illegal gehandelt. Oft werden von Wilderern zu Waisen gemachte Jungtiere gefangen und dann an Zirkusse und Zoos weiterverkauft.
Traditionelle Chinesische Medizin
Rheumatismus, Sehnenscheidenentzündung und Knochenbrüche - die Knochen von Schneeleoparden werden seit Jahrhunderten in der Traditionellen Chinesischen Medizin verwendet, um Beschwerden zu lindern. Ihnen werden wärmende Eigenschaften nachgesagt sowie eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung. In der Chinesischen "Materica Medica" werden sie als "Bao Gu" oder "Os leopardi" bezeichnet und ihre Eigenschaften von denen der Tiger unterschieden, obwohl sie als Ersatz verwendet werden können.
Die Schädel von Schneeleoparden wurden und werden auch heute noch in rituellen Zeremonien in Teilen Chinas und Nepals verwendet. Andere Körperteile, einschließlich der Geschlechtsteile, Zähne, Klauen und des Fleisches, für medizinische und schamanische Praktiken genutzt. In den letzten Jahren gab es Hinweise auf einen Anstieg der Nachfrage nach Knochen der Schneeleoparden. Dies hat vermutlich mit der strengeren Kontrolle des Handels mit Tigerprodukten in einigen Arealstaaten seit Mitte der 90er Jahre zu tun: Aufgrund der immer rarer und teurer werdenden Tigerknochen ist man auf andere Großkatzen ausgewichen – und die Nachfrage nach Schneeleopardenknochen ist angestiegen.
Die medizinische Wirksamkeit von Wildtierprodukten wie Knochen oder Hörnern ist umstritten. Zwar haben Tigerknochen in Laborexperimenten Entzündungen leicht gehemmt, aber den Hörnern von Nashörnern beispielsweise konnten keinerlei medizinische Wirkungen auf den menschlichen Körper nachgewiesen werden. In der Traditionellen Chinesischen Medizin spielt der medizinische Effekt allerdings mitunter eine Nebenrolle, viel wichtiger ist der „Jinbou“, also der Glaube, dass sich die Eigenschaften eines Lebewesens auf seinen Konsumenten übertragen.
Konflikte mit Viehhaltern
Schneeleoparden töten Nutztiere wie Schafe und Ziegen, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Sie stellen somit eine reale Gefahr für den Lebensunterhalt von lokalen Bauern und Viehhirten dar, die im Schneeleoparden-Lebensraum ihr Vieh weiden lassen.
Ernsthafte Konflikte mit lokalen Viehhirten entstehen vor allem dann, wenn Schneeleoparden in Pferche oder Ställe gelangen und dort große Verwüstungen anrichten: Schafe und Ziegen ohne Fluchtmöglichkeit stellen für den Schneeleoparden ein unnatürliches Überangebot an Beute dar und der Jagdtrieb des Schneeleoparden - der sogenannte Beuteschlagreflex - wird immer wieder ausgelöst. Dieses Phänomen hat man auch bei anderen Beutegreifern beobachtet. Vorfälle dieser Art, bei denen 80 und mehr Schafe in einer Nacht zu Tode kommen können, sind die Hauptursache für den Zorn der Bauern und ihre Vergeltungsaktionen gegen die Großkatzen. Der jährliche wirtschaftliche Verlust kann bis zu 500 Euro pro Haushalt betragen und entspricht oft bis zu 56 Prozent des Pro-Kopf-Einkommens pro Jahr. Eine staatliche Entschädigung gibt es in der Regel nicht. Jedoch haben verschiedene Schutzorganisationen wie Panthera und Snow Leopard Conservancy Programme für Ausgleichszahlungen und Präventionsmaßnahmen wie den Bau sicherer Zaunanlagen ins Leben gerufen.
Um Schneeleoparden langfristig vor solchen Vergeltungsaktionen zu schützen, ist es der erste Schritt, die Situation der betroffenen lokalen Bauern und Hirten zu verstehen. Ohne ihre Unterstützung und Akzeptanz der Raubtiere ist eine friedliche Ko-Existenz kaum möglich.
Schutz der Schneeleoparden unter internationalen Artenschutzabkommen
Das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) regelt den internationalen Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten. Schneeleoparden sind seit 1975 auf Anhang 1 des Abkommens gelistet: Der internationale Handel mit Schneeleoparden und ihren Produkten ist damit streng verboten und oft mit hohen Strafen belegt. Von den Arealstaaten ist bisher nur Tadschikistan diesem Abkommen nicht beigetreten.
Schneeleoparden sind außerdem auf Anhang 1 des UN-Abkommens zur Erhaltung wandernder wildlebender Tierarten (kurz „Bonner Konvention“) gelistet und damit streng geschützt. Von den Arealstaaten sind Bhutan, China, Nepal und Russland der Konvention bisher noch nicht beigetreten.
Die Anti-Wilderer-Einheit „Gruppa Bars“ ist in Kirgisistan unterwegs, um gegen Wilderei und illegalen Handel vorzugehen. Dank ihnen werden deutlich weniger verletzte oder getötete Tiere gefunden, und auch der Verkauf von Fellen ist keine Normalität mehr. Mehr →